Der Bundesrat hat in seiner 896. Sitzung am 11. Mai 2012 beschlossen, zu dem Sondergutachten der Monopolkommission wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass § 69 SGB V in seiner aktuellen Fassung abschließend die Frage nach einer Anwendbarkeit des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die gesetzliche Krankenversicherung beantwortet. Weiterer Regelungen bedarf es nicht.
- 2. Der Bundesrat bekräftigt daher seine in der Stellungnahme vom 24. September 2010 in Ziffer 8 der BR-Drucksache 484/10(B) bereits geäußerte Auffassung, dass die parallele Rechtsaufsicht nach dem Sozialrecht und die Missbrauchsaufsicht nach dem Kartellrecht zu Wertungswidersprüchen und neuer Bürokratie führen würden.
- 3. Der Bundesrat weist entschieden die Behauptung der Monopolkommission zurück, es gebe eine "wettbewerbliche Schutzlücke" im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Recht sind Krankenkassen keine Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne und als Teil der mittelbaren Landes- beziehungsweise Bundesverwaltung ("organisatorisch verselbständigte Teile der Staatsgewalt", Bundessozialgericht, 24.01.2003, B 12 KR 19/01 R, zitiert nach juris, Randnummer 108) mit Rechtsaufsicht in ein konsistentes System eingebettet, das insbesondere durch das Genehmigungserfordernis von freiwilligen Vereinigungen von Krankenkassen durch die Rechtsaufsicht den Bedarf an einer "Fusionskontrolle" vollständig befriedigt.
- 4. Der Bundesrat spricht sich mit Nachdruck dafür aus, dass das Verhalten der Krankenkassen weiterhin nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben und allein durch die für die Rechtsaufsicht über die jeweilige Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde beurteilt wird. Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, die im Verhältnis untereinander und zu ihren Mitgliedern zudem vom Solidarprinzip geprägt sind, sind nicht mit freien Unternehmen vergleichbar.
- 5. Der Bundesrat hält es darüber hinaus für möglich, dass die direkte Anwendung des Kartellrechts auf Vereinigungen von gesetzlichen Krankenkassen dem Prinzip der Selbstverwaltungsautonomie widersprechen und zur Verhinderung von beabsichtigten Synergieeffekten führen könnte.
- 6. Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass jede weitere Ausdehnung der Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts nach europäischem Recht eine Einstufung der Krankenkassen als Unternehmen mit sich bringen wird. Er weist überdies darauf hin, dass einer Beteiligung des Bundeskartellamts bei Vereinigungen von landesunmittelbaren Krankenkassen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen.