Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 3322 - vom 7. Juli 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 9. Juni 2005 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Gewährleistung des Erfolgs des bevorstehenden Gipfeltreffens EU-USA in Washington DC am 20. Juni 2005
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis der Transatlantischen Erklärung über die Beziehungen EG-USA von 1990 und der Neuen Transatlantischen Agenda von 1995,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel vom 16. und 17. Dezember 2004, insbesondere der Abschnitte zu einer Weltordnung auf der Grundlage eines wirksamen Multilateralismus sowie zur Zusammenarbeit mit den Partnern,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. April 2004 zum Stand der Transatlantischen Partnerschaft im Vorfeld des Gipfeltreffens EU-USA in Dublin am 25. und 26. Juni 20041,
- - in Kenntnis der Ergebnisse des Gipfeltreffens EU-USA vom 25. und 26. Juni 2004 in Dublin,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Januar 2005 zu den transatlantischen Beziehungen2,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen vom 17. Mai 2001 zum Stand des transatlantischen Dialogs3, vom 13. Dezember 2001 zur justiziellen Zusammenarbeit der EU mit den Vereinigten Staaten bei der Bekämpfung des Terrorismus4, vom 15. Mai 2002 zur Mitteilung der Kommission an den Rat zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen: Mehr Strategie und Ergebnisorientiertheit5, und vom 19. Juni 2003 zu einer Erneuerung der transatlantischen Beziehungen mit Blick auf das dritte Jahrtausend6 sowie auf seine Empfehlung vom 10. März 2004 an den Rat zu dem Recht der Häftlinge in Guantánamo auf ein faires Verfahren7,
- - unter Hinweis auf den Entwurf einer Resolution Nr. 77 des amerikanischen Kongresses zu den transatlantischen Beziehungen vom 9. Februar 2005,
- - in Kenntnis der Erklärungen, die die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sowie der Präsident der Vereinigten Staaten nach ihrem Treffen am 22. Februar 2005 in Brüssel abgegeben haben,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2005 "Eine stärkere Partnerschaft zwischen EU und USA und ein offenerer Markt für das 21. Jahrhundert" (KOM (2005) 0196),
- - unter Hinweis auf die Anhörung des Ausschusses für internationalen Handel vom 26. Mai 2005 zu den transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen,
- - unter Hinweis auf das Papier der OECD, in dem die Vorteile einer Liberalisierung der Produktmärkte und eines Abbaus der Schranken für Handel und Investitionen auf internationaler Ebene dargelegt werden (" Präferenzhandelsabkommen auf den Agrar- und Nahrungsmittelmärkten - Der Fall Europäische Union und Vereinigte Staaten von Amerika" - veröffentlicht im Mai 2005),
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
1 AB1. C 104 E vom 30.4.2004, S. 1043.
2 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0007.
