Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Europäische Kommission
Brüssel, den 29.11.2017 COM (2017) 713 final
Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft
1. EIN NEUER Kontext
Der Agrarsektor und die ländlichen Gebiete in der EU tragen entscheidend zu guten Lebensbedingungen und zur Zukunft der Union bei. Die EU-Landwirtschaft ist einer der weltweit führenden Lebensmittelerzeuger und garantiert, dass für mehr als 500 Millionen europäische Bürgerinnen und Bürger die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert ist. Darüber hinaus sind die Landwirte in der EU die wichtigsten Manager der natürlichen Umwelt, da sie auf 48 % der Flächen in der EU (und Forstwirte auf weiteren 36 %) die natürlichen Ressourcen Boden, Wasser, Luft und biologische Vielfalt schützen und wichtige Kohlenstoffsenken sowie nachwachsende Rohstoffe für die Industrie und die Energiewirtschaft bereitstellen. Gleichzeitig sind sie unmittelbar auf diese natürlichen Ressourcen angewiesen. Sehr viele Arbeitsplätze hängen von der Landwirtschaft ab, sowohl innerhalb des Sektors im engeren Sinn (der 22 Millionen Menschen eine regelmäßige Arbeit bietet) als auch in der Ernährungswirtschaft im weiteren Sinn (Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung, Einzelhandel und Dienstleistungen bieten zusammengenommen rund 44 Millionen Arbeitsplätze). In den ländlichen Gebieten1 in der EU leben insgesamt 55 % der Bürgerinnen und Bürger der EU. Gleichzeitig bilden diese Gebiete eine wichtige Grundlage für Beschäftigung, Erholung und Fremdenverkehr.
Abbildung 1
Doch keiner dieser positiven Aspekte darf als selbstverständlich angesehen werden. Im Unterschied zu den meisten anderen Wirtschaftszweigen ist die Landwirtschaft in hohem Maße witterungsabhängig. Zudem hat sie häufig mit Preisschwankungen, Naturkatastrophen, Schädlingsbefall und Krankheiten zu kämpfen, sodass jedes Jahr mindestens 20 % der Landwirte gemessen am Durchschnitt der drei vorhergehenden Jahre Einkommenseinbußen von mehr als 30 % erleiden. Zugleich ist der Druck auf die natürlichen Ressourcen nach wie vor groß und teilweise auch auf bestimmte landwirtschaftliche Tätigkeiten zurückzuführen. All die genannten Probleme werden durch den Klimawandel potenziell noch verschärft. Daher sollte die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) den Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft ebnen.
Durch die GAP konnte der am stärksten integrierte Binnenmarkt geschaffen werden, und der GAP ist es auch zu verdanken, dass der EU-Agrarsektor die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger erfüllen kann, was die gesicherte Versorgung mit Lebensmitteln sowie die Sicherheit, Qualität und Nachhaltigkeit der Lebensmittel betrifft. Zugleich hat der Sektor mit dem Problem geringer Rentabilität zu kämpfen, die unter anderem auf die hohen Produktionsstandards, die hohen Kosten für die Produktionsfaktoren und die Fragmentierung des Primärsektors in der EU zurückzuführen ist. Der Sektor konkurriert nun in den meisten Bereichen zu Weltmarktpreisen, ist hinsichtlich Vielfalt und Qualität der Lebensmittelerzeugnisse führend und erzielt die weltweit höchsten Agrar- und Lebensmittelausfuhren (im Wert von 131 Mrd. EUR im Jahr 20162).
Solide Leistungen mit Verbesserungspotenzial
Aufgrund von Direktzahlungen sind gegenwärtig 7 Millionen landwirtschaftliche Betriebe, die 90 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche bewirtschaften, besser gegen Krisen gewappnet. Diese Zahlungen machen etwa 46 % des Einkommens der Landwirte in der EU aus, allerdings ist der Anteil in vielen Regionen und Sektoren deutlich höher. Dadurch verfügen die Landwirte, die sich erheblichen Schwankungen bei den Preisen und der Erzeugung ausgesetzt sehen, über ein relativ stabiles Einkommen, was dazu beiträgt, dass weiterhin in der gesamten Union hochwertige Lebensmittel erzeugt werden, die für die EU von entscheidender Bedeutung sind.3 Die Wirkung dieser Zahlungen wird durch Marktinstrumente ergänzt. Auch für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen wird eine besondere Stützung gezahlt.
Die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums leistet in vielerlei Hinsicht einen wesentlichen Beitrag zur Agrarwirtschaft und zur Schaffung guter Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen. Mit dieser Politik werden Investitionen, Wissensaufbau, die Organisation der Versorgungskette sowie Umwelt- und Klimaschutz gefördert. Die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014-2020 bauen darauf auf und setzen verstärkt auf Innovation und Risikomanagement. Die Schaffung der Europäischen Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit" (EIP-AGRI) gab den Anstoß für Wissensaufbau und Wissensaustausch. Allerdings müssen noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um den Landwirten den Zugang zu Wissen zu erleichtern.4
Die Erkenntnisse aus der im ersten Halbjahr 2017 durchgeführten öffentlichen Konsultation zum Thema "Modernisierung und Vereinfachung der GAP"5 zeigen einen breiten Konsens darüber, dass die aktuellen Herausforderungen mit den derzeitigen Instrumenten der GAP nur bis zu einem gewissen Grad erfolgreich bewältigt werden können. Dies gilt auch für Herausforderungen in den Bereichen Umwelt und Klima, in denen die GAP nach Auffassung einer Mehrheit der Landwirte und anderer Interessenträger mehr leisten sollte. Gleichzeitig wurde betont, dass die derzeitige Politik durch übermäßige Bürokratie entscheidend dabei behindert wird, ihre Ziele zu erreichen.
Abbildung 2
Konkrete Maßnahmen auf den bewirtschafteten Flächen sind von entscheidender Bedeutung, wenn die umwelt- und klimapolitischen Ziele der EU erreicht werden sollen. Landwirte stehen bei der Umsetzung dieser wichtigen gesellschaftlichen Ziele an vorderster Front der Wirtschaftsakteure. In diesem Zusammenhang müssen die Direktzahlungen unter die Lupe genommen werden, um sicherzustellen, dass auf einem großen Teil der aktiv bewirtschafteten Flächen in der EU umweltfreundliche Verfahren angewendet werden. Die derzeitigen flächenbezogenen Zahlungen für die Entwicklung des ländlichen Raums beruhen auf diesem Grundsatz. Auch dank der GAP hat die ökologische Landwirtschaft stark zugenommen: 2015 wurde sie auf 6 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche betrieben gegenüber 2 % im Jahr 2000.
Bei der Umsetzung der "Ökologisierung"6 herrscht teilweise die Meinung, dass sie weniger ehrgeizig ist als geplant; zudem wird die Ökologisierung in der öffentlichen Konsultation als der aufwendigste und komplexeste Bestandteil der GAP genannt, worunter die Wirksamkeit der Maßnahmen leidet. Die Eindämmung des Klimawandels ist in der Zwischenzeit noch dringlicher geworden, wobei künftig erhebliche Kosten auf die Landwirte zukommen.7
Dieser Ansicht ist auch die REFIT-Plattform, die den Schwerpunkt auf den übermäßigen Verwaltungsaufwand der derzeitigen Ökologisierungsmaßnahmen, das Audit- und Kontrollsystem und die zunehmenden Überschneidungen zwischen der ersten und der zweiten Säule legte.8 Wie von der REFIT-Plattform aufgezeigt, muss der im Rahmen der GAP entstehende Regelungsaufwand verringert, das Kosten-Nutzen-Verhältnis verbessert und gewährleistet werden, dass die Ziele erreicht werden und eine stärkere Einbindung in andere Politikbereiche erfolgt.
Ein erster Bericht über die Umsetzung des derzeitigen gemeinsamen Überwachungs- und Bewertungsrahmens der GAP, einschließlich erster Ergebnisse zur Leistung, wird dem Europäischen Parlament und dem Rat 2018 vorgelegt werden. In die Folgenabschätzung, auf der der Kommissionsvorschlag für die Gemeinsame Agrarpolitik in der Zeit nach 2020 beruhen wird, werden alle verfügbaren Erkenntnisse zur bisherigen Leistung dieser Politik (einschließlich Bewertungsergebnissen und Beiträgen der REFIT-Plattform) einfließen. Diese Informationen werden zur Analyse konkreter Zukunftslösungen herangezogen.
