Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf das Protokoll von Kyoto zu dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) vom 11. Dezember 1997, auf die Verfahren zu seiner Durchführung, die auf den Konferenzen von Bonn (Juli 2001), Marrakesch (November 2001), Neu-Delhi (November 2002) und Mailand (Dezember 2003) verabschiedet wurden, und auf die Zehnte Vertragsstaatenkonferenz (COP-10), die vom 6. bis 17. Dezember 2004 in Buenos Aires (Argentinien) stattgefunden hat,
- - unter Hinweis auf seine Entschließungen zum Thema Klimaänderung, insbesondere die Entschließung vom 17. November 2004 zu der Strategie der Europäischen Union für die Konferenz von Buenos Aires (COP-10)1,
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Klimaänderungen eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sind, da sie beträchtliche negative ökologische, wirtschaftliche sowie soziale Auswirkungen von globaler Tragweite haben und es zu erwarten steht, dass sie die nachhaltige Entwicklung sowie den Lebensunterhalt von Millionen Menschen auf der ganzen Welt beeinträchtigen; ferner in der Erwägung, dass auch im Jahr 2004 wieder Wirbelstürme, Taifune und andere wetterbedingte Naturkatastrophen die Bevölkerungen weltweit, insbesondere in den ärmsten Ländern, hart getroffen haben, und dass abgesehen von dem schweren menschlichen Leid und den vielen Katastrophenopfern die dadurch im Jahr 2004 erlittenen wirtschaftlichen Verluste auf einen Rekordbetrag von 90 Milliarden US-Dollar geschätzt werden,
B. in der Erwägung, dass die umfassende Umsetzung des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls von grundlegender Bedeutung für die Lösung des zentralen Problems der Klimaänderungen und für die Zukunft der Umwelt auf der ganzen Welt ist,
C. in der Erwägung, dass das UNFCCC, das am 21. März 1994 in Kraft trat und gegenwärtig 189 Vertragsparteien zählt, den Rahmen für Maßnahmen zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau festlegt, das gefährliche anthropogene Interferenzen mit dem Klimasystem ausschließt,
D. in der Erwägung, dass das Kyoto-Protokoll inzwischen von 132 Staaten und Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, darunter 37 in Anhang I genannten Vertragsparteien, ratifiziert wurde, auf die insgesamt 61,6 % der gesamten Kohlendioxidemissionen der in Anhang I genannten Vertragsparteien im Jahr 1990 entfallen, so dass nunmehr die Anforderungen an das Inkrafttreten dieses Protokolls erfüllt sind und das Protokoll am 16. Februar 2005 in Kraft treten wird,
E. in der Erwägung, dass die Industriestaaten wesentlich zu den Treibhausgas-Emissionen beitragen und deshalb auch maßgeblich bei ihrer Senkung mitwirken sollten, und unter Hinweis darauf, dass das Europäische Parlament kontinuierlich gefordert hat, die Europäische Union solle in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle einnehmen,
F. unter Hinweis darauf, dass das Kyoto-Protokoll von der Europäischen Gemeinschaft am 31. Mai 2002 und von den Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist, dass das Europäische Parlament und der Rat die zur Durchführung der Vorschriften des Kyoto-Protokolls in der Europäischen Gemeinschaft nötigen Rechtsakte verabschiedet haben, dass das Europäische Parlament und der Rat am 13. Oktober 2003 die Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgas-Emissionszertifikaten in der Gemeinschaft erlassen haben und dass in einem vor kurzem von der Kommission vorgelegten Fortschrittsbericht (KOM (2004) 0818) bestätigt wird, dass die Europäische Union insgesamt auf gutem Wege ist, ihre Kyoto-Ziele zu erreichen,
G. in der Erwägung, dass die im Kyoto-Protokoll festgelegten Klimaschutzziele zwar eine entscheidende Voraussetzung für eine globale Klimaschutzstrategie sind, dass aber für die Zeit nach 2012 weitere Ziele festgelegt werden müssen und dass die weltweiten Emissionen bis zum Jahr 2050 um die Hälfte gesenkt werden müssen, damit die globale Erwärmung nicht um mehr als zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Temperaturwerten steigt,
H. in der Erwägung, dass das Jahr 2012 immer näher rückt und eine Strategie über 2012 hinaus erforderlich ist, um sich der längerfristigen Herausforderung der Umstellung auf kohlenstoffarme und erneuerbare Energiequellen sowie treibhausgasarme Technologien zu stellen,
