C(2020) 2800 final; Ratsdok. 7870/20
993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Engagement der Kommission im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und sieht Anhaltspunkte, dass es neben den bisherigen Maßnahmen weiterer Schritte bedarf, um die Gewährleistung einer umfassenden und effektiven Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherstellen zu können.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission weitere Anstrengungen unternimmt, um die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung innerhalb der EU und in der internationalen Dimension zu optimieren.
- 3. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommission, dass dazu eine bessere Umsetzung der bestehenden Vorschriften, ein harmonisiertes Regelwerk und eine vertiefte Zusammenarbeit auf EU-Ebene erforderlich sind, und begrüßt daher die Einrichtung eines integrierten EU-Systems zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
- 4. Dazu sind entsprechende Legislativvorschläge für das erste Quartal 2021 vorgesehen, mit denen unter anderem die bestehende Geldwäscherichtlinie durch eine unmittelbar anwendbare EU-Geldwäscheverordnung teilweise ersetzt werden soll. Ferner plant die Kommission, eine zentrale Europäische Geldwäscheaufsicht einzurichten. Des Weiteren ist beabsichtigt, auch für den sogenannten Nichtfinanzsektor (zum Beispiel Notare, Versicherungsvermittler, Dienstleister, nicht verkammerte Rechtsbeistände, Güterhändler) eine EU-Aufsicht zu etablieren.
- 5. Der Bundesrat begrüßt die im Aktionsplan dargestellten Maßnahmen, insbesondere die Schaffung eines einheitlichen EU-Regelwerks zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Form einer EU-Geldwäscheverordnung und die in Betracht gezogene Möglichkeit, den zentralen Meldestellen Verwaltungsmaßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten zu erleichtern. Bei der Erstellung einer EU-Geldwäscheverordnung sollten zudem die Herabsetzung der Schwelle von 25 Prozent als Hinweis auf direktes oder indirektes Eigentum an einer Gesellschaft und die Schaffung klarer Vorgaben zur Eintragungspflicht des wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister in den Blick genommen werden.
- 6. Der Bundesrat hat [aber im Hinblick auf das Prinzip der Subsidiarität erhebliche] Bedenken gegen die Verlagerung {eines Teils} der Aufsicht zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung über die Verpflichteten des sogenannten Nichtfinanzbereichs von den nationalen Aufsichtsbehörden auf die EU-Ebene bzw. die Schaffung einer Aufsicht über die Aufsicht. Im Gegensatz zum Finanzsektor setzt sich der überwiegende Anteil des Nichtfinanzbereichs aus zum Beispiel freien und verkammerten Berufen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen zusammen, deren Arbeits- und Organisationsstrukturen sich in den Mitgliedstaaten und selbst teilweise innerhalb eines Landes unterscheiden.
- 8. Vor diesem Hintergrund erfordert eine effektive und kontinuierliche geldwäscherechtliche Aufsicht eine stete Präsenz der Aufsichtsbehörden vor Ort und die Vertrautheit mit spezifischen regionalen Gegebenheiten, die eine unmittelbare Aufsichtsbefugnis der EU nicht gewährleistet.
- 9. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine effektive und kontinuierliche geldwäscherechtliche Aufsicht eine Präsenz der Aufsichtsbehörden vor Ort und die Vertrautheit mit spezifischen regionalen Gegebenheiten erfordert.
- 10. Der Bundesrat hat des Weiteren [auch im Hinblick auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit erhebliche] Bedenken gegen die Überlegungen zu einer Erweiterung der Aufsichtsbefugnisse der EU. Die allgemeinen nationalen Gesetze, die berufsrechtlichen Vorschriften für Gewerbetreibende, freie Berufe et cetera und auch die Art und das Ausmaß der Bedrohung durch Geldwäscheaktivitäten weichen in den Mitgliedstaaten stark voneinander ab. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob eine inhaltliche Aufsicht, die über die bloße Erfassung von Daten zu Verpflichteten, Prüfungen und Sanktionen hinausgeht, angesichts der unterschiedlichen und bislang nur sehr eingeschränkt harmonisierten nationalen Rechtssysteme für Gewerbetreibende und der Eigenheiten des sogenannten Nichtfinanzbereichs {umzusetzen ist} bzw. {{sinnvoll realisiert werden kann}}.