Eine zukunftssichere GAP
Die GAP hat sich unter Beachtung der im Vertrag festgelegten Ziele kontinuierlich weiterentwickelt und so ihren Mehrwert für die EU gesteigert. Darüber hinaus hat sie ihren Schwerpunkt deutlich in Richtung Umwelt und Klima sowie der ländlichen Räume im weiteren Sinne, in denen Landwirtschaft betrieben wird, verlagert. Dadurch konnte die Produktivität in diesem Sektor seit 2005 um nahezu 9 % erhöht werden, während gleichzeitig die Treibhausgasemissionen seit 1990 um 24 % zurückgingen und weniger Düngemittel eingesetzt wurden, was sich positiv auf die Wasserqualität auswirkte. Ohne eine umfassendere und ehrgeizigere politische Unterstützung ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sich der Rückgang der Emissionen aus der EU-Landwirtschaft weiterhin in diesem Tempo fortsetzt. Die GAP muss verstärkte Anstrengungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen umfassen und zudem eine wesentliche Rolle dabei spielen, die Prioritäten von Kommissionspräsident Juncker im Einklang mit anderen Politikbereichen umzusetzen, insbesondere um - hochwertige Beschäftigung, Wachstum und Investitionen zu fördern;
- - das Potenzial von Energieunion, Kreislaufwirtschaft und Biowirtschaft zu nutzen und gleichzeitig Umweltpflege, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu stärken;
- - Forschung und Innovation aus den Labors herauszuholen und auf die Felder und Märkte zu bringen;
- - Landwirte und ländliche Räume vollumfänglich an die digitale Wirtschaft anzubinden und - zur Migrationsagenda der Europäischen Kommission beizutragen.
Zugleich sieht sich die EU stark in der Pflicht, Maßnahmen gemäß dem COP21-Übereinkommen von Paris sowie zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung zu ergreifen. Die GAP stützt insbesondere die im Rahmen der Klima- und Energiepolitik bis 2030 ausgegebenen Ziele, wobei die Landwirtschaft zum gesamtwirtschaftlichen Ziel einer Verringerung der Emissionen um 40 % bis 2030 und zur EU-Anpassungsstrategie beitragen soll. Darüber hinaus muss die europäische Landwirtschaft einen größeren Beitrag zu den Umweltzielen der EU leisten. Diesen Verpflichtungen kann ohne die Land- und Forstwirte sowie weitere Akteure im ländlichen Raum nicht nachgekommen werden, die zusammen mehr als die Hälfte der Fläche der EU bewirtschaften, die damit verbundenen natürlichen Ressourcen vorrangig nutzen und bewahren und große Kohlenstoffsenken sowie nachwachsende Rohstoffe für die Industrie und die Energiewirtschaft bereitstellen. Aus diesem Grund sollte eine modernere GAP ihren Mehrwert für die EU erhöhen, indem sie sich bei Umwelt-und Klimaschutz ehrgeiziger zeigt, und den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf eine nachhaltige landwirtschaftliche Erzeugung Rechnung trägt.
Die Cork-2.0-Erklärung "Für ein besseres Leben im ländlichen Raum" aus dem Jahr 2016 enthält ehrgeizige Ziele für den zukünftigen Erfolg der Landwirtschaft und der ländlichen Gebiete in der EU und deren Leistungen für die Gesellschaft insgesamt. Darin wird eine Agenda zur Reform der GAP präsentiert, durch die ihre Umsetzung verbessert und die Politik für die aktuellen Herausforderungen fit gemacht werden soll. Insbesondere werden Investitionen in Kompetenzen, öffentliche Dienstleistungen, Infrastruktur und Kapazitätsaufbau benötigt, um lebendige ländliche Gemeinschaften hervorzubringen.
Abbildung 3
In der öffentlichen Konsultation wurde deutlich, wie wichtig die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit) sind und wie sie mit der umfassenderen Notwendigkeit einer Modernisierung und Vereinfachung der Politik im Zusammenhang stehen.
Mit der Vorlage des Weißbuchs der Kommission zur Zukunft Europas am 1. März 2017 wurde eine breit angelegte Debatte über die EU von morgen angestoßen. Dabei werden die Union und ihre Mitgliedstaaten aufgerufen, besser mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren, ihnen mehr Rechenschaft abzulegen und gemeinsam vereinbarte Maßnahmen schneller und besser umzusetzen, wie z.B. die Europäische Säule sozialer Rechte. Durch das Reflexionspapier der Kommission über die Zukunft der EU-Finanzen vom 28. Juni 2017 erhielt diese Debatte weitere Impulse, da in diesem Papier Optionen und Szenarien für die künftige Ausrichtung des EU-Haushalts aufgezeigt werden, unter anderem auch eine Option, wonach die GAP bis zu einem gewissen Grad kofinanziert werden könnte, und welche Auswirkungen das hätte. Wie in dem Reflexionspapier dargelegt, sollte der EU-Haushalt weiterhin auf aktuelle Trends reagieren, die die EU in den kommenden Jahren formen werden. Es gibt zudem eine Reihe neuer Herausforderungen, in denen mehr Aufgaben als heute auf den EU-Haushalt zukommen. In diesem Zusammenhang müssen alle bestehenden Instrumente, einschließlich der GAP, einer Prüfung unterzogen werden. Mit der vorliegenden Mitteilung soll weder den Ergebnissen dieser Debatte noch den Vorschlägen für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vorgegriffen werden.
Im Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen wird eine Verlagerung auf neues, nachhaltiges Wachstum gefordert, das wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte in einem ganzheitlichen und integrierten Ansatz vereint und stärker auf die Bereitstellung öffentlicher Güter ausgerichtet ist.
Vor diesem Hintergrund müssen die nächsten Schritte bei der Weiterentwicklung der GAP (Modernisierung und Vereinfachung und enge Abstimmung mit anderen Politikbereichen der EU) gemacht werden, um ein großes Spektrum drängender Herausforderungen zu bewältigen, mit gezielterer Ausrichtung auf hohe Standards und tatsächliche Ergebnisse die Stärken des Agrarsektors und der ländlichen Gebiete der Union zu fördern und die Landwirte dabei zu unterstützen, künftige wichtige Herausforderungen und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen.
2. Auf dem Weg zu einem neuen UMSETZUNGSMODELL und zu einer VEREINFACHTEN GAP
Die GAP muss sich in vielerlei Hinsicht weiterentwickeln und entschlossener auf die eintretenden Herausforderungen und Chancen reagieren, sei es auf EU-Ebene, auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene oder auf Ebene des einzelnen landwirtschaftlichen Betriebs. Dies bedeutet für die GAP auch, die Verwaltung zu straffen, bei der Verwirklichung der EU-Ziele bessere Ergebnisse zu erzielen und Bürokratie und Verwaltungsaufwand erheblich zu verringern.
Das derzeitige System zur Umsetzung der GAP beruht auf detaillierten Vorgaben auf EU-Ebene und strengen Kontrollen, Sanktionen und Auditregelungen. Diese Vorschriften sind oftmals bis auf die Ebene des einzelnen Betriebs hinunter sehr präskriptiv. Da die Landwirtschaft in der Union äußerst vielfältig ist und unter verschiedensten klimatischen Gegebenheiten betrieben wird, können jedoch weder durch Topdown-Ansätze noch durch pauschale Vorgaben die angestrebten Ergebnisse und der gewünschte Mehrwert für die EU erzielt werden.
Zur Umsetzung der künftigen GAP sollte die Union lediglich die grundlegenden Parameter festlegen (Ziele der GAP, grobe Maßnahmenkategorien, grundlegende Anforderungen). Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten mehr Verantwortung übernehmen und damit auch stärker dafür verantwortlich sein, wie sie die Ziele erreichen und die vereinbarten Vorgaben einhalten. Die Ziele der GAP dienten dann der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem EU-Vertrag, aber auch der bereits vereinbarten Ziele und Vorgaben beispielsweise zum Umweltschutz, zum Klimawandel (COP 21), und zu einer Reihe von Zielen für eine nachhaltige Entwicklung. Bei der Erarbeitung der Strategiepläne für die GAP nutzen die Mitgliedstaaten ihre auf der Grundlage der Umwelt- und Klimagesetzgebung und -politik der EU eingeführten Planungsinstrumente9. Gleichzeitig wären die Mitgliedstaaten in der Pflicht, die Leistungen verlässlich zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten, damit die Haushaltsmittel wirtschaftlich eingesetzt werden.