- 1. begrüßt die internationale Zustimmung zu den Entscheidungen, die auf der Zehnten Vertragsstaatenkonferenz des UNFCCC getroffen wurden, darunter das Arbeitsprogramm von Buenos Aires für Anpassungs- und Reaktionsmaßnahmen sowie die Entscheidung, im Mai 2005 einen Dialog über künftige Reaktionen auf den Klimawandel im Rahmen des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls einzuleiten;
- 2. ist der festen Überzeugung, dass die Europäische Union auch weiterhin ihre Vorreiterrolle bei den internationalen Klimaschutzbemühungen behaupten sollte; erwartet deshalb, dass die Europäische Union auf dem Treffen der Regierungsexperten einen Vorschlag für ein künftiges System vorlegt, welches der EU-Zielsetzung entspricht, die globale Erwärmung auf einem solchen Niveau zu stabilisieren, dass die durchschnittlichen Temperaturwerte weltweit nicht um mehr als zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Temperaturwerten steigen - wobei die weltweiten Treibhausgas-Emissionen innerhalb der nächsten beiden Jahrzehnte ihren absoluten Höhepunkt erreichen müssten - und welches die Grundsätze der Gerechtigkeit, Verantwortlichkeit und Handlungsfähigkeit achtet;
- 3. weist darauf hin, dass alle Industriestaaten ihre Anstrengungen zur Verringerung der Emissionen mittelfristig erheblich verstärken müssen, um die langfristigen Emissionsziele erreichen zu können; ruft die Europäische Union auf, auf der Frühjahrstagung 2005 des Europäischen Rates Ziele für die Verringerung der Emissionen im Einklang mit den oben genannten Zielsetzungen festzulegen; ist der Auffassung, dass für Industriestaaten mittelfristige Verringerungen in der Größenordnung von 30% bis 2020 und langfristige Verringerungen von 60-80% bis 2050 erforderlich sind, um dieses Ziel zu erreichen;
- 4. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um die Einleitung eines Dialogs mit den betroffenen Ländern in der ganzen Welt zu verstärken, um eine nachhaltige Lösung zur Eindämmung gefährlicher Klimaänderungen auszuarbeiten; verurteilt die Versuche einiger Staaten, die Eröffnung von Verhandlungen über die Klimaschutzverpflichtungen nach dem Jahr 2012 zu behindern; bedauert die wiederholten Erklärungen des italienischen Umweltministers, dass es ohne die Teilnahme der Vereinigten Staaten, Chinas und Indiens zwecklos wäre, verbindliche Ziele für eine Verringerung der Emissionen nach 2012 festzulegen; ist der Auffassung, dass diese Erklärungen die Stellung der Eropäischen Union schwächen könnten;
- 5. fordert jene Staaten, die das Kyoto-Protokoll noch nicht ratifiziert haben, auf, dies so schnell wie möglich zu tun; fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, ihre Entscheidung zur Nichteilnahme zu überdenken und in einem ersten Schritt ihre im Rahmen des UNFCCC eingegangene Verpflichtung einzuhalten, die Emissionen ihres Landes auf das Niveau von 1990 zurückzuführen; betont ferner, dass die Ratifizierung und Verwendung der Mechanismen des Kyoto-Protokolls die Einhaltung der Kyoto-Ziele für Australien wirtschaftlicher machen würde;
- 6. ruft die Europäische Union nachdrücklich auf, weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeinsparungen, Verbesserung der Energieeffizienz und Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zu ergreifen;
- 7. ist besorgt darüber, dass die zunehmenden Emissionen im Verkehrssektor die in anderen Sektoren erzielten Fortschritte bei der Verringerung der Emissionen zunichte machen könnten; ist der Auffassung, dass die Europäische Union von Kalifornien lernen könnte, die im Verkehrssektor anfallenden Emissionen zu verringern; fordert daher die Kommission auf, dringend Vorschläge für verbindliche CO₂-Grenzwerte für neue Kraftfahrzeuge vorzulegen;
- 8. wiederholt seine Forderung, die Emissionen aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr bei der Festlegung der Ziele für die Verringerung der Emissionen ab dem zweiten Verpflichtungszeitraum des Kyoto-Protokolls (2012) zu berücksichtigen;
- 9. bedauert, dass es der Zehnten Vertragsstaatenkonferenz nicht gelungen ist, weitere Zielsetzungen für den Zeitraum nach 2012 vorzubereiten; bedauert insbesondere, dass sich die Konferenz trotz der Bemühungen der EU-Delegation nur auf ein einziges informelles Treffen im Jahr 2005 zur Vorbereitung neuer Zielsetzungen einigen konnte; betont, dass die Europäische Union ihre Teilnahme an diesem Treffen in enger Zusammenarbeit mit allen betroffenen Akteuren auf nationaler und regionaler Ebene sorgfältig vorbereiten und auch weiterhin eine führende Rolle bei der Bildung einer starken Koalition für weitere internationale Verpflichtungen über das Jahr 2012 hinaus spielen sollte; betont, dass den Entscheidungsträgern in der Wirtschaft die Möglichkeit gegeben werden muss, mit einem vertretbaren Maß an Sicherheit in Bezug auf die Situation nach 2012 vorauszuplanen;
