A. Problem
- Der Schutz der Allgemeinheit vor solchen Straftätern, von denen auch nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe erneut schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, stellt ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Diesen Schutz durch geeignete Mittel zu gewährleisten, ist eine gewichtige Aufgabe des Staates. Ein Gewaltverbrechen aus jüngster Zeit, mutmaßlich begangen durch einen bereits wegen Vergewaltigung vorverurteilten Hangtäter, hat gezeigt, dass der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Gewalttätern Lücken aufweist und nicht ausreichend gewährleistet ist.
- Defizite des geltenden Rechts liegen insbesondere darin, dass derzeit keine ausreichenden Möglichkeiten bestehen, gegen Straftäter vorzugehen, deren hohe Gefährlichkeit bereits bei ihrer Verurteilung wegen einer ersten schweren Straftat erkennbar wird. Sicherungsverwahrung kann insoweit nicht angeordnet werden. § 66 Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches setzt vielmehr voraus, dass der Täter mindestens zwei schwere Straftaten der in Satz 1 benannten Art begangen hat. Daraus folgt, dass gegen den sogenannten "Ersttäter" die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht möglich ist und dieser daher nach Vollverbüßung der verhängten Freiheitsstrafe entlassen werden muss, auch wenn die Gefahr weiterer schwerster Straftaten durch ihn droht und dieser Gefahr insbesondere mit dem Instrument der Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB) nicht wirksam begegnet werden kann.
- An dieser Rechtslage hat auch das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 29. Juli 2004 (BGBl. I S. 1838) nichts Wesentliches geändert. Zwar hat es die Möglichkeit geschaffen, "Ersttäter" in Sicherungsverwahrung nehmen zu können. Dabei kann jedoch nur an solche Umstände angeknüpft werden, die nach Rechtskraft der Verurteilung erkennbar geworden sind und zudem die Gefährlichkeit des Verurteilten in einem deutlich anderen Licht als im Zeitpunkt des Ausgangsurteils erscheinen lassen.
- Außerdem ist es nicht hinnehmbar, dass Sicherungsverwahrung gegen Heranwachsende lediglich unter engeren Voraussetzungen angeordnet werden kann als bei Erwachsenen, obwohl sie nach allgemeinem Strafrecht abgeurteilt werden. Es ist nicht einzusehen, weshalb gegen Heranwachsende ohne Reiferückstände bei entsprechend verfestigter krimineller Gefährlichkeit nicht wie bei Erwachsenen Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann.
B. Lösung
- Die aufgezeigten Schutzlücken sollen dadurch geschlossen werden, dass zukünftig die Anordnung der Sicherungsverwahrung auch bei "Ersttätern" zulässig ist. Aus verfassungsrechtlichen Gründen bedarf es jedoch einzelner Beschränkungen. Insoweit soll an bereits bestehende Regelungen angeknüpft werden.
- Außerdem sollen Heranwachsende, auf die das allgemeine Strafrecht Anwendung findet, in Bezug auf die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wie Erwachsene behandelt werden.
- Im Einzelnen:
- 1. Gegen Täter, die wegen einer schwerwiegenden Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt werden, kann neben der Strafe die Sicherungsverwahrung angeordnet werden, wenn die Gesamtwürdigung des Täters, seiner Tat oder Taten ergibt, dass er infolge eines Hangs zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, für die Allgemeinheit gefährlich ist.
- 2. Konsequenterweise sollen zusätzliche Sicherungen auch bei denjenigen Ersttätern geschaffen werden, bei denen im Zeitpunkt des Urteils noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, dass sie für die Allgemeinheit gefährlich sind. Ergibt sich sodann während des Strafvollzuges, dass von dem Verurteilten erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden, kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen.
- 3. Heranwachsende, auf die Erwachsenenstrafrecht Anwendung findet, werden in Bezug auf die Sicherungsverwahrung wie Erwachsene behandelt. Gegen sie ist in vollem Umfang von vornherein oder nachträglich die Anordnung der Sicherungsverwahrung wie bei Erwachsenen möglich.