Durch mehr Subsidiarität könnte den Bedingungen und dem Bedarf vor Ort besser Rechnung getragen werden und könnten solche Ziele und Vorgaben festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten wären dazu aufgerufen, die Maßnahmen im Rahmen der GAP so zuzuschneiden, dass sie den bestmöglichen Beitrag zum Erreichen der EU-Ziele leisten. Unter Beibehaltung der derzeitigen Verwaltungsstrukturen, die auch weiterhin für eine wirksame Überwachung und Durchsetzung zur Verwirklichung aller politischen Ziele sorgen müssen, hätten die Mitgliedstaaten auch mehr Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der für die Begünstigten geltenden Einhaltungs- und Kontrollvorschriften (einschließlich Überprüfungen und Sanktionen).
Um den EU-Mehrwert zu erhöhen und einen funktionierenden Agrarbinnenmarkt zu bewahren, dürften die Mitgliedstaaten ihre Entscheidungen nicht isoliert treffen, sondern müssten innerhalb eines strukturierten Verfahrens handeln, das im Rahmen eines Strategieplans für die GAP festgelegt würde, der für Maßnahmen der ersten und der zweiten Säule gelten und somit für politische Kohärenz in der gesamten künftigen GAP und mit anderen Politikbereichen sorgen würde. Somit werden auch weiterhin gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet und gleichzeitig der gemeinschaftliche Charakter und die beiden Säulen der Gemeinsamen Agrarpolitik erhalten. Die Kommission würde diese Pläne bewerten und genehmigen, um den Beitrag der GAP zu den Prioritäten und Zielen der EU sowie zu den Klima- und Energiezielen der Mitgliedstaaten zu optimieren. Dies ist wichtig, damit auch weiterhin alle Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Umwelt- und Klimaziele gemeinsam vorgehen. Die einzige tragfähige politische Option in diesem Bereich besteht darin, ehrgeizigere Ziele zu verfolgen.
Das Planungsverfahren sollte deutlich vereinfacht werden und erheblich weniger komplex sein als in der gegenwärtigen Programmplanung für die Entwicklung des ländlichen Raums. Das bedeutet insbesondere, dass verbindliche Vorgaben zu Einzelheiten von Maßnahmen und zu Vorschriften für die Förderfähigkeit aus den EU-Rechtsvorschriften gestrichen werden sollten. Eine derartige Vereinfachung würde zudem integrierte und innovative Ansätze begünstigen und den politischen Rahmen flexibler und innovationsfreundlicher machen.
Deshalb sollten die GAP und die Pläne der Mitgliedstaaten vor allem auf die Ziele und erwarteten Ergebnisse ausgerichtet sein und gleichzeitig den Mitgliedstaaten und Regionen ausreichend Spielraum einräumen, um ihren jeweiligen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Der Kommissionsansatz eines "ergebnisorientierten Haushalts" sollte dementsprechend dazu führen, dass die künftige Umsetzung stärker an Ergebnissen ausgerichtet ist, den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der GAP-Regelungen eine wesentlich größere Rolle zugestanden und dadurch die Subsidiarität gestärkt wird, vereinbarte realistische und angemessene Ziele verfolgt werden und der EU-bedingte Verwaltungsaufwand für die Begünstigten verringert wird. Hierbei bieten vereinfachte Kostenoptionen und moderne Technologien enorme Möglichkeiten zur Verringerung dieses Aufwands, insbesondere bei den Kontrollen. Sowohl Landwirte als auch Bürgerinnen und Bürger sollten durch weniger präskriptive Vorgaben von solchen Fortschritten profitieren können.
Wie in der Cork-2.0-Erklärung verkündet, würde die Struktur der GAP als Ganzes somit dafür sorgen, dass Maßnahmen gezielt auf genau definierte wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele ausgerichtet sind und gleichzeitig den Bedürfnissen und Erwartungen der betroffenen Gebiete Rechnung getragen wird.
Eine weitere wichtige Aufgabe der Kommission bestünde natürlich darin, im Rahmen eines gut durchdachten Audit- und Zuverlässigkeitssystems die Ergebnisse und die Einhaltung der grundlegenden EU-Vorschriften sowie der internationalen Verpflichtungen zu überwachen. Hierzu müsste das Verfahren für die Zuverlässigkeitsgewähr an die Anforderungen einer ergebnisorientierten Politik angepasst werden, wozu auch belastbare und messbare Indikatoren sowie ein verlässliches System für die Leistungsüberwachung und Berichterstattung erarbeitet und angewendet werden müssten.
3. Eine INTELLIGENTERE, MODERNE und Nachhaltige GAP
Die europäischen Bürgerinnen und Bürger sollten auch weiterhin Zugang zu sicheren, hochwertigen, erschwinglichen, nahrhaften und vielfältigen Lebensmitteln haben. Lebensmittel sollten so erzeugt und vermarktet werden, wie es die Bürgerinnen und Bürger erwarten, insbesondere was die Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt und Klima betrifft. Um dies vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung, zunehmender Umweltbelastungen und des Klimawandels zu gewährleisten, muss die GAP weiterentwickelt werden. Dabei gilt es, ihre Ausrichtung auf den Markt und die Unterstützung des EU-Modells des landwirtschaftlichen Familienbetriebs in der gesamten Union beizubehalten. Ebenso muss die GAP die Bekämpfung der Ursachen für die Migration in Richtung EU unterstützen und damit vereinbar sein.
Abbildung 4
Diese Ziele können in einem veränderten wirtschaftlichen, umwelt- und klimapolitischen, sozialen, technologischen, industriellen und politischen Umfeld verwirklicht werden, wenn auf dem im Rahmen der GAP bisher Erreichten aufgebaut wird. Nachstehend sind die wichtigsten Ziele der künftigen GAP aufgeführt:
- - Förderung eines intelligenten und krisenfesten Agrarsektors;
- - Stärkung von Umweltpflege und Klimaschutz und Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen der EU;
- - Stärkung des sozioökonomischen Gefüges in ländlichen Gebieten.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen der Agrarsektor und die ländlichen Gebiete in der EU enger mit der Entwicklung des Humankapitals und der Forschung verknüpft und Innovationen stärker gefördert werden.
Die künftige GAP wird auch weiterhin die gesellschaftlichen Erwartungen an eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung - insbesondere Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln sowie Umwelt- und Tierschutzstandards - erfüllen müssen.
3.1. Besseres Wissen um Anbaumethoden dank Forschung und Innovation
In verschiedenen Bereichen sind Innovationen in Reichweite (in der Agrarwissenschaft beispielsweise bei naturnahen Lösungen, bei genetischen Züchtungen, vertikaler Landwirtschaft, Tierzucht sowie biologische, technische, digitale, organisatorische und produktbezogene Innovationen) und können für die EU-Agrar-und -Ernährungswirtschaft in ihren zahlreichen Funktionen von Nutzen sein. Forschung und Innovation sind von grundlegender Bedeutung für Fortschritte bei allen Herausforderungen, denen der Agrarsektor und die ländlichen Gebiete in der EU ausgesetzt sind, also bei wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Herausforderungen. Die Bedürfnisse und die Beiträge der ländlichen Gebiete sollten sich in der Forschungsagenda der Europäischen Union deutlich widerspiegeln, und die künftige GAP muss bei der Förderung von Innovationen verstärkt und vermehrt Synergien mit der Forschungs- und Innovationspolitik nutzen.
Durch technologische Entwicklungen und Digitalisierung sind erhebliche Verbesserungen bei der Ressourceneffizienz und damit einer umwelt- und klimaschonenderen Landwirtschaft möglich, wodurch die Auswirkungen der Landwirtschaft auf Umwelt und Klima verringert, die Resilienz und die Bodenqualität verbessert und die Kosten für die Landwirte gesenkt werden. Allerdings bleibt der Einsatz neuer Technologien in der Landwirtschaft hinter den Erwartungen zurück und ist ungleichmäßig auf die verschiedenen Regionen der EU verteilt. Gleichzeitig ist es besonders wichtig, kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben den Zugang zu Technologien zu ermöglichen.
Nicht nur der Einsatz von Technologien, sondern auch der Zugang zu fundiertem, relevantem und neuem Wissen ist in der Union sehr ungleich verteilt. Dadurch werden die Leistung bestimmter GAP-Instrumente sowie die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit und das Entwicklungspotenzial des Agrarsektors eingeschränkt. Andererseits dazu ermöglicht die GAP einen verbesserten Informationsfluss zwischen Partnern aus verschiedenen Teilen der EU, was einen erheblichen Mehrwert bringt, da hierdurch Kosten gespart, EU-Mittel wirksamer eingesetzt und Innovationen in den verschiedenen Teilen der EU beschleunigt werden.
Abbildung 5
Die Förderung von Wissen, Innovation und Technologie wird für die Zukunftsfähigkeit der GAP von entscheidender Bedeutung sein. Die Regelungen, durch die die wirtschaftliche, soziale und ökologische Leistung und die Anpassung an den Klimawandel sowie der Klimaschutz verbessert werden sollen, werden mit den Beratungsdiensten zur Vermittlung von Wissen, Beratung, Kompetenzen und Innovation verknüpft.
Die Europäische Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit" (EIP-AGRI) und die Europäische Innovationspartnerschaft für Wasser haben sich als hilfreich erwiesen, um den Agrarsektor für Innovationen zu mobilisieren. Im Rahmen dieser Partnerschaft wurden Pilotprojekte mit zahlreichen Teilnehmern in ganz Europa finanziert und werden Netze aufgebaut, um neue Kenntnisse allgemein zugänglich zu machen. Wie erfolgreich sie sein werden, hängt davon ab, wie leistungsfähig Berater, landwirtschaftliche Aus- und Weiterbildungssysteme, Forscher und Landwirtschaftsverbände sind, die zusammengenommen als System für Wissen und Innovation in der Landwirtschaft bezeichnet werden, das von einem Mitgliedstaat zum anderen sehr unterschiedlich funktioniert. Insbesondere der landwirtschaftliche Betriebsberater spielt dabei eine entscheidende Rolle. Im Rahmen einer modernen GAP sollten die landwirtschaftlichen Beratungsdienste innerhalb dieser Systeme gestärkt werden. Dies sollte zur Bedingung für die Genehmigung von GAP-Strategieplänen gemacht werden. Erleichtert werden sollte das durch mehr Unterstützung für Peerto-Peer-Austausch sowie Vernetzung und Zusammenarbeit von Landwirten, auch innerhalb von Erzeugerorganisationen, da diese häufig ein wichtiges Instrument für Wissensaustausch, Innovation und Kosteneinsparungen für die Landwirte sind.
3.2. Förderung eines intelligenten und krisenfesten Agrarsektors
3.2.1. Angemessene Einkommensstützung zur Sicherung des Lebensunterhalts von Landwirte
Im Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen wurde betont, dass Direktzahlungen die Differenz zwischen den landwirtschaftlichen Einkommen und den Einkommen in anderen Wirtschaftszweigen teilweise ausgleichen. Sie bieten ein wichtiges finanzielles Sicherheitsnetz, durch das gewährleistet ist, dass in allen Teilen der Union - auch in Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen (für die auch im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums eine Einkommensstützung erfolgt) - landwirtschaftliche Tätigkeit mit all ihrem wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Nutzen stattfindet und öffentliche Güter bereitgestellt werden. Deshalb sind Direktzahlungen im Einklang mit den Verpflichtungen aus dem EU-Vertrag auch weiterhin ein wesentlicher Bestandteil der GAP.
Abbildung 6
Auch wenn Direktzahlungen als Mittel zur Stabilisierung der Einkommen von Landwirten insgesamt befürwortet werden, wird die Tatsache, dass 20 % der Landwirte 80 % der Zahlungen erhalten, manchmal als "ungerecht" angeprangert. Diese Zahlen spiegeln das System wider, bei dem die Zahlungen an Flächen gebunden sind, die sich in Händen einer Minderheit der Landwirte konzentrieren. Die Hälfte der Begünstigten von GAP-Zahlungen sind sehr kleine landwirtschaftliche Betriebe, und ein Großteil der Zahlungen geht an mittelgroße gewerbliche Familienbetriebe, doch sollte eine ausgewogenere Verteilung der Förderung angestrebt werden. Direktzahlungen können ihren Zweck wirksamer und effizienter erfüllen, wenn sie vereinfacht und zielgenauer ausgerichtet werden. Bei jeder Änderung müsste jedoch eine der wichtigsten Errungenschaften der GAP erhalten bleiben: der Schutz des gut funktionierenden Binnenmarkts, der durch die GAP im Laufe der Jahre geschaffen wurde.
Abbildung 7
Um Direktzahlungen wirksamer darauf ausrichten zu können, dass - wie in dem genannten Reflexionspapier dargelegt - für alle Landwirte in der EU ein Einkommen gesichert wird, sollten unter anderem folgende Möglichkeiten zur Gewährleistung einer gerechten und gezielteren Stützung der Einkommen der Landwirte eingehender untersucht werden:
- - vorgeschriebene Kappung der Direktzahlungen unter Berücksichtigung der erforderlichen Arbeitsleistung, um negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu vermeiden;
- - Einführung degressiver Zahlungen zur Senkung der Stützung für größere Betriebe;
- - Ausweitung der Umverteilungsprämie, um die Stützung gezielter ausrichten zu können, z.B. auf kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe;
- - Gewährleistung, dass die Stützung nur an echte Landwirte gezahlt wird, d.h. an diejenigen, die aktive Landwirtschaft betreiben, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Gleichzeitig muss die GAP dem Grundsatz der "Gleichberechtigung der Mitglieder, ob groß oder klein, ob im Osten oder im Westen, ob im Norden oder im Süden" folgen, den Kommissionspräsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Nation 2017 in Erinnerung gerufen hat. In diesem Sinne sollten bei der Stützung im Rahmen der GAP die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten abgebaut werden. Zwar sollten die unterschiedlich hohen relativen Kosten von Arbeit und Land sowie die unterschiedlichen landwirtschaftlichen Potenziale in den verschiedenen Regionen der EU berücksichtigt werden, doch alle EU-Landwirte sehen sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber.
3.2.2. Investitionen zur Steigerung der Marktgewinne von Landwirten
Die GAP sollte stärker dazu beitragen, dass die Landwirte höhere Gewinne auf dem Markt erzielen können. Es muss eindeutig mehr in folgende Bereiche investiert werden: Umstrukturierung und Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe, Innovation, Diversifizierung, Einführung neuer Technologien und Digitalisierung. Hierzu zählen beispielsweise Präzisionslandwirtschaft, die Nutzung von Big Data und saubere Energie, um die Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit der einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe zu stärken, auch angesichts der negativen Auswirkungen des Klimawandels. Die Position der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette ist ein wichtiger Faktor und wird im Rahmen des geplanten Vorschlags zur Verbesserung der EU-Lebensmittelversorgungskette ebenfalls eine Rolle spielen.10 Es muss weiter darüber nachgedacht werden, welche Rolle landwirtschaftliche Erzeugerorganisationen spielen und wie sie wirksam funktionieren. Anerkannte Erzeugerorganisationen können ein nützliches Instrument sein und Landwirten helfen, ihre Verhandlungsposition in der Wertschöpfungskette zu stärken und durch Zusammenarbeit Kosten zu senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, was zu höheren Marktgewinnen führt. Da Erzeugerorganisationen vor allem für kleine Landwirte besonders wichtig sind, müssen sie so organisiert sein, dass sie diesen Landwirten Chancen bieten. In Bereichen wie biobasierte Industrie, Bioenergie und Kreislaufwirtschaft sowie Ökotourismus bieten neue nachhaltige Wertschöpfungsketten in ländlichen Gebieten den Landwirten und landwirtschaftlichen Betrieben Chancen, ihre Tätigkeiten zu diversifizieren, Risiken einzudämmen und zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften: Die Agrarpolitik sollte solche Konzepte verstärkt fördern.
Die Investitionsförderung sollte im Rahmen der GAP ebenfalls verbessert werden, und zwar durch eine stärkere Einbindung betriebswirtschaftlicher Beratung und die Förderung gemeinsamer Investitionen und Mechanismen, um wirksame Synergien mit Forschung und Innovation zu erzielen. Die derzeitige Investitionslücke in der Landwirtschaft muss geschlossen werden, auch durch eine intensivere Nutzung innovativer Finanzinstrumente, die den Besonderheiten der Landwirtschaft Rechnung tragen, sowie durch stärker integrierte Projekte, bei denen verschiedene EU-Instrumente kombiniert werden (EFSI, ESIF). Eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) könnte hier den Weg weisen.
