Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 14. Dezember 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 5. Dezember 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt. Hinweis: vgl. Drucksache 852/90 = AE-Nr. 902857
Begründung
1. Einleitung und Kontext
Perfluorooctansulfonate (PFOS) sind Anionen, die als Salze, Derivate und Polymere im Handel sind. Mit PFOS und verwandten Stoffen werden Materialien wie Textilien, Teppiche und Papier sowie allgemein Beschichtungen fett-, öl- und wasserfest gemacht. Dafür werden meist PFOS-Polymere (für Gewebe) und PFOS-Substanzen (für die Papieraufbereitung und Beschichtungen) verwendet. In geringeren Mengen werden diese Stoffe auch bei der Verchromung, in der Fotografie und der Fotolithografie, in Feuerlöschschäumen und in Hydraulikflüssigkeiten für die Luft- und Raumfahrt zum Einsatz.
Dieser Vorschlag beruht in erster Linie auf folgenden Untersuchungen:
- - Einer Gefahrenbeurteilung der OECD, die auf der 34. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, Pestizide und Biotechnologie (5.-8. November 2002) verabschiedet wurde. Dieser Beurteilung zufolge sind PFOS umweltpersistent, bioakkumulierbar und für Säugetiere giftig.
- - Einem Risikobewertungsbericht und einer Risikobegrenzungsstrategie, die auch eine Folgenabschätzung umfasst, die vom Vereinigten Königreich nach den Grundsätzen der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe1 ausgearbeitet worden sind.
- - Der Wissenschaftliche Ausschuss "Gesundheits- und Umweltrisiken" (SCHER) prüfte die oben genannte Risikobegrenzungsstrategie in wissenschaftlicher Hinsicht und bestätigte in seiner am 18. März 2005 verabschiedeten Stellungnahme, dass die Fakten belegen, dass PFOS in der Tat sehr persistent, hochgradig bioakkumulierbar und giftig sind.
Es wurden Schätzungen der Emissionen aus jedem der Verwendungsbereiche vorgenommen. Die Risikobewertungen ergaben, dass es notwendig ist, die von PFOS ausgehenden Gesundheitsrisiken zu verringern. In der Risikobegrenzungsstrategie wird empfohlen, das Inverkehrbringen und die Verwendung für bestimmte Zwecke zu beschränken. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie würden die meisten Expositionsrisiken abgedeckt, da die Verwendung von PFOS in Teppichen, Textilien, Polstern, Leder, Kleidung, Papier, Verpackungen und anderen Verwendungsbereichen verboten würde. PFOS scheint für diese Zwecke nicht mehr verwendet zu werden, und der Vorschlag würde seine erneut Verwendung verhindern. Es bestehen einige weitere spezifische Einsatzfelder für kleinere Mengen dieser Stoffe bei der Verchromung, in der Fotografie und der Fotolithografie, in Feuerlöschschäumen und in Hydraulikflüssigkeiten für die Luft- und Raumfahrt. Die in diesen begrenzten Einsatzbereichen verwendeten Mengen und deren Abgabe in die Umwelt müssten noch eingehender bewertet werden, doch ist derzeit davon auszugehen, dass sie sehr gering sind. Die Vor- und Nachteile von Rechtsvorschriften für diese Verwendungszwecke müssten durch eine Folgenabschätzung untersucht werden.
Das aus dem FTE-Rahmenprogramm finanzierte laufende Forschungsprojekt PERFORCE (http://www.science.uva.nl/perforce/) dient der Ermittlung neuer Daten, z.B. über Expositionen, Quellen und Wege sowie physikalischchemische Parameter für PFOS.
Die Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen2 sollte daher entsprechend geändert werden.
Ziel dieser Richtlinie ist die Einführung harmonisierter Bestimmungen für PFOS, um gemäß Artikel 95 EG-Vertrag das Funktionieren des Binnenmarktes unter Sicherstellung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus zu gewährleisten.
2. RECHTFERTIGUNG des Vorschlags
Welche Ziele werden angesichts der Verpflichtungen der Gemeinschaft mit der geplanten Maßnahme verfolgt?
Da bestimmte Verwendungen von Chemikalien unter bestimmten Bedingungen nicht kontrolliert werden können, kann die Sicherheit der Gesundheit und der Umwelt nur durch das Verbot dieser Verwendungen der betreffenden Stoffe und Zubereitungen gewährleistet werden.
