866. Sitzung des Bundesrates am 12. Februar 2010
A.
- 1. Der federführende Ausschuss für Familie und Senioren und der Ausschuss für Frauen und Jugend empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes in folgender Fassung beim Deutschen Bundestag einzubringen:
Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs
A. Problem und Ziel
- Durch das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz wurde für Geburten ab 1. Januar 2007 das Bundeserziehungsgeld durch das Elterngeld abgelöst. Kernelement der neuen Leistung ist die dynamische Leistung in Anknüpfung an das Erwerbseinkommen. Das Elterngeld ersetzt 67 Prozent des nach der Geburt wegfallenden Erwerbseinkommens bis maximal 1 800 Euro. Der Vollzug des Elterngeldes erfolgt durch die Länder im Auftrag des Bundes gemäß Artikel 104a Absatz 3 und Artikel 85 des Grundgesetzes.
- Die Komplexität der neuen Leistung, insbesondere die aufwändige Einkommensermittlung, belastet die Verwaltungen der Länder in unvertretbar hohem Maße. Ohne zusätzliche Bereitstellung erheblicher personeller Kapazitäten führt sie zu Wartezeiten, die so lang sind, dass sie die Zielsetzung der Leistung in Frage stellen, das weggefallene Erwerbseinkommen zu ersetzen.
- Die Familie soll in der Zeit nach der Geburt vom Elterngeld ihren Lebensunterhalt bestreiten. Dies kann nur erreicht werden, wenn die Leistung zeitnah zur Geburt ausgereicht wird.
- Ohne eine grundlegende Vereinfachung können die durchschnittlichen Laufzeiten nicht unter einem Monat gehalten werden. Der Verwaltungsaufwand ist im Vergleich zum Vollzug des Bundeserziehungsgeldes enorm gestiegen.
- Auch der Bundesrechnungshof hat bereits bei seiner ersten Überprüfung eine Vereinfachung der Einkommensermittlung eingefordert.
B. Lösung
- Das Gesetz zielt auf eine erhebliche Vereinfachung des Vollzugs des Elterngeldes, bei der der Charakter der Leistung gewahrt und Mehrausgaben vermieden werden.
- Zu diesem Zweck wird die Einkommensermittlung durch die Pauschalierung von Steuern und Abgaben erleichtert.
- Die Änderungen beinhalten auch die Beseitigung der streitträchtigen Anrechenbarkeit des Mindestgeschwisterbonus auf andere Leistungen.
- Die Umstellung auf eine Berechnung des Nettoeinkommens mittels pauschaler Abgabensätze und fiktiver Steuern (fiktive Nettoberechnung) bewirkt eine Vereinfachung des Vollzugs durch die deutliche Verringerung der aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen zu bewertenden und zu übernehmenden Positionen. Die im Gesetzestext genau - und daher textintensiv - zu definierenden Abzugspositionen verursachen in der Praxis keinen Aufwand, sondern werden von der elektronischen Datenverarbeitung berechnet.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- Mehrausgaben sind per Saldo nicht zu erwarten.
E. Sonstige Kosten
F. Bürokratiekosten
a) Unternehmen
- Durch die vereinfachte Einkommensermittlung bei nichtselbständige Arbeit werden die Unternehmen entlastet, da weniger Nachfragen der Elterngeldstellen zu den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen anfallen werden.
b) Bürgerinnen und Bürger
- Die Bürgerinnen und Bürger werden entlastet, da weniger Nachfragen zur Einkommensermittlung erforderlich sind.
c) Verwaltung
- Die Verwaltung wird entlastet.
Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit
Das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 2748), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
Artikel 2
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Das Gesetz zielt auf eine erhebliche Vereinfachung des Vollzugs des Elterngeldes, bei der der Charakter der Leistung gewahrt und Mehrausgaben vermieden werden.
Zu diesem Zweck wird die Einkommensermittlung durch die Pauschalierung von Steuern und Abgaben erleichtert.
1. Vereinfachte Einkommensermittlung bei nichtselbständige Tätigkeit
Nach dem bisherigen Recht sind für die Ermittlung des Einkommens bei nichtselbständige Tätigkeit aus zwölf teilweise sehr kompliziert aufgebauten Lohn- oder Gehaltsbescheinigungen je etwa zehn Einzelwerte zu ermitteln, rechtlich zu bewerten und zu erfassen. In fast allen Fällen sind zusätzlich beim Abzug von Einmalzahlungen anteilige Steuer- und Sozialversicherungsbeträge herauszurechnen. Schließlich ist dies alles nach dem Vieraugenprinzip nochmals zu überprüfen.
Die Neuregelung sieht im Kern vor, aus jeder Lohn- oder Gehaltsbescheinigung als einzigen Wert das laufende lohnsteuerpflichtige Bruttoeinkommen zu entnehmen, aus dem EDV-gesteuert ein fiktives Nettoeinkommen berechnet wird.
Neben dieser wesentlichen Vereinfachung für den Großteil der Anträge (ca. 90 Prozent der Anträge, bei denen eine Einkommensermittlung erforderlich ist) beseitigt die Neuregelung zwei wichtige Schwachstellen der bisherigen Regelung:
Zum einen kann ein Elternteil sein Elterngeld bisher dadurch beeinflussen, dass er rechtzeitig einen Freibetrag (z.B. wegen Werbungskosten oder Verlustvorträgen) in die Lohnsteuerkarte eintragen lässt. Wer hingegen weniger gut informiert ist und keinen Freibetrag eintragen lässt, erhält weniger Elterngeld. Durch die fiktive Nettoberechnung wirkt sich die Eintragung von Freibeträgen nicht mehr auf das Elterngeld aus. Diese Gerechtigkeitslücke wird geschlossen.
Zum anderen wird ein Widerspruch hinsichtlich der Behandlung der Werbungskosten beseitigt: Werbungskosten werden bei der Einkommensermittlung im Rahmen des Elterngeldvollzugs schon nach der bisherigen Regelung pauschal mit dem steuerlichen Pauschbetrag angesetzt. Dies wirkt zu Gunsten der berechtigten Personen, da sich das Elterngeld erhöht. Diese schon nach bisherigem Recht vorgesehene Pauschalierung ist auf Grund der erheblichen damit verbundenen Vereinfachung richtig. Sie steht jedoch nicht damit im Einklang, dass die Werbungskosten nach der bisherigen Regelung durch die ohne eine Beschränkung auf den Pauschbetrag mögliche Eintragung in die Lohnsteuerkarte das Einkommen nochmals erhöhen. Dieser Widerspruch wird durch die Neuregelung beseitigt.
Die fiktive Nettoberechnung stützt sich auf die konkrete Steuerformel und auf Pauschalen bei der Sozialversicherung.
Das Ergebnis der Einkommensermittlung wird sich sowohl insgesamt als auch in der weit überwiegenden Zahl der Einzelfälle nicht nennenswert verändern. Für den Bundeshaushalt führt der Vorschlag damit nicht zu höheren Kosten.
Vorbild für die fiktive Nettoberechnung ist das Arbeitslosengeld I. Die Leistung behält damit ihren Charakter als Einkommensersatzleistung.
2. Pauschalierung von Steuer und Abgaben bei Gewinneinkünften
Die Neuregelung sieht wie bei den Einkünften aus nichtselbständige Arbeit auch bei Gewinneinkünften (selbständige Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft) eine Berechung des Nettoeinkommens mittels pauschaler Abgabensätze sowie - im Anwendungsbereich von § 2 Absatz 8 BEEG - fiktiver Steuern vor.
Bei den Sozialversicherungen sind wie bei den Einkünften aus nichtselbständige Arbeit Pauschalen vorgesehen, die anzuwenden sind, wenn die berechtigte Person Pflichtmitglied im entsprechenden Zweig der Sozialversicherung ist. Die Pauschalen bilden die tatsächliche Belastung im Regelfall hinreichend genau ab.