C. Alternativen
- Das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 29. Juli 2004 (BGBl. I S. 1838) ermöglicht zwar erstmals die Anordnung einer Sicherungsverwahrung auch gegen "Ersttäter". § 66b Abs. 2 StGB setzt allerdings voraus, dass nach einer Verurteilung noch vor Ende des Vollzuges der Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar werden, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen.
- Tatsachen, die bis zum Schluss der tatrichterlichen Hauptverhandlung bekannt oder für das Gericht erkennbar gewesen sind, reichen ebenso wenig aus, wie das für den Verurteilten negative Ergebnis einer erstmaligen Gesamtwürdigung alter Tatsachen unter ergänzender Berücksichtigung des Vollzugsverhaltens unter dem Gesichtspunkt erhöhter Gefährlichkeit (vgl. dazu im Einzelnen OLG Koblenz, Beschluss vom 21. September 2004 - 1 Ws 561/04 (PDF) ; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 4. Januar 2005 - 3 Ws 1278/04; OLG Rostock, Beschluss vom 18. Januar 2005 - I Ws 560/04 (PDF) ; BGH, Urteil vom 25. November 2005 - 2 StR 272/05).
- Dabei kann die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung auch nicht auf solche Tatsachen gestützt werden, die bei Verurteilung zwar bekannt oder erkennbar waren, aber vom Tatgericht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht entscheidungserheblich berücksichtigt werden konnten, etwa weil die Sicherungsverwahrung nach dem Gesetz keinesfalls in Betracht kam. Nach seinem Wortlaut setzt § 66b StGB unmissverständlich voraus, dass während des Strafvollzuges Tatsachen zu Tage treten müssen, welche geeignet sind, die Persönlichkeit des Verurteilten und damit das Rückfallrisiko in einem neuen Licht erscheinen zu lassen. Es genügt also nicht, dass altbekannte Tatsachen - wie etwa die im Urteil dokumentierte kriminelle Karriere des Verurteilten, seine besondere Aggressivität oder Brutalität, besondere psychische Auffälligkeiten oder auch mangelnde Therapiefähigkeit - die Annahme rechtfertigen, er werde alsbald nach der Haftentlassung wieder schwere Straftaten begehen.
- Diese Auslegung steht im Einklang mit den Überlegungen im Gesetzgebungsverfahren. Es bestand im Hinblick auf die Alternativentwürfe von Abgeordneten der CDU/CSU (BT-Drs. 015/2576) und des Bundesrates (BT-Drs. 015/3146) jedenfalls kein Streit darüber, dass nur Verurteilte erfasst werden sollten, "deren besondere Gefährlichkeit sich aber erst während der Haft zeigt". Eine darüber hinausgehende Auslegung der Vorschrift verbietet schließlich nicht nur der die Auslegung begrenzende Wortlaut, sondern auch die Schwere des mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung verbundenen Grundrechtseingriffs.
- Nach allem bestehen keine Alternativen. Die Regelungen zur "originären" Sicherungsverwahrung bedürfen der gesetzgeberischen Korrektur.
- Der Vorschlag zur Anwendbarkeit der Vorschriften zur Sicherungsverwahrung auf Heranwachsende, die dem allgemeinen Strafrecht unterliegen, ist bereits in den Gesetzentwürfen des Bundesrates zur Stärkung des Jugendstrafrechts und zur Verbesserung und Beschleunigung des Jugendstrafverfahrens (BR-Drs. 238/04 (PDF) Beschluss) vom 14. Mai 2004 sowie zur Vermeidung von Rückfalltaten gefährlicher junger Gewalttäter (BR- Drucksache. 276/05 (PDF) Beschluss) vom 27. Mai 2005 enthalten.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Bund
Keine.
