838. Sitzung des Bundesrates am 9. November 2007
A
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Finanzausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf insgesamt:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die mit dem Gesetzentwurf verfolgte Absicht, die Beteiligung des Bundes an den Unterkunfts- und Heizkosten nach § 46 Abs. 6 SGB II für das Jahr 2008 auf der Basis der in § 46 Abs. 7 SGB II geregelten Anpassungsformel festzulegen. Die lange zwischen Bund und Ländern streitig gewesene Ausgangsbasis, also die unter Berücksichtigung aller durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verursachten Ent- und Belastungen der Kommunen gefundene Lösung für das Jahr 2007, soll nicht wieder in Frage gestellt werden, da darin ausschließlich Entwicklungen im SGB II berücksichtigt werden. Hierdurch entfällt die Notwendigkeit, hypothetische Entwicklungen der Sozialhilfe ohne Hartz IV-Reformen darstellen zu müssen.
- 2. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die seinerzeit bei der Verabschiedung des Gesetzes angenommene Korrelation zwischen der Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften und der Entwicklung der Unterkunftskosten nicht eingetreten ist und daher die beabsichtigte Entlastung nach § 46 Abs. 5 SGB II verfehlt wird. Diese - nicht beabsichtigte - Wirkung kann durch eine Korrektur der in § 46 Abs. 7 SGB II geregelten Anpassungsformel vermieden werden.
- 3. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang auf die festgestellte deutliche Diskrepanz hin zwischen der - nach der Formel maßgeblichen - Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften im SGB II und der Entwicklung der tatsächlichen Ausgaben für Kosten für Unterkunft und Heizung im maßgeblichen Zeitraum (1. Juli 2005 bis 30. Juni 2007). Die monatlichen Ausgaben der Leistungen für Unterkunft und Heizung in der zweiten Jahreshälfte 2006 haben sich - trotz der gesunkenen Zahl der Bedarfsgemeinschaften im SGB II - nicht rückläufig entwickelt, sondern vielmehr zugenommen.
Während die durchschnittlichen Ausgaben pro Bedarfsgemeinschaft in den ersten sechs Monaten des Jahres 2006 nahezu konstant waren, stiegen diese in der zweiten Jahreshälfte kontinuierlich an. Dies bestätigt, dass dieser Anstieg der durchschnittlichen Kosten im unmittelbaren Zusammenhang mit der Neudefinition der Bedarfsgemeinschaften durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 steht.
Bei allen Neu- und Folgeanträgen ab dem 1. Juli 2006 können Jugendliche unter 25 Jahren nur noch im Ausnahmefall eine eigene Bedarfsgemeinschaft gründen. Seit diesem Datum ist nicht nur die absolute Zahl der leistungsberechtigten Personen im SGB II um annähernd 2%, sondern auch die durchschnittliche Personenzahl in einer Bedarfsgemeinschaft in Folge dieser Änderung von 1,8 auf 1,9 gestiegen. ...
Daraus ist ersichtlich, dass die Veränderungen der Bedarfsgemeinschaften im SGB II nicht mit der Veränderung der kommunalen Ausgaben korrelieren.
- 4. Der Bundesrat räumt zwar ein, dass in der zweiten Jahreshälfte 2007 auch auf der Ausgabenseite (Kosten für Unterkunft und Heizung) eine deutliche Senkung zu konstatieren ist. Diese geht einher mit einem weiteren Absinken der Bedarfsgemeinschaften, so dass beide Trends nun eher in Einklang stehen als zuvor. Das ändert aber nichts an der festgestellten Divergenz im nach der Anpassungsformel maßgeblichen Zeitraum.
Die in der zweiten Jahreshälfte 2007 eingetretene Entwicklung wird auf Grund des geltenden Anpassungsmechanismus bei der Bestimmung der Quote für das Jahr 2009 zu berücksichtigen sein und kann daher nicht auch für die Bestimmung der Quote für das Jahr 2008 berücksichtigt werden; andernfalls würde diese günstigere Entwicklung den Kommunen doppelt angerechnet.
- 5. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass sich die Anpassungsformel an der Entwicklung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung und nicht an der Entwicklung der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften orientieren muss. Der Bundesrat fordert eine entsprechende Änderung des Gesetzentwurfs - Änderung der Anpassungsformel und der hieraus errechneten Quote für das Jahr 2008.
- 6. Der Bundesrat begrüßt die in Artikel 1 Nr. 2 des Gesetzentwurfs enthaltene Neuregelung zum Erstattungsverfahren (§ 46 Abs. 10 Satz 3 SGB II-E). Aus der Neuregelung ergibt sich im Umkehrschluss, dass im jeweils neuen Jahr keine Differenzierung mehr erforderlich ist, ob Ausgaben zur Befriedigung von Ansprüchen des neuen oder noch des alten Jahres dienen. Damit könnte diese nach bisherigem Recht erforderliche, in der Praxis aber kaum leistbare Differenzierung, die zu einem unverhältnismäßigen Aufwand bei den Kommunen geführt hat, künftig entfallen.
B
Der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung hat von einer Empfehlung an das Plenum abgesehen.
Begründung
Der Schwerpunkt der Vorlage liegt im Bereich Erstattungsleistungen des Bundes an kommunale Leistungsträger. Dazu hat der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik eine fachlich umfassende Empfehlung für eine Stellungnahme abgegeben.
Vor diesem Hintergrund sollte der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung von einer Empfehlung an das Plenum absehen.