COM (2018) 373 final; Ratsdok. 9555/18
Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Mitgliedstaaten dabei unterstützen will, bestehende rechtliche und administrative Hindernisse in Grenzräumen zu beseitigen. Die Regionen beiderseits innereuropäischer Grenzen stehen vor vergleichbaren Herausforderungen. Eine wirksame Lösung dieser Herausforderungen ist häufig durch grenzüberschreitende Projekte deutlich effektiver und effizienter zu erreichen als durch Maßnahmen jeder Region für sich. Die Bewohner der Grenzregionen können durch solche gemeinsamen Lösungen den Mehrwert europäischer Zusammenarbeit konkret erleben. Daher sind alle zielführenden Maßnahmen zu begrüßen, die zu einer Vereinfachung grenzüberschreitender Projekte führen.
- 2. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass der EU hier nur die Kompetenz zukommt, den Mitgliedstaaten einen freiwilligen "Mechanismus" an die Hand zu geben. Freiwilligkeit bedeutet, dass der Mitgliedstaat in vollem Umfang selbst darüber entscheidet, ob er die bereits existierenden Instrumente, zum Beispiel den Abschluss von Staatsverträgen, als wirkungsvoll erachtet. Die Kommission dagegen darf die in einem Mitgliedstaat bestehenden Vorgehensweisen zur Überwindung rechtlicher Hindernisse nicht auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen und so faktisch über die Einführung des Mechanismus entscheiden. Vor diesem Hintergrund sieht der Bundesrat die im Verordnungsvorschlag gewählten Formulierungen in Bezug auf die Freiwilligkeit äußerst kritisch, da Artikel 4 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags den Umfang der Freiwilligkeit nicht in der notwendigen Tiefe abbildet und damit das Prinzip der Freiwilligkeit nicht gewährleistet ist; er hält hier eine ausdrückliche Klarstellung für notwendig.
- 3. Der Bundesrat hebt hervor, dass Handlungsbefugnisse der Mitgliedstaaten im Bereich grenzüberschreitender Zusammenarbeit nicht eingeschränkt werden dürfen. Deswegen sollte in Artikel 4 des Verordnungsvorschlags klargestellt werden, dass es den Mitgliedstaaten auch nach Inkrafttreten der Verordnung unbenommen bleibt, eigenständige, von dem Mechanismus abweichende Möglichkeiten zu schaffen oder bestehende Mechanismen (wie den Europäischen Verbund für Territoriale Zusammenarbeit oder bilaterale Vereinbarungen) zu nutzen, um grenzübergreifende Hindernisse zu beseitigen.
- 4. Der Bundesrat betont, dass nationale Gesetzgebungsverfahren durch den Mechanismus nicht beeinflusst werden dürfen. Bei der Erklärungsvariante nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags sieht Artikel 19 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags vor, dass die "Erklärung" bei dem jeweiligen Legislativorgan eingereicht wird, "damit die nationalen Rechtsvorschriften entsprechend geändert werden". Die Einreichung der Erklärung stellt jedoch nach Auffassung des Bundesrates keinen Automatismus dar, der zu einem nationalen Gesetz führen würde. Es ist Sache der nach nationalem Recht Initiativberechtigten, die Erklärung aufzugreifen, und der nationalen Parlamente, die entsprechende Initiative zu beschließen. Der Bundesrat bezweifelt, dass der Verordnungsvorschlag dies ausreichend zum Ausdruck bringt. Er regt deswegen eine ausdrückliche Klarstellung an.
- 5. Der Bundesrat regt zudem an, den Mechanismus insgesamt flexibler auszugestalten. So sollten etwa Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, sich jederzeit zu entscheiden, den Mechanismus einzuführen. Außerdem sollte es möglich sein, den Mechanismus unter bestimmten Umständen (zum Beispiel unverhältnismäßiger Bürokratieaufwand bei wenigen Anwendungsfällen) wieder außer Kraft zu setzen. Zudem sollte das Verfahren des Mechanismus weniger detailliert (enge Fristregelungen, Anzahl der Ausfertigungen für europäische grenzüberschreitende Verpflichtungen bzw. Erklärungen, Einrichtung grenzübergreifender Koordinierungsstellen und anderes) vorgegeben sein, so dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die Bürokratie zu minimieren und so dem Mechanismus zu einer breiten Anwendung in der Praxis zu verhelfen. Der Mechanismus soll durch Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse zur Vereinfachung und Stärkung grenzübergreifenden Handelns dienen; die Komplexität der Verfahrensschritte würde dem Ziel einer Vereinfachung jedoch entgegenstehen und eine Stärkung grenzübergreifender Zusammenarbeit nicht wesentlich befördern.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Position des Bundesrates aktiv in die weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene einzubringen.