Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Finanzierung von mikrobiologischen Screening-Untersuchungen

Bundesministerium für Gesundheit
Berlin, 11. August 2015
Parlamentarische Staatssekretärin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
der Bundesrat hat mit Entschließung vom 8. Mai 2015 zur Verbesserung der Finanzierung von mikrobiologischen Screening-Untersuchungen (BR-Drs. 099/15(B) HTML PDF ) die Bundesregierung aufgefordert, im Krankenhausentgeltrecht eine geeignete rechtliche Grundlage für die zusätzliche Vergütung von mikrobiologischen Screening-Untersuchungen auf multiresistente Erreger (MRGN) bei Patientinnen und Patienten zu schaffen, die sich in stationäre Behandlung begeben. Hierbei wird unterstellt, dass dem unbestritten förderungswürdigen Anliegen verbesserter Hygienemaßnahmen zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen im Rahmen der in Krankenhäusern geltenden Finanzierungsregelungen nicht hinreichend Rechnung getragen werde.

Hinsichtlich der im Beschluss des Bundesrates formulierten mutmaßlichen Unterfinanzierung der Screening-Untersuchungen ist davon auszugehen, dass diese im Rahmen des auf empirischen Kosten- und Leistungsdaten der Krankenhäuser basierenden pauschalierenden Entgeltsystems in die jährlich anzupassende Kalkulation einfließen. Hierfür spricht u.a., dass die angesprochene Problematik multiresistenter Erreger seit vielen Jahren bekannt ist, und es bereits seit 1999 entsprechende Leitlinien und Empfehlungen zur Behandlung von Verdachtspatienten gibt. Mit der Änderung des § 23 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Jahr 2011 hat der Gesetzgeber zudem die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) zur rechtsverbindlichen und damit von allen Krankenhäusern umzusetzenden Maßgabe gemacht.

Auch wenn das pauschalierende Entgeltsystem keine Einzelleistungsvergütung für einzelne Maßnahmen vorsieht, wie dies im Beschluss des Bundesrates gefordert wird, so haben Krankenhäuser zur Vermeidung von Finanzierungslücken aufgrund der zeitlichen Verzögerung des Kalkulationsverfahrens die Möglichkeit, im Rahmen des jährlich stattfindenden strukturierten Dialogs zur Weiterentwicklung der Fallpauschalen, auf die Notwendigkeit zur Höherbewertung bestimmter Leistungen oder Leistungsbereiche - z.B. im Bereich der Anamnese bei Patientenaufnahme - hinzuwirken.

Für Patientinnen und Patienten mit nachgewiesenen multiresistenten Erregern sieht das System spezielle Kodierungen für Komplexbehandlungen vor, die regelmäßig dazu beitragen, diese in eine Fallpauschale mit höherer Fallschwere und damit höherer Vergütung einzustufen. Gesetzlicher Änderungsbedarf im Krankenhausentgeltrecht ist demzufolge nicht zu sehen und im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens zum Krankenhausstrukturgesetz nicht vorgesehen.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Häufigkeit des Nachweises von MRGNErregern und der KRINKO-Empfehlung, ein risikobasiertes Screening auf 4MRGNErreger bei Aufnahme in das Krankenhaus sowie eine vorsorgliche Isolierung der Patienten bis zum Vorliegen eines negativen Ergebnisses vorzunehmen, hat die 87. Gesundheitsministerkonferenz beschlossen, die Abrechnung eines 4MRGNScreenings im ambulanten Bereich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen. Diesem Beschluss wurde im ersten Pflegestärkungsgesetz (PSG I) im Herbst 2014 Rechnung getragen und mit § 64c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Verpflichtung zur Durchführung eines Modellvorhabens zum Screening auf 4MRGN-Erreger vorgesehen. Damit sollen Erkenntnisse zur Effektivität und zum Aufwand eines Screenings auf 4MRGN-Erreger im Vorfeld eines planbaren Krankenhausaufenthaltes gewonnen werden. Das Modellvorhaben kann in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt werden. Es soll Fragen der Effizienz, des Nutzens sowie der geeigneten Rahmenbedingungen eines ambulanten 4MRGN-Screenings klären.

Hiermit können auch die Folgekosten, die durch eine intensive Infektionsbekämpfung im Krankenhaus entstehen, minimiert werden. Daher ist das Modell in Abstimmung mit dem Robert Koch-Institut wissenschaftlich zu evaluieren.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass aus der wissenschaftlichen Literatur hervorgeht, dass die Bereitstellung von Hygienefachpersonal eine wesentliche Voraussetzung zur Bekämpfung von Krankenhauskeimen ist, so dass das mit dem Beitragsschuldengesetz im Jahr 2013 aufgelegte Hygieneförderprogramm bereits dazu beiträgt, die Situation in den Kliniken nachhaltig zu verbessern. Dies gilt im Übrigen auch für den am 25. März 2015 von Herrn Bundesgesundheitsminister Gröhe auf den Weg gebrachten 10-Punkte-Plan zur Bekämpfung multiresistenter Erreger. Die dort verankerten Forschungsvorhaben sollen insbesondere auch dazu beitragen, den bislang noch unzureichenden Kenntnisstand über verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Problematik zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen
Annette Widmann-Mauz