3.2.3. Risikomanagement
Aufgrund der stärkeren Marktorientierung der GAP waren die Landwirte stärker den Marktbedingungen und somit größeren potenziellen Preisschwankungen sowie zunehmendem Druck auf die Einkommen ausgesetzt. Weitere Risiken ergeben sich aus dem Klimawandel, den damit verbundenen häufigeren und schwerwiegenderen extremen Ereignissen sowie aus vermehrt auftretenden sanitären und phytosanitären Krisen, die den Tierbestand und agronomische Vermögenswerte gefährden. Einerseits tragen zwar die Landwirte in ihrer Eigenschaft als Unternehmer letztlich die Verantwortung für die Gestaltung ihrer eigenen Betriebsstrategien, andererseits muss aber ein solider Rahmen für den Agrarsektor geschaffen werden, um Risiken und Krisen wirksam zu verhindern oder einzudämmen und so die Krisenfestigkeit der Landwirtschaft zu erhöhen und gleichzeitig die richtigen Anreize für die Einbindung privater Initiativen zu setzen.
Abbildung 8
Bereits jetzt bietet die GAP ein mehrschichtiges Instrumentarium, mit dem Landwirte bei der Vorbeugung und Bewältigung von Risiken unterstützt werden. Das reicht von Direktzahlungen und Marktinterventionen über Ausgleichszahlungen im Krisenfall bis hin zu den derzeitigen Maßnahmen im Rahmen der zweiten Säule, insbesondere einem Instrument zur Einkommensstabilisierung und Beihilfen für den Abschluss von Versicherungen. So können beispielsweise sektorspezifische Stabilisierungsinstrumente wirksam sein, die ab 20 % Einkommensverlust greifen. Hierbei ist zu prüfen, ob die Ausgestaltung der GAP weiter angepasst werden sollte, damit sie noch besser funktionieren kann. Darüber hinaus sollte untersucht werden, wie bestehende Möglichkeiten des Risikomanagements besser genutzt werden können, z.B. durch die Verwendung von Indizes zur Berechnung von Einkommensverlusten landwirtschaftlicher Betriebe, Bürokratieabbau und Kostensenkung.
Es muss noch mehr getan werden, um den Landwirten die Instrumente zum Risikomanagement im Allgemeinen und landwirtschaftliche Versicherungen im Besonderen besser zu erklären und näherzubringen. Durch Schulungen zur ländlichen Entwicklung, Initiativen zum Wissenstransfer und die Einbindung in die landwirtschaftlichen Beratungsdienste kann das Wissen um den Nutzen dieser Systeme vertieft werden.
In naher Zukunft wird eine permanente EU-Plattform für das Risikomanagement eingerichtet werden, die Landwirten, Behörden und Interessenträgern ein Forum zum Austausch über Erfahrungen und bewährte Praktiken bietet, die Nutzung der bestehenden Instrumente verbessern soll und deren Erkenntnisse in künftige politische Entwicklungen einfließen sollen.
Zudem lohnt es sich zu untersuchen, wie ein integrierter und kohärenter Ansatz zur Vorbeugung und zum Management von Risiken sowie zur Krisenfestigkeit weiterentwickelt werden kann, in dem sich Maßnahmen auf EU-Ebene einerseits und Strategien der Mitgliedstaaten und privatwirtschaftliche Instrumente zur Gewährleistung der Einkommensstabilität und der Bewältigung von Klimarisiken andererseits ergänzen. Ein flexibles Vorgehen ist dabei unabdingbare Voraussetzung, um maßgeschneiderte Lösungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse von Landwirten in den einzelnen Regionen und Sektoren zu ermöglichen und um die Landwirte bei der Ausrichtung auf den Markt zu unterstützen.
Dennoch sollten neue Optionen ausgelotet werden. Finanzinstrumente, die Anreize für die Bereitstellung von privatem Kapital schaffen, können helfen, vorübergehende finanzielle Engpässe zu überwinden. Darüber hinaus könnten weitere Maßnahmen ins Auge gefasst werden, die das derzeitige Instrumentarium im Bereich des Risikomanagements ergänzen, wie z.B. die Förderung der Rückversicherung von Fonds auf Gegenseitigkeit oder Anreize zum Vorsorgesparen.
Neben dem GAP-Instrumentarium könnten bestimmte Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten helfen, vorausgesetzt, sie sind mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen vereinbar. Dies gilt beispielsweise für Vorschriften im Bereich der Steuerpolitik, die die Landwirte derzeit davon abhalten, in guten Zeiten für schlechte Zeiten zu sparen.
3.3. Stärkung von Umweltpflege und Klimaschutz und Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen der EU
Der Klimawandel und der Druck auf die natürlichen Ressourcen werden die Landwirtschaft auch künftig beeinträchtigen und bezüglich der gesicherten Versorgung mit Lebensmitteln vor große Herausforderungen stellen. Die Klima- und Energieziele der EU für 2030 sind ehrgeizig. Wie alle anderen Sektoren sollte auch die Landwirtschaft angemessen zu diesen Zielen beitragen, wie es in den Kommissionsvorschlägen zur Lastenteilung sowie zur Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft dargelegt ist. Gleichzeitig ist die Landwirtschaft einer der Sektoren, der dem Klimawandel am stärksten ausgesetzt ist. Wasserknappheit, veränderte
Niederschlagsmuster, allgemeiner Temperaturanstieg und vermehrte
Temperaturschwankungen, schwerwiegendere und häufigere extreme Klimaereignisse, Auftreten und Persistenz von (neuen) Schädlingen und Krankheiten sowie erhöhte Brandgefahr stellen bereits heute große Herausforderungen für die derzeitigen land- und forstwirtschaftlichen Verfahren und Erzeugungsmethoden dar. Doch Land- und Forstwirte sind nicht nur Nutzer natürlicher Ressourcen, sondern auch wichtige Manager von Ökosystemen, Lebensräumen und Landschaften. Eine neue GAP sollte bei Ressourceneffizienz, Umweltpflege und Klimaschutz in jedem Fall ehrgeizigere Ziele verfolgen und stärker ergebnisorientiert sein.
Die künftige GAP sollte Forschungsergebnisse optimal nutzen, sicherstellen, dass Wissen geteilt und umgesetzt wird, und die Verbreitung moderner Technologien fördern, damit die Landwirtschaft bestmöglich zu den EU-weiten und globalen Zielen beitragen kann. Ein Teil der Lösung ist eine klimaschonende Landwirtschaft, die durch Schulung, Beratung und Innovation gefördert wird. Doch hierzu bedarf es einer Agrarpolitik, die sich klar dazu bekennt, öffentliche Güter und Ökosystemleistungen im Zusammenhang mit Boden, Wasser, biologischer Vielfalt, Luftqualität, Klimaschutz und Landschaftsgestaltung bereitzustellen. Der Beitrag der GAP zu diesen Zielen muss strategisch und messbar sein.
Die derzeitige Ökologisierungskomponente der GAP, die vor allem darauf beruht, dass ergänzend drei verschiedene politische Instrumente - Cross-Compliance, Direktzahlungen und freiwillige Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen - durchgeführt werden, wird ersetzt und in ein gezielteres, ehrgeizigeres und gleichzeitig flexibles Konzept überführt. In dem neuen Modell können die Mitgliedstaaten obligatorische und freiwillige Maßnahmen der ersten und zweiten Säule kombinieren, um die auf EU-Ebene festgelegten Umwelt- und Klimaziele zu erreichen. Die Mitgliedstaaten müssen dazu quantifizierte Vorgaben festlegen, mit denen sichergestellt wird, dass die vereinbarten Umwelt- und Klimaziele der EU erreicht werden. Die Mitgliedstaaten verfügen über einen Spielraum, um Strategiepläne zur Erreichung der Umwelt- und Klimaziele auf lokaler Ebene zu erstellen. Es sollte untersucht werden, inwiefern eine verbindliche EU-weite Verpflichtung, in den GAP-Strategieplan der Mitgliedstaaten einen Plan zur Nährstoffbewirtschaftung und Anreize für Präzisionslandwirtschaft aufzunehmen, für bessere Ergebnisse sorgen könnte. Die Kommission wird unter anderem prüfen, wie Maßnahmen eingebunden werden könnten, die einen hohen ökologischen EU-Mehrwert bringen, wie der Erhalt von Dauerweideland, die Schaffung und der Erhalt von Landschaftselementen, Landwirtschaft in Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen, ökologischer Landbau sowie individuelle oder gemeinsame Regelungen für Bodengesundheit, biologische Vielfalt und die Bewirtschaftung von Flusseinzugsgebieten.
