Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen vom 20. Dezember 2006 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen

Punkt 26 der 859. Sitzung des Bundesrates am 12. Juni 2009

Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:

Begründung

Zu Ziffer 1:

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe f des Übereinkommens verpflichtet die Vertragsstaaten, allen Personen mit einem berechtigten Interesse, insbesondere den Verwandten der mutmaßlich verschwundenen Person, das Recht einzuräumen, ein Gericht anzurufen und eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung und gegebenenfalls der Anordnung der Freilassung der Person herbeizuführen.

Dieser Rechtsbehelf bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Die in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 016/12592, S. 36) genannte Möglichkeit der analogen Anwendung des § 128 Absatz 2 Satz 1 StPO ist unzureichend. Vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen Regelung, um die Möglichkeit eines entsprechenden Antrags hinreichend klar erkennbar zu machen. Derzeit ist für potenzielle Antragsteller aus dem Gesetz selbst in keiner Weise erkennbar, dass sie eine gerichtliche Überprüfung erreichen können. Eine Interpretationserklärung der Bundesregierung zu dem Übereinkommen, die auf die Möglichkeit einer Analogie hinweist, ist keine ausreichende Abhilfe, da nicht zu erwarten ist, dass eine solche Erklärung weite Bekanntheit erlangt. Zudem ist die Möglichkeit der analogen Anwendung einer Norm auf einen nicht erfassten Sachverhalt in erster Linie für den Umgang mit planwidrigen Gesetzeslücken gedacht. Sie entbindet den Gesetzgeber nicht von seiner Aufgabe, erforderliche Regelungen zu schaffen; erkennt der Gesetzgeber, dass für einen regelungsbedürftigen Sachverhalt keine Rechtsnorm existiert, sollte er daher tätig werden.

Zu Ziffer 2:

Das Verfahren der Staatenbeschwerde zum Ausschuss über das Verschwindenlassen ist ein wichtiges Instrument zur Gewährleistung der Ziele des Übereinkommens. Da dieses Verfahren nur zur Anwendung kommt, wenn sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beschwerdegegner die Zuständigkeit des Ausschusses anerkannt haben, ist es von besonderer Bedeutung, dass möglichst viele Vertragsstaaten eine entsprechende Anerkennungserklärung abgeben. Die Bundesrepublik sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen. Die Bundesregierung hat in der Begründung des Gesetzentwurfs erklärt, sie werde die Abgabe einer Anerkennungserklärung für die Individualbeschwerde nach Artikel 31 des Übereinkommens prüfen (BT-Drs. 016/12592, S. 39). Diese Prüfung ist auf die Anerkennung der Staatenbeschwerde auszudehnen.