- 2. Länder
Durch die Möglichkeit der Anordnung der Unterbringung der Sicherungsverwahrung schon bei "Ersttätern" kann es zu einer stärkeren Belastung der Staatsanwaltschaften und der Landgerichte kommen, daneben können sich auch die Verfahrenskosten erhöhen, etwa durch Anordnung von Gutachten. Mehrkosten werden auch im Bereich des Strafvollzuges erwartet. Angesichts der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven Auslegung der Regelungen zur Sicherungsverwahrung dürfte der Mehraufwand jedoch nicht erheblich ins Gewicht fallen.
E. Sonstige Kosten
Gesetzesantrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor schweren Wiederholungstaten durch Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bei sogenannten Ersttätern
Der Ministerpräsident Schwerin, den 7. Dezember 2005
des Landes Mecklenburg-Vorpommern
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident, die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat beschlossen, dem Bundesrat den in der Anlage beigefügten
- Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor schweren Wiederholungstaten durch Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bei sogenannten Ersttätern
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG zu beschließen.
Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2005 zu setzen. Nach Vorstellung im Plenum soll der Gesetzentwurf den Ausschüssen zur weiteren Beratung überwiesen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Ringstorff
Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor schweren Wiederholungstaten durch Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bei sogenannten Ersttätern
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch wird wie folgt geändert:
- 1. § 66 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt:
(4) Wird jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit §§ 252, 255 verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Täters, seiner Tat oder Taten ergibt, dass er infolge eines Hangs zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, für die Allgemeinheit gefährlich ist."
- b) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 5.
- 2. § 66a wird wie folgt geändert:
- a) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
(2) Ist bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen einer der in § 66 Abs. 4 genannten Straftaten nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, ob der Täter für die Allgemeinheit im Sinne von § 66 Abs. 4 gefährlich ist, so kann das Gericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 66 Abs. 4 erfüllt sind."
- b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3 und in Satz 2 werden nach dem Wort "seiner" die Wörter "Tat oder" eingefügt.
- c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4 und in Satz 1 wird die Angabe "Absatz 2 Satz 1" durch die Angabe "Absatz 3 Satz 1" ersetzt.
Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
- 1) § 106 wird wie folgt geändert:
- a) In der Überschrift wird das Wort ";Sicherungsverwahrung" gestrichen.
- b) Die Absätze 3 bis 6 werden aufgehoben.
- 2) In § 108 Abs. 3 Satz 2 wird die Angabe "(§ 106 Abs. 3, 5, 6)" gestrichen.
Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
- 1. In § 268d wird nach der Angabe " § 66a Abs. 1" die Angabe "oder 2" eingefügt.
- 2. § 275a wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- b) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
- aa) In Satz 2 wird die Angabe "und des § 106 Abs. 6 des Jugendgerichtsgesetzes" gestrichen
- bb) In Satz 3 werden die Angabe "und des § 106 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes" gestrichen und die Angabe " § 66a Abs. 2 Satz 1" durch die Angabe " § 66a Abs. 3 Satz 1" ersetzt.
Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
- 1. § 74f wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 wird die Angabe "und des § 106 Abs. 5 oder Abs. 6 des Jugendgerichtsgesetzes" gestrichen.
- b) In Absatz 3 Halbsatz 1 wird die Angabe "und des § 106 Abs. 5 und 6 des Jugendgerichtsgesetzes" gestrichen.
- 2. § 120a wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 wird die Angabe "und des § 106 Abs. 5 oder Abs. 6 des Jugendgerichtsgesetzes" gestrichen.
- b) In Absatz 2 wird die Angabe "und des § 106 Abs. 5 und 6 des Jugendgerichtsgesetzes" gestrichen.
Artikel 5 In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeines
I. Anlass für den Entwurf
Der Schutz vor Straftätern, von denen auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafe schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, stellt ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Diesen Schutz durch geeignete Mittel zu gewährleisten, ist Aufgabe des Staates.