In den Fällen des § 2 Absatz 8 BEEG wird auch die Einkommensteuer fiktiv berechnet, indem auf den durchschnittlichen monatlichen Gewinn die Lohnsteuertabelle angewendet wird. Die berechtigte Person wird damit im Ergebnis so behandelt, wie wenn der gesamte im maßgeblichen Zeitraum erzielte Gewinn in gleich hohen monatlichen Teilbeträgen erzielt und auch gleichmäßig besteuert worden wäre. Diese Behandlung ist vom Zweck des Elterngeldes her folgerichtig: wenn bei selbstständiger Tätigkeit überhaupt an eine Einkommensersatzleistung gedacht werden kann, muss das Einkommen in dieser Weise gemittelt und verstetigt werden, wie dies auch dem Grundansatz des § 2 Absatz 1 Satz 1 BEEG entspricht.
Die Anwendung der Steuertabelle für die Lohnsteuerklasse I führt auch zu plausiblen Ergebnissen, da sie die durchschnittliche Steuerlast im Regelfall vergleichsweise genau abbildet, besser jedenfalls als die derzeit geltende Regelung, die auf die geleisteten Steuervorauszahlungen abstellt. Aus Typisierungs- und Vereinfachungsgründen wird die Lohnsteuerklasse I auch auf Verheiratete angewendet.
Gegenüber der bisherigen Gesetzeslage ist die Lösung einfacher und verringert die mit dem Abstellen auf die Steuervorauszahlungen verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten.
Insgesamt wird durch die Neuregelung die Einheitlichkeit des Elterngeldes gewahrt.
Bereits nach bisheriger Rechtslage unterscheidet sich die Einkommensermittlung bei Gewinneinkünften von der bei nichtselbständige Tätigkeit. Eine isolierte Einführung der fiktiven Nettoberechnung bei nichtselbständige Arbeit würde diese Kluft vergrößern. Die in der Neuregelung vorgesehene Anwendung der Lohnsteuerformel auf die durchschnittlichen monatlichen Gewinne sowie einheitlicher Sozialversicherungspauschalen führt demgegenüber den Grundansatz einer Entgeltersatzleistung auch für Gewinneinkünfte konsequent zu Ende. Im Ergebnis entspricht die Neuregelung dem Charakter der Entgeltersatzleistung deutlich besser als die bisherige Regelung.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit)
Zu § 2
Zu Absatz 1
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung der Absätze 7 und 8.
Zu Absatz 7
Die Neufassung regelt die neue Einkommensermittlung bei nichtselbständiger Tätigkeit. Durch die Übernahme der laufenden Bruttobezüge mit fiktiver Nettoberechnung wird die Verwaltung entscheidend entlastet.
Im Ergebnis bleiben die wichtigsten Vorgaben der bisherigen Rechtslage jedoch unverändert:
- - Behandlung steuerfreier und pauschal besteuerter Einnahmen,
- - Ansatz des Arbeitnehmer-Pauschbetrages,
- - Abzug von Beträgen für die Sozialversicherung bei im entsprechenden Zweig der Sozialversicherung Pflichtversicherten sowie der Kirchensteuer bei Kirchensteuerpflichtigen,
- - grundsätzliche Maßgeblichkeit der in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Steuerklasse,
- - Maßgeblichkeit der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen,
- - Bestimmung der maßgeblichen Monate.
Durch die fiktive Lohnsteuerberechnung wird die Möglichkeit beseitigt, durch Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte die Höhe des Elterngeldes zu beeinflussen. Dadurch ergibt sich eine Einsparung für den Bundeshaushalt. Abgesehen davon wird durch die Anwendung der Steuerformel exakt der zutreffende Lohnsteuerbetrag abgezogen.
