A. Problem und Ziel
- Nach Artikel 50 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind Informationen über das Vorhandensein eines ernsten unmittelbaren oder mittelbaren Risikos für die menschliche Gesundheit, das von Lebensmitteln oder Futtermitteln ausgeht, über das Schnellwarnsystem zu melden. Somit ist das Schnellwarnsystem ein Meldesystem zur raschen Warnung vor akuten und ernsten Gefahren und keine allgemeine Plattform zum Austausch von Informationen über Normabweichungen oder Beanstandungen von Lebensmitteln. Es soll dazu beitragen, den Verbraucher vor allen ernsten unmittelbaren und mittelbaren Risiken für die menschliche Gesundheit, die von Lebens- oder Futtermitteln ausgehen können, zu schützen.
- Um eine einheitliche Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gewährleisten zu können, ist es notwendig, zu definieren, was unter einem ernsten unmittelbaren oder mittelbaren Risiko zu verstehen ist. Da die Europäische Kommission nicht bereit ist, verbindliche Regelungen zu treffen, gibt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift den zuständigen Behörden der Länder u.a. Kriterien an die Hand, die eine Klärung der Frage ermöglichen, ob es sich bei einem vorliegenden Beanstandungsfall um einen meldepflichtigen Tatbestand gemäß Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 handelt. Ferner wird klargestellt, wie in Zweifelsfällen zu verfahren ist.
- Mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift werden Begriffsbestimmungen, die Erreichbarkeit der zuständigen Behörden, Meldeverantwortlichkeiten sowie Verfahrensabläufe beim Betreiben des Schnellwarnsystems einschließlich Verteilersystemen festgelegt. Sie stellt letztlich die einheitliche Anwendung der festgelegten Meldekriterien und damit eine effiziente Arbeitsweise des Schnellwarnsystems sicher.
B. Kosten, Preiswirkung
- Dem Bund entstehen durch die Verordnung keine Kosten.
- Da Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 die Mitgliedsstaaten verpflichtet am Schnellwarnsystem der Europäischen Kommission teilzunehmen, entstehen den Ländern bei der Durchführung der Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Schnellwarnsystem grundsätzlich keine zusätzlichen Kosten. Lediglich die Länder Bremen und Nordrhein-Westfalen haben zusätzliche Kosten geltend gemacht.
- Den mittelbar durch die Neuregelungen betroffenen Wirtschaftskreisen entstehen keine zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Die öffentlichen Haushalte werden durch die Neuregelung weder mit zusätzlichen Haushaltsaufgaben ohne Vollzugsaufwand noch mit erhöhtem Vollzugsaufwand belastet.
Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung
Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Durchführung des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel sowie für Meldungen über Futtermittel (AVV Schnellwarnsystem - AVV SWS)
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 21. April 2005
Der Bundeskanzler
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene
- Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Durchführung des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel sowie für Meldungen über Futtermittel (AVV Schnellwarnsystem - AVV SWS) mit Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 84 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schröder
Allgemeine Verwaltungsvorschrift
für die Durchführung des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel sowie für Meldungen über Futtermittel (AVV Schnellwarnsystem - AVV SWS)
Nach Artikel 84 Abs. 2 und Artikel 86 Satz 1 des Grundgesetzes wird folgende allgemeine Verwaltungsvorschrift erlassen:
Teil 1 Gegenstand, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
§ 1 Zweck
Diese allgemeine Verwaltungsvorschrift soll
- 1. eine sachgerechte und einheitliche Anwendung des Schnellwarnsystems nach Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. EG (Nr. ) L 31 S. 1) in der Bundesrepublik Deutschland sicherstellen;
- 2. sicherstellen, dass für Meldungen nach Artikel 8 und 16 c der Richtlinie 95/53/EG des Rates vom 25. Oktober 1995 mit Grundregeln für die Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrollen (ABl. EG (Nr. ) L 265 S. 17), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2001 (ABl. EG (Nr. ) L 234 S. 55), der Meldeweg nach Nummer 1 genutzt wird.