Jüngste Erfahrungen zeigen, dass der Schutz der Allgemeinheit vor Tötungs- und Sexualdelikten sowie anderen schweren Straftaten noch nicht ausreichend gewährleistet ist. Das geltende Recht weist vor allem insoweit Defizite auf, als keine ausreichenden Möglichkeiten bestehen, gegen Straftäter vorzugehen, deren hohe Gefährlichkeit bereits bei ihrer Verurteilung wegen einer ersten schweren Straftat bekannt wird. Sicherungsverwahrung kann gegen diese nicht angeordnet werden. Sie müssen daher regelmäßig nach Vollverbüßung der verhängten Freiheitsstrafe entlassen werden, auch wenn die Gefahr weiterer schwerster Straftaten droht. Das Gesetz zwingt also dazu, die mit einer Entlassung hoch gefährlicher Täter verbundenen Risiken einzugehen und im Extremfall abwarten zu müssen, bis sich der Täter erneut in schwerwiegender Weise strafbar gemacht hat.
An dieser Ausgangslage hat sich auch durch das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 29. Juli 2004 (BGBl. I S. 1838) nichts geändert. Zwar besteht mit der Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nunmehr erstmals die Möglichkeit, "Ersttäter" in Sicherungsverwahrung zu nehmen. Dies kommt gemäß § 66b Abs. 2 StGB jedoch nur in den seltenen Fällen in Betracht, in denen nach einer Verurteilung vor Ende des Vollzuges der Strafe mithin "neue" Tatsachen erkennbar werden, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen. Tatsachen, die bis zum Schluss der tatrichterlichen Hauptverhandlung bekannt oder für das Gericht erkennbar gewesen sind, scheiden ebenso aus, wie das für den Verurteilten negative Ergebnis einer erstmaligen Gesamtwürdigung alter Tatsachen unter der ergänzenden Berücksichtigung des Vollzugsverhaltens unter dem Gesichtspunkt erhöhter Gefährlichkeit.
Der wirksame Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen Straftätern, zu dessen Gewährleistung der Staat mit Blick auf die Individualrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet ist, verlangt hier Rechtsänderungen. Dies gilt auch ungeachtet der geringen Anzahl denkbarer Fälle. Die Änderung muss einen angemessenen Ausgleich zwischen den Freiheitsrechten des einzelnen gefährlichen Straftäters und dem auch aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herzuleitenden Erfordernis einer wirksamen Verbrechensbekämpfung schaffen.
Dabei kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der in § 62 StGB für das gesamte Maßregelrecht betont wird, besondere Bedeutung zu. Mildere Mittel, wie etwa die Führungsaufsicht, dürfen nicht zur Verfügung stehen, um den Schutz der Gesellschaft ausreichend zu gewährleisten. Der Freiheitsanspruch des Verurteilten kann nur dort zurücktreten, wo es im Hinblick auf die Art der von ihm drohenden Straftaten sowie deren Bedeutung und Wahrscheinlichkeit angesichts des staatlichen Schutzauftrages für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erschiene, ihn in die Freiheit zu entlassen (vgl. BVerfGE 70, 297 315).
II. Grundzüge des Entwurfs
Der Entwurf sieht die Einführung der Anordnung der Sicherungsverwahrung für "Ersttäter" vor. Den Gerichten wird damit die Möglichkeit eingeräumt, bereits bei einer Verurteilung wegen einer ersten schwerwiegenden Straftat Sicherungsverwahrung anordnen zu können. Dem Wortlaut nach knüpft die neue Regelung des § 66 Abs. 4 StGB an die §§ 66 Abs. 1 Ziff. 3 und 66b Abs. 2 StGB an, nach denen die Sicherungsverwahrung nachträglich auch bei einem "Ersttäter" angeordnet werden kann. Aus verfassungsrechtlichen Gründen wird dabei weder auf die bereits nach geltendem Recht erforderliche "Hangfeststellung" (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2005 - 1 StR 37/05) noch auf eine Verengung der Voraussetzungen auf bestimmte schwere Straftaten verzichtet. Über die Haftzeit hinausgehende Freiheitsbeschränkungen sind nur gerechtfertigt, wenn sie erforderlich sind, um gefährliche Hangtäter von der Begehung neuer schwerster Straftaten abzuhalten und so die Gesellschaft vor diesen Tätern zu schützen. Darüber hinaus sieht der Entwurf eine Gesamtwürdigung ausdrücklich vor und stellt so sicher, dass die Prognoseentscheidung auf möglichst breiter Grundlage erfolgt.