Im Einzelnen:
Sätze 1 bis 3
Die Änderungen in Sätze 1 bis 3 dienen der begrifflichen Klarstellung und führen zu keiner Änderung der derzeitigen Rechtslage.
Sätze 4 bis 7
Sätze 4 bis 7 betrifft die Berechnung der Abzüge. Die Berechnung der Abzüge soll bei der Ermittlung der Elterngeldhöhe grundsätzlich nach den Vorgaben der Sätze 4 bis 6 pauschaliert erfolgen, sodass der Elterngeldvollzug erleichtert wird. Nur soweit Sozialabgaben oder Steuern im Inland nicht zu entrichten sind, werden die tatsächlich im Ausland gezahlten Beträge berücksichtigt. Deshalb kann etwa die Berechnung der Abzüge bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern aus dem Ausland ggf. teilweise nach den Sätzen 4 bis 6 (etwa für in Deutschland zu entrichtende Sozialabgaben) und teilweise nach Satz 7 (z.B. für im Ausland zu entrichtende Steuern) vorzunehmen sein.
Die pauschalen Abzüge sind immer monatsweise zugrunde zu legen. Da die Berechnung programmgesteuert erfolgt, ist die monatsweise Berechnung nicht mit einem Mehraufwand gegenüber einer zusammengefassten Berechnung für den gesamten Bemessungszeitraum verbunden.
Bei der Sozialversicherung können sich durch die Pauschalen je nach den individuellen Beitragssätzen der berechtigten Person geringe Unterschiede ergeben. Anders als beim Arbeitslosengeld I sind zwei Pauschalen für Kranken- und Pflegeversicherung einerseits und Renten- und Arbeitslosenversicherung andererseits erforderlich, da der Abzug der Pauschale nur dann gerechtfertigt ist, wenn die berechtigte Person gesetzliches Mitglied im betreffenden Zweig der Sozialversicherung ist (bzw. im Fall der Rentenversicherung Mitglied einer vergleichbaren Einrichtung ist, dies betrifft insbesondere Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke).
Satz 4
Nach Satz 4 Nummer 4 soll die pauschal zu berechnende Lohnsteuer mittels des steuerlichen Programmablaufplans nach § 51 Absatz 4 Nummer 1 a EStG bestimmt werden. Die Vorschrift lehnt sich an § 133 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB III an.
Satz 4 Nummer 5 regelt den pauschalierten Abzug des Solidaritätszuschlags. Die Ermittlung der für die Berechnung des Solidaritätszuschlags erforderlichen Freibeträge erfolgt über die Lohn- und Gehaltsbescheinigung, vgl. Satz 8.
Satz 4 Nummer 6 sieht den pauschalierten Abzug der Kirchensteuer vor.
Satz 5
Satz 5 lehnt sich an § 133 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 SGB III an. Er regelt, dass bei der pauschalierten Lohnsteuerberechnung nach Satz 4 Nummer 4 generell eine Vorsorgepauschale berücksichtigt wird, im Übrigen aber nur Freibeträge und Pauschalen, die allen Berechtigten zustehen. Je nachdem, ob die berechtigte Person Pflichtmitglied der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. einer vergleichbaren Einrichtung ist oder nicht, setzt sich die jeweilige Vorsorgepauschale aus unterschiedlichen Teilbeträgen zusammen. Diese Differenzierung ist notwendig, da bei der Berechnung des Elterngeldes auf Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit z.B. auch Beamtenbezüge zu berücksichtigen sind. Die Umsetzung dieser Regelung kann programmgesteuert erfolgen und verursacht im Rahmen der Antragsbearbeitung durch die Anknüpfung an Satz 3 Nummer 3 keinen Mehraufwand.
Satz 6
Satz 6 sieht im sensiblen Niedriglohnbereich die genaue Berechnung der pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge vor.
Satz 7
Da ausländische Einnahmen häufig völlig anderen Abgabenbelastungen unterliegen, sind insofern die tatsächlichen Abzüge anzusetzen, wobei an die Stelle der Lohnsteuer gegebenenfalls Steuervorauszahlungen treten.
