856. Sitzung des Bundesrates am 6. März 2009
A.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, der Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 84 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe der folgenden Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (Zu § 41 zu Zeichen 283 Haltverbot Randnummer 4 VwV-StVO)
In Artikel 1 ist Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:
- "01. In der Verwaltungsvorschrift "Zu § 41 zu Zeichen 283 Haltverbot" wird in Nummer II (Randnummer 4) der letzte Satz gestrichen."
Begründung
Die Änderung erfolgt zur vervollständigten Umsetzung der einstimmig gefassten Beschlüsse der Verkehrsminister vom 16./17. April 2007, die nicht nur "die unterschiedlichen gesundheitlichen Voraussetzungen, die unterschiedlichen Parkerleichterungen und die uneinheitlichen Parkausweise" (Ziffer 2) bemängeln und deshalb den Bedarf einer "umfassenden Angleichung im Rahmen einer bundeseinheitlichen Regelung" (Ziffer 3) festgestellt haben, sondern auch verlangen, dass bei der Überarbeitung der Regelungen "die besonderen Probleme des innerstädtischen Lieferverkehrs infolge zugeparkter Ladezonen einbezogen und eine Verschärfung dieser Probleme möglichst vermieden" wird (Ziffer 5).
Die Streichung des Satzes "Sonstige Beschränkungen des Haltverbots, wie "Be- und Entladen 7 - 9 h erlaubt" sind unzulässig" soll es den Straßenverkehrsbehörden ermöglichen, in Einzelfällen anstelle eines durch Zeichen 286 angeordneten eingeschränkten Haltverbots ggf. auch ausschließlich zum Be- und Entladen freizuhaltende "Ladezonen" anzuordnen. Nach der derzeit geltenden Fassung wäre dies unzulässig. Unter den Voraussetzungen von § 45 Absatz 9 StVO kommt eine solche Ladezonen-Regelung durch Zeichen 283, bei der das Halten zum Be- und Entladen durch Zusatzzeichen ausgenommen wird, nur dort in Betracht, wo die Freihaltung von Verkehrsflächen zum Be- und Entladen uneingeschränkt Vorrang genießt und damit ein Langzeitparkrecht bis zu drei Stunden für einzelne Verkehrsteilnehmer auch im Falle einer Schwerbehinderung unvereinbar ist. Ein derartiger unabweisbarer Bedarf kann insbesondere in innerstädtischen Geschäftsbereichen im Hinblick auf eine Sicherstellung der Güterversorgung bestehen.
Zugeparkte Ladezonen stellen bereits seit längerem ein zentrales Problem des innerstädtischen Wirtschaftsverkehrs dar. Sie gehören nach polizeilicher Erfahrung zu den Hauptursachen für das so genannte Zweitereiheparken. Gerade der Lieferverkehr ist bei zugeparkten Ladezonen mehr oder weniger gezwungen, in die zweite Reihe auszuweichen. Dies wiederum führt häufig zu Störungen des innerstädtischen Verkehrsflusses und auch zu Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit. Diese Probleme und den daraus abzuleitenden Handlungsbedarf belegt auch der den Ländern im Jahr 2007 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vorgelegte und in dessen Auftrag erstellte Bericht "Städtischer Liefer- und Ladeverkehr - eine Analyse der kommunalen Praktiken zur Entwicklung eines Instrumentariums für die StVO" (FE-Nr. 77.0478/2004). Langzeitparkrechte sind besonders problematisch, weil bei einer Parkzeit von z.B. drei Stunden in dieser Zeit rechnerisch bis zu 36 Ladevorgänge von fünf Minuten Dauer oder bis zu zwölf Ladevorgänge von 15 Minuten Dauer dort nicht möglich sind.