3 AB1. C 34 E vom 7.2.2002, S. 359.
4 AB1. C 177 E vom 25.7.2002, S. 288.
5 AB1. C 180 E vom 31.7.2003, S. 392.
6 AB1. C 69 E vom 19.3.2004, S. 124.
7 AB1. C 102 E vom 28.4.2004, S. 640.
A. in der Erwägung, dass sich Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, nachhaltige Volkswirtschaften und eine nachhaltige Entwicklung als gemeinsame Werte erwiesen haben, die eine solide Grundlage sowohl für die transatlantische Partnerschaft als auch für die europäische Integration bilden können, die während der letzten 60 Jahre gemeinsam für Stabilität, Frieden und Wohlstand in unseren Gesellschaften gesorgt haben,
B. in der Erwägung, dass, wie im Rahmen der Europäischen Sicherheitsstrategie klargestellt wird, die transatlantische Partnerschaft unersetzlich ist,
C. in der Erwägung, dass neue Bedrohungen und Konflikte in einem neuen internationalen Umfeld allerdings eine Herausforderung für diese Werte und Errungenschaften darstellen, und zwar in solchem Maße, dass nur die Zusammenarbeit der transatlantischen Partner auf der Grundlage solider institutionalisierter Strukturen die Hoffnung auf Erfolg birgt,
D. in der Erwägung, dass es mit Hilfe der Neuen Transatlantischen Agenda gelungen ist, die Integration und die Kohärenz der transatlantischen Wirtschaft erheblich zu erhöhen, dass sie sich gleichzeitig jedoch als unzureichend erwiesen hat, um hochrangige politische Fragen zu lösen wie Entscheidungen über den Einsatz von Gewalt und Fragen im Hinblick auf die Weltordnung,
E. in der Erwägung, dass es nunmehr dringend erforderlich ist, die Neue Transatlantische Agenda aus dem Jahr 1995 zu überprüfen, um den aktuellen Gegebenheiten Rechnung zu tragen und die transatlantischen Beziehungen weiter zu vertiefen, wobei eindeutig davon auszugehen ist, dass es allen Partnern mehr Nutzen bringt, zusammenzuarbeiten, als ihre Bemühungen in verschiedene oder gar gegensätzliche Richtungen zu lenken,
F. in der Erwägung, dass internationale Verträge die Eckpfeiler und somit die Basis eines effizienten multilateralen Rahmenwerks darstellen, sowie dass in verschiedenen Politikbereichen wie beispielsweise betreffend den Internationalen Strafgerichtshof, das Protokoll von Kyoto zum Klimawandel, Grundsätze des Datenschutzes und die Unterstützung zur Entwicklung großer Passagierflugzeuge zwischen der EU und den USA Unterschiede im Hinblick auf Analyse, Diagnose und das politische Konzept bestehen,
G. in der Erwägung, dass die nach wie vor bestehende Situation in Guantánamo Bay die transatlantischen Beziehungen belastet,
H. in der Erwägung, dass der Terrorismus nur dann erfolgreich bekämpft werden kann, wenn die entsprechenden Maßnahmen im Rahmen einer gestärkten transatlantischen Partnerschaft ergriffen werden, die auch den Ursachen des Terrorismus und einem echten Engagement für die Wahrung und Förderung der Menschen- und Grundrechte, der Grundsätze des Datenschutzes und aller anderen Grundwerte, auf denen diese Partnerschaft errichtet wurde, uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenkt, und an den Grundwerten festhält, auf denen diese Partnerschaft errichtet wurde,
I. in der Erwägung, dass diese Entschließung eine erste Reaktion auf die jüngste Mitteilung der Kommission zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den USA darstellt,
- 1. begrüßt das sich verbessernde Klima der transatlantischen Beziehungen, das daran deutlich wurde, wie die Regierungen und Parlamente auf beiden Seiten des Atlantiks in jüngster Zeit sowohl globale als auch bilaterale Fragen gehandhabt haben; ist der Auffassung, dass dieser positive Hintergrund der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten echte Möglichkeiten bietet, in den kommenden Jahren bei einem breiten Spektrum politischer Herausforderungen von gemeinsamem Interesse eng zusammenzuarbeiten;
- 2. betont, dass den transatlantischen Beziehungen auf dem EU-USA-Gipfeltreffen in Washington am 20. Juni 2005 neue Impulse gegeben werden sollten, indem die Neue Transatlantische Agenda aktualisiert und durch ein ab 2007 wirksames Transatlantisches Partnerschaftsabkommen ersetzt wird;
