A. Problem
- Gegenwärtig besteht eine strafrechtliche Lücke im Bereich der §§ 107 ff StGB. Nach § 108d Satz 1, 2 StGB ist der Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf Wahlen zu Volksvertretungen, zum Europäischen Parlament, auf sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie auf Urwahlen in der Sozialversicherung beschränkt. Dem ist das Unterschreiben eines Wahlvorschlags oder das Unterschreiben für ein Volksbegehren gleich gestellt.
- Nicht erfasst wird jedoch die Eintragung in Unterstützungslisten für neue Wahlvorschlagsträger (z.B. Art. 27 BayGLKrWG) oder das Unterschreiben von Bürgerbegehrenslisten (z.B. Art. 18a Abs. 5,6 der Bayerischen Gemeindeordnung; Art. 12a Abs. 5, 6 der Bayerischen Landkreisordnung). Aus diesem Grund kann immer wieder zu beobachtenden Handlungen, mit denen Bürger durch das Versprechen geldwerter Vorteile zur Eintragung in Unterstützungslisten für neue Wahlvorschlagsträger oder zum Unterschreiben von Bürgerbegehrenslisten bewegt werden sollen, nicht mit den Mittel des Strafrechts entgegengetreten werden. Dies erscheint nicht länger hinnehmbar.
B. Lösung
- Ausdehnung der Strafbarkeit auf Eintragungen in Unterstützungslisten für neue Wahlvorschläge und auf kommunale Bürgerbegehren durch Erweiterung des § 108d Satz 2 StGB.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen
E. Sonstige Kosten
Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Wahldelikte -(... StrÄndG)
Der Bayerische Ministerpräsident München, den 15. November 2004
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident!
Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten
- Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes Wahldelikte (...StrÄndG)
mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf den Ausschüssen zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Edmund Stoiber
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes Wahldelikte (... StrÄndG)
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 108d Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt geändert worden ist durch ..., wird wie folgt gefasst:
Einer Wahl oder Abstimmung stehen das Unterschreiben zur Unterstützung eines Wahlvorschlags, das Unterschreiben eines Wahlvorschlags und das Unterschreiben für ein Volksbegehren und für ein Bürgerbegehren gleich."
Artikel 2 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
1. Zu Artikel 1 ( § 108 Satz 2 StGB)
Durch das schon bisher unter Strafrechtsschutz gestellte Unterschreiben eines Wahlvorschlags wird vorrangig die Ernsthaftigkeit der Bewerbung sichergestellt. Die wahlrechtlichen Regelungen, die die Zulassung neuer Wahlvorschläge an die hinreichende Unterstützung in der Bevölkerung knüpfen, schützen die Wählerinnen und Wähler davor, dass sie einem in der Bevölkerung nicht ernsthaft unterstützten Bewerber oder Wahlvorschlag ihre Stimme geben. Auf diese Weise wird das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimme gesichert. Daraus folgt das Interesse des Gesetzgebers, auch das Unterschreiben zur Unterstützung eines Wahlvorschlags unter den Schutz des Strafrechts zu stellen.
Nach § 108d StGB gelten die Vorschriften der §§ 107 bis 108c StGB für Wahlen und Abstimmungen im Bund, in den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden. Die Gleichbehandlung der Ebene der Gemeinden und Gemeindeverbände mit der Bundes- und Länderebene wird hinsichtlich der Einleitung des Verfahrens der Regelung für das Unterschreiben für ein Volksbegehren folgend durch die Erweiterung des Strafrechtsschutzes auf das Unterschreiben für ein Bürgerbegehren sichergestellt.
Durch die Neuregelung soll namentlich der immer wieder zu beobachtenden Praxis Einhalt geboten werden, Bürger durch das Versprechen geldwerter Vorteile zur Eintragung in Unterstützungslisten für neue Wahlvorschlagsträger oder zum Unterschreiben von Bürgerbegehrenslisten zu bewegen bzw. sie dazu zu bringen, sich unter falschem Namen in Listen einzutragen.
2. Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.