Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 29. November 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 13. Oktober 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Der Umdruck der Mitteilung erfolgt gemäß § 45a GOBR auf Verlangen des Landes Berlin vom 19. Dezember 2005.
Hinweis: vgl.
Drucksache 567/01 = AE-Nr. 012161,
Drucksache 680/02 = AE-Nr. 022634,
Drucksache 404/04 = AE-Nr. 041746 sowie AE-Nr. 052240
1. Einleitung
Am Ende der Tagung des Europäischen Rates gaben die Staats- und Regierungschefs am 18. Juni 2005 eine Erklärung zur "Ratifizierung des Vertrags über eine Verfassung für Europa" ab. Hierin wurde nach dem negativen Ausgang der Referenden zur Europäischen Verfassung in Frankreich und den Niederlanden eine "Zeit der Reflexion" gefordert.
Die Staats- und Regierungschefs machten den Mitgliedstaaten Vorschläge für die Art der Diskussion, die stattfinden könnte: "Diese Zeit der Reflexion wird in jedem unserer Länder für eine ausführliche Diskussion genutzt werden, an der die Bürger, die Zivilgesellschaft, die Sozialpartner, die nationalen Parlamente und die politischen Parteien teilnehmen werden". Es wurde ebenfalls hervorgehoben, dass die Organe der Europäischen Union "ihren Beitrag leisten müssen, wobei der Kommission eine besondere Rolle zukommt". Mit dieser Mitteilung soll dem Wunsch der Staats- und Regierungschefs entsprochen werden.
Die Europäische Kommission hat die Ratifizierung der Verfassung tatkräftig unterstützt und allen Mitgliedstaaten bei ihren Informationskampagnen zur Seite gestanden. Einzelne Kommissionsmitglieder haben sich aktiv an der Diskussion in den verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt. Die Kommission ist weiterhin der Auffassung, dass die Verfassung ein wichtiger Schritt wäre, um die Europäische Union in der Außenwahrnehmung demokratischer, transparenter, handlungsfähiger und stärker zu machen. Die Kommission bedauert daher, dass es unter den gegenwärtigen Umständen unwahrscheinlich ist, dass die Verfassung in absehbarer Zukunft ratifiziert wird. Solange der Ratifizierungsprozess nicht abgeschlossen ist, sollte ihrer Ansicht nach die in der Verfassung erzielte generelle Ausgewogenheit nicht durch die stückweise Umsetzung einzelner Teile des Textes gefährdet werden. Die Zeit der Reflexion sollte vielmehr zunächst zu einer umfassenden und intensiven Diskussion über europäische Themen genutzt werden. Jede Vision zur Zukunft Europas muss sich auf eine klare Bestandsaufnahme der Bedürfnisse und Erwartungen der Bürger stützen. Dies ist der Zweck, den wir mit Plan D verfolgen.
2. Ziele von PLAN D
Die Kommission hat einen Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion vorgeschlagen, nicht als Rettungsmaßnahme für die Verfassung, sondern um eine umfassendere Diskussion zwischen den demokratischen Organen der Europäischen Union und ihren Bürgern anzuregen. Diese Debatte ist als Ergänzung zu den bereits bestehenden oder vorgeschlagenen Initiativen und Programmen, beispielsweise in den Bereichen Bildung, Jugend, Kultur und Förderung der aktiven Unionsbürgerschaft, zu sehen.
Plan D fügt sich ein in den Aktionsplan für Kommunikation über Europa1, mit dessen Hilfe die Art und Weise, in der die Kommission der Außenwelt ihre Tätigkeit darstellt, verbessert werden soll, sowie in das angekündigte Weißbuch zur Kommunikationsstrategie und Demokratie, mit dem ein Konsultationsprozess über die Grundsätze der Kommunikationspolitik in der Europäischen Union und die Bereiche der Zusammenarbeit mit anderen Organen und Institutionen der Europäischen Union in Gang gesetzt werden soll. Gemeinsam mit Plan D bilden diese Initiativen einen langfristigen Plan zur Wiederbelebung der europäischen Demokratie und tragen zum Entstehen einer europäischen Öffentlichkeit bei, die dem Bürger die Informationen und die Instrumente an die Hand gibt, um aktiv am Entscheidungsfindungsverfahren teilzunehmen und Teilhaber des europäischen Einigungswerks zu werden.
Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Europäische Union
Angesichts des schwindenden Vertrauens in die politischen Systeme ist die Kommission der Auffassung, dass die repräsentative Demokratie weiterhin das Vertrauen und die Beteiligung der europäischen Bürger gewährleisten muss. Die letzte Eurobarometer-Umfrage2 zeigt, dass die öffentliche Zustimmung zur Europäischen Union in den letzten Monaten ständig abgenommen hat. Alle Indikatoren im Zusammenhang mit Vertrauen, Image oder Beurteilung der EU-Mitgliedschaft verzeichnen eine Abnahme. Eine ähnliche Abnahme ist bei der öffentliche Zustimmung und dem Vertrauen in den nationalen politischen Prozess zu beobachten. Obwohl die Mitgliedschaft in der EU nach wie vor von 54 % der EU-Bürger befürwortet wird, ist das Ansehen der Europäischen Union bei den Bürgern ständig gesunken. Nur noch 47 % der Befragten stehen der EU positiv gegenüber. Das Vertrauen zur Europäischen Union ist von 50 % im Herbst 2004 auf 44 % im Frühjahr 2005 gesunken.
Die Bürger müssen erkennen, dass Europa einen Zusatznutzen bietet, und sie die Möglichkeit haben, Entscheidungen zu beeinflussen. Gegenwärtig glauben 53 % der Bürger nicht, dass ihre Stimme in der Europäischen Union zählt2. Auf die Frage, welche Rolle die Europäische Union in fünf Jahren spielen solle, wünschen sich 49 % eine bedeutendere Rolle, und nur 14 % ein geringeres Engagement in wichtigen Politikbereichen. Dies verlangt ein Europa, das stärker den Erwartungen der Bürger entspricht.
Dies ist umso entscheidender, als die Europäischen Organe nur allzu häufig als Sündenbock für unpopuläre Entscheidungen sowie als bürgerfern und bürokratisch angesehen werden. Eines der wichtigsten Ziele in der Zeit der Reflexion ist das Ingangsetzen einer präziseren Kommunikation über die Tätigkeit der Europäischen Union. Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Organe der Europäischen Union müssen aufhören, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben.
Zielgruppen und moderne Medien
Nach Auffassung der Kommission darf sich die Diskussion nicht nur auf die politischen Führer und die üblichen Beteiligten beschränken. Die Kommission teilt die Ansicht der Staats- und Regierungschefs, wonach an diesen Diskussionen "die Zivilgesellschaft, die Sozialpartner, die nationalen Parlamente und die politischen Parteien" beteiligt werden müssen, glaubt jedoch auch, dass es von zusätzlichem Nutzen wäre, auf die einzelnen Zielgruppen einzugehen, die während der Informationskampagnen im Rahmen der Referenden nicht erreicht werden konnten. Hierzu gehören junge Menschen und Minderheiten. Schließlich können die Diskussionen nur zum Erfolg führen, wenn die Massenmedien, insbesondere das Fernsehen, an dem Prozess beteiligt werden. Auch das Internet ist besonders wichtig, um die Diskussion anzustoßen.
Eine langfristige Verpflichtung
Plan D ist nicht auf die Zeit der Reflexion begrenzt, sondern muss für diese Kommission auf Dauer gelten. Die gegenwärtige Krise kann nur überwunden werden, wenn im Hinblick auf das europäische Einigungswerk ein neuer Konsens erreicht wird, der sich auf die Erwartungen der Bürger stützt.
Aktives Zuhören für mehr Engagement
Letztendlich geht es bei Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion darum, den Bürgern zuzuhören, damit die Europäische Union ihre Belange wahrnehmen kann. Ziel der Kommission ist es, diese Diskussion anzustoßen und Anerkennung für den Zusatznutzen zu erhalten, den die Europäische Union bietet. Dieser demokratische Erneuerungsprozess bedeutet, dass die EU-Bürger das Recht haben müssen, dass ihre Belange wahrgenommen werden.
3. Unterstützung der Diskussionen IN den Mitgliedstaaten
3.1. Veranstaltung von Diskussionen in den Mitgliedstaaten
Es ist Hauptaufgabe der Mitgliedstaaten, auf den Aufruf zu einer Zeit der Reflexion zu reagieren. Alle haben sich verpflichtet, eine umfassende nationale Debatte über die Zukunft Europas zu führen.