Um die hier aufgezeigten Lücken konsequent zu schließen, eröffnet der Entwurf auch die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherungsverwahrung bei "Ersttätern" unter Vorbehalt sowie die Möglichkeit zur Anwendung der Vorschriften zur Sicherungsverwahrung auch auf Heranwachsende, die Erwachsenen in ihrer Entwicklung gleichstehen und auf die deshalb das allgemeine Strafrecht anzuwenden ist.
III. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt hinsichtlich der Art. 1, 2 und 3 aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Strafrecht, Jugendstrafrecht und gerichtliches Verfahren). Die Berechtigung des Bundes zur Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz ergibt sich dabei aus Art. 72 Abs. 2 2. Alt. GG. Die Änderungen betreffen das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsgesetz und die Strafprozeßordnung, die schon bisher bundesrechtlich geregelt sind.
Eine bundesgesetzliche Regelung ist auch erforderlich, um weiterhin die Einheitlichkeit des Straf- und Verfahrensrechts in allen Ländern und damit im gesamten staatlichen Interesse der Rechtseinheitlichkeit für das Verfahren über die Sicherungsverwahrung zu gewährleisten.
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. IV. Kosten; geschlechtsspezifische Auswirkungen
Durch den Entwurf entstehen für den Bund keine Haushaltsausgaben. Für die Länderhaushalte ergeben sich Mehrbelastungen, die jedoch auf Grund des Ausnahmecharakters der Neuregelung nicht wesentlich ins Gewicht fallen dürften. Geschlechtsspezifische Auswirkungen sind nicht vorhanden.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Nummer 1 (§ 66 Abs. 4 - neu -)
Die vorgeschlagene Regelung des § 66 Abs. 4 ermöglicht die Anordnung der Sicherungsverwahrung bei "Ersttätern". Es soll das hohe Risiko vermieden werden, einen bereits im Rahmen der Erstverurteilung als hochgefährlich erkannten Straftäter nach Verbüßung seiner Haftstrafe in die Freiheit entlassen zu müssen, auch wenn die Gefahr weiterer schwerster Straftaten droht. Das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen soll bereits in diesen Fällen zurücktreten. Denn der Schutz vor solchen Verurteilten, von denen auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafe schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, stellt ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Diesen Schutz durch geeignete Mittel zu gewährleisten, ist Aufgabe des Staates (BVerfGE 109, 190 236). Angesichts des hohen Wertes des Freiheitsrechtes ist ein "verfassungsgemäßer Ausgleich der kollidierenden Grundrechtsposition in besonderen Ausnahmefällen möglich, wenn die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Freiheitsentziehung durch eine enge Bindung an den zu erfüllenden Schutzzweck streng begrenzt werden" (BVerfGE 109, 190 236).
Diesem Ziel strenger Begrenzung dient zunächst die in § 66 Abs.4 StGB - neu - vorgesehene Voraussetzung, dass sich der Täter einer oder mehrerer sehr schwerwiegender Taten gegen die Person schuldig gemacht haben muss. Straftaten gegen andere Rechtsgüter, insbesondere gegen Eigentum und Vermögen, sollen diesen gravierenden Eingriff in die Freiheit des Straftäters nicht ermöglichen.
Deshalb beschränkt sich die Regelung auf die Straftaten aus dem 13., 16. und 17. Abschnitt des besonderen Teils des Strafgesetzbuches und einige weitere Delikte, durch die die Opfer regelmäßig seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Verbleibende Strafbarkeitslücken außerhalb dieser Tatbestände sind im Interesse einer vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit möglichst engen Regelung in Kauf zu nehmen.
