786. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2003
- 1. Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 105 Abs. 3 und 108 Abs. 5 des Grundgesetzes nicht zuzustimmen.
Begründung:
- 2. Entgegen ihren Versprechungen vor der Wahl erhöht die Bundesregierung mit diesem Gesetz die Steuern auf breiter Front, obwohl Deutschland am Rande einer Rezession steht, ausgelöst durch eklatante Fehlentscheidungen in allen Politikbereichen. Die Bürger und Unternehmen sind tief verunsichert durch gebrochene Wahlversprechen, endlose Diskussionen über Steuererhöhungen, konzeptionslose Gesetzentwürfe und immer wieder durch Ankündigungen von Reformprojekten, die anschließend auf die lange Bank geschoben werden (z.B. Gewerbesteuerreform).
Das Steuervergünstigungsabbaugesetz ist ein weiterer Beleg für die chaotische und inkonsequente Finanz- und Steuerpolitik der Bundesregierung. Statt die Steuern zu senken und das Steuerrecht grundlegend zu vereinfachen, werden wahllos die Steuern erhöht. Ohne Rücksicht auf langjährige Planungen und die volkswirtschaftlichen Auswirkungen werden bewährte Regelungen von heute auf morgen geändert und eine flächendeckende Steuererhöhung in die Wege geleitet.
Dieses Gesetz löst keine Probleme, sondern verschärft die bestehenden und schafft überdies neue. Die Bundesregierung geht den falschen und riskanten Weg einer breit angelegten Steuer- und, obwohl in wirtschaftlich schwierigen Zeiten alles zu vermeiden ist, was den Faktor Arbeit verteuert und Investitionen erschwert.
- 3. Der Bundesrat lehnt den aufgrund der geplanten massiven
Mehrbelastung der Wirtschaft und der Arbeitnehmer ab.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, würde in diesem Jahr die steuerliche unter Einbeziehung der bereits beschlossenen Steuererhöhungen wie z.B. der Ökosteuer rd. 10 Mrd. Euro betragen. Ab dem Jahr 2004 würde die Zusatzbelastung sogar auf rd. 20 Mrd. Euro ansteigen. Hinzu kommt die bereits von der Bundesregierung durchgesetzte Erhöhung der Sozialabgaben in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung in diesem Jahr um rd. 10 Mrd. Euro.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass angesichts der hohen und der extrem schlechten in Deutschland Steuererhöhungen vermieden werden müssen. Deutschland ist beim das Schlusslicht in der Europäischen Union, die Arbeitslosigkeit liegt bei 4,6 Millionen, die Unternehmensinsolvenzen sind auf der Rekordhöhe von 40.000, die Investitionen sind in den letzten beiden Jahren deutlich zurückgegangen und der private Konsum ist erstmals seit der Wiedervereinigung im letzten Jahr geschrumpft.
- 4. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2002 (BR-Drs. 866/02 ( die wesentlichen Mängel des Gesetzentwurfs aufgezeigt und vor den Folgen gewarnt. Die Bundesregierung hat die eindringlichen Warnungen in den Wind geschlagen. Die geringfügigen Änderungen reichen bei weitem nicht aus.
- 5. Der Bundesrat verweist exemplarisch auf folgende schädliche Mehrbelastungen:
Der Gesetzesbeschluss sieht vor, Immobilien höher zu besteuern. Die Veräußerungsgewinne von vermieteten Immobilien sollen künftig generell mit 15 % besteuert, die Gebäudeabschreibung verschlechtert und die abgebaut werden. Bei der sollen Kinderlose künftig gar keine mehr erhalten und bei einer Familie mit zwei Kindern würde die Zulage im Acht-Jahreszeitraum um insgesamt 12.000 Euro gekürzt werden. Außerdem sollen die Einkommensgrenzen stark abgesenkt werden. Diese Maßnahmen würden die privaten Haushalte sowie den Wohnungsbau massiv belasten. In der Bauwirtschaft würden zusätzlich 50.000 Arbeitsplätze abgebaut werden.
Der Gesetzesbeschluss sieht vor, dass für die Unternehmen die Verlustverrechnung auf die Hälfte des Gewinns, der 100.000 Euro übersteigt, beschränkt wird. Das würde bedeuten, dass diejenigen Betriebe, die stark investieren oder forschen, bestraft werden, da sie ihre zwangsläufig temporär anfallenden Verluste nicht mehr vollständig mit den Gewinnen eines Jahres verrechnen können. Betroffen wären vor allem auch Unternehmen, die wie z.B. in der Bauwirtschaft aus konjunkturellen Gründen eine Verlustphase durchstehen müssen.
Der Gesetzesbeschluss sieht vor, die Besteuerung privat genutzter Dienstwagen um 50 % zu erhöhen. Dies würde in der Automobilindustrie und bei den mittelständischen Zulieferern mindestens 10. 000 Arbeitsplätze gefährden. 45 % aller neu zugelassenen Pkw sind Dienst- oder Firmenwagen. Allein schon die Ankündigung der Steuererhöhung hat potenzielle Kunden derart verunsichert, dass die Bestellungen von Firmenwagen bisher um monatlich 20 % zurückgegangen sind.
Der Gesetzesbeschluss sieht die Einführung einer neuen Wertzuwachssteuer vor. Private Veräußerungsgewinne z.B. beim Verkauf von Wertpapieren, vermieteten Immobilien und privaten Wertgegenständen sollen künftig generell mit 15 % besteuert werden. Dies würde den ohnehin schwachen Aktienmarkt bzw. Wohnungsbaumarkt zusätzlich belasten. Vor allem aber würde die private Altersvorsorge stark negativ getroffen.
Der Gesetzesbeschluss sieht die Erhöhung des ermäßigten Steuersatzes von 7 auf 16 % für zahlreiche Produkte wie z.B. oder zahntechnische Leistungen vor. In der Folge käme es zu einer zusätzlichen Schwächung der Kaufkraft der Haushalte. Des Weiteren würde es zu wirtschaftlichen Nachteilen und einer Arbeitsplatzgefährdung in den betroffenen Wirtschaftszweigen führen.