§ 2 Behörden
Diese allgemeine Verwaltungsvorschrift richtet sich an die nach
- 1. § 40 Abs. 1 und 2 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden sowie Stellen und Sachverständigen der Bundeswehr, hierunter fallen auch die zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen, die aufgrund der Richtlinie 97/78/EG des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (ABl. EG (Nr. ) L 24 S. 9) zugelassen wurden und von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Kommission) im Amtsblatt bekannt gemacht werden,
- 2. § 19 Abs. 1 des Futtermittelgesetzes für die Durchführung der Futtermittelüberwachung zuständigen Behörden,
- 3. § 31 Abs. 7 des Weingesetzes in Verbindung mit § 40 Abs. 1 und 2 des Lebensmittel - und Bedarfsgegenständegesetzes für die Durchführung der Weinüberwachung zuständigen Behörden,
- 4. § 22a Abs. 1 und 3 Satz 1 des Fleischhygienegesetzes für die Durchführung der Überwachung zuständigen Behörden sowie Stellen der Bundeswehr,
- 5. § 17 Abs. 1 und 3 Satz 1 des Geflügelfleischhygienegesetzes für die Überwachung zuständigen Behörden sowie Stellen der Bundeswehr,
- 6. § 4 Abs. 1 des Verfütterungsverbotsgesetzes für die Überwachung zuständigen Behörden
sowie an das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesinstitut für Risikobewertung (Bundesinstitut) und an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Bundesamt).
§ 3 Begriffsbestimmungen
(1) "Kontaktstellen" sind die in den Ländern für die Entgegennahme und Weiterleitung der Meldung zuständigen Stellen sowie das Bundesministerium der Verteidigung.
(2) "Sitzland" ist das Land, in dem der Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer (Hersteller oder erstmaliger Inverkehrbringer in Deutschland) seinen Sitz hat.
(3) "Befundland" ist das Land, in dem die amtliche oder eine andere Probenahme des betroffenen Lebensmittels oder Futtermittels erfolgt und dem das entsprechende Gutachten vorliegt.
(4) "Meldungen" sind Übermittlungen im Schnellwarnsystem, die wie folgt kategorisiert werden:
- a) "Warnmeldungen": Informationen, aus denen sich ein unmittelbarer Handlungsbedarf ergibt, da sie sich auf Lebensmittel oder Futtermittel beziehen, die sich in einem der am Netz gemäß Artikel 50 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 beteiligten Mitgliedstaaten im Verkehr befinden und von denen ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.
- b) "Informationsmeldungen": Informationen bezüglich Lebensmitteln oder Futtermitteln, für die ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit identifiziert wurde, bei denen jedoch kein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, da sich das Lebensmittel oder Futtermittel in keinem der am Netz beteiligten Mitgliedstaaten im Verkehr befindet, oder Mitteilungen nach Artikel 50 Abs. 3 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.
- c) "Folgemeldungen": Zusätzliche Informationen, die zu einer Warn- oder Informationsmeldung nach deren Übermittlung eingeholt wurden und für die am Netz beteiligten Staaten von Interesse sein könnten.
- d) "Nachrichten": Alle Arten von Informationen, die mit der Sicherheit von Lebensmitteln oder Futtermitteln in Verbindung stehen und keine Warn-, Informations- oder Folgemeldung sind, aber dennoch als bedeutsam für die Lebensmittel- oder Futtermittelüberwachung der am Netz beteiligten Staaten eingestuft werden.
(5) "ARfD-Wert": (Akute Referenzdosis) bezeichnet die geschätzte Menge eines Stoffes in einem Lebensmittel, ausgedrückt mit Bezug auf das Körpergewicht, die nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bewertung ohne nennenswertes Risiko für die menschliche Gesundheit über einen kurzen Zeitraum - normalerweise bei einer Mahlzeit oder an einem Tag - aufgenommen werden kann.
