Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 hinsichtlich des zertifizierten Steuerpflichtigen - COM (2017) 567 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet. Das Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 719/09 (PDF) = AE-Nr. 090712,
Drucksache 191/16 (PDF) = AE-Nr. 160271,
Drucksache 637/16 (PDF) = AE-Nr. 160936

Europäische Kommission
Brüssel, den 4.10.2017 COM (2017) 567 final 2017/0248 (CNS)

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 hinsichtlich des zertifizierten Steuerpflichtigen

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Dieser Vorschlag ist Teil eines Legislativpakets zur Einführung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems für den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der Union, das auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat der Gegenstände beruht, um einen robusten, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum zu schaffen. Ein Legislativvorschlag für ein solches einfacheres und weniger betrugsanfälliges endgültiges Mehrwertsteuersystem für den EU-internen Handel wurde ins Arbeitsprogramm der Kommission für 20171 aufgenommen. Diese Vorschläge für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der Union umfassen auch Verbesserungen des derzeitigen Mehrwertsteuersystems, die von den Mitgliedstaaten gefordert wurden2.

Sowohl im Rahmen des endgültigen Mehrwertsteuersystems als auch für einige der oben genannten Verbesserungen des derzeitigen Systems sollten Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen erhalten können. Der Begriff des zertifizierten Steuerpflichtigen sollte es ermöglichen, zu bescheinigen, dass ein bestimmtes Unternehmen insgesamt als zuverlässiger Steuerzahler gilt. Bestimmte Vereinfachungsvorschriften zu betrugsanfälligen Sachverhalten wie Konsignationslagern, Reihengeschäften und dem Nachweis der Beförderung oder des Versands von Gegenständen in einen anderen Mitgliedstaat sollten nur dann gelten, wenn zertifizierte Steuerpflichtige an der jeweiligen Transaktion beteiligt sind. Das Konzept des zertifizierten Steuerpflichtigen sollte zudem die schrittweise Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems ermöglichen, da in der ersten Stufe der Umstellung die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft gelten würde, wenn bei Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union der Erwerber ein zertifizierter Steuerpflichtiger ist. Die Begründung hierfür lautet, dass es nicht zu einem Betrug aufgrund nicht in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer für Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union für einen zertifizierten Steuerpflichtigen kommen dürfte, da der zertifizierte Steuerpflichtige definitionsgemäß zuverlässig ist.

In diesem Zusammenhang müssen Unternehmen und Steuerbehörden den Status eines Unternehmens als zertifizierter Steuerpflichtiger unmittelbar im Internet prüfen können. Dazu ist es notwendig, dass alle Mitgliedstaaten Informationen über Unternehmen und ihren Status als zertifizierte Steuerpflichtige in einem elektronischen System speichern und dass die zuständigen Behörden eines jeden Mitgliedstaats dafür sorgen, dass dieser Status für jedes betreffende Unternehmen bestätigt wird. Diese Verpflichtungen der Mitgliedstaaten sind in den Rechtsvorschriften über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden festzulegen, d.h. in der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer3 (im Folgenden "Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer").

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Der Vorschlag soll dem Status des zertifizierten Steuerpflichtigen praktische Wirkung verleihen, der ein wichtiger Bestandteil des endgültigen Mehrwertsteuersystems für den Handel innerhalb der Union ist. Dieses System soll auf dem Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat der Gegenstände beruhen, wie es im Mehrwertsteuer-Aktionsplan4 angekündigt wurde. Der Status des zertifizierten Steuerpflichtigen ist auch im Zusammenhang mit einigen von den Mitgliedstaaten geforderten Verbesserungen des derzeitigen Systems von Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die Vorschriften für Reihengeschäfte, Konsignationslager und den Nachweis der Beförderung bei steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferungen von Gegenständen.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die Schaffung eines einfachen, modernen und betrugssicheren Mehrwertsteuersystems ist eine der fiskalpolitischen Prioritäten der Kommission für das Jahr 20175.

Die Bekämpfung des Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrugs ist auch einer der vorrangigen Bereich der Kriminalitätsbekämpfung in der Europäischen Union im Rahmen des EU-Politikzyklus 2014-2017 von Europol6. Verwiesen werden kann außerdem auf die Einigung7 über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO), die unter bestimmten Bedingungen für die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zuständig sein wird.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage des Vorschlags ist Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Laut diesem Artikel erlässt der Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der indirekten Steuern.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip (Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union) wird die Union nur dann tätig, wenn die verfolgten Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Fragen im Zusammenhang mit der Speicherung von und dem Zugang zu Informationen über den Status von Unternehmen als zertifizierte Steuerpflichtige können naturgemäß nicht von einzelnen Mitgliedstaaten geregelt werden, da Unternehmen und Steuerbehörden in allen Mitgliedstaaten in der Lage sein sollten, auf standardisierte Weise den Status von Unternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten als zertifizierte Steuerpflichtige zu prüfen. Deswegen ist ein gemeinsamer Rahmen notwendig, und eine Initiative auf diesem Gebiet erfordert einen Vorschlag der Kommission zur Änderung der Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer.

- Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag definiert einen Rahmen für den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen; für die operativen Maßnahmen zu seiner Kontrolle und Anwendung sind die Mitgliedstaaten zuständig. Insbesondere sind allein die Mitgliedstaaten befugt, einzelnen Steuerpflichtigen den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen auf der Grundlage gemeinsam vereinbarter Kriterien zu- und abzuerkennen.

- Wahl des Instruments

Da der bestehende Rechtsrahmen eine Verordnung ist, kann er nur durch eine andere Verordnung geändert werden.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Konsultation der Interessenträger

Die Kommission hat zwei Arbeitsgruppen zur Erörterung der Mehrwertsteuer auf fachlicher Ebene eingerichtet: die Gruppe "Zukunft der Mehrwertsteuer" und die Mehrwertsteuer-Expertengruppe. Diese beiden Gruppen haben das endgültige Mehrwertsteuersystem für den Handel innerhalb der Union und insbesondere den Begriff des zertifizierten Steuerpflichtigen erörtert. Zusätzlich wurde vom 20. Dezember 2016 bis 20. März 2017 eine öffentliche Konsultation durchgeführt, zu der 121 Beiträge8 eingingen.

- Folgenabschätzung

Es wird auf die separate Folgenabschätzung [SWD(2017) 325 und deren Zusammenfassung SWD(2017) 326] verwiesen, die unter anderem zu dem vorliegenden Vorschlag durchgeführt wurde. der Ausschuss für Regulierungskontrolle prüfte die Folgenabschätzung zu dem Vorschlag am 14. Juli 2017 [Ares(2017) 3573962 − SEC(2017) 423]. Der Ausschuss gab eine befürwortende Stellungnahme zu dem Vorschlag ab sowie einige Empfehlungen, die aufgegriffen wurden. Die Stellungnahme des Ausschusses und die Empfehlungen werden in Anhang 1 der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen für die Folgenabschätzung zum vorliegenden Vorschlag genannt.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine negativen Auswirkungen auf den Unionshaushalt.

5. Weitere Angaben

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 1 des vorliegenden Vorschlags bildet die Grundlage für die Einbindung des Status des zertifizierten Steuerpflichtigen in das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS). Das MIAS wird derzeit unter anderem dazu genutzt, die Gültigkeit der Mehrwertsteuernummer eines Erwerbers in einem anderen Mitgliedstaat zu prüfen, um sicherzustellen, dass eine Lieferung von Gegenständen, die zu diesem Erwerber außerhalb des Mitgliedstaats der Lieferung befördert oder versandt wird, mehrwertsteuerbefreit sein kann. In praktischer Hinsicht besteht kein großer Unterschied zwischen der Prüfung einer Mehrwertsteuernummer und der Prüfung des Status eines Erwerbers als zertifizierten Steuerpflichtigen mit dem Ziel, die Mehrwertsteuer für eine Lieferung von Gegenständen innerhalb der Union im Rahmen des endgültigen Mehrwertsteuersystems nicht in Rechnung zu stellen. Da der Status des zertifizierten Steuerpflichtigen im grenzüberschreitenden Handel von Bedeutung ist und die IT-Infrastruktur bereits existiert und von allen Steuerbehörden verwendet wird, ist es sinnvoll, die vorhandene Infrastruktur zu nutzen und den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen als Funktion zu integrieren.

Damit der Status des zertifizierten Steuerpflichtigen eingebunden werden kann, müssen zunächst die Mitgliedstaaten, die dafür zuständig sind, den in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Unternehmen den Status zu gewähren bzw. abzuerkennen, diese Informationen sammeln und auf elektronischem Wege speichern. Dazu wird Artikel 17 der Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer dahin gehend geändert, dass auch Informationen über den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen gespeichert werden.

Artikel 31 der Verordnung wird geändert, um zu gewährleisten, dass die Bestätigung, dass eine Person den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen genießt, auf elektronischem Weg eingeholt werden kann.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 hinsichtlich des zertifizierten Steuerpflichtigen

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments1, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses2, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Artikel 1

Die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 wird wie folgt geändert:

"Artikel 17

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2019.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Rates

Der Präsident