A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat,
zu der Vorlage
gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG
wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in der Mitteilung "Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling" ihre Vorstellungen zu den künftigen Rahmenbedingungen für die europäische Abfallwirtschaft dargelegt hat. Er verweist auf seinen Beschluss vom 7. November 2003, der die wesentlichen Forderungen der Länder an eine europäische Abfallstrategie enthält (BR-Drucksache 436/03(Beschluss) ), damit die Umweltziele mit gesamtwirtschaftlich vertretbaren Kosten und sozialverträglich erreicht werden können.
- 2. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling, insbesondere dass mit der Strategie der Grundstein für die Entwicklung der EU zu einer Gesellschaft mit Kreislaufwirtschaft gelegt werden soll, bei der die Abfallvermeidung und die Nutzung des Abfalls als Ressource ausschlaggebende Ziele sind. Hervorzuheben ist die Absicht der Kommission, mit der Strategie die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Abfallbereich in Richtung einer besseren Abfallvermeidung und eines besseren -recyclings weiterzuentwickeln.
- 3. In der Thematischen Strategie für Abfallvermeidung und -recycling werden überwiegend die richtigen Instrumente für eine entsprechende Entwicklung der Abfallwirtschaft aufgegriffen.
- 4. Der Bundesrat stimmt der Kommission zu, dass die grundlegenden Ziele der derzeitigen EU-Abfallpolitik, nämlich Abfallvermeidung und Förderung von Wiederverwendung, Recycling und Verwertung, auch weiterhin gelten sollten, wobei künftige Vorschläge für neue oder überarbeitete Recycling- und Verwertungsziele ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis bei Recycling und Verwertung aufweisen müssten und keine für bestimmte Materialien ungeeignete Technologien gefördert oder gar vorgeschrieben werden dürften. Hierbei sollte das "Prinzip der Ersetzung von Ressourcen innerhalb der Wirtschaft als Ganzem" (Substitutionsprinzip) zum Ansatz gebracht werden. Da für manche Abfallströme anstelle eines Recyclings die energetische Verwertung oder auch die Deponierung die unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten vorzuziehenden Lösungen darstellen, sind auch diese Optionen in den Überlegungen zu berücksichtigen. Die gegebene Gleichwertigkeit der stofflichen und energetischen Verwertung in Abhängigkeit der ganzheitlichen Bewertung des stofflichen Nutzens sollte zum Ausdruck gebracht werden.
- 5. Allerdings sind einzelne Punkte auch vor dem Hintergrund der Entbürokratisierungsanstrengungen der Europäischen Institutionen sowie von Bund und Ländern verbesserungsfähig. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, bei den anstehenden Beratungen im Europäischen Rat und gegenüber der Kommission für die nachfolgend aufgeführten Vorschläge einzutreten.
- 6. Neben der vorgesehenen Zusammenführung von Richtlinien und der Revision der Abfallrahmenrichtlinie sollten weitere Möglichkeiten der Vereinfachung, vor allem für den Vollzug in den Mitgliedstaaten genutzt werden. So sollten z.B.
- - die Vorgaben für Abfallbewirtschaftungspläne nicht ausgeweitet, sondern ebenso wie die zahlreichen Berichtspflichten auf das Notwendige beschränkt werden und
- - die neue Verpflichtung zur Aufstellung und Evaluierung von Abfallvermeidungsprogrammen insbesondere im Hinblick auf den dadurch entstehenden unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand entfallen sowie
- - die Aufnahme weiterer Abfallbehandlungsanlagen, z.B. zur biologischen Behandlung, in die IVU-Richtlinie unterbleiben.
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass in der Strategie die Förderung der Verwertung als Ziel definiert und zugleich ein hohes Umweltschutzniveau angestrebt wird. Um hierbei nachhaltige Erfolge zu erzielen, müssen allerdings die Anforderungen an die Verwertung von Abfällen stärker konkretisiert werden. Es sollten daher für wichtige Abfallströme einheitliche Standards sowohl für die jeweils anzuwendenden Verwertungsverfahren als auch für die Qualität der erzeugten Stoffe festgelegt werden. Dabei sollte der Gedanke des Vorsorgeprinzips stärker als bisher zum Tragen kommen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um Ökodumping zu vermeiden, Wettbewerbsverzerrungen abzubauen und damit letztlich den gemeinsamen Binnenmarkt voranzubringen.
- 8. Der Bundesrat unterstützt die Bemühungen der Kommission zur weiteren Steigerung des Recyclings. Er teilt jedoch nicht die Auffassung, "Abfallbeseitigungssteuern" seien hierfür ein kosteneffizientes Instrument, das die Abfallbewirtschaftung enorm verbessern könnte. Bereits in seinem Beschluss vom 7. November 2003 hat er Deponiesteuern aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Durch solche Eingriffe können die Abfallströme in Verwertungen gelenkt werden, die sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten nachteilig sind.
