Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs (... StrRÄndG)

Der Bundesrat hat in seiner 811. Sitzung am 27. Mai 2005 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 78b Abs. 5 Satz 1 StGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 78b Abs. 5 Satz 1 StGB-E die Wörter "Entscheidung der deutschen Bewilligungsbehörde, an einen bestimmten ausländischen Staat ein Auslieferungsersuchen zu stellen," durch die Wörter "Unterzeichnung eines Auslieferungsersuchens an einen bestimmten ausländischen Staat durch den Leiter der deutschen Bewilligungsbehörde, seinen Vertreter oder seinen Beauftragten" zu ersetzen sind.

Begründung

Die Regelung, dass die Verjährung ab dem Zeitpunkt der Entscheidung, ein Auslieferungsersuchen zu stellen, ruht, kann zu Auslegungs- und Anwendungsproblemen führen. Insbesondere ist fraglich, ob der Begriff der Entscheidung in diesem Zusammenhang - auch mit Blick auf die Beteiligung der Bundesregierung - präzise genug ist. Je nach Interpretation ist die Entscheidung als solche oft nicht schriftlich bzw. aktenkundig und damit der exakte Zeitpunkt nicht feststellbar.

Gerade bei Verjährungsregelungen muss der Zeitpunkt des Beginns des Ruhens der Verjährung außer Streit stehen. Es ist deshalb zu prüfen, ob auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung des Auslieferungsersuchens durch den Leiter der deutschen Bewilligungsbehörde, seinen Vertreter oder seinen Beauftragten abgestellt werden sollte. Dies entspräche auch der Begründung zu Artikel 1, wonach der Zeitpunkt für den Beginn des Ruhens materiell der Zeitpunkt ist, an dem das konkrete Auslieferungsersuchen an einen bestimmten ausländischen Staat gestellt wird. Für die Benennung der Zeichnungsberechtigten könnte die Formulierung des § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG übernommen werden.

2. Zu Artikel 1 (§ 78b Abs. 5 Satz 1 StGB)

In Artikel 1 § 78b Abs. 5 Satz 1 ist vor dem Wort "Ablehnung" das Wort "endgültigen" einzufügen.

Begründung

Verschiedene Rechtsordnungen ausländischer Staaten sehen Rechtsmittel gegen ablehnende Entscheidungen vor. Es soll klargestellt werden, dass das Ruhen der Verjährung erst dann endet, wenn das Auslieferungsersuchen endgültig abgelehnt ist.

3. Zu Artikel 1 (§ 78b Abs. 5 Satz 2 StGB)

In Artikel 1 ist § 78b Abs. 5 Satz 2 zu streichen.

Begründung

Ein Ruhen der Verjährung sollte auch im Auslieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten der EU sowie mit Staaten, in denen auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c IRG vergleichbare Fristenregelung besteht, eintreten. Es kann auch insoweit zu Verzögerungen des Auslieferungsverfahrens kommen, die dazu führen können, dass die Verfolgung der dem Auslieferungsersuchen zu Grunde liegenden Taten verjährt. Auch bei zügiger Durchführung des Auslieferungsverfahrens kann insbesondere dann ein erheblicher Zeitraum bis zur Überstellung des Verfolgten vergehen, wenn der ersuchte Staat gegen den Verfolgten selbst ein Strafverfahren durchführt oder eine freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt. In diesen Fällen hat zwar der ersuchende Staat die Möglichkeit, ein Ersuchen um vorübergehende Auslieferung zu stellen. Ein Anspruch auf vorübergehende Überstellung besteht jedoch nicht. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb es in den Fällen, in denen Deutschland durch zielgerichtete Übersendung eines Europäischen Haftbefehls unmittelbar an einen bestimmten Staat um Auslieferung des Verfolgten ersucht, nicht zu einem Ruhen der Verjährung kommen sollte. Die allgemeine Ausschreibung verbunden mit einem Europäischen Haftbefehl genügt nach der Formulierung von Satz 1 demgegenüber zu Recht nicht.

4. Zu Artikel 1 (Änderung des StGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine Regelung mit gleicher Zielrichtung auch hinsichtlich des Ruhens der Vollstreckungsverjährung aufgenommen werden soll.

Begründung

Die Regelung des Ruhens der Vollstreckungsverjährung sollte der Regelung des Ruhens der Verfolgungsverjährung angeglichen werden und nicht hinter dieser zurückbleiben, zumal bei Verurteilten der Tatnachweis geführt ist.