22. Umfrage der Europakammer vom 30. November 2012
Die Europakammer möge beschließen, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass entsprechend der Erklärung der Eurogruppe vom 27. November 2012 für Griechenland grundsätzlich die nächste Tranche im Rahmen des zweiten Anpassungsprogramms bereitgestellt und hierzu zunächst Änderungen der Bedingungen der Finanzhilfefazilität vorgenommen werden sollen.
- 2. Der Bundesrat nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass sich auf Grund der angestrebten Verschiebung der Konsolidierungsziele Griechenlands in der Programmperiode bis zum Ende des Jahres 2014 eine Finanzierungslücke in Höhe von rund 14 Milliarden Euro ergibt. Vor diesem Hintergrund erkennt er die Notwendigkeit eines Maßnahmenpaketes zur Verbesserung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands an. Der Bundesrat begrüßt, dass es in den Verhandlungen gelungen ist, eine gemeinsame Lösung mit dem Internationalen Währungsfonds zu finden.
- 3. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass im Überprüfungsbericht der Kommission, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen zwischenzeitlich die vollständige Umsetzung der als vorrangig eingestuften Maßnahmen festgestellt werden konnte. Der Bundesrat würdigt in diesem Zusammenhang besonders die Anstrengungen der griechischen Bürgerinnen und Bürger.
- 4. Da das voraussichtliche Verfehlen des Programmziels 2012 durch eine starke Rezession mitbegründet ist und Griechenland den überwiegenden Teil der geforderten Maßnahmen umgesetzt hat, begrüßt der Bundesrat die Entscheidung über die Fortsetzung des griechischen Hilfsprogrammes mit dem Ziel, Griechenland in der Währungsunion zu halten.
- 5. Der Bundesrat betont, dass die angestrebten Maßnahmen ausschließlich unter dem Grundsatz der strikten Konditionalität zur Anwendung kommen dürfen. Aus Sicht des Bundesrates muss die tatsächliche Umsetzung der vereinbarten Reformmaßnahmen in jedem Falle sichergestellt werden.
- 6. Der Bundesrat begrüßt deshalb, dass die Auszahlung zu einem gewissen Teil in Tranchen erfolgen soll, die an die Umsetzung spezifischer Maßnahmen (sog. Meilensteine) - insbesondere an die Implementierung der griechischen Steuerreform im Januar 2013 - gekoppelt werden sollen. Ebenso zu begrüßen ist, dass sich Griechenland zur Einführung neuer Instrumente zur Verbesserung der Programmumsetzung verpflichtet hat, insbesondere durch Korrekturmechanismen zur Sicherstellung der Erreichung der Haushalts- und Privatisierungsziele, durch strengere Haushalts- und Überwachungsvorschriften sowie durch eine erhebliche Stärkung des bereits für den Schuldendienst eingerichteten Sonderkontos.
- 7. Er bekräftigt ferner, dass auch bei künftigen Maßnahmen zur Bewältigung der europäischen Staatsschuldenkrise europäische Solidarität mit einer Solidität in den Mitgliedstaaten einhergehen muss. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat ausdrücklich auch auf die jüngsten Feststellungen des EuGH in seiner Entscheidung zum Europäischen Stabilitätsmechanismus hin. Danach ist die Gewährung von Finanzhilfen stets an Auflagen zu knüpfen, die den Empfängerstaat zu einer soliden Haushaltspolitik bewegen (Rechtssache C-370/12, Thomas Pringle/Irland).
- 8. Mit Blick auf die schwierige gesamtwirtschaftliche Lage und die aktuellen Wirtschaftsprognosen für 2013 bekräftigt der Bundesrat gleichzeitig, dass die aktuellen Stützungsmaßnahmen mit einer nachhaltigen Strategie zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung einhergehen müssen. Als ersten Schritt begrüßt er in diesem Zusammenhang ausdrücklich den auf dem Europäischen Rat vom 28./ 29. Juni 2012 beschlossenen EU-Wachstumspakt, dessen effektive und nachhaltige Umsetzung nunmehr konsequent und zeitnah sichergestellt werden muss.
- 9. Nach Auffassung des Bundesrates sind daneben zwingend weitere strukturelle Maßnahmen zur Nachbesserung der Konstruktion der Wirtschafts- und Währungsunion zu ergreifen. Er sieht hierzu dem für den Europäischen Rat am 13. und 14. Dezember 2012 angekündigten Abschlussbericht des Präsidenten des Europäischen Rates mit Interesse entgegen.
- 10. Der Bundesrat sieht insbesondere in der Einführung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus für systemrelevante Banken in der EU eine geeignete Maßnahme zur Verbesserung der Stabilität des Finanzsystems. Er betont in diesem Zusammenhang nochmals die Notwendigkeit einer strikten organisatorischen Trennung der Geldpolitik von der Finanzmarktaufsicht und seine ablehnende Haltung gegenüber einer Beaufsichtigung rein national agierender nicht systemrelevanter Kreditinstitute durch eine europäische Behörde (BR-Drucksache 546/12(B) ).
- 11. Der Bundesrat ist ferner der Auffassung, dass der Finanzsektor, der bei der Auslösung der Finanz- und Wirtschaftskrise eine wesentliche Rolle gespielt hat, an den Kosten zur Bewältigung der Krise zu beteiligen und in Zukunft im Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen angemessen zu besteuern ist. Er begrüßt daher die Entscheidung der Bundesregierung und zehn weiterer Mitgliedstaaten, im Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit eine Finanztransaktionssteuer einzuführen (BR-Drucksache 588/11(B) ). Er appelliert an die Bundesregierung, zusammen mit ihren europäischen Partnern das Gesetzgebungsverfahren zügig abzuschließen.