- 3. vertritt die Auffassung, dass dieses Transatlantische Partnerschaftsabkommen die bestehende Agenda im politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Bereich ausweiten sollte, wobei die Partnerschaft weiterhin vor allem auf dem politischen Engagement beruhen sollte; ist der Ansicht, dass hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen, die gemäß einer jüngst vorgelegten OECD-Studie das Pro-Kopf-BIP in Europa zwischen 2% und 3% steigern könnten, die verbleibenden Schranken für Handel und Investitionen in den transatlantischen Beziehungen ermittelt werden sollten und ein Fahrplan ausgearbeitet werden sollte, der die Vorgehensweise skizziert, um den transatlantischen Markt im Rahmen eines klaren Zeitplans zu stärken, indem Aktionsbereichen Vorrang eingeräumt wird, wobei gleichzeitig ein bereichsspezifischer ordnungspolitischer Dialog zur Unterstützung des Prozesses eingeleitet werden sollte;
- 4. nimmt die neue Richtlinie zur Rückversicherung zur Kenntnis, mit der ein einheitlicher Markt für Regulierung und Beaufsichtigung geschaffen wurde; fordert die USA auf, die Diskriminierung europäischer Unternehmen durch die Festlegung kostspieliger zusätzlicher Auflagen zu beenden, die den Wettbewerb zugunsten von US-Firmen verzerren;
- 5. ist der Auffassung, dass ein weiter gefasster derartiger Rahmen es der EU und den USA ermöglichen wird, ihre Anstrengungen, die darauf ausgerichtet sind, andere zur Wahrung der grundlegenden Prinzipien der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in der ganzen Welt zu ermutigen, wirksamer zu koordinieren;
- 6. begrüßt in diesem Zusammenhang die oben bereits erwähnte Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2005 zu einer stärkeren Partnerschaft zwischen EU und USA, die einen wertvollen ersten Schritt in Richtung auf die Etablierung eines Transatlantischen Partnerschaftsabkommens darstellt, kritisiert jedoch, dass diese Mitteilung nicht genügend Mut erkennen lässt; verweist darauf, dass die EU-US-Gipfel ein wichtiges Forum darstellen sollten, auf dem prioritäre Fragen globaler und bilateraler Natur erörtert werden und das der Beziehung strategische Impulse verleiht;
- 7. fordert die USA in diesem Zusammenhang auf, ihren Teil der Verantwortung für die wirtschaftliche Stabilität in einer immer stärker verflochtenen Welt zu übernehmen, und ist besorgt über die möglicherweise gefährlichen Auswirkungen des wachsenden Defizits des amerikanischen Bundeshaushalts auf die Weltwirtschaft und die Bilanz der internationalen Währungsmärkte;
- 8. bekräftigt, dass es den Vorschlag der Aufhebung des Waffenembargos gegen China ablehnt, sofern und solange sich die Menschenrechtslage in dem Land nicht wesentlich verbessert; hält es für sinnvoll, auf dem EU-US-Gipfel am 20. Juni 2005 eine hochrangige Arbeitsgruppe einzusetzen, die einen gemeinsamen Ansatz von EU und USA zur Frage der Exporte, einschließlich des Technologietransfers, erarbeitet;
- 9. stellt fest, dass die Visapolitik inzwischen in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt; ersucht die Kommission daher, unverzüglich Verhandlungen mit der US-Regierung dahingehend aufzunehmen, dass das Programm zur Aufhebung der Visumspflicht für alle europäischen Bürger Anwendung findet und die bestehenden Diskriminierungen, vor allem der Bürger der neuen EU-Mitgliedstaaten, ausgeräumt werden;
- 10. empfiehlt, dass mit dem vorgeschlagenen Transatlantischen Partnerschaftsabkommen eine transatlantische "Aktionsgemeinschaft" für die regionale und weltweite Zusammenarbeit gebildet wird und Herausforderungen durch gemeinsame Maßnahmen u. a. in folgenden Bereichen angegangen werden:
- a) Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit sowie Unterstützung eines effektiven Multilateralismus,
- b) Förderung des Friedensprozesses im Nahen Osten im Einvernehmen mit den Regierungen und Völkern in der Region sowie auf der Grundlage des Fahrplans des Nahostquartetts,
- c) Bemühen um globale Sicherheit, indem in folgenden Fragen zusammengearbeitet wird:
i) Bekämpfung des internationalen Terrorismus,
ii) Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Multilateralisierung der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und des Einsatzes von Kernenergie,
iii) Förderung und Entwicklung gemeinsamer Ansätze im Hinblick auf die Beziehungen zu anderen wichtigen geopolitischen Akteuren wie China, Indien, Japan, Lateinamerika und Russland,
iv) die Wiederbelebung der Waffenkontrolle und der Abrüstung auf multilateraler Ebene auf der Grundlage von Verhandlungen im Rahmen des Systems der Vereinten Nationen sowie auf bilateraler Ebene,