Die Landwirte werden nur dann Einkommensstützung erhalten, wenn sie umwelt- und klimafreundliche Verfahren anwenden, die dann als Referenzszenario für ehrgeizigere freiwillige Verfahren herangezogen werden. Zur Umsetzung dieser neuen Voraussetzungen muss ein optimiertes Bündel an Umwelt- und Klimabedingungen eingeführt werden, durch das umwelt- und klimaschutzbezogene öffentliche Güter bereitgestellt werden. Diese Verfahren müssten dann von den Mitgliedstaaten im Einzelnen festgelegt werden, damit der Situation, den Klimarisiken und den Bedürfnissen im jeweiligen Land besser Rechnung getragen wird, wobei sicherzustellen ist, dass diese Verfahren in angemessener Weise zu den auf EU-Ebene vereinbarten Zielen beitragen. Die Mitgliedstaaten müssen für das Erreichen der vereinbarten Ziele sorgen und die Leistungen verlässlich überwachen. Zusätzlicher Nutzen für die Umwelt und das Klima wird durch freiwillige Basisregelungen und darüber hinausgehende Agrarumwelt-und -klimaregelungen erreicht, durch die gezielt auf die Besonderheiten der Mitgliedstaaten bzw. Regionen eingegangen werden kann.
Dieser Ansatz bringt eine Vereinfachung mit sich: nur eine Vorschriftenebene für Direktzahlungen, ein einziges Vorschriftenbündel für Verwaltung und Kontrolle und weniger Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten und die Landwirte. Durch mehr Subsidiarität wird dem pauschalen Vorgehen ein Ende bereitet und für einen klaren Umweltbezug der ergriffenen Maßnahmen gesorgt. Um jedoch die Kohärenz mit den übergeordneten Zielen der EU zu gewährleisten, muss die Kommission alle von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Maßnahmen und Vorgaben innerhalb eines EU-Rahmens genehmigen, der als Teil des GAP-Strategieplans festgelegt wird.
Im Rahmen der Gesamtleistung der neuen Ökologisierungskomponente sollten kooperative bzw. gemeinsame Ansätze gefördert werden, bei denen Landwirte und Interessenträger ergebnisorientiert an der Bereitstellung umwelt- und klimaschutzbezogener öffentlicher Güter mitwirken und Systeme zur Bereitstellung von Wissen und Umweltinvestitionen entwickelt werden.
3.4. Stärkung des sozioökonomischen Gefüges in ländlichen Gebieten 3.4.1. Wachstum und Beschäftigung in ländlichen Gebieten
Viele ländliche Gebiete in der EU leiden unter strukturellen Problemen, wie dem Mangel an attraktiven Beschäftigungsmöglichkeiten, dem Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte, unzureichenden Investitionen in Netzanbindung und grundlegende Dienste sowie einer erheblichen Abwanderung junger Menschen. In einer Union der Gleichberechtigung muss die EU-Politik dem Potenzial und den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger und Gemeinschaften im ländlichen Raum stärker Rechnung tragen. Die GAP - und insbesondere die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums - spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, in den ländlichen Gebieten Wachstum und Beschäftigung zu fördern und die ökologische Qualität zu erhalten.
Gemeinsame Investitionen von EU und Mitgliedstaaten in die Infrastruktur und die Förderung natürlicher Ressourcen und des Humankapitals ist von größter Bedeutung, um nachhaltige und hochwertige Beschäftigung in ländlichen Gebieten zu stützen. Die ländlichen Gemeinschaften sollten besseren Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Gesundheitsversorgung, beruflichen Schulungen, Programmen zum Erwerb neuer Kompetenzen, insbesondere im digitalen Bereich, und hochwertiger Bildung sowie eine bessere Netzanbindung erhalten.
Die GAP ist einer von mehreren Politikbereichen der EU, die dafür sorgen, dass der ländliche Raum floriert. Deshalb muss sie andere Politikbereiche wie die Kohäsionspolitik - die ebenfalls umfangreiche EU-Förderung für den ländlichen Raum bereitstellt -, die Fazilität "Connecting Europe" sowie nationale Mittel und Strategien besser ergänzen. Eine engere Abstimmung zwischen diesen Politikbereichen würde zu einfacheren Verfahren und weniger Bürokratie und Verwaltungsaufwand für die öffentlichen Verwaltungen und die Bürgerinnen und Bürger führen.
Neue Wertschöpfungsketten im ländlichen Raum in Bereichen wie saubere Energie, der aufkommenden Biowirtschaft, Kreislaufwirtschaft und Ökotourismus können ländlichen Gebieten große Chancen für Wachstum und Beschäftigung bieten. Nebenprodukte aus der Land- und Forstwirtschaft sowie der Lebensmittelindustrie könnten als Ausgangsstoffe zur Erzeugung von Bioenergie und für biobasierte Industriezweige wertvoll werden und Gülle kann zu Biogas und Düngemitteln verarbeitet werden und damit sowohl zur Energiewende als auch zur Nährstoffrückgewinnung beitragen. Dadurch werden auch Ressourcen und Stoffe, die die Umwelt stärker belasten und nicht erneuerbar sind, ersetzt und Lebensmittelverluste und -verschwendung reduziert. Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft sind beide von strategischer Bedeutung, um dieses Potenzial auszuschöpfen.
Deshalb sollte das Wachstum der Bioökonomie im Rahmen eines nachhaltigen Geschäftsmodells ein vorrangiges Ziel der GAP-Strategiepläne sein. Dadurch könnte die EU-Strategie für die Kreislaufwirtschaft und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle gefördert werden, die den Land- und Forstwirten zugutekommen und neue Arbeitsplätze schaffen. Darüber hinaus könnte die GAP erheblich stärker zur Energieunion und zur Industriepolitik der EU beitragen, indem sie eine saubere und effiziente Energieerzeugung fördert, wozu gemäß den Grundprinzipien der EU-Strategie für die Kreislaufwirtschaft auch eine nachhaltige Nutzung von Biomasse zählt. Dank der Hebelwirkung des EFSI und anderer Finanzinstrumente sollte zusätzliche Unterstützung aus den Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums generiert werden, damit Unternehmer, die bereit sind, in ländlichen Gebieten zu investieren, kostengünstige, längerfristige Kredite erhalten.
Abbildung 9
Eine der Prioritäten für diese künftige Zusammenarbeit zwischen den Politikbereichen ist der unionsweite Aufbau "intelligenter Dörfer". Dieses neue Konzept, das derzeit durch eine Reihe von Initiativen und Pilotprojekten entwickelt wird, soll lokalen Gemeinschaften dabei helfen, Probleme aufgrund unzureichender Breitbandanbindung sowie fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten und Dienstleistungen deutlich und umfassend zu beseitigen. Die Kommission setzt sich für eine intensivere Unterstützung ländlicher Gemeinschaften und lokaler Behörden ein, die durch Kapazitätsaufbau, Investitionen, Innovationsförderung, Vernetzung sowie die Bereitstellung innovativer Finanzinstrumente zur Verbesserung der Kompetenzen, Dienstleistungen und Infrastruktur das Konzept der "intelligenten Dörfer" weiterentwickeln wollen.
Es bedarf kontinuierlicher EU-weiter und nationaler Investitionen in die Entwicklung des Humankapitals in ländlichen Gebieten, um nachhaltige und hochwertige Beschäftigung zu fördern und den Menschen in diesen Gebieten dabei zu helfen, ihr Potenzial und das Potenzial ihrer Gemeinschaft auszuschöpfen, indem sie neue Kompetenzen erwerben können und besseren Zugang zu hochwertigen zentralen Dienstleistungen erlangen, wozu auch der Zugang zu hochwertiger Bildung zählt.
Der von der örtlichen Ebene ausgehende Bottom-up-Ansatz von LEADER hat sich als wirksames Mittel zum Kapazitätsaufbau vor Ort, zur Förderung sozialer Inklusion, zur Armutsbekämpfung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der lokalen Wirtschaft erwiesen. Um das Potenzial ländlicher Gebiete voll ausschöpfen zu können, bedarf es aber verstärkter Synergien und engerer Abstimmung mit den kommunalen Behörden und lokalen Einrichtungen.
Durch ihre Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums nimmt die GAP bei der Förderung ländlicher Gebiete eine führende Rolle ein. Zwar können alle makroökonomischen und sektorbezogenen politischen Maßnahmen Auswirkungen auf ländliche Gemeinschaften haben und bieten viele EU-Fonds Finanzierungsmöglichkeiten zur Förderung des Wohlstands im ländlichen Raum, doch wird dieses Erneuerungspotenzial in ländlichen Gebieten nicht immer optimal genutzt. Daher ist die Kommission entschlossen, einen Mechanismus zur Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum ("rural proofing") zu unterstützen, durch den relevante politische Strategien systematisch aus der Perspektive des ländlichen Raums analysiert und dabei mögliche Folgen für ländliche Gemeinschaften berücksichtigt werden.