(6) "ADI-Wert": (vertretbare Tagesdosis, "Acceptable Daily Intake") bezeichnet die geschätzte Menge eines Stoffes in einem Lebensmittel, ausgedrückt mit Bezug auf das Körpergewicht, die nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bewertung ein Leben lang täglich ohne nennenswertes Risiko für die menschliche Gesundheit aufgenommen werden kann.
(7) "Carry over": Übergang eines Stoffes aus dem Futter in tierische Gewebe oder in Sekrete.
(8) "Carry over-Rate": Carry over in von Hundert der Stoffaufnahme.
§ 4 Erreichbarkeit der zuständigen Behörden
(1) Die zuständigen obersten Landesbehörden teilen dem Bundesamt die jeweiligen Kontaktstellen und zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen mit. Diese Mitteilung umfasst die Angabe der Rufnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse, unter der die Kontaktstellen und die zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen während der Dienstzeiten zu erreichen sind. Das Bundesministerium der Verteidigung übermittelt entsprechende Angaben an das Bundesamt.
(2) Die Länder und das Bundesministerium der Verteidigung stellen sicher, dass die Erreichbarkeit der Kontaktstellen und der zuständigen Behörden nach § 2 außerhalb der Dienstzeiten gewährleistet ist. Die Kontaktstellen teilen dem Bundesamt mit, unter welcher Rufnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ihre Erreichbarkeit außerhalb der Dienstzeiten für die Fälle, bei denen ein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, sichergestellt ist. Satz 1 gilt nicht für die zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen.
(3) Das Bundesamt unterrichtet die Kontaktstellen über die Mitteilungen nach Absatz 1 und 2. Es übermittelt den Kontaktstellen und den zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen seine Rufnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse zur Erreichbarkeit während und außerhalb der regelmäßigen Dienstzeiten.
Teil 2 Verfahren bei Meldungen aus der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission
§ 5 Meldeverantwortlichkeit für Lebensmittel
(1) Das Befundland erstellt den Entwurf der Meldung mit den dort verfügbaren Informationen und leitet diesen Entwurf an die Kontaktstelle des Sitzlandes zur Vervollständigung weiter.
(2) Meldungen an das Bundesamt erfolgen durch die Kontaktstelle des Sitzlandes. Sofern kein Sitzland festgestellt werden kann, meldet die Kontaktstelle des Befundlandes. Eventuelle Folgemeldungen sowie Nachrichten werden durch die Kontaktstellen der betroffenen Länder weitergeleitet.
(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann eine Warnmeldung bei einem ernsten unmittelbaren oder mittelbaren Risiko, die eine Warnung der Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde nach sich ziehen kann, durch die Kontaktstelle des Befundlandes erfolgen. Diese informiert unverzüglich die Kontaktstelle des Sitzlandes.
§ 6 Meldeverantwortlichkeit für Futtermittel
Bei ernsten unmittelbaren oder mittelbaren Risiken für die menschliche Gesundheit, die von Futtermitteln ausgehen, erfolgt die Meldung durch die Kontaktstelle des Befundlandes. Eventuelle Folgemeldungen sowie Nachrichten erfolgen durch die Kontaktstellen des Sitzlandes und der weiteren betroffenen Länder.
§ 7 Kriterien für Meldungen zu Lebensmitteln
(1) Meldungen zu Lebensmitteln sind in das Schnellwarnsystem einzustellen, wenn von den Lebensmitteln ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.