Satz 8
Die Änderung von Satz 4 stellt klar, dass die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen angesichts der im Entwurf vorgesehenen Pauschalierungen nicht mehr Grundlage für die Ermittlung der Abzüge sind; deshalb wird der Anwendungsbereich der Norm eingeschränkt.
Satz 9
Die Zusammenfassung der Tatbestände, die zur Änderung des Bemessungszeitraums führen, ist redaktionell bedingt. Die Änderung in Nummer 3 dient der Klarstellung, dass auch Kalendermonate schwangerschaftsbedingter Erkrankungen bei vorangegangenen Schwangerschaften, soweit diese in den Bemessungszeitraum fallen, unberücksichtigt bleiben.
Zu Absatz 8
Die Neufassung führt auch bei Gewinneinkünften eine Berechnung des Nettoeinkommens mittels pauschaler Abgabensätze sowie - im Anwendungsbereich des Absatzes 8 - fiktiver Steuern ein.
Im Einzelnen:
Satz 1
Satz 1 enthält nur begriffliche Klarstellungen.
Hinsichtlich der Gewinnermittlung wird an der aktuellen Fassung der Sätze 2 und 3 festgehalten.
Satz 4
Satz 4 entspricht den Regelungen für Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Absatz 7 Satz 4.
Nach Nummer 3 erfolgt die pauschalierte Ermittlung der fiktiven Einkommensteuer auch für Selbstständige über eine fiktive Lohnsteuerermittlung. Aus Typisierungsgründen ist jedoch nicht für alle verheirateten Selbstständigen die Lohnsteuerklasse III maßgeblich, sondern einheitlich die Lohnsteuerklasse I. Die Berechnung der fiktiven Einkommensteuer wird wie bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit auf Grundlage des steuerlichen Programmablaufplans vorgenommen.
Satz 5
Bei der Berechnung der fiktiven Einkommensteuer wird nach Satz 5 bei Selbstständigen generell eine Vorsorgepauschale mit den Teilbeträgen nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe a bis c EStG berücksichtigt, da sie ihre Vorsorgeaufwendungen auch für den Fall, dass sie nicht Mitglied in der gesetzlichen Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung sind, in voller Höhe selbst erbringen müssen.
Sätze 6 und 8
Die Einfügung der Sätze 6 und 8 ist auf Grund der Einführung der pauschalierten Ermittlung der Abzüge erforderlich geworden. Auch in den Fällen, in denen sowohl Einkommen aus nichtselbständiger als auch aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bezogen wird, soll für letztere Lohnsteuerklasse I Anwendung finden. Die Berechnung mittels des Unterschiedsbetrages bei der Ermittlung der progressiven Einkommensteuer berücksichtigt, dass neben den selbstständigen Einkünften auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt werden. Die Berechnung kann programmgesteuert erfolgen.
Satz 9
Die Änderung in Satz 9 sieht vor, dass bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums in den Fällen des Absatzes 7 Satz 9 auch bei Einkünften nach Absatz 8 grundsätzlich eine Ausklammerung von Monaten erfolgt. In Fällen, in denen Einkommen sowohl aus selbstständiger als auch aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt wird, kann auf die Ausklammerung von bestimmten Monaten nicht verzichtet werden, da deckungsgleiche Bemessungszeiträume für beide Einkunftsarten sichergestellt werden sollen. Personen mit ausschließlich selbstständigen Einkünften können - im Ergebnis wie nach geltender Rechtslage - auf die Anwendung der Vorschrift verzichten.
Zu Absatz 9
Sätze 1 bis 3
In den Regelungen der Sätze 1 bis 3 werden lediglich redaktionelle Anpassungen vorgenommen.
Satz 4
Satz 4 stellt sicher, dass auch in den Fällen des Absatzes 9 die Berechnung der Abzüge in Übereinstimmung mit den Regeln der Absätze 7 und 8 einheitlich pauschaliert erfolgt.
