920. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2014
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1.
- a) Der Verordnungsvorschlag wird auf Artikel 114 AEUV gestützt. Der Bundesrat weist darauf hin, dass darüber hinaus die Ziele des Artikels 168 Absatz 1 AEUV zu berücksichtigen sind. Die EU ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden, einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen. Dies umfasst auch die Eindämmung der durch den Konsum von neuen psychoaktiven Substanzen bedingten erheblichen gesundheitlichen Schäden. Der Bundesrat begrüßt deshalb das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel, die Verfügbarkeit dieser Substanzen durch ein EU-einheitliches, schnelles, effektives und der Problemlage angemessenes Handeln auf EU-Ebene nachhaltig zu reduzieren.
- b) Der Bundesrat betont, dass ein wesentliches Ziel der Maßnahmen eine Verbesserung des vorbeugenden Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sein muss. Die Zuordnung zur Risikostufe "gering" ist jedoch aus sucht- und drogenpolitischen Gründen problematisch, da in der Bevölkerung der fälschliche Eindruck erweckt wird, der Konsum von neuen psychoaktiven Substanzen sei in Abhängigkeit von der Risikobewertung sogar unbedenklich. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, die einzelstoffbezogene Risikobewertung so zu gestalten, dass diesen Bedenken Rechnung getragen wird. Er bittet die Bundesregierung, auf eine entsprechende Überarbeitung des Vorschlags hinzuwirken.
- c) Der Bundesrat unterstreicht, dass der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) sowie dem nationalen Europäischen Informationsnetzwerk zu Drogen und Sucht (REITOX-Knotenpunkt) bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Verordnung eine zentrale Bedeutung zukommt. Diesem Anliegen muss im Zusammenhang mit den Entscheidungen angemessen Rechnung getragen werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Verordnungsvorschlag wird von einer Vielzahl von Mitgliedstaaten in der zuständigen Ratsarbeitsgruppe "Horizontale Gruppe Drogen" (HDG) insbesondere im Hinblick auf die von der Kommission gewählte Rechtsgrundlage "Binnenmarkt" (Artikel 114 AEUV) für zweifelhaft gehalten. Trotz dieser Bedenken sollte unter Berücksichtigung der Interessen der Mitgliedstaaten und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf eine einheitliche EU-weite Regelung hingewirkt werden, da es sich bei den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) um ein rasch zunehmendes Problem mit nicht unerheblichen gesundheitlichen Auswirkungen handelt, gegen das zumindest auf EU-Ebene einheitlich vorgegangen werden sollte.
Der risikogestufte Ansatz des Verordnungsvorschlags ist kritisch zu bewerten. Die Kriterien für die einzelstoffbezogene Risikoeinstufung "gering", "mittel" oder "hoch" dürften in der Praxis nur schwer abgrenzbar sein. Bei neu auftretenden NPS dürfte es zunächst regelmäßig an einer gesicherten Datengrundlage für die Risikobewertung fehlen. Darüber hinaus kann das tatsächliche Risiko in den Mitgliedstaaten schon auf Grund der Verbreitung und des damit zusammenhängenden Missbrauchspotenzials unterschiedlich sein.
Der EBDD und den nationalen REITOX-Knotenpunkten kommt bei der Datenerhebung, der Risikobewertung und dem Wissenstransfer zum Thema NPS eine entscheidende Rolle zu, die auf Grund der hohen Anforderungen ausreichende Ressourcen erfordert.
- 2.
- a) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine Überarbeitung des Artikels 6 Absatz 1 mit dem Ziel hinzuwirken, dass nicht nur die Akteure "die EBDD und Europol oder die Kommission", sondern auch die Mitgliedstaaten Auslöser zur Erstellung eines Berichts über die psychoaktive Substanz sein können.
- b) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine Überarbeitung von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe h hinzuwirken. Derzeit ist im Verordnungsvorschlag vorgesehen, dass bei unmittelbaren Risiken nur gehandelt werden kann, wenn in mehreren Mitgliedstaaten gemeldete Todesfälle und gravierende gesundheitliche Auswirkungen belegt werden können. Dies wird nicht als ausreichend erachtet. Die Reaktion auf derartige unmittelbare Risiken muss auch erfolgen können, wenn diese in nur einem Mitgliedstaat aufgetreten sind. Weiter ist darauf zu achten, dass die "und"-Verknüpfung von Todesfällen und gravierenden gesundheitlichen Auswirklungen durch ein "oder" ersetzt wird; denn es muss möglich sein, dass sowohl bei Todesfällen (allein), als auch bei gravierenden gesundheitlichen Auswirkungen (allein) gehandelt werden kann.
B
- 3. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.