(2) Ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit liegt insbesondere vor bei
- 1. Lebensmitteln,
- a) die Stoffe enthalten, die nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften oder nach nationalem Recht verboten sind,
- b) die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln oder deren Abbau- oder Reaktionsprodukte enthalten, für die ein ARfD-Wert festgelegt ist, der bei Verzehr des Lebensmittels überschritten wird,
- c) die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln oder deren Abbau- oder Reaktionsprodukte enthalten für die kein ARfD-Wert, aber ein ADI-Wert festgelegt ist, der bei Verzehr des Lebensmittels deutlich überschritten wird,
- d) die Stoffe enthalten, die fruchtschädigend, erbgutschädigend oder krebsauslösend sind und eine gemeinschaftsrechtlich geregelte Höchstmenge oder, soweit nicht vorhanden, eine nationale Höchstmenge überschreiten,
- 2. Lebensmittel, bei denen Pilze oder Pilztoxine, Bakterien oder von ihnen gebildete Toxine, Algentoxine, Parasiten, Stoffwechselprodukte oder Viren nach Art, Zahl oder Menge oder Prionen nachgewiesen wurden, die geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu schädigen
- 3. Lebensmitteln, deren maximale kumulierte Radioaktivität von Cs-134 und Cs-137 die nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 737/90 des Rates vom 22. März 1990 über die Einfuhrbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in Drittländern nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl (ABl. EG (Nr. ) 82 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 616/2000 des Rates vom 20. März 2000 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 737/90 über die Einfuhrbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in Drittländern nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl (ABl. EG (Nr. ) 75 S. 1), festgesetzten Höchstwerte überschreitet,
- 4. nicht zugelassenen genetisch veränderten Lebensmitteln im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (ABl. EU (Nr. ) L 268 S. 1) mit Ausnahme der in Artikel 47 der Vorschrift genannten Lebensmittel,
- 5. nicht zugelassenen neuartigen Lebensmitteln im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl. EG (Nr. ) L 43 S. 1),
- 6. kühlpflichtigen Lebensmitteln, die im Rahmen der Einfuhruntersuchung wegen Nichteinhaltung der Kühlkette zurückgewiesen wurden,
- 7. Lebensmitteln, deren Deklaration oder Aufmachung dazu führen kann, dass es bei entsprechender Verwendung zu einer gesundheitsschädigenden Wirkung kommen kann.
(3) Ob ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit vorliegt, ist insbesondere zu prüfen bei
- 1. Lebensmitteln,
- a) die entgegen einer nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften oder nach nationalem Recht bestehenden Zulassungspflicht ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden,
- b) die andere als die in Absatz 2 Nr. 1 Buchstaben a bis d genannten Stoffe enthalten, die eine gemeinschaftsrechtlich geregelte Höchstmenge oder, soweit nicht vorhanden, eine nationale Höchstmenge überschreiten,
- c) die Stoffe enthalten, die entgegen einer nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften oder nach nationalem Recht bestehenden Zulassungspflicht ohne Zulassung verwendet wurden.
- 2. Lebensmitteln, von denen ein physikalisches Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht, insbesondere durch Fremdbestandteile,
- 3. Lebensmitteln tierischer Herkunft, die nur aus zulassungspflichtigen Betrieben stammen dürfen, jedoch von nicht zugelassenen Betrieben stammen,
- 4. Lebensmitteln, bei denen vorgeschriebene Untersuchungen auf ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden,
- 5. diätetischen Lebensmitteln, die vorgeschriebene Inhaltsstoffe nicht in den erforderlichen Mengen enthalten,
- 6. Lebensmitteln, die durch den Kontakt mit Bedarfsgegenständen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes nachteilig verändert werden.
(4) Das Bundesinstitut erstellt für Lebensmittel mit Rückständen nach Absatz 2 Nr. 1 Buchstabe b und c unter Angabe von ARfD- oder ADI-Werten Meldekriterien und macht diese den zuständigen Behörden zugänglich.
(5) Das Bundesinstitut erstellt zur Beurteilung von Lebensmitteln nach Absatz 2 Nr. 2 einen Kriterienkatalog und macht diesen den zuständigen Behörden zugänglich.