Zweck des Vorschlags ist es, das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten. Erlassen die Mitgliedstaaten nationale Bestimmungen zur Beschränkung des Inverkehrbringens und der Verwendung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen, entstehen aufgrund der unterschiedlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Handelshemmnisse. Mit dem Entwurf des Vorschlags sollen die Voraussetzungen für das Funktionieren des Binnenmarktes im Sinne eines wirksameren Schutzes der Gesundheit und der Umwelt verbessert werden.
Welche Handlungsmöglichkeiten hat die Gemeinschaft?
Die einzige Möglichkeit besteht darin, die Änderung der Richtlinie 76/769/EWG zur Einführung harmonisierter Bestimmungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung von PFOS vorzuschlagen.
Ist eine einheitliche Regelung erforderlich oder genügt es, allgemeine Ziele festzulegen, die von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind?
Mit dem Richtlinienvorschlag sollen einheitliche Regelungen für das Inverkehrbringen von PFOS festgelegt werden. Zudem wird ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit und die Umwelt gewährleistet. Die vorgeschlagene Änderung der Richtlinie 76/769/EWG stellt die einzige Möglichkeit zur Verwirklichung dieser Ziele dar. Zielvorgaben wären nicht ausreichend.
3. LEITGEDANKE des Vorschlags
Mit der vorgeschlagenen Änderung würde Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG um den Stoff PFOS ergänzt. Somit würden Inverkehrbringen und Verwendung dieses Stoffes beschränkt.
4. Kosten und Nutzen
4.1. Kosten
Die vorgeschlagene Richtlinie dürfte für die Industrie und den Handel nur kleinere Probleme mit sich bringen, da die Verwendung von PFOS in den betroffenen Bereichen derzeit rückläufig ist und die Unternehmen bereits Alternativen entwickelt haben.
4.2. Nutzen
Der Vorschlag kommt dem Binnenmarkt sowie dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zugute. Mit dem vorgeschlagenen Verbot wird sichergestellt, dass PFOS für bestimmte Verwendungszwecke, die ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen, nicht mehr im Verkehr sind.
5. Verhältnismässigkeit
Der mit der vorgeschlagenen Richtlinie erzielte Nutzen bestünde in einem verbesserten Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Der Kostenaufwand ist gering.
6. Anhörungen bei der Ausarbeitung des Änderungsentwurfs
Über den Vorschlag wurde in Sitzungen mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten und des European Chemical Industry Council (CEFIC) beraten. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind in den Entwurf eingeflossen. Außerdem wurde die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC um Stellungnahme gebeten.
7. Vereinbarkeit mit dem Vertrag
Mit diesem Vorschlag soll das Funktionieren des Binnenmarktes gewährleistet und gleichzeitig ein hohes Maß an Gesundheits- und Umweltschutz sichergestellt werden. Daher ist er mit Artikel 95 Absatz 3 EG-Vertrag vereinbar.
8. Europäisches Parlament und europäischer Wirtschafts- und sozialausschuss
In Übereinstimmung mit Artikel 95 EG-Vertrag ist das Verfahren der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments anzuwenden. Die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ist einzuholen.
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates
über Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung von Perfluorooctansulfonaten (Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates) (Text von Bedeutung für den EWR)
Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission3,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses4,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag5,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Auf der Grundlage der bis Juli 2002 verfügbaren Informationen ist eine Gefahrenbeurteilung der OECD durchgeführt worden. In dieser Beurteilung wird der Schluss gezogen, dass das Gefahrenpotenzial von Perfluorooctansulfonaten (PFOS) Anlass zur Sorge gibt.
(2) Die Gesundheits- und Umweltrisiken von PFOS wurden im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe6 bewertet. Die Risikobewertung zeigte, dass es notwendig ist, die von PFOS ausgehenden Gesundheits- und Umweltrisiken zu verringern.
(3) Der Wissenschaftliche Ausschuss "Gesundheits- und Umweltrisiken" (SCHER) ist um Stellungnahme gebeten worden. Der SCHER hält eine weitere wissenschaftliche Risikobewertung von PFOS für angezeigt, war jedoch ebenfalls der Meinung, dass Risikobegrenzungsmaßnahmen erforderlich sein könnten, um zu verhindern, dass frühere Nutzungen wieder aufgenommen werden. Nach Ansicht des SCHER scheinen die derzeitigen kritischen Verwendungszwecke in der Luft- und Raumfahrt, der Halbleiterindustrie und der fotografischen Industrie keine ernsthafte Gefahr für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit darzustellen, wenn die Emissionen in die Umwelt und die Exposition am Arbeitsplatz minimiert werden. Betreffend die Verwendung in Feuerlöschschäumen teilt der SCHER die Ansicht, dass die Gesundheits- und Umweltrisiken von Ersatzstoffen bewertet werden müssen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Für die Verwendung bei der Verchromung sollten Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen geprüft werden.
