Der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Magdeburg, 20. Juni 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates für Verbesserungen in der Bodenmarktpolitik zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 979. Sitzung am 28. Juni 2019 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Reiner Haseloff
Entschließung des Bundesrates für Verbesserungen in der Bodenmarktpolitik
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung,
- 1. Zu prüfen, ob die doppelte Zahlung der Grunderwerbsteuer beim Wiederverkauf im Rahmen des Vollzugs des Grundstückverkehrsgesetzes (GrdstVG) durch die gemeinnützigen Siedlungsunternehmen abgeschafft werden sollte und welche finanziellen Folgen dies hätte,
- 2. bei landwirtschaftlichen Unternehmen die bestehende Grenze zur Erhebung von Grunderwerbsteuer beim Verkauf von Anteilen an Gesellschaften mit Liegenschaftsvermögen deutlich abzusenken bzw. das Grunderwerbsteuergesetz so zu ändern, dass eine Gleichbehandlung von Share-Deals und direktem Grunderwerb auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt ermöglicht werden kann,
- 3. die im Koalitionsvertrag vereinbarte stärkere Zusammenarbeit mit den Ländern im Bereich der Bodenmarktpolitik konsequent fortzuführen,
- 4. Zu prüfen, ob die aktuell gültige Definition für kleine und mittlere Unternehmen (Mitarbeiter, Umsatz) im Hinblick auf eine Regulierung des Bodenmarktes für die Landwirtschaft angepasst werden sollte, 5. gemeinsam mit den Ländern die gesetzlichen Möglichkeiten zu erarbeiten, um den Ländern Hinweise zu den Gesetzgebungskompetenzen, beim Handel von Geschäftsanteilen (Share-Deals) landwirtschaftlicher Unternehmen geben zu können,
- 6. bundesweit einheitliche Vorgaben für die Länder im Bereich der jährlichen statistischen Erfassung von landwirtschaftlichen Kauf- und Pachtverträgen zur Verbesserung der notwendigen Transparenz zu schaffen.
Begründung:
- 1. Bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch die gemeinnützigen Siedlungsunternehmen fällt nach den allgemeinen Grundsätzen Grunderwerbsteuer an. Werden von diesen Unternehmen erworbene Flächen danach an Landwirte weiterveräußert, so fällt erneut Grunderwerbsteuer an. Die Beibehaltung der doppelten Grunderwerbsteuer erhöht den Kostenfaktor des aufstockungsbedürftigen Landwirtes, zu dessen Gunsten das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, um weitere 3,5 bis 6,5 %, abhängig vom jeweiligen Grunderwerbsteuersatz im Bundesland. Das gemeinnützige Siedlungsunternehmen muss diesen Kostenfaktor dem Landwirt unmittelbar aufbürden. Die Forderung zielt darauf ab, das eigentliche Instrument des GrdstVG zu stärken. Der Wegfall der Besteuerung des Zweiterwerbs würde den aufstockungsbedürftigen Landwirt einem Dritten gleichstellen, der ein Grundstück ohne Ausübung eines Vorkaufsrechts erwirbt, stellt ihn also nicht besser, sondern durch Wegfall eines wettbewerbsrechtlichen Nachteils gleich.
- 2. Als Erwerbsvorgänge im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gelten nach § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG u.a. auch Vorgänge der Übertragung oder Vereinigung von Anteilen an Gesellschaften, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn derzeit mindestens 95% der Anteile übergehen oder sich vereinigen. Wird diese Grenze nicht überschritten, unterliegen entsprechende Vorgänge nicht der Grunderwerbsteuer. Es ist bekannt, dass bei Anteilskäufen in der Regel Mehrheitsbeteiligungen angestrebt werden. Eine Absenkung der Grenze könnte einen größeren Teil der Fälle erfassen. Sollte die Prüfung ergeben, dass es durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine deutliche Absenkung gibt, sind andere Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes zu prüfen, um damit eine weitgehende steuerliche Gleichbehandlung zwischen den Erwerbsformen "Flächenkauf" und "Anteilskauf" zu gewährleisten.
- 3. Um in der 19. Wahlperiode des Bundes notwendige Rechtssetzungsverfahren noch abzuschließen, sollte die von der Bundesregierung zugesagte Unterstützung der Länder bei der Novellierung bodenrechtlicher Vorgaben mit dem Ziel einer ausgewogenen Agrarstruktur und der Abwehr außerlandwirtschaftlicher Investitionen konsequent fortgeführt werden. Mit einer stärkeren Zusammenarbeit sollen die in den Ländern diskutierten Ansätze gemeinsam erörtert werden, um somit die Zweckbestimmungen von Gesetzesnovellierungen präzise zu fassen und wirksame Regelungen für eine gute Agrarstruktur zu entwickeln. Die Bundesregierung sollte deshalb zusätzliche Hinweise und Hilfestellungen im Hinblick auf den Verkauf von Anteilen an landwirtschaftlichen Unternehmen (Share-Deals) geben, damit die Länder die ihnen zustehende Gesetzgebungskompetenz im landwirtschaftlichen Bodenrecht noch besser ausfüllen können.
- 4. Eine für die Landwirtschaft spezifischere Abgrenzung von KMU, die auch den Flächenumfang gewünschter landwirtschaftlicher Unternehmen umfassen sollte und eine Beschränkung von EU-Agrarzahlungen auf Unternehmen, die dieser Definition gerecht werden, kann zu einer ausgewogenen Agrarstruktur beitragen. Denn die aktuelle EU-KMU-Definition ist aus agrarstruktureller Sicht wenig zielführend. Allerdings hat die bisherige EU-KMU-Definition auch schon jetzt eine Einschränkung nicht landwirtschaftlicher Investoren zur Folge, auch wenn dies auf sehr hohem Niveau erfolgt.
- 5. Die Bundesregierung sollte in Zusammenarbeit mit den Ländern noch zusätzliche Hinweise und Hilfestellungen im Hinblick auf den Verkauf von Anteilen an landwirtschaftlichen Unternehmen (Share-Deals) geben, damit die Länder die ihnen zustehende Gesetzgebungskompetenz im landwirtschaftlichen Bodenrecht noch besser ausfüllen können.
- 6. Bundesweit einheitliche Vorgaben für die Länder im Bereich der jährlichen statistischen Erfassung von landwirtschaftlichen Kauf- und Pachtverträgen können zu einer umfassenderen, aktuelleren und harmonisierten Bereitstellung von Daten zum Geschehen auf den Bodenmärkten beitragen.