(6) Abweichend von Absatz 1 werden Meldungen zu Lebensmitteln, die nachweislich nicht über einen eng begrenzten regionalen Bereich hinaus in den Verkehr gelangt sind, in der Regel nicht in das Schnellwarnsystem eingestellt.
(7) Die Entscheidung, ob eine Meldung in das Schnellwarnsystem einzustellen ist, erfolgt durch die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der Entscheidungshilfen nach den Absätzen 1 bis 6. In Zweifelsfällen hat die zuständige Behörde das Benehmen mit dem Bundesamt herzustellen. Erforderlichenfalls beteiligt das Bundesamt das Bundesinstitut.
(8) Die Meldung über die Zurückweisung von Lebensmitteln bei der Einfuhruntersuchung oder an Eingangsstellen ist bei Erfüllung der Meldekriterien nach Absatz 1 in das Schnellwarnsystem einzustellen.
§ 8 Kriterien für Meldungen zu Futtermitteln
(1) Meldungen zu Futtermitteln sind in das Schnellwarnsystem einzustellen, wenn von den Futtermitteln ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.
(2) Dies ist insbesondere der Fall bei der Feststellung von
- 1. Überschreitungen der in der Anlage 5 der Futtermittelverordnung festgelegten Höchstgehalte an unerwünschten Stoffen sowie in der Anlage 5 a der Futtermittelverordnung geregelten Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln, wenn diese Stoffe fruchtschädigend, erbgutschädigend oder krebsauslösend sind und nachweisbar in vom Tier stammende Lebensmittel übergehen können,
- 2. sonstigen unerwünschten Stoffen, für die Zieltierart oder -kategorie nicht zugelassenen Zusatzstoffen, Verschleppung von Tierarzneimitteln, soweit die unter Nummer 1 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind,
- 3. verbotenen Stoffen nach Anlage 6 der Futtermittelverordnung oberhalb technisch unvermeidbarer Konzentrationen,
- 4. Erzeugnissen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. EU (Nr. ) L 147 S.1) in der jeweils geltenden Fassung nicht oder nicht an die betreffende Tierart verfüttert werden dürfen,
- 5. nicht zugelassenen genetisch veränderten Futtermitteln im Sinne von Artikel 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (ABl. EU (Nr. ) L 268 S. 1) mit Ausnahme der in Artikel 47 der Vorschrift genannten Futtermittel.
(3) Das Bundesinstitut erstellt für Stoffe nach Satz 1 Nr. 1 und 2 einen Kriterienkatalog unter Berücksichtigung von Carry-over-Raten und macht ihn den zuständigen Behörden zugänglich.
(4) Abweichend von Absatz 1 werden Meldungen zu Futtermitteln, die nachweislich nicht über einen eng begrenzten regionalen Bereich hinaus in den Verkehr gelangt sind, in der Regel nicht in das Schnellwarnsystem eingestellt.
(5) Die Entscheidung, ob eine Meldung in das Schnellwarnsystem einzustellen ist, erfolgt durch die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der Entscheidungshilfen nach den Absätzen 1 bis 4. In Zweifelsfällen hat die zuständige Behörde das Benehmen mit dem Bundesamt herzustellen. Erforderlichenfalls beteiligt das Bundesamt das Bundesinstitut.
(6) Die Meldung über die Zurückweisung von Futtermitteln an Eingangsstellen ist bei Erfüllung der Meldekriterien nach Absatz 1 in das Schnellwarnsystem einzustellen.
§ 9 Erstellung und Übermittlung einer Meldung
(1) Bei der Erstellung einer Meldung sind die von der Kommission vorgegebenen Formulare (Meldeformular, Formular für Folgemeldungen, Vertriebslistenformular) in der jeweils geltenden Fassung zu verwenden. Soweit notwendig sind weitere Dokumente (z.B. Begleitdokumente, insbesondere Gesundheitszertifikate, Warenetiketten oder sonstige Papiere, die zur Identifizierung der Ware dienen können, Gutachten, Akkreditierungsurkunden von Laboratorien, Listen berechtigter Personen zur Ausfertigung von Ausfuhrzertifikaten) beizufügen. Die jeweils aktuelle Fassung der Formulare wird den Kontaktstellen vom Bundesamt in deutscher Sprache mit Erläuterungen zum Ausfüllen in geeigneter Weise zur Kenntnis gegeben.
(2) Die Kontaktstelle übersendet dem Bundesamt die Meldung unter Berücksichtigung der Meldekriterien nach §§ 7 und 8. Sie schlägt grundsätzlich bei Erstmeldungen vor, ob diese als Warn- oder Informationsmeldung weitergeleitet werden sollen. Bei Übersendung einer Meldung außerhalb der regulären Dienstzeiten, die ein sofortiges Handeln erforderlich macht, ist diese dem Bundesamt unverzüglich telefonisch anzukündigen.
(3) Die Weiterleitung der Meldung erfolgt auf elektronischem Weg. Sollte dies im Einzelfall nicht möglich sein, so erfolgt die Weiterleitung per Telefax. Sollte auch dies im Einzelfall nicht möglich sein, so kann die Weitergabe telefonisch erfolgen. Absatz 1 und 2 Satz 1 und 2 gelten entsprechend.
(4) Die Kontaktstelle stellt die Unterrichtung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmers sicher, dessen Erzeugnis Gegenstand einer Schnellwarnung ist.
(5) Erfolgt im Zusammenhang mit einem meldepflichtigen Sachverhalt eine Information der Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde oder durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer, so ist diese unverzüglich über die Kontaktstelle dem Bundesamt, sowie den anderen Kontaktstellen der Länder, zu übermitteln. Das Bundesamt unterrichtet unverzüglich das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium) und die Kommission.
§ 10 Bearbeitung der Meldung durch das Bundesamt
(1) Vor der Weiterleitung einer Meldung an die Kommission wird die eingegangene Meldung durch das Bundesamt auf Schlüssigkeit und Vollständigkeit geprüft. Eine Änderung des nach § 9 Abs. 2 Satz 2 gegebenen Vorschlages kann im gegenseitigen Einvernehmen mit dem meldenden Land erfolgen. Sofern die Kontaktstelle keinen Vorschlag nach § 9 Abs. 2 Satz 2 übersendet, kann das Bundesamt die Einstufung eigenständig vornehmen.
(2) Bei inhaltlichen Änderungen sendet die Kontaktstelle eine korrigierte Fassung der Meldung an das Bundesamt.
(3) Offensichtlich fehlerhafte Angaben können nach Rücksprache mit der meldenden Kontaktstelle durch das Bundesamt im Formular korrigiert werden.
(4) Das Bundesamt kann mehrere Folgemeldungen zusammenfassen und der Kommission in angemessenen Zeitabständen, spätestens jedoch nach einer Woche, übermitteln. Über diese Vorgehensweise sind die Kontaktstellen beim Absenden der Sammelmeldung zu unterrichten.
§ 11
Weiterleitung der Meldung durch das Bundesamt
(1) Das Bundesamt übersendet der Kommission die Meldung zusammen mit einem Vorschlag, ob diese als Warn-, Informations- oder Folgemeldung oder als Nachricht eingestuft werden soll.
(2) Die Mitteilung an die Kommission erfolgt nachrichtlich an das Bundesministerium sowie an die Kontaktstelle, die die Meldung übermittelt hat. Soweit sich die Meldung auf erhöhte Radioaktivität oder auf ein genetisch verändertes Lebensmittel oder Futtermittel bezieht oder die Verordnungsermächtigung des § 9 Abs. 4 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes einschlägig ist, erfolgt die Mitteilung an die Kommission auch nachrichtlich an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU).
(3) § 9 Abs. 3 Satz 1 bis 3 finden Anwendung.