- 12. Aufgrund der Heterogenität der zu beaufsichtigenden Unternehmen ist eine Verbesserung der Wirksamkeit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eher unrealistisch, eine unmittelbare Aufsichtsbefugnis der EU bzw. eine Aufsicht über die Aufsicht also nicht erforderlich.
- 13. Aufgrund der Heterogenität der zu beaufsichtigenden Unternehmen ist die Möglichkeit einer Verbesserung der Wirksamkeit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung fraglich.
- 14. Im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung einer Aufsichtsbehörde auf EU-Ebene weist der Bundesrat auf die besondere föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland hin. Nach der Systematik des Grundgesetzes besteht eine grundsätzliche Zuständigkeit der Länder für den Gesetzesvollzug. Dies bedeutet, dass die Länder die daraus folgenden Aufgaben als eigene Angelegenheiten ausführen und grundsätzlich über die Verwaltungshoheit verfügen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass bei der Ausgestaltung der Geldwäsche-Aufsicht auf EU-Ebene sichergestellt wird, dass die neu geschaffene Behördenstruktur tatsächlich eine effektive Strafverfolgung gewährleistet - zum einen hinsichtlich der Verfolgung der Geldwäsche und zum anderen hinsichtlich der Verfolgung der Vortat der Geldwäsche. Daher ist es wichtig, im angekündigten Gesetzesvorschlag einerseits auf eine enge Verzahnung zwischen der neuen EU-Aufsichtsbehörde und den nationalen Aufsichtssystemen zu achten. Andererseits sollte eine ebenso enge Verzahnung mit den für die Verfolgung der Vortaten zuständigen Stellen auf europäischer, nationaler und Länderebene sichergestellt werden. Damit kann eine effektive Strafverfolgung von Geldwäsche und Vortaten gelingen.
- 15. Der Bundesrat bittet in diesem Zusammenhang jedenfalls darauf hinzuwirken, dass die Vorschriften einer Verordnung zur EU-Aufsichtsbehörde den unterschiedlichen Maßstäben an Aufgaben und Befugnissen im Finanzsektor sowie im Nichtfinanzsektor gerecht werden müssen - auch hinsichtlich der besonderen föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland. Zudem müssen auch die Verknüpfungen der beiden Sektoren in den Blick genommen werden.
- 16. Die Abwicklung von Bargeld-Grundstücksgeschäften war in Deutschland in der Vergangenheit ausgeschlossen, solange die Zahlung über ein Notaranderkonto verpflichtend war. Auf diese Weise entstanden Kontrollpflichten des Notars. Der Bundesrat sieht ein hohes Risiko für Geldwäsche und Terrorfinanzierung, wenn Grundstückskäufe bar abgewickelt werden können. Eine europaweite Pflicht zur Abwicklung über Notaranderkonten oder vergleichbare Stellen sollte geschaffen werden.
- 17. Der Bundesrat bedauert, dass im Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie seine Stellungnahme vom 20. September 2019 (vergleiche BR-Drucksache 352/19(B) ) nicht umgesetzt worden ist, nach der der wirtschaftlich Berechtigte in das Transparenzregister einzutragen ist, der hinter einer ausländischen Gesellschaft steht, die über Grundeigentum in Deutschland verfügt. Im Gesetz ist dies nur für zukünftige Eigentumsübertragungen geregelt worden. Dadurch können die wirklichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Fällen, in denen Grundstücke in der Vergangenheit an ausländische Gesellschaften übereignet worden sind, dauerhaft verschleiert werden. Nach der geltenden Rechtslage führt noch nicht einmal der Austausch des wirtschaftlich Berechtigten zu einer Pflicht zur Eintragung ins Transparenzregister, sodass die betreffenden Grundstücke grundsätzlich dauerhaft für Geldwäsche- und Terrorfinanzierungszwecke zur Verfügung stehen. Der Bundesrat fordert, die Pflicht zur Eintragung des wirtschaftlich Berechtigten auch für vergangene Grundstücksübertragungen und auch für den Austausch des wirtschaftlich Berechtigten zügig zu regeln.
B
- 18. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.