Staatsministerium Baden-Württemberg Berlin, den 10. Januar 2012
Der Staatssekretär
An den Präsidenten des Bundesrates Herrn Ministerpräsidenten Horst Seehofer
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Baden-Württembergs hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zum besseren Verbraucherschutz bei Tätowiermitteln zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2012 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski
Entschließung des Bundesrates zum besseren Verbraucherschutz bei Tätowiermitteln
Der Bundesrat möge beschließen
I. Der Bundesrat stellt fest
- 1. Tätowiermittel sind Stoffe, die zur Beeinflussung des Aussehens in oder unter die menschliche Haut eingebracht werden, um dort, auch vorübergehend, zu verbleiben. Aus Gründen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes sind bestimmte Stoffe gemäß § 1 der Verordnung bei gewerbsmäßigem Herstellen und Behandeln verboten.
- 2. Für die Bewertung der Sicherheit der zulässigen Erzeugnisse besitzen die Hersteller wegen der besonderen Sachnähe zu ihren Erzeugnissen eine besondere Verantwortung. Nach der Entschließung des Bundesrats Drucksache. 357/08(B) vom 19.09.2008 sollten daher die Hersteller analog § 5b der Kosmetik-Verordnung den Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit i.S.d. § 26 LFGB (sogenannte Sicherheitsbewertung) erbringen. Diese Verpflichtung sollte unabdingbarer Bestandteil der Tätowiermittel-Verordnung werden.
Aus Sicht des zuständigen Bundesministeriums war wegen bestehender fachlicher und wissenschaftlicher Unsicherheiten eine solche Regelung zum damaligen Zeitpunkt unverhältnismäßig. Die Bundesregierung wurde deshalb aufgefordert, zum geeigneten Zeitpunkt entsprechende Regelungen zu erlassen.
- 3. Der Bundesrat hält darüber hinaus eine Anpassung der Tätowiermittel-Verordnung, die noch auf die Empfehlungen (Resolutionen) des Europarates «ResAP (2003)2 on tattoos and permanent make-up» zurückgeht, an die erweiterten Empfehlungen «ResAP(2008)1 on requirements and criteria for the safety of tattoos and permanent make-up» für dringend erforderlich. Hierbei ist auch der Sicherstellung des Gesundheitsschutzes vor mikrobiologischen Gefährdungen Rechnung zu tragen.
- 4. Außerdem müssen weitere kosmetikrechtlichen Vorschriften zum Gesundheitsschutz auch für Tätowiermittel übernommen werden, insbesondere die Vorgabe für Positivlisten von zugelassenen Inhaltsstoffen.
- 5. Herstellung und Inverkehrbringen von Tätowiermitteln sind bisher nicht durch europäische Rechtsvorschriften geregelt. Die nicht gesetzlich verbindlichen Empfehlungen (Resolutionen) des Europarates «ResAP (2003)2 on tattoos and permanent make-up» und «ResAP(2008)1 on requirements and criteria for the safety of tattoos and permanent make-up» sind die Basis für einzelne nationale Regulierungen in verschiedenen Mitgliedstaaten. Die Empfehlungen des Europarates sind allerdings bisher nur von wenigen europäischen Mitgliedstaaten in nationales Recht übernommen worden und auch in unterschiedlichem Umfang.
II. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung
- 1. die Umsetzung der Entschließung des Bundesrats Drucksache. 357/08(B) vom 19.09.2008 nun zeitnah voranzutreiben,
- 2. zeitnah eine Anpassung der Tätowiermittel-Verordnung, die noch auf die Empfehlungen (Resolutionen) des Europarates «ResAP (2003)2 on tattoos and permanent make-up» zurückgeht, an die erweiterten Empfehlungen «ResAP(2008)1 on requirements and criteria for the safety of tattoos and permanent make-up» vorzunehmen,
- 3. die Voraussetzungen für die Übernahme weiterer kosmetikrechtlicher Vorschriften zum Gesundheitsschutz auch für Tätowiermittel, insbesondere die Vorgabe für Positivlisten von zugelassenen Inhaltsstoffen, zu erarbeiten,
- 4. gegenüber der Europäischen Kommission frühzeitig folgende Positionen einzunehmen: Für Tätowiermittel sollen in Analogie zur Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel Rechtsvorschriften geschaffen werden, die in ganz Europa verpflichtend sind.
Begründung:
Analysen der für die Kosmetikuntersuchung in Baden-Württemberg zuständigen Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg und Karlsruhe haben ergeben, dass von derzeit eingesetzten Tätowierfarben zum Teil erhebliche gesundheitliche Risiken ausgehen. In den untersuchten Stichproben von Tätowiermitteln wurden problematische Inhaltsstoffe, wie krebserregende Abbauprodukte organischer Farbmittel oder auch Farbstoffe, die keinerlei Gesundheitsprüfung durchlaufen haben, festgestellt. Mikrobiologische Verunreinigungen der Tätowiermittel, die aus verschiedenen Untersuchungen berichtet werden, können schwerwiegende Infektionen verursachen.
Für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz sind die Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Tätowiermittel weder national noch auf europäischer Ebene ausreichend.
Daher sollen in einem ersten Schritt kurzfristig strengere Regelungen für Tätowiermittel in der nationalen Tätowiermittel-Verordnung aufgenommen und in einem zweiten Schritt mittelfristig entsprechende Regelungen auf europäischer Ebene geschaffen werden.