Teil 3 Verfahren bei Meldungen von der Kommission an die Bundesrepublik Deutschland
§ 12 Bearbeitung und Weitergabe der Meldungen durch das Bundesamt
(1) Die durch die Kommission übermittelten Meldungen werden vom Bundesamt in Risikokategorien eingestuft.
Die Einstufung berücksichtigt folgende Kategorien:
- 1. Kategorie 1 gilt für Warnmeldungen, von denen Deutschland betroffen ist,
- 2. Kategorie 2 gilt für alle anderen Meldungen, von denen Deutschland betroffen ist,
- 3. Kategorie 3 gilt für Warnmeldungen, die nicht unter Kategorie 1 fallen,
- 4. Kategorie 4 gilt für Meldungen, die Rückweisungen der zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen betreffen,
- 5. Kategorie 5 gilt für alle sonstigen Meldungen.
Die Einstufung wird jeweils kenntlich gemacht.
(2) Die wesentlichen Inhalte fremdsprachiger Meldungen sowie der zu diesen gehörenden Dokumente werden vom Bundesamt zusammengefasst und in deutscher Sprache sinngemäß wiedergegeben. Die von den Meldungen unmittelbar oder mittelbar betroffenen Länder werden benannt.
(3) Meldungen der Kategorien 1 und 2 werden vom Bundesamt unverzüglich den Kontaktstellen mitgeteilt. Meldungen der Kategorie 4 werden vom Bundesamt den zuständigen Behörden der Grenzkontrollstellen unmittelbar zugeleitet; die Kontaktstelle des Landes, in dem die Grenzkontrollstelle liegt, wird vom Bundesamt nachrichtlich informiert. Die Meldungen der Kategorien 1, 2 und 4 werden vom Bundesamt auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt. Sollte dies im Einzelfall nicht möglich sein, so findet das Verfahren des § 9 Abs. 3 Satz 2 und 3 Anwendung.
(4) Wird eine Meldung, die ein sofortiges Handeln erforderlich macht, außerhalb der regulären Dienstzeit übersandt, sind die Kontaktstellen nach § 4 Abs. 2 unverzüglich telefonisch zu informieren.
(5) Das Bundesamt sendet die Meldungen nachrichtlich an
- 1. das Bundesministerium,
- 2. das Bundesinstitut sowie
- 3. das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
In den Fällen des § 11 Abs. 2 Satz 2 wird die Meldung auch an das BMU gesandt. Bei Risiken mikrobiologischer Art wird die Meldung auch an das Robert-Koch-Institut (RKI) gesandt.
(6) Das Bundesamt fasst die Meldungen eines Tages zu Tagesberichten zusammen und sendet diese an:
- 1. die Kontaktstellen,
- 2. das Bundesministerium,
- 3. das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit,
- 4. die Zentralstelle Risikoanalyse (Zoll),
- 5. das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle,
- 6. das Bundesinstitut,
- 7. das RKI und
- 8. das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern.
(7) Das Bundesamt übermittelt darüber hinaus Wirtschafts- und Verbraucherverbänden sowie den Giftinformationszentralen unter Berücksichtigung der Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes Tagesberichte.
Teil 4 Regelungen für Meldungen zu Futtermitteln gemäß Artikel 8 und 16 c der Richtlinie 95/53/EG
§ 13 Meldungen gemäß Artikel 8 und 16 c der Richtlinie 95/53/EG
Für Meldungen nach Artikel 8 und 16 c der Richtlinie 95/53/EG ist das Verfahren nach § 9 bis 11 dieser Regelung entsprechend anzuwenden. Eine Einteilung der Meldung nach § 3 Abs. 4 entfällt. Diese Meldungen sind mit der Kennzeichnung "Mitteilung gemäß Artikel 8 oder 16 c der Richtlinie 95/53/EG" zu versehen.
Teil 5 Schlussbestimmungen
§ 14 Inkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Der Bundeskanzler
Gerhard Schröder
Die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Renate Künast