Der Kommission ist bekannt, dass in einigen Mitgliedstaaten bereits lebhafte Diskussionen begonnen haben. In anderen Mitgliedstaaten muss die Debatte erst noch angestoßen, intensiviert oder ausgeweitet werden. Die Kommission ist bereit, Impulse zu setzen, indem sie ein gemeinsames Vorgehen vorschlägt und ihre Ideen, wie sie als EU-Organ zu dieser Debatte beitragen kann, vorstellt.
Die Kommission ist der Auffassung, dass ihre Rolle darin besteht, die Mitgliedstaaten bei der Veranstaltung von Diskussionen auf nationaler Ebene zu unterstützen, und nicht, ihre Aufgabe zu übernehmen. Die Kommission unterstützt die Regierungen der Mitgliedstaaten bei der Organisation und Finanzierung von Veranstaltungen zur Förderung der Diskussion. Bei diesen Veranstaltungen sollte das ganze politische Meinungsspektrum abgedeckt werden. Unterstützt werden die Maßnahmen während der Zeit der Reflexion von den Vertretungen der Europäischen Kommission in den Mitgliedstaaten (Vertretungen) und den Informationsbüros des Europäischen Parlaments. Das Europäische Parlament könnte ebenfalls eine wichtige Rolle bei den Diskussionen in den Mitgliedstaaten spielen, sowohl in der Zusammenarbeit mit den nationalen Organen als auch durch eine Beteiligung einzelner Mitglieder des Europäischen Parlaments.
Es gibt kein einheitliches Modell für die Veranstaltung von Diskussionen in den Mitgliedstaaten. In einigen Mitgliedstaaten gibt es ständige Einrichtungen, Foren oder Plattformen, bei denen regelmäßig Diskussionen über Europafragen stattfinden. In anderen gibt es ein weniger gut organisiertes System des Dialogs und der Diskussion. Das Nationale Forum in Irland oder die Plattform für Europa in Spanien können anderen Mitgliedstaaten als Vorbild dienen.
Die nationalen, regionalen und kommunalen Parlamente spielen eine besondere Rolle bei der Organisation und Förderung der Diskussionen. Die nationalen Parlamente gewährleisten eine wirksame Kontrolle der Beschlüsse, die die Regierungen der Mitgliedstaaten zu europäischen Fragen fassen. Zahlreiche Parlamente der Mitgliedstaaten sind Beispiele für bewährte Verfahren, allerdings muss noch viel getan werden, um ihre Kontrollfunktion zu verbessern. Die Kommission möchte daher bei ihrer Zusammenarbeit mit den Parlamenten der Mitgliedstaaten über die Ziele der Beziehungen der Kommission zu den nationalen Parlamenten, mit deren Umsetzung sie Anfang 2005 begonnen hat, hinausgehen. Diese Ziele beinhalten drei Schwerpunkte - Zusammenarbeit, konkrete Vernetzung, Einbeziehung der Menschen und der Volksvertreter: mehr Gewicht für die Parlamente bedeutet mehr Gewicht für den europäischen Bürger - und beinhaltet eine Reihe konkreter Maßnahmen wie beispielsweise eine hochrangige Beteiligung an der Konferenz der Europa-Ausschüsse der nationalen Parlamente (COSAC) und an der Konferenz der Parlamentspräsidenten der EU sowie die Feststellung des Bedarfs der Parlamente der Mitgliedstaaten an Informationen und Kooperationsmöglichkeiten, wobei der elektronische Austausch von EU-Informationen zwischen den nationalen Parlamenten erleichtert wird.
Die Kommission wird sobald wie möglich in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und nach Konsultation des amtierenden Vorsitzes der Konferenz der Parlamentspräsidenten der EU und der Vorsitzenden Troika der COSAC die Parlamente der Mitgliedstaaten zu einem nationalen Forum in Brüssel einladen, um den Beitrag der nationalen Parlamente während der Zeit der Reflexion zu erörtern, Erfahrungen und bewährte Verfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten auszutauschen und mögliche Formen der Zusammenarbeit und gemeinsame Maßnahmen, gegebenenfalls mit Unterstützung durch die Organe der Europäischen Union, zu prüfen.
3.2. Inhalt
Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion ist ein strukturierter Prozess, um eine öffentliche Debatte über die Zukunft der Europäischen Union anzuregen. Der politische Inhalt dieser Debatte sollte am Ende der Zeit der Reflexion zu einem Konzept führen.