3.4.2. Neue Landwirte gewinnen
Der Agrarsektor kann nur florieren, wenn ein echter Generationswechsel stattfindet: Unsere alternde landwirtschaftliche Bevölkerung braucht frisches Blut, um den Sektor dynamischer zu machen und für den derzeitigen technologischen Wandel zu öffnen. Doch Junglandwirte und andere Neueinsteiger stoßen auf erhebliche Hindernisse, wenn sie eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen wollen. Dazu zählen neben wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie hohen Bodenpreisen auch gesellschaftliche Aspekte, wie beispielsweise die Tatsache, dass die Landwirtschaft als ein unattraktiver oder altmodischer Beruf angesehen wird und mitunter keine angemessene soziale Absicherung bietet.
Abbildung 10
In dem neuen politischen Rahmen sollte dem Generationswechsel hohe Priorität eingeräumt werden, doch muss dabei anerkannt werden, dass die Mitgliedstaaten am besten in der Lage sind, den Generationswechsel zu fördern, indem sie Bodengesetze, Besteuerung, Erbrecht oder Raumplanung entsprechend ausgestalten.11 Dabei muss die Abstimmung zwischen den Maßnahmen der EU und nationalen Maßnahmen verbessert werden. Die GAP sollte den Mitgliedstaaten die Flexibilität einräumen, maßgeschneiderte Regelungen zu erarbeiten, die den spezifischen Bedürfnissen ihrer Junglandwirte Rechnung tragen. Im Rahmen des neuen Systems können Mitgliedstaaten leichter Maßnahmen ergreifen, durch die Junglandwirte unterstützt werden. In die GAP-Strategiepläne könnte auch Unterstützung für den Erwerb von Kompetenzen und Wissen, für Innovation, Unternehmensentwicklung und Investitionsförderung aufgenommen werden. Erzeugerorganisationen könnten sich dabei als wertvoll erweisen. Um jungen Menschen in ländlichen Gebieten mehr Lernmöglichkeiten im Ausland zu geben, sollten Junglandwirten mehr Austauschangebote im Rahmen von Erasmus eröffnet werden.
Die Niederlassung als Landwirt ist mit einem hohen Risiko verbunden, da viel Kapital investiert werden muss, das Einkommen aber ungewiss ist. Die GAP sollte dazu beitragen, dieses Risiko in den ersten Jahren nach der Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebs zu mindern. Hierzu sollte ein EU-weites System eingeführt werden, durch das die erforderliche Förderung bei der erstmaligen Niederlassung einfacher und zielgerichteter gestaltet wird: Dies könnte durch eine (von den Mitgliedstaaten an die spezifischen Bedürfnisse angepasste) vereinfachte zusätzliche Zahlung für Neueinsteiger und/oder die Erhöhung bzw. Ausweitung der derzeitigen Pauschalzahlungen erreicht werden.
Der Zugang zu Finanzinstrumenten zur Förderung von Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe und Betriebskapital sollte erleichtert und besser an den Investitionsbedarf und die höheren Risiken von Neueinsteigern angepasst werden. Die Unterstützung für die neue Generation von Landwirten könnte mit geeigneten Anreizen kombiniert werden, die das Ausscheiden älterer Landwirte und die Eigentumsübertragung von Flächen erleichtern. Darüber hinaus wird es immer dringlicher, Maßnahmen zu fördern, durch die der Wissenstransfer zwischen den Generationen angekurbelt (durch Partnerschaften und andere neue Geschäftsmodelle) und die Nachfolgeplanung erleichtert wird (Beratungsdienste, Mentoring und Erstellung von "Hofnachfolgeplänen").
3.5. Den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger bei der nachhaltigen landwirtschaftlichen Erzeugung Rechnung tragen: Gesundheit, Ernährung, Lebensmittelverschwendung und Tierschutz
Die GAP ist eine der politischen Strategien der EU, mit der auf die gesellschaftlichen Erwartungen an den Lebensmittelsektor - insbesondere Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln sowie Umwelt- und Tierschutzstandards - reagiert wird. Die Landwirte sind die wahren Wächter über die Systeme zur Lebensmittelerzeugung, und der Beitrag, den sie zu einer nachhaltigen Versorgung mit Lebensmitteln leisten können, ist entscheidend.
Die Bürgerinnen und Bürger legen zudem immer mehr Wert darauf, dass eine große Vielfalt an Lebensmitteln angeboten wird, die einen breiteren Nutzen für die Gesellschaft haben, wie beispielsweise Bioprodukte, Erzeugnisse mit geografischen Angaben, lokale Spezialitäten und innovative Lebensmittel. Im Einklang mit anderen Politikbereichen der EU muss die GAP diesen Anliegen auch weiterhin begegnen, indem sie beispielsweise die Vorschriften für die ökologische/biologische Produktion modernisiert, geografische Angaben für Landwirte und Verbraucher noch attraktiver und leichter handhabbar macht oder die Ziele der Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden12 unterstützt. Darüber hinaus muss die GAP so gestaltet werden, dass sie in wichtigen Gesundheitsfragen bessere Lösungen bereithält, beispielsweise bei antimikrobieller Resistenz aufgrund von unsachgemäßem Antibiotikaeinsatz. Ausgehend von einem ehrgeizigen und umfassenden Ansatz im Bereich der Gesundheit von Mensch und Tier - wofür das Konzept "Eine Gesundheit" ("One Health")13 steht - sollten auch der Einsatz neuer Technologien sowie Forschung und Innovation zur Verringerung von Gefahren für die öffentliche Gesundheit gefördert werden.
Zudem kann die GAP den Landwirten dabei helfen, die EU-Vorschriften zum Tierschutz besser anzuwenden und die Standards durch freiwillige Initiativen weiter anzuheben, mit denen der Marktwert von Erzeugnissen aus artgerechter Tierhaltung sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU gesteigert werden soll.
Im Rahmen der Entwicklung des ländlichen Raums sollte die GAP weiterhin Erzeugnisse mit besonderen und wertvollen Eigenschaften begünstigen und deren internationales Ansehen fördern und verbessern. Die GAP spielt eine wichtige Rolle dabei, gesündere Ernährungsgewohnheiten zu fördern, Fettleibigkeit und Fehlernährung zu bekämpfen und hochwertige nahrhafte Erzeugnisse wie Obst und Gemüse für die EU-Bürgerinnen und -Bürger leicht zugänglich zu machen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Schulprogramme, durch die die unentgeltliche Bereitstellung von Obst, Gemüse und Milchprodukten in Schulen und Unterrichtsinhalte zu gesunden Essgewohnheiten unterstützt werden. Die Sensibilisierungsmaßnahmen im Rahmen der GAP sollten schwerpunktmäßig gesunde Ernährungsgewohnheiten und den Verzehr von Obst und Gemüse fördern.
Für welche Lebensmittel sich die Verbraucher entscheiden, hängt von zahlreichen Faktoren ab, die längst nicht alle durch die GAP beeinflusst werden können. Wichtigste Aufgabe der Politik ist es daher, den Landwirten dabei zu helfen, Änderungen der Ernährungsgewohnheiten frühzeitig vorherzusehen und ihre Erzeugung entsprechend den Marktsignalen und der Verbrauchernachfrage anzupassen. Auch durch eine Stärkung des Wissensdreiecks in der Landwirtschaft und eine engere Verknüpfung mit einschlägigen Initiativen wie der Lebensmittelpartnerschaft des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts und der EU-Strategie 2030 für Lebensmittelforschung kann die GAP besser dazu beitragen, unseren Lebensmittelsektor zukunftssicher zu machen.
Schließlich kann die GAP auch helfen, Lebensmittelverschwendung und Lebensmittelverluste zu begrenzen, indem bessere Erzeugungs- und Verarbeitungsverfahren (z.B. neue Technologien zur Verlängerung der Haltbarkeit verderblicher Waren oder bessere Abstimmung von Angebot und Nachfrage durch mehr Transparenz) und Initiativen gefördert werden, durch die das traditionelle Verbrauchsmuster Erzeugung-Verwendung-Entsorgung in eine Kreislauf-Biowirtschaft überführt wird.
