Antrag des Landes Baden-Württemberg
Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts

Punkt 51 der 971. Sitzung des Bundesrates am 19. Oktober 2018

Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:

Begründung:

Mit dem Artikel 4 (NiSV) ist eine Verordnung zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung geplant, deren Anwendungsbereich sich mit dem des neuen europäischen Medizinprodukterechts EU (Nr. ) 2017/745 (unmittelbar geltende EU-Verordnung) überschneidet. Zur Beschreibung dieser Schnittstelle in Artikel 4 reicht die Formulierung in § 1 Absatz 2 der Verordnung nicht aus:

"Ist der Anwendungsbereich des Medizinprodukterechts gegeben, geht es dieser Verordnung vor, soweit es gleiche oder weitergehende Anforderungen enthält."

Nach Anhang XVI der Medizinprodukteverordnung gilt diese auch für Produkte zur kosmetischen Anwendung und führt in den Nummern 5 und 6 genau die Produkte auf, die nichtionisierende Strahlung an Menschen anwenden.

Auch wurde im Referentenentwurf nicht die am 1. Januar 2017 in Kraft getretene Änderung des Anwendungsbereichs der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV) berücksichtigt.

Dadurch kommt es zu Überschneidungen mit der beabsichtigten Verordnung.

Die MPBetreibV gilt auch, wenn Medizinprodukte zu kosmetischen oder sonstigen nichtmedizinischen Zwecken gewerblich oder zu wirtschaftlichen Zwecken eingesetzt werden. Damit greifen für die vom Anwendungsbereich der NiSV erfassten (Medizin-)produkte, die überwiegend auch der Anlage 1 MPBetreibV unterfallen, bereits weitgehende Anforderungen hinsichtlich der Einweisung und Dokumentation der Instandhaltung.

Die Vorrangregelung des Medizinprodukterechts ist daher problematisch im Sinne der Anwendungsklarheit des Rechts, da jeweils abgewogen werden muss, welches Recht (oder welche Teile davon) greifen und sich dies am unscharfen Kriterium "gleiche oder weitergehende Anforderungen" festmachen soll. Die Verordnung ist daher schwer vollziehbar.

Mit der NiSV werden Anforderungen an den sicheren Betrieb sowie an erforderliche fachliche Kenntnisse der Personen, die nichtionisierende Strahlungsquellen an Menschen einsetzen, geregelt. Die Verordnung dient dem Gesundheitsschutz von Personen. Mit der beabsichtigten Verordnung kommen nicht nur auf den ärztlichen Bereich, sondern auch in erheblichem Umfang auf die Überwachungsbehörden neue Aufgaben bei Anwendungen zu nichtmedizinischen Zwecken zu. Dabei ist der medizinische oder kosmetische Einsatz der Geräte fließend und im Einzelfall schwer zu trennen und daher zu vollziehen.

Das Ziel der NiSV ist vorrangig der Schutz der Behandelten, da Behandlungsfehler und daraus resultierende Schäden und Nebenwirkungen vermieden werden sollen.

Durch die Beschränkung spezifischer Anwendungen im kosmetischen Bereich auf (Fach-)Ärzte ist davon auszugehen, dass Anlagen sowohl zu medizinischen als auch zu kosmetischen oder anderen Zwecken genutzt werden. Hierbei wird häufig im Einzelfall zu entscheiden sein, ob es sich um eine medizinische oder nichtmedizinische Anwendung handelt.

Im Vergleich zu den Anforderungen aus der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) an Geräte dieser Art zur medizinischen Anwendung sind die in Artikel 4 aufgestellten Forderungen erheblich höher. Eine Anzeige jedes einzelnen Gerätes ist in medizinischen Einrichtungen nicht gefordert.

Das Konzept zur Fachkunde ist nicht ausgereift. In der Verordnung werden Ärztegruppen für kosmetische Zwecke ausgeschlossen, obwohl sie medizinisch indizierte Eingriffe ohne Nachweis einer besonderen Fachkunde durchführen können, z.B. Fachärzte für Augenheilkunde. Im Rahmen der Anhörung insbesondere auch begleitend zum Bundesratsverfahren sind zahlreiche Nachfragen und Problemstellungen von Verbänden und Institutionen eingegangen. Daraus wird geschlossen, dass bei zielgerichteter Umsetzung der Regelungen unverhältnismäßig hoher Klärungsbedarf auf die Überwachungsbehörden zukommen würde, wobei der Vollzug in den Ländern erst noch geregelt werden muss und Einarbeitungsbedarf bzw. Aus- und Fortbildung des Personals erforderlich ist.