954. Sitzung des Bundesrates am 10. März 2017
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Feststellung der Kommission, dass eine hohe Bildungsqualität für alle das Fundament für sozialen Zusammenhalt und eine offene Gesellschaft legt und hochwertige Bildung dabei weit mehr als nur eine wirtschaftliche Investition ist. Bildung ist elementar für die berufliche und persönliche Entwicklung des Einzelnen in der Gesellschaft.
- 2. Darüber hinaus wird Bildung in der Mitteilung als ein zentrales Instrument zur Bewältigung zahlreicher Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft gegenübersieht, herausgestellt: Sie soll nicht nur dem Wachstum und der Beschäftigungsfähigkeit, sondern unter anderem auch der Bekämpfung von sozioökonomischen Ungleichheiten und Geschlechterstereotypen, der Förderung sozialer Inklusion sowie der Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund dienen und präventive Wirkung gegen Radikalisierung entfalten. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dies nicht zu überhöhten Erwartungen an den Bildungsbereich und zu einer Überforderung einzelner Akteure führen darf.
- 3. Der Bundesrat hält pauschale Aussagen wie die, dass viele Schulbildungssysteme Schwierigkeiten hätten, mit den tief greifenden komplexen Veränderungen unserer Gesellschaften und Volkswirtschaften Schritt zu halten, für wenig hilfreich. Sie werden den unterschiedlichen Situationen und den Anstrengungen in den Mitgliedstaaten nicht gerecht. Der Bundesrat weist die Kommission in diesem Zusammenhang auf ihre eigene Aussage in der Mitteilung hin, dass sich Reformen zur Modernisierung und Verbesserung der Bildung auf solide Erkenntnisse darüber stützen müssen, welche Ansätze im Bildungswesen gut funktionieren.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass die Mitteilung "Verbesserung und Modernisierung von Bildung" nur einzelne Bildungsbereiche anspricht, die berufliche Bildung und die Erwachsenenbildung hingegen weitestgehend nicht thematisiert. Mit Sorge stellt der Bundesrat fest, dass sich die Umorganisierung kommissionsinterner Verwaltungsstrukturen (siehe hierzu bereits BR-Drucksache 583/14(B) ) nunmehr auch in Inhalten niederschlägt. Er betont, dass Bildung einen lebenslangen Prozess darstellt, die verschiedenen Bildungsbereiche miteinander verbunden sind und einzelne Bildungsbereiche nicht aus diesem Kontinuum ausgeklammert werden dürfen.
- 5. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kommission in ihrer Mitteilung wiederholt das Thema Benchmarking anspricht und dabei auch prüfen will, wie OECD-Daten besser als Indikator bzw. Benchmark eingesetzt werden können. Der Bundesrat unterstreicht seine kritische Haltung zu europäischen Durchschnittsbezugswerten sowie genuinen Benchmarks im Bildungsbereich (unter anderem BR-Drucksachen 026/09(B) sowie 386/15(B) ). Unabhängig davon erinnert er daran, dass alle Vorschläge für veränderte oder neue europäische Durchschnittsbezugswerte noch einer sorgfältigen Prüfung im Hinblick auf den jeweils zu erwartenden europäischen Mehrwert sowie einer eingehenden Kosten-Nutzen-Analyse unter besonderer Berücksichtigung des damit in Verbindung stehenden Verwaltungsaufwands zu unterziehen sind (unter anderem BR-Drucksache 386/15(B) ).
- 6. Die Kommission konstatiert in ihrer Mitteilung, für die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung seien primär die Mitgliedstaaten verantwortlich, diese hätten ihre Systeme in den vergangenen Jahren im Rahmen von "Peer Reviews" überprüfen lassen. Der Bundesrat bekräftigt in diesem Zusammenhang seine kritische Haltung zur Durchführung von "Peer Reviews" im Rahmen der EU-Bildungskooperation (unter anderem BR-Drucksachen 561/10(B) und 725/12(B) , 386/15(B) sowie 317/16(B) ). Er betont erneut die Freiwilligkeit der europäischen Bildungskooperation (BR-Drucksache 583/14(B) ). Der Bundesrat betont jedoch seine Unterstützung des freiwilligen Austauschs von Beispielen guter Praxis auf europäischer Ebene (unter anderem BR-Drucksache 317/16(B) ).
- 7. Bezüglich der in der Mitteilung angekündigten Initiative zur Nachverfolgung des Werdegangs von Hochschulabsolventinnen und -absolventen betont der Bundesrat, dass in Deutschland auf Länderebene und an einzelnen Hochschulen bereits zahlreiche Aktivitäten durchgeführt werden. Das Erfordernis entsprechender Daten ist im Hochschulbereich allgemein anerkannt und stellt sogar ein Akkreditierungskriterium für Studiengänge dar. Dem Bundesrat ist es jedoch ein Anliegen, dass für Aktivitäten auf europäischer Ebene möglichst auf vorhandene Daten zurückgegriffen wird und keine zusätzlichen Lasten für nationale und regionale Behörden, Hochschulen und Akteure im Bereich der beruflichen Bildung sowie Belastungen für Absolventen entstehen. Zudem weist er auf die Notwendigkeit der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen hin (BR-Drucksache 315/16(B) ).
- 8. Der Bundesrat bekräftigt hinsichtlich des Plans der Kommission, den Beitrag von Hochschuleinrichtungen zur regionalen Innovation durch mehr und engere Beziehungen zwischen Hochschulen, Unternehmen und anderen Organisationen verstärken zu wollen, dass an dieser Zielsetzung in den deutschen Ländern bereits gearbeitet wird. Er betont jedoch, dass keine zusätzlichen Belastungen durch umfangreiche Berichtspflichten geschaffen werden dürfen.
- 9. Der Bundesrat teilt die Haltung der Kommission, dass es keine Garantie dafür gibt, dass eine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben automatisch zu besseren Ergebnissen führt (vergleiche BR-Drucksachen 583/14(B) , 837/07(B) sowie 141/07(B) ). Angesichts der Bestrebungen der Kommission, die Mitgliedstaaten unterstützen zu wollen, um die Ressourcennutzung an Schulen und Hochschulen effektiver zu gestalten, erinnert der Bundesrat daran, dass die Ausgestaltung der Finanzierung des Bildungswesens in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt (BR-Drucksachen 583/14(B) und 725/12(B) ). Darüber hinaus weist der Bundesrat darauf hin, dass die in der Mitteilung genannten Ziele, wie die Förderung des sozialen Zusammenhalts oder einer offenen Gesellschaft, nicht mit wirtschaftlichen Kriterien oder Instrumenten auf ihre Effizienz hin getestet werden können.
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- 10. Der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.