Im Zuge der umfassenden bundeseinheitlichen Neuregelung der Ausnahmen für schwerbehinderte Menschen beim Parken, die einerseits eine weitgehende Ausdehnung des Berechtigtenkreises bewirkt und zukünftig eine bundesweite Geltung der Ausnahmerechte sicherstellt, müssen andererseits entsprechend den Beschlüssen der Verkehrsminister zu den von ihnen festgestellten "besonderen Problemen des innerstädtischen Lieferverkehrs infolge zugeparkter Ladezonen" bei der Neuregelung zur Vereinheitlichung und Ausweitung der Parkprivilegien auch die Belange des Wirtschaftsverkehrs im Auge behalten und differenzierte Regelungen ermöglicht werden. Damit wird zugleich ein Beitrag zur Verbesserung des innerstädtischen Verkehrsflusses bzw. der Verkehrssicherheit geleistet.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (Zu § 45 Absatz 1 bis 1e Nummer IX Randnummer 17 Satz 2 - neu - VwV-StVO)
In Artikel 1 Nummer 1 zu § 45 Absatz 1 bis 1e Nummer IX ist der Randnummer 17 folgender Satz anzufügen: "Für die unter Nummer II 3 Buchstaben c bis f zu § 46 Absatz 1 Nummer 11 (Randnummern 136 bis 139) aufgeführten Personengruppen können die zuständigen Behörden auf der Grundlage des § 46 Absatz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung für das Gebiet ihres Landes gültige Ausnahmegenehmigungen zur Nutzung dieser Parkmöglichkeiten erteilen."
Begründung
Der anzufügende Satz 2 dient der Klarstellung, dass die Länder weiterhin die Möglichkeit haben, auf der Grundlage des § 46 Absatz 2 StVO auch den in den neuen Randnummern 136 bis 139 aufgeführten Personengruppen die Nutzung von gesondert ausgewiesenen Behindertenparkplätzen (Zusatzzeichen "Rollstuhlfahrersymbol") in ihrem Gebiet zu gestatten.
3. Zu Artikel 1 Nummer 2 (zu § 46 Absatz 1 Nummer 11 Randnummern 136 und 137 VwV-StVO)
In Artikel 1 Nummer 2 zu § 46 Absatz 1 Nummer 11 sind in den Randnummern 136 und 137 jeweils die Wörter "den Merkzeichen G und B" durch die Wörter "dem Merkzeichen G" zu ersetzen.
Begründung
Durch die Erweiterung des Berechtigtenkreises werden nunmehr Personengruppen berücksichtigt, die zwar nicht außergewöhnlich gehbehindert sind, aber doch unter sehr starken Einschränkungen beim Gehen leiden. Die Einschränkung des Gehvermögens und damit eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr wird bei Vorliegen eines bestimmten Grades der Behinderung mit dem Merkzeichen G versorgungsärztlich bescheinigt. Die Einschränkungen, unter denen die Betroffenen auf Grund der Schwere ihrer Gehbehinderung leiden, sind erheblich. Es gibt eine Vielzahl von schwerbehinderten Menschen, die auf Grund ihrer starken Gehbehinderung dringend auf Parkerleichterungen, nicht aber zwangsläufig auf eine ständige Begleitung angewiesen sind. Diese schwerbehinderten Menschen können ohne Begleitung aktiv am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen.
Vor diesem Hintergrund wird die alleinige Bescheinigung des Merkzeichens G als ausreichend angesehen. Das Merkzeichen B sollte jedoch für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen nicht Bedingung sein.
4. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Zu § 46 Absatz 1 Nummer 11 Randnummer 137 VwV-StVO)
In Artikel 1 Nummer 2 zu § 46 Absatz 1 Nummer 11 sind in Randnummer 137 das Wort "einen" durch das Wort "einem" und die Wörter "Herzens und" durch die Wörter "Herzens oder" zu ersetzen.
Begründung
In der Verwaltungspraxis hat die Formulierung "des Herzens und der Atmungsorgane" häufig zu Auslegungsschwierigkeiten geführt. Es wird deshalb klargestellt, dass unter die Personengruppe der Randnummer 137 auch schwerbehinderte Menschen fallen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 für Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane. Im Übrigen handelt es sich um eine redaktionelle Änderung.
B.
- 5. Der federführende Verkehrsausschuss und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 84 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.