Darüber hinaus muss der Täter zu einer zeitigen Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt werden, um das Gewicht der von ihm bereits ausgegangenen und im Falle von Wiederholungstaten drohenden Gefährlichkeit zu kennzeichnen. Bei tateinheitlicher Verurteilung muss die mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe erreichende Strafhöhe wesentlich durch das Delikt aus dem genannten Bereich geprägt sein.
Der Entwurf verzichtet auch nicht auf das Tatbestandsmerkmal "Hang zu erheblichen Straftaten". Zwar wird vielfach die eigenständige Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals bestritten (vgl. Tröndle / Fischer, StGB-Kommentar, § 66, Rn. 19). Der Bundesgerichtshof hat jedoch jüngst in seinen Urteilen vom 11. Mai 2005 (Az.: 1 StR 37/05) und vom 8. Juli 2005 (Az.: 2 StR 120/05) sowohl für die vorbehaltene als auch für die nachträgliche Sicherungsverwahrung ausdrücklich klar gestellt, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip - trotz fehlender Aufnahme in den Gesetzestext - die Hangfeststellung erforderlich macht.
Bei der Beurteilung der Frage, ob bei dem Täter ein Hang zur Begehung von Straftaten vorliegt, kann auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB zurückgegriffen werden. Danach ist Hang eine eingewurzelte, auf Grund charakterlicher Veranlagung bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung zu Rechtsbrüchen. Die Ursachen für diese Disposition sind ebenso bedeutungslos, wie ihre Vorwerfbarkeit. Danach schließen regelmäßig weder Haltlosigkeit, noch Willensschwäche (BGH NStZ 1995, 178), noch verminderte Schuldfähigkeit die Feststellung eines Hanges aus (BGHSt 24, 161). Auch dass der Täter immer wieder bei bestimmter Gelegenheit straffällig wird (BGH NStZ 1994, 280; zur Affekttat siehe BGH/Holz MDR 1992, 633), spricht nicht notwendig dagegen, dass er von einer eingeschliffenen Neigung zu Straftaten beherrscht wird (BHG JR 1980, 338). Bei der Prüfung dieser Frage hat sich das Gericht bereits nach heutiger Rechtslage nicht lediglich mit der Feststellung einer Anzahl bestimmter Straftaten zu begnügen. Die Feststellung, dass der Täter mehrere Straftaten begangen hat, stellt dabei lediglich ein gewisses Indiz für seine Rückfälligkeit und damit seinen Hang zu Straftaten dar. Das Gericht ist zudem gehalten, die Persönlichkeit des Täters zu würdigen und festzustellen, ob seine Taten, gegebenenfalls auch frühere, den Schluss auf einen Hangtäter rechtfertigen. Die Persönlichkeit des Täters ist dabei sowohl aus der Straftat bzw. den Straftaten zu beurteilen, als auch aus den Umständen und den Vorgängen außerhalb der Tat bzw. Taten. Wichtig können daher die Herkunft des Täters, seine persönliche und berufliche Entwicklung, seine Erziehung, sein Arbeits- und Sozialverhalten, sein Charakter sowie seine Intelligenz sein.
Angesichts dieser weitreichenden Prüfungspflicht ist es naheliegend, dass auch bei einem "Ersttäter" unter Berücksichtigung vorstehender Kriterien, insbesondere unter besonderer Würdigung der Tatumstände und der Tatausführung sowie gegebenenfalls des Nachtatverhaltens, ein "Hang" zur Begehung schwerer Straftaten festgestellt werden kann.