Zu § 3
Folgeänderung zur Änderung des § 10.
Zu § 9
Die Änderung in § 9 ist durch die Einführung der pauschalierten Abzügeermittlung in § 2 Absätze 7 bis 9 erforderlich geworden.
Zu § 10
Die Änderung stellt den Geschwisterbonus in Höhe von 75 Euro anrechnungsfrei. In dieser Höhe ist der Geschwisterbonus als Mindestbetrag vom Einkommen und damit von der Höhe des Elterngeldes unabhängig.
Zu § 27
Übergangsregelung
Zu Artikel 2
Inkrafttretensregelung"
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Artikel 1 Zu Nummer 1 ( § 2 BEEG) Zu Buchstabe a (Absatz 1 Satz 2)
Der in der geltenden Fassung des BEEG verwendete Begriff der "positiven Einkünfte", der gezielt einen Bezug zum Steuerrecht herstellt und durch die Rechtsprechung bereits Konturen bekommen hat, bleibt erhalten.
Gegenüber der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfs wird klarer definiert, dass als Einkommen für die Berechnung des Elterngeldes - wie in Absatz 1 Satz 2 definiert - die Einkünfte vermindert um die Abzüge maßgeblich sind. Die Einkünfte bzw. die positiven Einkünfte ermitteln sich für nichtselbständige Erwerbseinkünfte aus den zu berücksichtigenden Bezügen (vgl. Absatz 7 Sätze 1 bis 3) und für selbstständige Erwerbseinkünfte aus dem Gewinn (vgl. Absatz 8 Sätze 1 bis 3).
Zu Buchstabe b (Absatz 7) Satz 4 Nummer 2
Angesichts der derzeitigen Entwicklung der Beitragspflichten ist abweichend von der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfs in § 2 Absatz 7 Satz 4 Nummer 2 - neu - ein Pauschalsatz von 9 Prozent zugrunde zu legen.
Der in § 2 Absatz 7 Satz 2 Nummer 2 der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfs enthaltene Zusatz "soweit dieses ein Zwölftel der im Jahr der Geburt geltenden Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung nicht überschreitet, falls die berechtigte Person Pflichtmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist" und der entsprechende Zusatz in § 2 Absatz 7 Satz 2 Nummer 3 der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs werden im Interesse einer leichteren Handhabung durch die Verwaltung gestrichen. Demnach werden die pauschalen Abzüge auch für Beiträge vorgenommen, die über der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze liegen. Auf Grund der generellen Begrenzung des Elterngeldes auf 1 800 Euro bzw. auf die Berücksichtigung eines Einkommens vor der Geburt von bis zu 2 700 Euro wirkt sich dies kaum aus. Wegen der hohen Beitragsbemessungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt bei Erreichen dieser Grenzen das für das Elterngeld zu berücksichtigende Einkommen ohnehin über 2 700 Euro.
Nummer 4
In seiner bisherigen Fassung sieht der Gesetzentwurf die Berechnung der Lohnsteuer anhand der Lohnsteuertabellen vor. Da ohnehin eine automatisierte Berechnung beabsichtigt ist, liegt die Bezugnahme auf den steuerlichen Programmablaufplan näher.
Nummer 5
In seiner bisherigen Fassung sieht der Gesetzentwurf in jedem Fall den Abzug des Solidaritätszuschlags vor. Die neue Regelung, die diesen Abzug nur vorsieht, wenn der Solidaritätszuschlag tatsächlich gezahlt wird, bildet die Lebenswirklichkeit besser ab.
Sätze 5 und 6
In seiner bisherigen Fassung bestimmte der Gesetzentwurf, dass auch in der Gleitzone die Sozialversicherungsbeiträge als prozentualer Anteil von der Lohnsteuer abzuziehen sei. Die nun vorgeschlagene Regelung ist vorzugswürdig, da sie die tatsächlichen Abzüge wiedergibt und damit gerade bei niedrigen Einkommen Benachteiligungen vermeidet. Die Umsetzung dieser Regelung erhöht den Verwaltungsaufwand bei der Antragsbearbeitung nicht, da die Berechnung programmgesteuert erfolgen kann.
