Der Bundesrat hat in seiner 805. Sitzung am 5. November 2004 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, am Regelwerk des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts festzuhalten. Der Pakt sorgt für nachhaltig ausgerichtete öffentliche Finanzen und sichert damit einen stabilen Euro.
- 2. Der Bundesrat betrachtet die Vorschläge der Kommission zur "Klärung der Umsetzung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts" mit großer Sorge. Die überwiegende Anzahl der Überlegungen würde zu einer Aufweichung der bisherigen Regeln führen und die Stabilität der gemeinsamen Währung gefährden.
- 3. Der Bundesrat lehnt eine stärkere Berücksichtigung besonderer Gegebenheiten und Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten ab, denn dadurch würde das Wesen des Stabilitätspakts als allgemeingültige finanzpolitische Regel in Frage gestellt. Die Mitgliedstaaten könnten den Pakt nach Belieben auslegen, seine Durchsetzbarkeit würde erheblich beeinträchtigt. Der Bundesrat fordert daher, dass das Überschreiten der 3%-Grenze für die Defizitquote deshalb weiterhin nur in den vom Regelwerk bereits vorgesehenen Ausnahmefällen zulässig sein sollte.
- 4. Der Bundesrat kritisiert, dass im Rahmen der Haushaltsüberwachung zunehmend Zweifel an einer sachgerechten Mitwirkung durch Mitgliedstaaten auftreten. Hier muss die Kommission in der Erfüllung ihrer vertraglich festgelegten Aufgaben unterstützt werden; sie muss Rechtsverstößen künftig frühzeitig, eindeutig und durchgreifend begegnen.
- 5. Im Übrigen fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit das gesamtstaatliche Defizit in Deutschland 2005 wieder unter die 3%-Grenze sinkt und die gesamtstaatliche Verschuldung möglichst bald wieder unter 60 % zurückgeführt wird. Hierzu müssen die notwendigen Einsparanstrengungen im Haushalt 2005 erbracht und zugleich die Beschäftigungs- und Wachstumskräfte durch eine überzeugende Reformpolitik nachhaltig gestärkt werden.
- 6. Der Bundesrat wendet sich zudem entschieden gegen Bestrebungen der Kommission, im Rahmen einer Neuinterpretation des Stabilitäts- und Wachstumspakts die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten stärker zu koordinieren, d.h. zu zentralisieren. Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, entsprechenden Bestrebungen in Brüssel entgegenzutreten.