791. Sitzung des Bundesrates am 26. September 2003
A.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den von der Kommission vorgelegten Vorschlag zur Novellierung der EG-Abfallverbringungsverordnung, der die zehn Jahre alte Verordnung an die heutigen Erfordernisse anpassen soll. Hervorzuheben sind die Harmonisierung der Abfalllisten mit dem Basler Übereinkommen über die grenzüberschreitende Verbringung von gefährlichen Abfällen und dem OECD-Beschluss über die grenzüberschreitende Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen, die Stärkung und Vereinfachung der Notifizierungsverfahren sowie die Aufnahme zusätzlicher Einwandsgründe gegen eine geplante Verbringung.
- 2. Allerdings bittet der Bundesrat die Bundesregierung dafür einzutreten, dass das Einwandsystem bei der Verbringung von Abfällen zur Verwertung über den Vorschlag der Kommission hinausgehend weiter verbessert wird. Um einem Ökodumping entgegenzuwirken, ist es erforderlich, dass die zuständige Behörde einen Einwand gegen eine Verbringung auch dann erheben kann, wenn diese zu einer Umgehung nationaler Verwertungsstandards führen würde, sofern es keine verbindlichen gemeinschaftsrechtlichen Standards gibt und die nationalen Standards in Einklang mit den Artikeln 3 und 4 der Richtlinie 75/442/EWG stehen.
- 3. In die EG-Abfallverbringungsverordnung sollte ferner ein Einwandsgrund für den Fall aufgenommen werden, dass der Verbringungszweck von der zuständigen Behörde entgegen der Notifizierung als Beseitigung und nicht als Verwertung eingestuft wird ("Einwand des falschen Verfahrens"). Der EuGH hat zwar bereits bestätigt, dass die zuständige Behörde bei einer unzutreffenden Einstufung einen Einwand gegen die Verbringung erheben könne, ohne auf eine spezielle Vorschrift der Verordnung Bezug zu nehmen. Die ausdrückliche Aufnahme eines solchen Einwands würde jedoch zur Rechtsklarheit beitragen.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gegenüber der Kommission in den anstehenden Beratungen darauf hinzuwirken, dass für regelmäßige Abfallverbringungen im Rahmen der ortsnahen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit benachbarter Gebietskörperschaften Erleichterungen vorgesehen werden.
Bei der Verbringung von Haushaltsabfällen (einschließlich von häuslichen Abwässern) sollten die zuständigen Behörden des Exportstaats und des Importstaats dem Exporteur und dem Importeur im nachfolgend genannten Umfang Abweichungen von Verpflichtungen nach dieser EG-AbfVerbrV gestatten können, wenn auf Grund solcher Verbringungen dem Prinzip der Nähe der Entsorgung in besonderer Weise Rechnung getragen wird:
- - Verzicht auf eine Sicherheitsleistung,
- - Wegfall der Vorankündigung des Exporteurs zu jeder einzelnen Verbringung,
- - Ersatz der Empfangsbestätigungen und Entsorgungsbestätigungen des Importeurs durch halbjährliche Berichte.
- 5. In Artikel 3 Abs. 3 sind Regelungen für Abfallgemische unter Berücksichtigung der OECD-Entscheidung (2001)107/Final zu treffen. Dabei sollte die dort getroffene generelle Einstufung von Mischungen "grün + grün = grün" nicht übernommen werden, sondern nur für definierte und explizit aufgelistete Mischfraktionen in Anhang IV A. Mischungen "grün" gelisteter Abfälle mit Abfällen aus der "gelben" Liste, die eine "de minimis"-Menge überschreiten, sollen insgesamt der "gelben" Liste (Anhang IV) und dem zugehörigen Notifizierungsverfahren zugeordnet werden. Dabei ist zu klären, was der Begriff "de minimis" bedeutet und wie er auszulegen ist.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Einerseits werden ohne eine solche Regelung zu "grünen Abfallgemischen" eine Reihe von Abfallströmen unnötigerweise in die Notifizierungspflicht gezwungen, andererseits ist es aber notwendig, die Anwendungsfälle durch konkrete Benennung zu begrenzen, damit nicht beispielsweise hausmüllähnliche Abfallmischungen, die thermisch behandelt werden sollen, dem Kontrollverfahren entzogen werden können. Im Übrigen würde Letzteres auch im Widerspruch zur Kontrollpflicht für Hausmüll nach dem Basler Übereinkommen stehen.