(4) Zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt erscheint es daher notwendig, das Inverkehrbringen und die Verwendung von PFOS zu beschränken. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie würden die meisten Expositionsrisiken abgedeckt. Andere, weniger bedeutende Verwendungen von PFOS scheinen keine Gefahr darzustellen und sind deshalb derzeit ausgenommen. Sie werden eingehender untersucht, und eventuelle Beschränkungen ihres Inverkehrbringens und ihrer Verwendung werden einer Folgenabschätzung unterzogen.
(5) Das Inverkehrbringen und die Verwendung PFOS enthaltender Erzeugnisse sollte zum Schutz der Umwelt ebenfalls beschränkt werden. Diese Richtlinie sollte nur für neue Erzeugnisse gelten und keine Erzeugnisse erfassen, die bereits im Gebrauch sind oder auf dem Gebrauchtmarkt gehandelt werden.
(6) Die Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen7 sollte daher entsprechend geändert werden.
(7) Ziel dieser Richtlinie ist die Einführung harmonisierter Bestimmungen für PFOS, um gemäß Artikel 95 EG-Vertrag das Funktionieren des Binnenmarktes unter Sicherstellung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus zu gewährleisten.
(8) Die Richtlinie berührt keine gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften mit Mindestanforderungen an den Arbeitnehmerschutz, etwa die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit8 oder darauf basierende Einzelrichtlinien, insbesondere die Richtlinie 2004/37/EG des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates (kodifizierte Fassung))9 und die Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (Vierzehnte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG)10.
1 ABl. L 84 vom 5.4.1993, S. I.
2 ABl. L 262 vom 27.9.1976, S. 201.
3 ABl. C vom , S. .
4 ABl. C vom , S. .
5 ABl. C vom , S. .
6 ABl. L 84 vom 5.4.1993, S. I. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 57 vom 25.2.2003).
7 ABl. L 262 vom 27.9.1976, S. 201. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/21/EG der Kommission (ABl. L 57 vom 25.2.2004, S. 4).
8 ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. I. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. I).
9 ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 50.
10 ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11.
Haben folgende Richtlinie erlassen:
Artikel 1
Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG wird entsprechend dem Anhang dieser Richtlinie geändert.
Artikel 2
- 1. Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens bis zum xx. xx. 200x ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und übermitteln ihr eine Tabelle, aus der die Entsprechungen zwischen den von ihnen erlassenen Vorschriften und dieser Richtlinie ersichtlich sind.
Sie wenden diese Rechtsvorschriften ab dem xx xx 200x achtzehn Monate nach Inkrafttreten dieser Richtlinie an.
Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
- 2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 3
Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 4
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident
Anhang
In Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG wird folgende Nummer XX angefügt:
"XX. Perfluorooctansulfonate C8F17SO2X (X = OH, Metallsalze, Halogenide, Amide und andere Derivate einschließlich Polymere) |
(1) Darf nicht als Stoff oder Bestandteil von Zubereitungen in einer Konzentration von 0,1 Massen-% oder mehr in Verkehr gebracht oder verwendet werden.
(2) Darf nicht in Erzeugnissen oder Bestandteilen von Erzeugnissen in einer Konzentration von 0,1 Massen-% oder mehr in Verkehr gebracht werden.
(3) Die Abs ätze 1 und 2 gelten nicht für:
- - Fotoresistlacke und Antireflexbeschichtungen für fotolithografische Prozesse
- - industrielle fotgrafische Beschichtungen von Filmen, Papieren und Druckplatten,
- - Antischleiermittel für das Verchromen,
- - Hydraulikflüssigkeiten für die Luft- und Raumfahrt,
- - Feuerlöschschäume,
- - überwachte geschlossene Systeme, bei denen PFOS in einer Konzentration von weniger als 1µg pro kg und in Mengen von weniger als 0,1 Massen-% der im System verwendeten PFOS in die Umwelt abgegeben werden.
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