v) rasche Reaktion auf plötzliche und unerwartete politische Veränderungen wie vor kurzem in der Ukraine, im Libanon und in Kirgisistan,
vi) aktives Engagement für eine Reform der Vereinten Nationen, insbesondere ihres Sicherheitsrates, einschließlich seiner Zusammensetzung, auf der Grundlage des umfassenden Respekts der Autorität des Sicherheitsrates, den Einsatz von Gewalt zu gestatten, um internationale Konflikte zu lösen, um seine Wirksamkeit und Rechenschaftspflicht auszuweiten sowie seine Fähigkeit zur Umsetzung seiner Beschlüsse zu stärken,
- d) Stärkung der Transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft im Rahmen des oben genannten Transatlantischen Partnerschaftsabkommens, ergänzt durch ein transatlantisches Luftverkehrsabkommen und einen effizienten Dialog über die Regulierung der Finanzmärkte;
- 11. verweist ferner darauf, dass der Abschluss der multilateralen WTO-Entwicklungsagenda von Doha eine echte Priorität für nachhaltiges weltweites Wachstum darstellt und dass die EU und die USA zu diesem Zweck umfassend zusammenarbeiten sollten; ist der Auffassung, dass bilaterale Wirtschaftsinitiativen zwischen der EU und den USA diesen Prozess ergänzen können, vor allem im ordnungspolitischen Bereich;
- 12. erwartet, dass auf dem transatlantischen Gipfel grundlegende Fortschritte in Richtung einer gemeinsamen und effizienten Antwort und eines klaren finanziellen Engagements - auf der gemeinsamen Grundlage der Millenniums-Entwicklungsziele - in Bezug auf die neuen globalen Herausforderungen gemacht werden, die nicht an den nationalen Grenzen haltmachen, etwa Eindämmung der Armut, übertragbare Krankheiten und Umweltverschmutzung, insbesondere durch die Förderung des Dialogs über den Klimaschutz und Verkehrsemissionen;
- 13. hält es für genauso wichtig, dass politische Fragen, in denen ein grundlegender Dissens, wie im Fall von Guantánamo Bay, oder starke Differenzen in Bezug auf bestimmte internationale Instrumente bestehen, von beiden Partnern im Geiste der Zusammenarbeit erörtert werden; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei den gemeinsamen Diskussionen davon auszugehen ist, dass die Werte, um die es geht, wie die strikte Einhaltung der Menschenrechtsvorschriften und das Streben nach einem effizienten multilateralen Ansatz uneingeschränkt verinnerlicht werden müssen, da sie die unverwechselbaren Merkmale unserer demokratischen Haltung gegenüber dem Rest der Welt sind, seit beide Partner gemeinsam das System der Vereinten Nationen gegründet haben;
- 14. bekräftigt seine Auffassung, wonach die NATO als Eckpfeiler der kollektiven Verteidigung zu einem Forum für politische Debatten im Rahmen einer echten Partnerschaft zwischen Gleichberechtigten werden sollte, wobei ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den Instrumenten der Verhütung, der Krisenbewältigung und den militärischen Fähigkeiten gefunden werden muss; empfiehlt in diesem Zusammenhang eine engere Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Europäischen Union in Sicherheitsfragen; ist der Auffassung, dass eine engere Partnerschaft zwischen der EU und den USA diese Beziehung ergänzt, statt sie auszuhöhlen;
- 15. fordert die Parteien des Gipfeltreffens EU-USA auf, die parlamentarische Dimension der transatlantischen Partnerschaft zu stärken, indem sie den Transatlantischen Dialog der Gesetzgeber (TLD) in eine Transatlantische Versammlung umwandeln, die in der Lage ist, vor EU-USA-Gipfeln Gipfeltreffen der Gesetzgeber zu veranstalten, Synergien zwischen dem TLD und dem Dialog im Rahmen der Neuen Transatlantischen Agenda zu schaffen, unter anderem durch neue, gemeinsam finanzierte Programme für den Austausch von Personal der Legislative und die Einrichtung eines kleinen, dynamischen TLD-Sekretariats;
- 16. ist der Auffassung, dass auch der Stellenwert der anderen Dialogformen im Rahmen der Neuen Transatlantischen Agenda neu bewertet werden sollte; ist insbesondere der Auffassung, dass der Transatlantische Wirtschaftsdialog eine neue Gestalt erhalten muss, damit er zu diesen Fragen einen umfassend repräsentativen Beitrag aus Unternehmersicht leistet, um die wirtschaftliche Partnerschaft zu stärken;
- 17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und den Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten und dem Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika zu übermitteln.