Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages

Der Bundesrat hat in seiner 926. Sitzung am 10. Oktober 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 120 Absatz 2 Satz 2 GVG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b sind in § 120 Absatz 2 Satz 2 nach dem Wort "Tat" die Wörter "und des Ausmaßes ihrer Auswirkungen auf Rechtsgüter des Gesamtstaates" einzufügen.

Begründung:

Der Bundesgerichtshof hat in der sogenannten Eggesin-Entscheidung ausgeführt, der Gesetzgeber dürfe anknüpfend an den vom Grundgesetz vorgefundenen Kernbestand des Staatsschutzstrafrechts nur solche Straftaten der Strafverfolgung durch den Bund unterstellen, die das staatliche Gefüge in länderübergreifender Weise treffen und die Rechtsgüter des Gesamtstaates in derart starkem Maße beeinträchtigen, dass ihre Ahndung durch die Landesjustiz der Bedeutung des in der jeweiligen Tat liegenden Angriffs auf die bundesstaatliche Ordnung nicht gerecht würde (BGHSt 46, 23 8 <243>). Damit ist für die Annahme der Bundeszuständigkeit auch bei länderübergreifendem Charakter eine gewisse Qualität der Tat zu fordern.

In diesem Sinne führt auch die Begründung des Gesetzentwurfs zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b am Ende aus, dass auch nach der vorgeschlagenen Änderung erforderlich bleibe, dass die Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat unter besonderer Berücksichtigung des länderübergreifenden Charakters die Annahme der besonderen Bedeutung des Falles rechtfertige. Der länderübergreifende Charakter sei dabei nicht allein ermittlungsbezogen, sondern auch rechtsgutbezogen zu verstehen. Die gesamtstaatlichen Interessen im Sinne des Staatsschutzes müssten (z.B. wegen ihres Gewichts oder ihrer Eigenart) in einer Weise betroffen sein, die eine zentrale Ermittlungstätigkeit geboten erscheinen lasse.

Diesen Ausführungen ist zuzustimmen; sie finden im vorgeschlagenen Gesetzestext jedoch bislang keinen hinreichenden Rückhalt. Insoweit ist zu besorgen, dass im Rahmen der Rechtsanwendung verkannt wird, dass auch § 120 Absatz 2 Satz 2 GVG-E im Lichte der dargestellten Grundsätze verstanden werden muss und die besondere Bedeutung eines Staatsschutzfalles und damit die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts nicht schon dann bejaht werden kann, wenn eine zentrale Ermittlungsführung aus ermittlungstaktischen Erwägungen sinnvoll erscheint.