- 9. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, auch die Altautorichtlinie und die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte hinsichtlich der Ziele der besseren Rechtsetzung und der Vereinfachung von Gesetzgebung zu überprüfen. Bei der Altautorichtlinie sieht der Bundesrat vor allem die Notwendigkeit, die Zielvorgaben für die Wiederverwendung und Verwertung zu überprüfen, da ein uneingeschränkter Vorrang der stofflichen Verwertung weder unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten noch aus ökologischer Sicht zu begründen ist. Zudem ist das Monitoringverfahren zu vereinfachen.
- 10. Die Erfahrungen der Länder bei der Umsetzung der vorhandenen Recyclingrichtlinien (Altfahrzeug-, Elektroaltgeräte- und Verpackungsrichtlinie) haben gezeigt, dass die Fokussierung auf die stoffliche Verwertung und die differenzierte Ausprägung der Recyclingquoten auch hohe technische und administrative Anforderungen an die Handelnden stellt, ohne dass die ökologischen Vorteile evident sind. Die Kommission sollte daher zeitnah die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen stofflicher und energetischer Nutzung und entsprechende Quotenfestlegungen sowie die Möglichkeiten für eine vorzeitige Neuausrichtung der genannten Richtlinien an einem stärker materialspezifischen Konzept überprüfen.
- 11. Die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte hat zu erheblichen Problemen bei zahlreichen kleineren und mittleren Herstellern von Elektro- und Elektronikgeräten geführt, da unterschiedliche Verfahren für die Herstellerregistrierung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten einen von diesen kaum zu bewältigenden bürokratischen Aufwand erfordern. Der Bundesrat hält daher den Zeitplan der Kommission, die Richtlinie erst im Jahr 2008 zu überprüfen, für nicht akzeptabel. Die Bundesregierung wird gebeten, auf die Kommission einzuwirken, damit diese umgehend Vorschläge für eine Überarbeitung der Richtlinie vorlegt. Insbesondere sind die Herstellerregistrierungen in den Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen und die Verwertungsquoten für die einzelnen Gerätekategorien zu überprüfen, da der durch die detaillierten Vorgaben bedingte Aufwand enorm, der ökologische Mehrwert dagegen zweifelhaft ist.
- 12. Die Kommission erwartet durch eine Optimierung der Verwertung von Abfällen, wie z.B. der verstärkten Kompostierung sowie der Nutzung des Energiegehalts von Abfällen, dass sich die deponierte Abfallmenge nach und nach verringert. Das Ziel, die Abfälle besser zu nutzen und damit Ressourcen zu schonen, ließe sich rascher sowie ökonomisch und ökologisch effektiver erreichen, wenn, wie in Deutschland seit dem 1. Juni 2005 umgesetzt, von vornherein an die Ablagerung von Abfällen strenge Kriterien angelegt werden. Die Kommission sollte daher gebeten werden, die Ablagerungskriterien der Deponierichtlinie den in Deutschland nach der Ablagerungsverordnung geltenden Zuordnungswerten anzupassen. Dadurch ließe sich europaweit die stoffliche und energetische Verwertung von Abfällen verbessern, da solche Abfälle nicht abgelagert werden dürften.
- 13. Die Erfahrungen der Länder zeigen, dass langfristig das abfallrechtliche Ordnungssystem sich von den Begriffen der Verwertung und der Beseitigung lösen sollte. Hierfür müssen die nähere Ausgestaltung und die Konsequenzen gründlich geprüft werden, z.B. hinsichtlich der Auswirkungen auf das Autarkiegebot, die Entsorgungssicherheit und die Wirtschaftlichkeit schon bestehender Abfallbehandlungs- und -beseitigungsanlagen. Eine solche Strukturänderung des Abfallrechts muss gründlich vorbereitet und rechtzeitig eingeleitet werden. Es sollten daher zeitnah erste Umsetzungsüberlegungen z.B. in Form einer Machbarkeitsstudie angestellt werden.
- 14. Die in der Strategie angestrebte Verbesserung der Abfallvermeidung setzt in erster Linie ein entsprechendes Umdenken aller gesellschaftlichen Kräfte voraus. Die Abfallwirtschaftspolitik kann hierzu einen Teil beitragen. Die wesentlichen Impulse für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Ziels müssen jedoch in anderen Fachbereichen wie der Chemikalien- und Produktpolitik (z.B. IPP) gesetzt werden. Insoweit bedarf es einer stärkeren Verknüpfung dieses Ziels mit allen Politikfeldern.
B
- 15. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.