Der Bundesrat hat in seiner 876. Sitzung am 5. November 2010 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, die Gleichstellung von Frauen und Männern in einer eigenständigen Strategie voranzutreiben. Er unterstützt die gewählten Handlungsschwerpunkte und ist wie die Kommission der Auffassung, dass sich eine Reduzierung geschlechterspezifischer Unterschiede positiv auf das Erreichen der Ziele der Europa-2020-Strategie auswirken wird. Dies gilt insbesondere für die Beschäftigungsquote von 75 Prozent, die nur erreicht werden kann, wenn auch mehr Frauen in den Arbeitsmarkt einbezogen werden.
- 2. Der Bundesrat bekräftigt die Feststellung der Kommission, dass die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene im Rahmen der jeweiligen Kompetenzen bekämpft werden muss.
- 3. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission darin überein, dass die Reduzierung des geschlechterspezifischen Lohngefälles (Gender Pay Gap) eines der dringlichsten Ziele im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern ist. Er begrüßt ausdrücklich, dass die Kommission mit den europäischen Sozialpartnern Wege zur Verbesserung der Lohntransparenz suchen möchte. Der Bundesrat hält es für wichtig, dass der Vielschichtigkeit der Ursachen der Lohnlücke Rechnung getragen wird. Es muss beachtet werden, dass nicht nur die unmittelbare Diskriminierung von Frauen Lohnungleichheit verursacht, sondern insbesondere die Tatsache, dass sich Frauen häufig auf Berufe konzentrieren, die kaum Aufstiegsmöglichkeiten bieten, dass Frauen in der Regel immer noch hauptverantwortlich für die Familienarbeit sind, dass die mit vermeintlich typisch weiblichen Arbeitsplätzen verbundenen Fähigkeiten, Kompetenzen und Zuständigkeiten unterbewertet werden, dass Frauen bei Besetzung der ersten und zweiten Führungsebene mittelbar benachteiligt werden und dass die durch Familienarbeit erworbenen Kompetenzen und Qualifikationen im Erwerbsleben nicht angemessen anerkannt und bewertet werden.
- 4. Der Bundesrat hält es aus diesem Grund für richtig, dass die Kommission bestehende Rollenbilder aufbrechen und Frauen ermutigen möchte, sich in größerer Zahl für vermeintlich klassische Männerberufe und nichttraditionelle, innovative Berufe zu interessieren. Um eine Aufhebung der geschlechtsspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes zu erreichen, erachtet es der Bundesrat daneben für essentiell, dass Politik und Sozialpartner sich für eine Aufwertung der sozialen Berufe - klassische Frauenberufe - einsetzen. Diese müssen den Stellenwert bekommen, der ihnen aufgrund ihrer gestiegenen Bedeutung zusteht. Nur so kann der drohende Fachkräftemangel beispielsweise in den Bereichen Kinderbetreuung und Altenpflege verhindert werden.
- 5. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die Einführung eines Europäischen Tages für gleiches Entgelt. Er hält es für sinnvoll, erfolgreiche nationale Projekte - wie den in Deutschland seit 2008 jährlich veranstalteten sogenannten Equal Pay Day - auch auf europäischer Ebene zu etablieren. Der Bundesrat macht jedoch darauf aufmerksam, dass darüber hinaus auch weiterhin der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten gefördert werden sollte.
- 6. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der Kommission, die Gleichstellung von Frauen und Männern in Entscheidungsprozessen und in der Führungsverantwortung - sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder in der Forschung - herbeizuführen. Allerdings weist er darauf hin, dass die Frage einer Einführung einer gesetzlichen Frauenquote Sache der Mitgliedstaaten ist. Diese müssen entscheiden, ob sie auf freiwillige Maßnahmen bauen oder eine gesetzliche Lösung vorziehen.
- 7. Der Bundesrat unterstützt das Vorhaben der Kommission, sich auch weiterhin für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen einzusetzen.