Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften

Der Bundesrat hat in seiner 881. Sitzung am 18. März 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zur Vorlage allgemein

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die aus aktuellem Anlass kurzfristig aufgenommenen Regelungen zur Umsetzung der Nummer 6 (Meldepflicht bei Gefahr oder Verstößen) und Nummer 10 (Dioxinmonitoring,-datenbank) des gemeinsamen Aktionsplans der Länder und des Bundes "Unbedenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel, Transparenz für den Verbraucher" vom 18. Januar 2011. Die neuen Meldepflichten für Laboratorien sowie Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer an die zuständige Behörde sollen in einem ersten Schritt sofort Dioxine und Furane sowie dioxinähnliche und nicht dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle umfassen. Einzelheiten zu weiteren meldepflichtigen Rückständen und Kontaminanten sowie zu Zeitpunkt, Art, Form und Inhalt der Mitteilung sollen erst in einer Rechtsverordnung festgelegt werden.

Der Bundesrat stellt fest:

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 LFGB)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a sind in § 1 Absatz 1 Nummer 2 nach den Wörtern "ungeeigneten Lebensmitteln" die Wörter "im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002" einzufügen.

Begründung:

Entsprechend der Gesetzesbegründung zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a sind mit "zum Verzehr ungeeigneten Lebensmitteln" nur die Fälle des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gemeint und nicht auch die Lebensmittel, die "für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind" im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 1 LFGB. Dies muss im Gesetzestext klar zum Ausdruck kommen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 24aneu - (§ 40 Absatz 2 Satz 3 - neu - und 4 - neu -, Absatz 5 - neu - LFGB)

In Artikel 1 ist nach Nummer 24 folgende Nummer 24a einzufügen:

'24a. § 40 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Bislang kann von den Behörden nur auf Informationen der Öffentlichkeit oder Rücknahme- oder Rückrufaktionen seitens der Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer hingewiesen werden, nicht jedoch auf bereits erfolgte Informationen der Öffentlichkeit seitens anderer Behörden. Die Vorschrift schließt diese Lücke. Voraussetzung ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, dass überhaupt die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Zuständigkeitsbereich der hinweisenden Behörde berührt sind; eine automatische Erzeugung solcher Hinweise ist damit ausgeschlossen. Da von der erstbefassten Behörde bereits das Verfahren nach Absatz 3 durchgeführt wurde bzw. im Fall des Satzes 2 ohnehin der Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer tätig geworden ist, ist ein erneutes Anhörungsverfahren nicht erforderlich. Dies stellt Satz 4 klar.

Zu Buchstabe b:

Die Information der Öffentlichkeit nach § 40 LFGB ist Aufgabe der zuständigen Behörden der Länder. Hierbei richtet sich die Zuständigkeit der jeweiligen Landesbehörde danach, ob das Erzeugnis, hinsichtlich dessen eine Information erfolgen soll, im Vollzug einem inländischen Hersteller oder Inverkehrbringer zugeordnet werden kann, gegen den etwaige Vollzugsmaßnahmen ergriffen werden könnten.

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass durch das Schnellwarnsystem der Gemeinschaft nach Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Warnmeldungen hinsichtlich einzelner Lebensmittel zugegangen sind, bei denen ein inländischer Hersteller bzw. Inverkehrbringer seitens der Länder nicht festgestellt werden konnte und sich hieraus die Frage ergab, welches Land eine ggf. erforderliche Information der Öffentlichkeit in derartigen Fällen vornehmen müsste.

Ferner besteht die Möglichkeit, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf anderem Wege als durch das Schnellwarnsystem Kenntnis darüber erlangt, dass von einem nicht im Inland hergestellten Erzeugnis ein Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.

Es ist vor diesem Hintergrund sachgerecht, in derartigen Fallgestaltungen zum Schutz der Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefahren eine eindeutige Zuständigkeitszuordnung für öffentliche Warnungen vorzunehmen. Hierbei sollte die Warnung mangels konkreter Zuständigkeit von Landesbehörden durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als der Behörde, bei der die jeweilige Warnung zuerst eingeht, erfolgen. Abgestellt wird auf das Vorliegen einer Warnmeldung nach Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, da die in diesen Meldungen vorhandenen Angaben eine hinreichende Einschätzung eröffnen, ob eine Warnung der Öffentlichkeit durch den Bund erforderlich ist. In anderen Fällen müssen hinreichende Hinweise auf ein Risiko für die menschliche Gesundheit vorliegen.

Um abzuklären, ob ein von einer Warnmeldung eines anderen Mitgliedstaates betroffenes Lebensmittel im Inland hergestellt oder in den Verkehr gebracht wird, wird sofern sich nichts weiteres aus der Meldung selbst oder sonstigen Informationen ergibt vielfach eine kurzfristige Abfrage bei den zuständigen Landesbehörden erfolgen können; dies ist aber nicht zwingend erforderlich, sondern hängt davon ab, wie dringlich eine Warnung der Öffentlichkeit ist.

Die Vorschrift berührt nicht die Zuständigkeit der Länder für etwaige Vollzugsmaßnahmen nach § 39 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

4. Zu Artikel 1 Nummer 26 Buchstabe 0aneu - (§ 42 Absatz 2 Nummer 3 LFGB)

In Artikel 1 Nummer 26 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe 0a einzufügen:

'0a) In Nummer 3 wird nach dem Wort "Ausdrucke" das Wort ", Bildaufnahmen" eingefügt.'

Begründung:

In der Überwachungspraxis kommt es nicht selten vor, dass kein Kopierer zur Verfügung steht. Ein Foto mittels Digitalkamera ersetzt die Kopie. Die geplante Rechtsänderung trägt dem nur eingeschränkt Rechnung, da es sich oftmals auch um Dokumente von anderen Unternehmern (Lieferscheine, Rechnungen etc.) handelt.

5. Zu Artikel 1 Nummer 28 Buchstabe c und Buchstabe e (§ 44 Absatz 4a, Absatz 5a LFGB)

In Artikel 1 ist Nummer 28 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Dient der Klarstellung.

Die Änderung ist erforderlich, da der Laborverantwortliche nicht in jedem Fall wissen kann, ob das von ihm untersuchte Produkt unmittelbar in den Verkehr gebracht werden oder erst noch weiterverarbeitet werden soll.

Zu Buchstabe b:

Dient der Klarstellung.

Die Änderung ist hier ebenfalls erforderlich, da der Laborverantwortliche nicht in jedem Fall wissen kann, ob das von ihm untersuchte Produkt unmittelbar in den Verkehr gebracht werden oder erst noch weiterverarbeitet werden soll.

Auch das Verfütterungsverbot des Artikels 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sollte in die Regelung integriert werden.

6. Zu Artikel 1 Nummer 28 Buchstabe c und e (§ 44 Absatz 4a und 5a LFGB)

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Einführung einer Offenbarungspflicht von Laboruntersuchungen im Sinne der Vorlage könnte zu einer Verlagerung von Labortätigkeiten ins Ausland führen. Da ausländische Labore zur Offenlegung ihrer Ergebnisse in Deutschland nicht verpflichtet sind, würde die beabsichtigte Zielsetzung unterlaufen, einen Datenpool unter Einschluss privater Untersuchungsergebnisse zu errichten.

Zu Buchstabe b:

Die Umsetzung des Gesetzentwurfs in der vorliegenden Form führt zu einem nicht absehbaren Verwaltungsaufwand aufgrund der Meldung von zahlreichen Untersuchungen mit im Sinne des Verbraucherschutzes sowohl kritischen wie auch unkritischen Ergebnissen. Um Nutzen und Aufwand im Gleichgewicht zu halten, sollten nur Ergebnisse weitergegeben werden, die wesentlich sind, weil sie i.d.R. ein behördliches Handeln nach sich ziehen bzw. behördliches Einschreiten erfordern.

7. Zu Artikel 1 Nummer 28 Buchstabe f Doppelbuchstabe bb (§ 44 Absatz 6 Satz 3 LFGB)

In Artikel 1 Nummer 28 Buchstabe f ist Doppelbuchstabe bb wie folgt zu fassen:

'bb) Satz 3 wird wie folgt gefasst:

"Die durch eine Unterrichtung nach Artikel 19 Absatz 1 oder 3 Satz 1 oder Artikel 20 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, erlangten Informationen dürfen von der für die Überwachung zuständigen Behörde nur für Maßnahmen zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2, soweit ein Fall des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vorliegt, oder Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa oder Absatz 2 genannten Zwecke verwendet werden." '

Begründung:

Nach der geltenden Fassung des § 44 Absatz 6 Satz 3 LFGB dürfen Informationen, die durch die Unterrichtungspflicht nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erlangt wurden, nur für Maßnahmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 LFGB verwendet werden, also nur zur Abwehr einer Gefahr für die menschliche Gesundheit. Die Unterrichtungspflicht nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 umfasst aber nicht nur Fälle des Gesundheitsschutzes, sondern auch Fälle der Verzehrsungeeignetheit im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Auch diesbezüglich müssen Maßnahmen möglich sein.

8. Zu Artikel 1 Nummer 36 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc1 - neu - (§ 60 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe d1 - neu - LFGB)

In Artikel 1 Nummer 36 Buchstabe b ist nach Doppelbuchstabe cc folgender Doppelbuchstabe cc 1 einzufügen:

'cc 1) Nach Buchstabe d wird folgender Buchstabe d1 eingefügt:

"d1) entgegen Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 die Öffentlichkeit nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet," '

Begründung:

Die Praxis zeigt, dass Lebensmittelunternehmer ein von ihnen eingeführtes, erzeugtes, verarbeitetes, hergestelltes oder vertriebenes Lebensmittel, wenn es den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit nicht entspricht, in der Regel durch einen sog. stillen Rückruf aus dem Markt nehmen. Allerdings unterbleibt häufig eine effektive Unterrichtung der Verbraucher, obwohl das Produkt bereits nachweislich den Verbraucher erreicht hat. Eine Bußgeldbewehrung dieser europarechtlich normierten Unternehmerverantwortung würde die Transparenz im Markt und die Lebensmittelsicherheit erhöhen.

9. Zu Artikel 1 Nummer 42 (§ 75 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 LFGB)

In Artikel 1 Nummer 42 ist § 75 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 wie folgt zu fassen:

"3. die zuständigen Behörden der Länder haben die ihnen im Sinne des § 44a Absatz 2 vorliegenden Untersuchungsergebnisse zu den in Nummer 1 genannten Stoffen zu übermitteln; die Übermittlung hat bis zum 15. Tag eines Monats für den Vormonat an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu erfolgen."

Begründung:

Mit der Änderung wird klargestellt, dass im Rahmen der Übergangsregelung die Meldeverpflichtungen sowohl für die Unternehmen als auch die Behörden sich auf Dioxine und Furane sowie dioxinähnliche und nicht dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle beziehen soll.

10. Zur Vorlage allgemein

Im Aktionsplan "Unbedenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel, Transparenz für den Verbraucher" vom 18. Januar 2011 haben die für die Agrarwirtschaft und für den Verbraucherschutz zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder und des Bundes Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Rechts für die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit zusammengeführt. Vor dem Hintergrund der in diesem Aktionsplan aufgeführten Punkte bittet der Bundesrat die Bundesregierung um Folgendes: