Der Bundesrat hat in seiner 813. Sitzung am 8. Juli 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Mitteilung, die einen Überblick über die weiteren Schritte auf europäischer Ebene nach dem Seebeben und den Tsunamis im Indischen Ozean gibt. Er beurteilt es positiv, dass die Kommission die führende Rolle der Vereinten Nationen bei der Koordinierung internationaler humanitärer Hilfe anerkennt. Er begrüßt ferner die Absicht der Kommission, dass jede humanitäre Operation, die sich militärischer Mittel bedient, ihren zivilen und unparteiischen Charakter wahrt.
- 2. Der Bundesrat begrüßt folgende Vorschläge, die die Kommission unter Nummer 3.2 der Mitteilung (Verfahren für den Katastrophenschutz) unterbreitet:
- - Umsetzung der Vereinbarung mit UN-OCHA, um die verfügbaren Ressourcen optimal zu nutzen und eine koordinierte Reaktion auf Katastrophen in Drittländern sicherzustellen;
- - Verbesserung des Zugangs zu den militärischen Mitteln der EU für Katastrophenhilfe, indem die EU-Datenbank der militärischen Mittel besser genutzt wird sowie spezifische Planungsszenarien mit der zivilmilitärischen Zelle ausgearbeitet und operative Verfahren mit dem EU-Militärstab eingeführt werden;
- - Stärkung der Verbindungen des Katastrophenschutzverfahrens mit Frühwarnsystemen und Ausbau der Analyse- und Planungskapazität des "MIC";
- - Entwicklung eines modularen Konzepts, das sich auf nationale, schnell einsatzfähige Katastrophenschutzmodule stützt; sofern ein Einsatz dieser Module in Drittländern geplant ist, ist darauf zu achten, dass sie im Rahmen von UN-OCHA entsandte Module ergänzen.
- 3. Der Bundesrat hält jedoch insgesamt das zum Katastrophenschutz vorgeschlagene Verfahren in der vorgelegten Fassung nicht für akzeptabel. Dies gilt vor allem für die Einführung von Bereitschaftsmodulen, die auf ein Hilfeersuchen hin unverzüglich entsandt werden sollen. Dieses Vorhaben ist mit den Beschlüssen des Bundesrates vom 14. Mai und 24. September 2004 (BR-Drucksache 280/04(B) und 280/04(B) (2)) nicht vereinbar. Im letztgenannten Beschluss hat der Bundesrat unter Ziffer 3 seine Auffassung bekräftigt, dass einsatzleitende operative Befugnisse der EU, EU-eigene Einheiten und einheitliche EU-Uniformen (abgesehen von Kennzeichnungen wie z.B. Armbinden) von deutscher Seite abgelehnt werden müssen. Die Einsatzleitung müsse stets der jeweils betroffene Mitgliedstaat selbst ausüben. Ferner müssten die von den anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Einheiten der jeweiligen Einsatzleitung vor Ort unterstellt werden. Die Aufstellung von EU-Katastrophenschutzeinheiten wäre zudem mit sehr hohen Unterhalts- und Einsatzkosten verbunden. Der Bundesrat bekräftigt deshalb seine unter Ziffer 3 des Beschlusses vom 14. Mai 2004 eingenommene Haltung, dass das Verfahren sich an dem Vorbild der im Mai 2004 beschlossenen länderübergreifenden Katastrophenhilfe innerhalb Deutschlands orientieren sollte. Danach können die von den Ländern in diesem Rahmen ohnehin festzulegenden Einsatzkontingente auch EU-weit eingesetzt werden.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Vorschlag, Gemeinschaftsmittel zur Finanzierung der Transportkosten bereitzustellen, nicht mit Ziffer 9 seines Beschlusses vom 14. Mai 2004 zu vereinbaren ist, mit dem der Übernahme der Transportkosten eine Absage erteilt wurde.
- 5. Der Bundesrat lehnt eine Bereitstellung von Finanzmitteln für das Beobachtungs- und Informationszentrum ("MIC") zum Zwecke der Anmietung von Ausrüstung ab, die nicht von den Mitgliedstaaten oder aus anderen Quellen geliefert werden kann. Dies würde zu einem nicht vertretbaren Kostenaufwand führen. Im Übrigen verweist der Bundesrat auf Ziffer 3 seines Beschlusses vom 14. Mai 2004, in dem er die Gefahr aufgezeigt hat, dass einige Mitgliedstaaten bei einer weiteren "Vergemeinschaftung" des Katastrophenschutzes in der Erwartung von Hilfsmaßnahmen seitens der EU auf hinreichende eigene Katastrophenschutzvorkehrungen verzichten könnten.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, diese Stellungnahme bei der Festlegung der Verhandlungsposition gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 EUZBLG maßgeblich zu berücksichtigen, da die vorgeschlagenen Maßnahmen im Schwerpunkt die Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betreffen.