Satz 7
In der Formulierung der entsprechenden Regelung in § 2 Absatz 7 Satz 4 der bisherigen Fassung des Gesetzentwurfs wären die Einkünfte aus einer Beschäftigung bei internationalen Organisationen nicht erfasst. Die Einleitung mit "soweit" macht deutlich, dass die Ermittlung der Abzüge für die Elterngeldberechnung auch teilweise nach den Sätzen 4 bis 6 erfolgen kann.
Zu Buchstabe c (Absatz 8) Sätze 1 bis 3
Von der in der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfs vorgesehenen Einführung eines Schätzverfahrens bei der Ermittlung der Einkünfte wird abgesehen. Eine Einkommensschätzung, die genau genug ist, um von den Berechtigten akzeptiert zu werden, würde die Verwaltung erneut belasten.
Satz 4 Nummer 3
In der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfs ist eine Differenzierung nach Lohnsteuerklasse I (für nicht Verheiratete) und Lohnsteuerklasse III (für Verheiratete) vorgesehen. Die einheitliche Festlegung der anzuwendenden Lohnsteuerklasse vereinfacht den Verwaltungsvollzug deutlich. Für eine differenzierte Festlegung, welche Lohnsteuerklasse der Situation des jeweiligen Selbstständigen gerecht wird, fehlen im Rahmen der Ermittlung des Elterngeldanspruchs Erkenntnisse.
Zu Nummer 2 (§ 3 Absatz 2 Satz 1 BEEG)
Folgeänderung zur Änderung des § 10.
Nach der bisherigen Regelung ist das Elterngeld bei Einkommensersatz- und Sozialleistungen bis zur Höhe des Mindestelterngeldes von 300 Euro nicht zu berücksichtigen. In Fällen, in denen neben dem Mindestelterngeld auch noch der Geschwisterbonus anfällt, muss dieser angerechnet werden. Dies ist den Eltern schwer vermittelbar und streitträchtig. Es führt auch dadurch zur Mehrbelastung der Verwaltung, dass andere Behörden bei den Elterngeldstellen Anrechnungsverfahren anstrengen müssen.
Die Ergänzung sieht vor, bei Anwendung des Geschwisterbonus insgesamt 375 Euro sowohl auf Einkommensersatz- (Buchstabe
- a) als auch auf andere Sozialleistungen (Buchstabe
- b) anrechnungsfrei zu belassen. Den Haushaltstitel des Bundeselterngeldgesetzes belastet der Vorschlag nicht.
Dies entspricht dem Gesetzentwurf des Bundesrates in BR-Drs. 225/08(B) .
Zu Nummer 5 (§ 27 Absatz 1a - neu - BEEG)
Nummer 3 der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfs zu § 5 BEEG hat sich durch das Erste Gesetz zur Änderung des BEEG erledigt. Nunmehr trifft Nummer 5 eine Übergangsregelung mit dem Ziel, den Ländern die rechtzeitige Anpassung ihrer IT-Fachverfahren an die geänderte Rechtslage zu ermöglichen.
Auch die im bisherigen Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen zur Elterngeldstatistik sollten derzeit nicht weiterverfolgt werden, um den vorliegenden Gesetzentwurf von Regelungen, die von der Bundesregierung klar abgelehnt werden, zu entlasten.
Die bisherige Nummer 6 wird unter der jetzigen Nummer 5 behandelt und geändert.
B.
- 2. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C.
- 3. Der federführende Ausschuss für Familie und Senioren schlägt dem Bundesrat vor, Frau Staatsministerin Christine Haderthauer (Bayern) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Beauftragten des Bundesrates für die Beratungen des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.