Innerhalb des von ihr gesetzten einheitlichen Rahmens akzeptiert die Kommission in vollem Umfang die eigenen lokalen, regionalen und nationalen Merkmale jeder Debatte. Verschiedene Themen werden im Mittelpunkt stehen und die Bedeutung der Europäischen Union wird sich je nach Land und politischem Inhalt unterschiedlich darstellen.
Trotz der nationalen Besonderheiten sollten die nationalen Debatten die Aufmerksamkeit der Bürger auf die Zukunft Europas lenken, ihre Erwartungen überprüfen und den Zusatznutzen und die konkreten Vorteile von Gemeinschaftsmaßnahmen zeigen. Hierdurch soll über institutionelle Fragen und die Verfassung hinausgegangen werden. Der Schwerpunkt sollte darauf liegen, wie Europa mit Fragen wie Arbeitsplätzen, Wirtschaft, Verkehr, Terrorismusbekämpfung, Umweltschutz, Erdölpreisen, Naturkatastrophen oder der Bekämpfung der Armut in Afrika und der übrigen Welt umgeht. Mit Hilfe der Ergebnisse dieser Diskussionen können die EU-Organe, insbesondere die Kommission, ihre Prioritäten besser festlegen.
Der Prozess sollte in beide Richtungen verlaufen: Den Menschen sollte anhand konkreter Erfolge und Projekte die Rolle Europas näher gebracht werden, während wir ein offenes Ohr für die Erwartungen der Bürger im Hinblick auf das künftige Vorgehen haben müssen. Folgende Themen könnten im Mittelpunkt der Debatten stehen:
- - Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Europas: die Fähigkeit Europas, Wachstum und mehr Arbeitsplätze zu schaffen, wobei die Wirkung der in Lissabon vereinbarten Strategie maximiert wird; die gemeinsamen Werte, auf denen das Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell in Europa basiert; die notwendigen Reformen, um dem globalen Wettbewerb standzuhalten, und die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung.
- - Die Wahrnehmung Europas und seiner Aufgaben: Aufbauend auf bisher Erreichtem und den konkreten Vorteilen, die die Union im täglichen Leben der Bürger bietet (z.B. Nahrungsmittelsicherheit, Erasmus, einheitliche Währung, Verbraucherschutz, Binnenmarkt), könnte sich die Diskussion darauf konzentrieren, was nach Meinung der Bürger auf kommunaler Ebene behandelt werden sollte, und was ihrer Meinung nach in den Aufgabenbereich der Union fällt. Hierzu zählt auch die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts oder der Umgang mit dem Klimawandel und Naturkatastrophen.
- - Die Grenzen Europas und Europas Rolle in der Welt: die Perspektive neuer Erweiterungen, die Fähigkeit der Union, neue Mitglieder aufzunehmen, die Sicherheit des gesamten Kontinents, die Beziehungen zu ihren Nachbarn oder Europas Einfluss im Verhältnis zu den anderen großen Blöcken in der Welt. Was erwarten die Menschen von Europa in einer globalisierten Welt in den Bereichen Handel (z.B. Textilien) Umweltschutz (z.B. Klimaveränderung), Mobilität (z.B. Transeuropäische Netze), Sicherheit (z.B. Beteiligung an friedenssichernden Maßnahmen) und Entwicklung (z.B. Entwicklungshilfe, Schuldenerlass für die Dritte Welt)?
Selbstverständlich ist der Themenkatalog im Rahmen von Plan D in keiner Weise beschränkt. Vielmehr sollten je nach Zielgruppe und Umständen die interessantesten und aktuellsten Themen ausgewählt und diskutiert werden. Die Kommission ist bereit, diese Themengebiete auf Anfrage der Mitgliedstaaten zu erarbeiten.
3.3. Feedback
Die Diskussionen in den Mitgliedstaaten müssen strukturiert sein, damit das Feedback unmittelbare Auswirkungen auf die politische Agenda der Europäischen Union hat. Die aktive Beschäftigung mit den Anliegen des Bürgers muss zu konkreten Ergebnissen führen, die am Ende der Zeit der Reflexion berücksichtigt werden. Jeder Mitgliedstaat sollte der Kommission und dem Ratsvorsitz eine Synthese der vorläufigen Ergebnisse der nationalen Diskussion vorlegen. Diese Synthese sollte veröffentlicht werden.
Ein erstes Feedback könnte im April 2006 erfolgen, damit eine erste Reihe von Schlussfolgerungen gezogen werden kann. Als ersten Schritt veranstaltet die Kommission am 9. Mai 2006, dem "Europatag", eine europäische Konferenz zur Zukunft Europas, zu der Vertreter der Bürgergesellschaft, der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, der Bürgerschaft und anderer EU-Organe und -Institutionen eingeladen sind. Bei dieser Gelegenheit soll in Bezug auf die Diskussionen auf nationaler Ebene und die Tätigkeiten, die sich aus den grenzübergreifenden Diskussionen ergeben, Bilanz gezogen werden. Im Mai 2006 wird auch die Kommission ein Dokument mit einer allgemeinen Synthese der Besuche vor Ort und nationalen Debatten in der Union erstellen.
Hierauf kann sich der österreichische Ratsvorsitz bei der Erstellung der Gesamtbilanz stützen, die, wie in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs gefordert, beim Europäischen Rat im Juni 2006 gezogen werden soll.
4. Initiativen auf Gemeinschaftsebene
Die Europäische Kommission ist bereit, eine tragende Rolle in der umfassenden Debatte über die Zukunft Europas zu spielen. Auch wenn sie nicht im Mittelpunkt der Diskussionen steht, muss sie ihren Beitrag dazu leisten, indem sie für die Förderung und Unterstützung grenzüberschreitender Initiativen sorgt. Eine Reihe öffentlichkeitswirksamer, grenzübergreifender Veranstaltungen kann ebenfalls dazu beitragen, die Sichtbarkeit des Prozesses zu erhöhen und die Beteiligung neuer Akteure am europäischen Beschlussfassungsverfahren anzuregen.
Partnerschaft innerhalb der Organe und Institutionen der EU
Die Kommission wird bei der Anregung der Debatte auf europäischer Ebene mit dem jetzigen und künftigen Ratsvorsitz, dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zusammenarbeiten. Der Großteil dieser Initiativen kann gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und den anderen Organen und Institutionen der EU durchgeführt werden. Die Kommission lädt alle Organe und Einrichtungen der EU ein, ihren Beitrag zu leisten und Bereiche der Zusammenarbeit und gemeinsamer Maßnahmen zu erörtern.
Die Kommission will mit dieser Initiative die EU-Bürger dazu anregen, sich politisch aktiv an der Debatte über die Zukunft Europas zu beteiligen, den Zusatznutzen, den die Europäische Union bietet, deutlich machen sowie Regierungen, politische Parteien und Multiplikatoren ermutigen, die breite Öffentlichkeit für die europäische Frage zu sensibilisieren.
Folgende Initiativen sollten während der Zeit der Reflexion auf Gemeinschaftsebene ergriffen werden:
4.1. Anregung einer umfassenderen öffentlichen Diskussion
4.1.1. Besuche von Kommissionsmitgliedern in den Mitgliedstaaten
Die Kommission strebt einen direkten Kontakt mit den Bürgern an, möchte sich mit ihren Belangen befassen sowie sichtbarer und präsenter in den nationalen und regionalen Diskussionen werden.
Der Präsident und/oder die Vizepräsidentin für internationale Beziehungen planen speziell in den kommenden Monaten eine Reihe von Besuchen in möglichst vielen Mitgliedstaaten. Hierbei werden sie von dem Kommissionsmitglied aus dem jeweiligen Mitgliedstaat und gegebenenfalls von anderen Kommissionsmitgliedern begleitet. Die Kommission empfiehlt, dass sich Mitglieder des Europäischen Parlaments hieran ebenfalls beteiligen. Sie sollten zusammentreffen mit Regierungen, nationalen Parlamenten, Unternehmern und Gewerkschaftsführern, der Zivilgesellschaft, Studenten sowie regionalen und kommunalen Behörden. Medienveranstaltungen und Kontakte mit der Zivilgesellschaft gehören zu jedem Besuch.
4.1.2. Verfügbarkeit der Kommissionsmitglieder für die nationalen Parlamente
Die nationalen Parlamente gewährleisten eine wirksame Kontrolle der Beschlüsse, die die Regierungen der Mitgliedstaaten zu europäischen Fragen fassen. Wie oben erwähnt, will die Kommission eine aktive Rolle bei den Diskussionen über europäische Themen spielen und die Transparenz des europäischen Beschlussfassungsverfahrens in allen politischen Bereichen erhöhen.
Zusätzlich zu der Tatsache, dass es eine Vizepräsidentin für die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten gibt, werden sich einzelne Kommissionsmitglieder bemühen, ihren jeweiligen nationalen Parlamenten auf Anfrage zur Verfügung zu stehen und bereit zu sein, die Politik der Kommission zu erläutern und einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen in der EU zu geben. Die praktischen Vorbereitungen hierfür sind im Gange, indem bereits Kontakte zu den nationalen Parlamenten geknüpft wurden.
4.1.3. Bürgerfreundliche Vertretungen
Die Vertretungen der Kommission sind das Aushängeschild der Kommission in den Mitgliedstaaten, werden jedoch von der Mehrheit der Bürger, die die Kommission nach wie vor als bürgerfern betrachtet, nicht ausreichend wahrgenommen. Sie sollen in der Öffentlichkeit als Anlaufstelle bekanntgemacht werden, wo Informationen zur Verfügung gestellt und die Meinungen der Bürger zu europäischen Fragen gesammelt werden.
Die Vertretungen stehen der Öffentlichkeit ständig zur Verfügung. Darüber hinaus sollte der Leiter der Vertretung (und, falls möglich, auch die Kommissionsmitglieder) in regelmäßigen Abständen für Bürgersprechstunden zur Verfügung stehen, wobei diese Veranstaltungen nicht auf die Hauptstädte beschränkt werden dürfen. Das Europäische Parlament sollte nach Möglichkeit ebenso verfahren, wobei diese Veranstaltungen koordiniert werden sollten.
4.1.4. Die Nutzung von Europe-Direct-Zentren für regionale Veranstaltungen
Die Kommission hat in Partnerschaft mit regionalen und kommunalen Trägereinrichtungen ein dezentrales Netz lokaler EU-Informationsrelais eingerichtet. Dieses Netz unterstützt alle Organe und Institutionen der EU bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit vor Ort und bei der Umsetzung des Kommissionskonzepts für die Kommunikationsarbeit.
Die Vertretungen nutzen das neueste Netz der Europe-Direct-Zentren zur Unterstützung von Plan D. Sie sollten als Anlaufstelle für die Tätigkeiten auf regionaler Ebene genutzt werden.
4.1.5. Europäischer Runder Tisch für Demokratie
Die Kommission will Bürger erreichen, insbesondere junge Menschen, die an europäischen Themen interessiert sind. Angestrebt werden Möglichkeiten einer verbesserten grenzüberschreitenden Diskussion zur Förderung einer aktiven Bürgerschaft sowie die Stärkung des Bewusstseins für den Prozess des europäischen Einigungswerks.
Die Kommission arbeitet mit den Vertretern der Bürgergesellschaft zusammen, um einen Europäischen Runden Tisch für Demokratie einzurichten. An dem Runden Tisch beteiligen sich Bürger verschiedener Weltanschauungen, die zusammenarbeiten oder über gemeinsame europäische Themen diskutieren. Ausgehend von den Ergebnissen des Europäischen Runden Tisches sollten Treffen in allen Mitgliedstaaten veranstaltet werden.
4.1.6. Europäische "Goodwill Ambassadors"
Entscheidend ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit über unsere Tätigkeit. Eine gute Politik muss durch gute und kreative Initiativen im Bereich der Öffentlichkeits- und Medienarbeit ergänzt werden.
Die Kommission will mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um eine Reihe von regionalen Veranstaltungen mit "Europäischen Goodwill Ambassadors" zu veranstalten. Hierbei stützt sie sich auf das Vorbild der Vereinten Nationen und die Erfahrungen mit den Volksbefragungen in den neuen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit ihrem Beitritt und lädt bekannte Persönlichkeiten aus dem Kultur-, Geschäfts- oder Sportleben bzw. anderen Bereichen zu Veranstaltungen mit bestimmten Zielgruppen ein. Diese "Botschafter" könnten in dem betreffenden Mitgliedstaat bei offenen Veranstaltungen, Workshops und allgemeinen Diskussionen über bestimmte europäische Themen oder Programme wie Bildung, Armutsbekämpfung, Wahlbeteiligung oder Forschung und Entwicklung aktiv werden.
4.2. Förderung der Bürgerbeteiligung am demokratischen Leben
4.2.1. Förderung eines wirksameren Anhörungsverfahrens
In den letzten Jahren hat die Kommission ihre Anhörungsverfahren bei wichtigen politischen Initiativen verbessert. Die Zahl der Anhörungen interessierter Gruppen mit Hilfe von Grün- und Weißbüchern sowie Internet-Befragungen hat erheblich zugenommen. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens möchte die Kommission die vorhandenen Möglichkeiten zur Sammlung von Rückmeldungen von Bürgern, Verbrauchern und Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und anderen Organen verbessern.
Die Kommission will ihre bestehenden Anhörungsverfahren effizienter fördern, um eine stärkere Beteiligung der nationalen und regionalen Teilnehmer, wie in dem Aktionsplan über die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen, zu erreichen.
4.2.2. Unterstützung europäischer Bürgerprojekte
Da nach wie vor eine fehlende Legitimität und mangelnde Beteiligung der europäischen Bürger an den politischen Systemen festgestellt wird, muss ihr Sinn für die Teilhabe und das Engagement für das europäische Ideal auf allen Ebenen weiter gestärkt werden. Das kürzlich vorgeschlagene Programm "Bürger für Europa" zur Förderung der aktiven Unionsbürgerschaft hat genau dies als Hauptziel festgelegt.
Des Weiteren wurde in einigen Mitgliedstaaten örtlich eine Reihe von Bürgerkonventen geschaffen, die häufig in den Beschlussfassungsprozess auf regionaler Ebene eingebunden sind. Die Kommission ist bestrebt, Initiativen für europäischen Bürgerkonvente zu unterstützen, in denen nach Möglichkeit ein repräsentativer Querschnitt der Bürger aus europäischen Regionen bestimmte politische Themen diskutiert. Dies könnte auf bestehenden Modellen in den Mitgliedstaaten aufbauen und darüber hinaus ein potenzielles Feedback für die Diskussionen auf europäischer Ebene bieten.
4.2.3. Mehr Transparenz
Der europäische Bürger hat ein Recht auf effiziente, transparente und dienstleistungsorientierte öffentliche Institutionen. Die Kommission unterstützt daher Bemühungen um mehr Transparenz auf allen Ebenen der EU-Organe, wozu auch ihre eigene Europäische Transparenzinitiative gehört. Im Hinblick auf den Rat beschloss der Europäische Rat von Sevilla die Öffnung der Ratssitzungen für die Öffentlichkeit, wenn der Rat als Mitgesetzgeber handelt. Diese Vorschriften sind in der Geschäftsordnung des Rates festgelegt. Hierdurch werden die Abstimmungsergebnisse und das Abstimmungsverhalten bei den wichtigsten Vorschlägen für die Öffentlichkeit transparenter. Diese Verpflichtungen sind noch nicht in die Praxis umgesetzt. Der britische Ratsvorsitz prüft gegenwärtig eine Reihe von Möglichkeiten, um die Ratsverfahren transparenter zu machen.
Die Kommission unterstützt diese Initiative des Ratsvorsitzes, die in dieselbe Richtung wie die Europäische Transparenzinitiative der Kommission geht, mit Nachdruck.
4.2.4. Erhöhung der Wahlbeteiligung
Die niedrigere Wahlbeteiligung auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene hat den Eindruck einer fehlenden Legitimität des politischen Prozesses verstärkt. Insbesondere bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament war die Wahlbeteiligung in einigen Mitgliedstaaten enttäuschend niedrig.
Die Kommission wird den anderen EU-Organen vorschlagen, gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, um die Wahlbeteiligung bei Wahlen zum Europäischen Parlament und bei Volksabstimmungen in den Mitgliedstaaten über europäische Themen zu erhöhen. Schwerpunkte hierbei sind die Beteiligung junger Menschen und von Minderheiten sowie die Nutzung neuer Techniken zur Erhöhung der Wahlbeteiligung. Zur Koordinierung der Bemühungen in diesem Bereich könnte eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe eingerichtet werden.
4.3. Mittel zur Einrichtung eines Dialogs über europäische Themen
4.3.1. Besondere Eurobarometer-Umfrage über die Zukunft Europas
Plan D ist ein Instrument des Zuhörens und des Dialogs. Hierdurch beabsichtigt die Kommission, Lehren aus den Sorgen der Bürger zu ziehen. Darüber hinaus erhalten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Sorgen ihrer Bürger in der Zeit der Reflexion zu verstehen.
Die Kommission wird eine besondere Eurobarometer-Umfrage über die Zukunft Europas durchführen und die Meinungen der Bürger über die Zukunft des europäischen Einigungswerks sowie die Unterstützung und die Erwartungen der Bürger im Hinblick auf die politischen Maßnahmen auf europäischer Ebene beurteilen.
4.3.2. Internet
Die Erfahrung zeigt zunehmend, dass das Internet ein wichtiges Forum der politischen Debatte geworden ist. Wenn die Kommission eine wichtige Rolle bei der Moderation der Diskussionen über die Zukunft Europas spielen will, sollte sie die Möglichkeiten aller interaktiven Kommunikationsmittel, die diese Debatte erleichtern können, ausprobieren.
Die Kommission nutzt die modernste Internet-Technik, um ihre Politik aktiv zu diskutieren und zu vertreten. Das Internet ist ein wichtiges meinungsbildendes Diskussionsforum geworden.
4.3.3. Zielgruppen
Wichtig in der Phase der Anhörung ist es, dass die Kommission sich auf die bewährte Methode stützt, Schwerpunktgruppen als ersten Schritt für eine transparente Politik einzusetzen. Besondere Aufmerksamkeit sollte den Ansichten junger Menschen gewidmet werden. Dies könnte den Mitgliedstaaten dabei helfen, den Feedback-Prozess bei den nationalen Diskussionen zu verbessern.
Die Kommission ist bereit, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, eine Schwerpunktgruppenarbeit bei bestimmten europäischen Themen einzusetzen.
5. Finanzierung
Die umfassende Debatte über die Zukunft Europas muss durch angemessene finanzielle Mittel unterstützt werden. Die Kommission bemüht sich, die Mitgliedstaaten und die Bürgergesellschaft durch die Förderung von Einzelinitiativen zu unterstützen.
Anfang 2005 wurden im Rahmen der Haushaltslinie PRINCE - Debatte über die Zukunft Europas (Haushaltslinie 250302) 9 Millionen EUR bereitgestellt. Alle Mitgliedstaaten haben eine finanzielle Unterstützung erhalten. Während des Ratifizierungsprozesses wurden bereits knapp 6 Millionen EUR zur Verfügung gestellt. Die Kommission ist der Auffassung, dass die übrigen Mittel zur Unterstützung von Initiativen der Mitgliedstaaten und der Bürgergesellschaft eingesetzt werden sollten.
Die Kommission unterstützt daher die Absicht des Europäischen Parlaments, im Rahmen der Haushaltslinie PRINCE für 2006 zusätzliche sechs Millionen Euro bereitzustellen.
6. Schlussfolgerung
Die nationalen Debatten über die Ratifizierung der Europäischen Verfassung haben gezeigt, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union nach wie vor befürwortet wird, das Gefühl der Ausgeschlossenheit vom demokratischen Leben allerdings zunimmt.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben eine Erklärung abgegeben, in der die Notwendigkeit hervorgehoben wird, auf die Belange der Bürger zu achten und eine umfassende Debatte in Gang zu setzen.
Nun ist der Zeitpunkt des Zuhörens und Handelns gekommen. Diese Mitteilung beschreibt die Inhalte und Themen des Plans D für Demokratie, Dialog und Diskussion. Sie unterstreicht den nationalen Charakter der Diskussionen, empfiehlt jedoch einen strukturierten Feedback-Prozess und eine Reihe möglicher Initiativen auf Gemeinschaftsebene.
Bei Plan D geht es darum, einen neuen Konsens über Europa zu verdeutlichen, zu vertiefen und zu legitimieren, sich mit Kritik auseinanderzusetzen und Lösungen zu finden, wo die Erwartungen nicht erfüllt wurden. Im Lichte der obigen Ausführungen empfiehlt die Europäische Kommission, dass die Mitgliedstaaten:
- - die notwendigen Schritte ergreifen, um sobald wie möglich in jedem Mitgliedstaat eine nationale Debatte zu strukturieren;
- - mit der Kommission und anderen Organen und Institutionen zusammenarbeiten, um die effektivste Unterstützung und Mitwirkung an den nationalen Debatten, wozu auch Besuche in den Mitgliedstaaten gehören, zu erzielen;
- - sich bis zum nächsten Europäischen Rat auf das Feedback-Verfahren einigen, um zu gewährleisten, dass die Sorgen und Erwartungen der Bürger bekanntgemacht werden und in die Bestandsaufnahme, die unter österreichischem Ratsvorsitz erfolgen soll, einfließen.
Finanzbogen für Rechtsakte
Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.
1 Aktionsplan für eine bessere Kommunikationsarbeit der Kommission zu Europa SEK(2005)985 - 020/07/2005
2 http://europa.eu.int/comm/public_opinion/archives/eb/eb63/eb63_en.htm