4. Die GLOBALE Dimension der GAP
Auch wenn die GAP eine Politik für die EU ist, hat sie natürlich weltweite Auswirkungen und Verflechtungen. Diesen muss bei Entscheidungen über die Zukunft der Agrarpolitik besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Verflechtungen zwischen der GAP und den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung sind in Abbildung 3 dargestellt. Die EU ist entschlossen, durch externe Maßnahmen und Instrumente Partnerländer zu unterstützen, die die gleichen Ziele verfolgen. Daher wird sie sich im Einklang mit der Agenda 2030 und mit ihrer Verpflichtung, die Politik im Bereich der nachhaltigen Entwicklung besser abzustimmen14, in den verschiedenen Politikbereichen um ein kohärentes Vorgehen bemühen. In Politikbereichen, die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer haben können, müssen hierzu die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigt werden.
Diesbezüglich steht die GAP jetzt und auch in Zukunft im Einklang mit der EU-Entwicklungspolitik15, in der anerkannt wird, welch wichtige Rolle eine nachhaltige Landwirtschaft bei der Beseitigung der Armut und für nachhaltige Fortschritte in den Entwicklungsländern spielt. Darüber hinaus wird die Entwicklung von Agrarmärkten und integrativen Wertschöpfungsketten gefördert, die den Armen zugutekommen und die Agrarindustrie zur Schaffung von Arbeitsplätzen veranlassen.
4.1. Handel
Dank der Anstrengungen des Agrar- und Lebensmittelverarbeitungssektors der EU in Verbindung mit EU-Handelsabkommen und der GAP (einschließlich der Absatzförderungspolitik) erzielt die EU die weltweit höchsten Agrar- und Lebensmittelausfuhren. Durch eine weitere Liberalisierung des Handels und eine verstärkte Einbindung in globale Wertschöpfungsketten werden aufgrund der steigenden weltweiten Nachfrage der Mittelschicht sowie veränderter Ernährungsgewohnheiten die EU-Ausfuhren im Agrar- und Lebensmittelsektor weiter wachsen. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet der zunehmende internationale Handel, dass Lebensmittel verfügbarer, vielfältiger und preiswerter werden.
Indem die EU die Marktorientierung ihres Agrar- und Lebensmittelsektors aufrechterhält und GAP-Maßnahmen im Einklang mit dem internationalen Handelsrecht ergreift, wird sie ihre führende Rolle in internationalen Einrichtungen wie der Welthandelsorganisation (WTO) bewahren und dabei für einen offenen Handel und strikte Vorschriften bei handelsverzerrenden Formen der Unterstützung eintreten.
Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass bestimmte landwirtschaftliche Sektoren einer vollständigen Liberalisierung des Handels und einem uneingeschränkten Wettbewerb mit Einfuhren nicht standhalten können. Daher müssen wir bei Handelsverhandlungen die Anfälligkeit der betreffenden Sektoren auch weiterhin gebührend berücksichtigen und nach Wegen suchen, wie die ungleiche geografische Verteilung der Vor- und Nachteile, die sich aus EU-Handelsabkommen für die Landwirtschaft in der Union ergeben, ausgeglichen werden kann.
Derzeit ist die EU gegenüber zahlreichen wichtigen Drittlandmärkten für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse mit Ausfuhrbeschränkungen aufgrund ungerechtfertigter gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Beschränkungen konfrontiert. Die EU wird sich weiterhin um ein faires und ausgewogenes Verhältnis zu unseren Handelspartnern bemühen und dort, wo es angebracht ist, für das Konzept der "wirtschaftlichen Einheit" im Bereich Gesundheits- und Pflanzenschutz eintreten. Die hohen Standards der EU werden in keinem Fall unterwandert. Darüber hinaus sollte die EU durch ihre verschiedenen Instrumente für Kooperation und technische Hilfe eine engere Zusammenarbeit mit Partnerländern und -regionen der EU fördern, insbesondere wenn neue Bedrohungen für die Tier- und Pflanzengesundheit auftreten.
4.2. Migration
Die künftige GAP muss sich stärker an der Umsetzung der auf dem Gipfel von Valletta16 erzielten Ergebnisse zur Bekämpfung von Migrationsursachen beteiligen.
Wissen und Knowhow, das im Rahmen von aus der GAP unterstützten Projekten erworben wurde, sollte dazu genutzt werden, Beschäftigungsmöglichkeiten und Einnahmen generierende Tätigkeiten in den Herkunfts- und Transitregionen von Migranten zu schaffen. Mögliche Optionen wären hierbei Pilotprojekte zur Aus- und Weiterbildung von Junglandwirten im Rahmen der EU-Investitionsoffensive für Drittländer - unter Einbindung europäischer Landwirtschaftsverbände. Darüber hinaus sollte über Austauschprogramme zwischen der EU und der Afrikanischen Union nachgedacht werden. Es gilt, die Zusammenarbeit bei landwirtschaftlicher Forschung und Innovation mithilfe der einschlägigen politischen Strategien und Instrumente der EU zu vertiefen. Die Kommission ist auch entschlossen, die strategische politische Zusammenarbeit und den Dialog mit der Afrikanischen Union im Bereich der Landwirtschaft und der Entwicklung des ländlichen Raums auszuweiten, um die Region dabei zu unterstützen, ihren Agrar- und Lebensmittelsektor zu stärken.
Innerhalb der EU bietet die Landwirtschaft Beschäftigungsmöglichkeiten für Saisonarbeiter.
Die GAP kann außerdem durch ihre Säule für die Entwicklung des ländlichen Raums dabei helfen, legale Zuwanderer, insbesondere Flüchtlinge, in ländlichen Gemeinden anzusiedeln und zu integrieren. Die Erfahrung zeigt, dass sich hier insbesondere die von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklung bzw. LEADER bewährt haben.
- 1. Überwiegend ländliche und intermediäre Regionen (nach OECD-Definition).
- 2. Siehe https://ec.europa.eu/agriculture/trade-analysis/statistics_en.
- 3. Ecorys et al. (2016) Mapping and analysis of the implementation of the CAP, S. 76-94.
- 4. Siehe Bewertung der Durchführung der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) vom November 2016: https://ec.europa.eu/agriculture/external-studies/2016-eip en.
- 5. Siehe https://ec.europa.eu/agriculture/consultations/cap-modernising/2017 de.
- 6. Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen: Überprüfung der Ökologisierung nach einem Jahr: https://ec.europa.eu/agriculture/sites/agriculture/files/direct-support/pdf/2016-staffworkingdocumentgreening_en.pdf; siehe auch Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Verpflichtung zur Ausweisung ökologischer Vorrangflächen im Rahmen der Regelung für Ökologisierungszahlungen (grüne Direktzahlungen) (COM/2017/0152 final) vom 29.3.2017.
- 7. Siehe die Ecampa2-Studie (2016) mit der aktuellsten Bewertung der politischen Optionen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der EU-Landwirtschaft:http://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC101396/jrc101396_ecampa2_final_report.pdf
- 8. Stellungnahmen der REFIT-Plattform zu "Cross-Compliance", "Ökologisierung", "Überschneidungen zwischen erster und zweiter Säule", "Kontrolle und Audit", "Förderung der ländlichen Entwicklung" und "EU-Rechtsvorschriften zur Reform der Agrarsubventionen"; abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/law/law-making-process/overview-law-making-process/evaluating-and-improving-existing-laws/reducing-burdens-and-simplifying-law/refit-platform/refit-platform-recommendations_en
- 9. Z.B. Bewirtschaftungspläne und prioritäre Aktionsrahmen für Natura 2000, Bewirtschaftungspläne für Flusseinzugsgebiete, Programme zur Verbesserung der Luftqualität und Bekämpfung der Luftverschmutzung, Biodiversitätsstrategien.
- 10. Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 - Agenda für ein enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa, COM (2017) 650 final vom 24.10.2017.
- 11. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission kürzlich Leitlinien zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen veröffentlicht (Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen über den Erwerb von Agrarland und das Unionsrecht (ABl. C 350 vom 18.10.2017, S. 5).
- 12. Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden.
- 13. Siehe auch https://ec.europa.eu/health/amr/sites/amr/files/amr action plan 2017 en.pdf .
- 14. Vgl. Artikel 208 AEUV.
- 15. Der neue Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik wurde am 7.6.2017 unterzeichnet und kann unter https://ec.europa.eu/europeaid/sites/devco/files/european-consensus-ondevelopmentfinal-170626_en.pdf eingesehen werden.
- 16. Siehe http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/international-summit/2015/11/11-12/#.