Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 4. September 2019 zu der o.g. Verordnung Folgendes mitgeteilt:
In seiner 978. Sitzung am 7. Juni 2019 hat der Bundesrat zu der Verordnung zur Neuordnung des Rechts über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen (Gentechnik-Sicherheitsverordnung - GenTSV) vom 12. August 2019 eine Entschließung gefasst. Sie haben hierzu eine Stellungnahme der Bundesregierung erbeten.
Gemäß der verkündeten Fassung der GenTSV (§ 10 Absatz 5, § 11 Absatz 6 GenTSV) sind gentechnische Arbeiten mit "Gene-Drive"-Organismen1 "grundsätzlich in Sicherheitsstufe 3" einzuordnen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens kann die Behörde dann die gentechnischen Arbeiten auf der Grundlage der Risikobewertung für die gentechnisch veränderten Organismen ggf. einer anderen Sicherheitsstufe zuordnen. Es ist sowohl die Einordnung in eine höhere als auch in eine niedrigere Sicherheitsstufe möglich. Dafür hat die zuständige Behörde von der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) jeweils eine Stellungnahme mit Empfehlungen zu den erforderlichen spezifischen Sicherheitsmaßnahmen für solche gentechnischen Arbeiten einzuholen.
Diese Fassung der GenTSV beruht auf einem Kompromiss mit den Ländern im Bundesrat und stellt eine Verschärfung gegenüber dem ursprünglich vom Kabinett beschlossenen Entwurf dar. Durch die grundsätzliche Einordnung dieser Art von gentechnischen Arbeiten in die Sicherheitsstufe 3, in der immer eine Genehmigung zu beantragen ist, wird sichergestellt, dass in jedem Fall eine behördliche Befassung erfolgt. Der behördliche Entscheidungsspielraum gewährleistet eine einzelfall- und risikoorientierte, sachgerechte Sicherheitseinstufung der gentechnischen Arbeiten, die ausreichenden Spielraum für Innovationen ermöglicht.
Die ZKBS hatte in einer im Februar 2016 veröffentlichten Stellungnahme für gentechnische Arbeiten mit "Gene-Drive"-Organismen die Einordnung in die Sicherheitsstufe 2 als ausreichend eingeschätzt, um einer "möglichen Gefährdung der Umwelt durch ein unbeabsichtigtes Entweichen eines "Gene-Drive"-Organismuses aus einer gentechnischen Anlage entgegenzuwirken"2. Die Einstufung gemäß § 10 Absatz 5, § 11 Absatz 6 GenTSV liegt damit über dem von der ZKBS geforderten Schutzniveau. Durch die Einbeziehung der ZKBS bei Zulassungen wird darüber hinaus jeweils eine besondere Expertise auf wissenschaftlicher Grundlage sichergestellt. So wird ein hohes Schutzniveau für die Schutzgüter des § 1 Nummer 1 des Gentechnikgesetzes gewährleistet.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird über die GenTSV hinaus die Entwicklung von "Gene-Drive"-Organismen aufmerksam und kritisch begleiten. Dementsprechend engagiert sich das BMEL etwa in der Sicherheitsforschung zu "Gene-Drive"-Organismen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit. So finanziert das BMEL eine Studie zur Risikobewertung von "Gene-Drive"-Organismen, die durch das Sekretariat des Übereinkommens über die biologische Vielfalt der Vereinten Nationen (Convention on Biological Diversity) beauftragt wurde. Diese Studie soll eine wissenschaftliche Grundlage zur Klärung der Frage bieten, ob und inwieweit die vorhandenen Maßnahmen des Cartagena Protokolls (Zusatzprotokoll über die biologische Sicherheit) und der nationalen Gesetzgebung hinsichtlich der Risikobewertung und des Risikomanagements ausreichen.
Auch bei künftigen Vorgaben für die Risikobewertung und Sicherheitseinstufungen von gentechnischen Arbeiten mit "Gene-Drive"- Organismen wird es darum gehen, Raum für Forschung und Innovation zu ermöglichen, wobei gleichzeitig das Vorsorgeprinzip und der Schutz der Schutzgüter des § 1 Nummer 1 des Gentechnikgesetzes gewährleistet sein muss.
1 Unter "Gene-Drive"-Organismen versteht man gentechnisch veränderte Organismen, die Erbgutkonstrukte enthalten, welche die eigene Ausbreitung in Populationen sich sexuell vermehrender Organismen vorantreiben, indem ihre Vererbung an wesentlich mehr als an 50 % der Nachkommen erfolgt. Dadurch können sich diese Erbgutkonstrukte relativ schnell in einer Population verbreiten, und dies selbst dann, wenn mit ihnen ein Selektionsnachteil verbunden ist.
2 h t t p://www.zkbsonline.de/ZKBS/SharedDocs/Downloads/01_Allgemeine%20Stellungnahmen/01_Allgemeine%20Themen/Bewertung_von_Gene-Drive_Systemen_2016.html;jsessionid=59D4CA3C33340D08A47E98AA7BBAAE1D.2_cid332?nn=10944862#download=1.