- 6. In Artikel 3 Abs. 4 sind die Regelungen für Abfälle zur Laboranalyse um solche für Versuchszwecke im Technikumsmaßstab zu ergänzen. Für zu Versuchszwecken verbrachte Abfälle sollte geregelt werden, dass in dafür zugelassenen Anlagen zur Verwertung oder Beseitigung die verbrachte Menge das Zehnfache betragen kann.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die zusätzliche Aufnahme dieser Ausnahme ist sachgerecht.
- 7. In Artikel 4 sollte die Festlegung einer Rangfolge für die notifizierende Person -wie im bisherigen Recht - entfallen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Eine Rangfolge schränkt die Möglichkeiten der zuständigen Abfallbehörde ein und erschwert die Notifizierung.
- 8. In Artikel 4 ist das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Genehmigung auf die zuständige Behörde am Versand- und Bestimmungsort zu beschränken und für die zur Durchfuhr zuständigen Behörden ist ausschließlich die stillschweigende Genehmigung ("Tacit consent") festzulegen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Konzentration der schriftlichen Notifizierung auf das Wesentliche.
- 9. Das Versandformular nach Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe b in Anhang I B ist um die Angabe des Kraftfahrzeug-Kennzeichens bei Abfalltransporten zu ergänzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Mit der Angabe des Kfz-Kennzeichens im Versandformular kann grauen, möglicherweise illegalen Entsorgungswegen besser begegnet werden.
- 10. In Artikel 7 sind die Regelungen zur Sicherheitsleistung um nachstehende Punkte zu ergänzen, um Auslegungsprobleme zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden:
- - die Festsetzung der Sicherheitsleistung und ihrer Höhe wird durch die Exportbehörde vorgenommen, der ausschließlich im Falle der Notwendigkeit die Möglichkeit der Inanspruchnahme zugewiesen wird;
- - die Sicherheitsleistung muss grundsätzlich im Zeitpunkt der Einreichung der Notifizierungsunterlagen vorliegen, spätestens aber drei Tage bevor der erste Transport beginnt;
- - Erarbeitung eines Leitfadens gemäß Verfahren nach Artikel 18 der Richtlinie 75/442/EWG zur Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung bis ein Jahr nach In-Kraft-Treten der novellierten EG-AbfVerbrV. Dabei sind insbesondere Regelungen für die im Einzelfall äußerst schwierig zu handhabenden Probleme bei der Festsetzung der Höhe von Lagerkosten zu treffen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Durch die Aufnahme der zusätzlichen Regelungen sowie die Erarbeitung eines Leitfadens zur Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung lassen sich Auslegungsprobleme zwischen sowie teilweise innerhalb der Mitgliedstaaten besser vermeiden. In der Vergangenheit bestanden hier häufig Probleme.
- 11. In Artikel 11 ist eine allgemeine Regelung für weitere Auflagen aufzunehmen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
In einer ganzen Reihe von Fällen wurden bislang in der Vollzugspraxis Notifizierungsvorgänge mit Nebenbestimmungen zur Probenahme von Abfällen ausgestattet.
Damit kann sichergestellt werden, dass nur Abfälle exportiert werden, für die die vorgesehene Entsorgungsanlage auch tatsächlich zugelassen ist.
Hierdurch wird gleichzeitig verhindert, dass ein Rücktransport von Abfällen erforderlich wird.
- 12. In Artikel 26 Abs. 2 ist für die Rücknahme von Abfällen bei widerrechtlicher Verbringung die Rücknahmefrist von 30 Tagen auf 90 Tage zu erweitern.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Erweiterung der Rücknahmefrist von 30 auf 90 Tage trägt aus Sicht der Vollzugsbehörden den praktischen Gegebenheiten besser Rechnung.
B.
- 13. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.