- 10. betont, dass sich das Treffen der Regierungsexperten auf eine zukunftsorientierte Diskussion des Kyoto-Protokolls im Rahmen des UNFCCC konzentrieren muss, um wirksame und angemessene Antworten auf den Klimawandel auszuarbeiten und einen schriftlichen Ergebnisbericht zu erstellen, der in die Verhandlungen einfließen sollte;
- 11. ist der Auffassung, dass sich das künftige System auf gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, einer fortgesetzten und verstärkten Verringerung der Emissionen nach 2012 sowie der Beteiligung einer größeren Anzahl von Ländern, insbesondere der Vereinigten Staaten und der fortgeschritteneren Entwicklungsländer, gründen sollte; fordert deshalb die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Notwendigkeit des Klimaschutzes im Rahmen des Dialogs mit internationalen Partnern, insbesondere den Vereinigten Staaten, China und Indien, hervorzuheben;
- 12. betont die Notwendigkeit verstärkter Finanzhilfen für Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern; betont ferner, dass zwar alle Entwicklungsländer ein Recht auf wirtschaftliche Entwicklung haben, aber dass Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicherer Entwicklungsmodelle ergriffen werden sollten; .
- 13. bedauert, dass die Vereinigten Staaten, der größte Verursacher von CO₂-Emissionen, auf der Zehnten Vertragsstaatenkonferenz zwar vertreten, aber nicht bereit waren, weitere Klimaschutzmaßnahmen zu diskutieren; begrüßt die zahlreichen auf der Ebene der US-Bundesstaaten ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen, wie etwa die Regionale Treibhausgasinitiative ("Regional Greenhouse Gas Initiative"), an der neun US-Bundesstaaten im Nordosten beteiligt sind, während Maryland, der District of Columbia, Pennsylvania, die östlichen kanadischen Provinzen und New Brunswick Beobachter bei diesem Prozess sind, der auf die Ausarbeitung eines regionalen Emissionshandelsprogramms ("capandtrade program") unter Berücksichtigung des CO₂-Ausstoßes abzielt;
- 14. fordert die Kommission auf, in ihrem kommenden Bericht über die Kosten und Vorteile künftiger Klimaschutzpolitiken Grenzanpassungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen, um etwaige Wettbewerbsvorteile für Erzeuger in Industriestaaten ohne Emissionsbeschränkungsverpflichtungen auszugleichen; betont, dass die Inangriffnahme des Problems der Klimaänderungen auch neue Möglichkeiten und Innovationsanreize im Einklang mit den Zielen der Lissabonner Strategie birgt;
- 15. begrüßt die EU-Initiativen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen, insbesondere das in diesem Monat anlaufende System für den Handel mit Treibhausgas-Emissionszertifikaten, sowie die Aussicht, dass sich andere Länder wie etwa Kanada oder Japan dem EU-System für den Handel mit Treibhausgas-Emissionszertifikaten anschließen könnten; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob eine Verbindung des EU-Systems mit regionalen Initiativen zur Festlegung von Emissionsgrenzwerten im Einklang mit den UNFCCC-Zielen vorgeschlagen werden kann; fordert den Europäischen Rat ferner auf zu gewährleisten, dass auch im Zeitraum nach 2012 Gutschriften aus projektbezogenen Mechanismen nach Maßgabe der Richtlinie 2004/101/EG anerkannt werden;
- 16. fordert die beiden Ratsvorsitze des Jahres 2005 auf, zu gewährleisten, dass die Dynamik in dieser Frage erhalten bleibt und sogar noch verstärkt wird, wobei das Ausmaß des diesbezüglichen Engagements und die Anzahl der an diesem Prozess beteiligten internationalen Partner erhöht werden sollen;
- 17. betont, dass die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und der Kommission aufschlussreich war, und erwartet, dass vor der nächsten Konferenz bzw. dem nächsten Treffen der Vertragsparteien eine Lösung mit dem Rat gefunden wird, so dass die Vertreter des Europäischen Parlaments zumindest mit einem Beobachterstatus - mit oder ohne Rederecht - Zugang zu den EU-Koordinierungsbesprechungen haben;
- 18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Sekretariat des UNFCCC mit der Bitte um Weiterleitung an alle Vertragsparteien, die nicht der EU angehören, zu übermitteln.