Die Prognose, dass der Täter weitere erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, ist weitere Voraussetzung des neuen § 66 Abs. 4 StGB. Diese Prognoseentscheidung muss auf einer breiten Grundlage erstellt werden, um dem aus dem hohen Rang des Grundrechts der Freiheit der Person resultierenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen. Dabei verliert die Prognose an Plausibilität, wenn sie nur einen schmalen Ausschnitt der Wirklichkeit zur Grundlage hat. Deshalb haben Gesetz und Rechtsprechung bei freiheitsentziehenden Maßregeln stets eine umfassende Prüfung der Täterpersönlichkeit und der begangenen Taten sowie eine Erörterung der Ursache der Tat und der typischen Begehungsweisen verlangt (BVerfGE 109, 190 241). Bei einem Ersttäter stehen naturgemäß Vortaten als Grundlage der Prognose nicht zur Verfügung. Es erscheint jedoch - angesichts jüngster Erfahrungen - nicht von vornherein ausgeschlossen, dass anhand anderer Tatsachen, wie etwa der persönlichen Entwicklung des Täters, der Begehungsweise der abzuurteilenden Tat, dem sonstigen Sozialverhalten und dem Charakter des Täters, eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Prognose erstellt werden kann.
Schließlich greift auch nicht der Einwand, die vorgeschlagene Gesetzesänderung sei vermutlich wenig praxisrelevant. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung nur wenige Fälle erfassen wird. Dies ist jedoch dem verfassungsrechtlich verbrieften Recht auf Freiheit der Person auch eines Straftäters, der seine Strafe verbüßt hat, angemessen. Nur ausnahmsweise ist eine über die Strafvollstreckung hinausgehende Freiheitsbeschränkung gerechtfertigt, und zwar dann, wenn sie erforderlich ist, um gefährliche Hangtäter von der Begehung neuer schwerster Straftaten abzuhalten und so die Gesellschaft vor diesen Tätern zu schützen.
Aus der Einfügung eines neuen § 66 Abs. 4 StGB erwächst die Notwendigkeit, den bisherigen Absatz 4 in Absatz 5 umzubenennen.
Zu Nummer 2 (§ 66a Abs. 2 - neu -)
§ 66a Abs. 2 StGB neu ermöglicht die Anordnung der Sicherungsverwahrung bei "Ersttätern" unter Vorbehalt. Diese Neuregelung ist die konsequente Fortsetzung der gesetzgeberischen Bemühungen, Gesetzeslücken in den Regelungen zur Sicherungsverwahrung zu schließen.
Die Regelung stellt sicher, dass die Anordnung der Unterbringung in einer Sicherungsverwahrung schon bei der Verurteilung wegen einer ersten schweren Straftat vorbehalten werden kann, wenn hinreichend sichere Feststellungen dazu, ob der Täter infolge seines Hangs für die Allgemeinheit gefährlich ist, noch nicht getroffen werden können.
Voraussetzung ist, dass sich der Täter einer oder mehrerer sehr schwerwiegender Straftaten gegen die Person schuldig gemacht haben muss. Entsprechend § 66 Abs. 4 - neu - beschränkt sich die Regelung auf Straftaten aus dem 13., 16. und 17. Abschnitt des besonderen Teils des Strafgesetzbuches und einige weitere Delikte, durch die die Opfer regelmäßig seelisch oder schwer geschädigt werden. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dadurch Rechnung getragen. Darüber hinaus muss der Täter auch im Fall des Vorbehalts der Anordnung einer Sicherungsverwahrung gleichzeitig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt werden, um das Gewicht der von ihm bereits ausgegangenen im Falle von Wiederholungstaten drohenden Gefährlichkeit zu kennzeichnen.
Die Einfügung des neuen Absatzes 2 macht es erforderlich, die bisherigen Absätze 2 und 3 zu den Absätzen 3 und 4 zu machen.
§ 268d StPO legt fest, dass der Vorsitzende den Angeklagten, gegenüber dem in dem Urteil die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten worden ist, über den Gegenstand der weiteren Entscheidung sowie über den Zeitraum, auf den sich der Vorbehalt erstreckt, belehrt. Dies hat selbstverständlich auch für den Fall zu gelten, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegenüber einem "Ersttäter" vorbehalten worden ist.
Zu Nummer 2 (§ 275a Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 5 Satz 2, 3 StPO)
§ 275a StPO regelt das Verfahren zur Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene und die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung. Durch die Streichung der Sonderregeln für Heranwachsende, die nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurden, in § 106 Abs. 3 - 6 JGG sind auch die entsprechenden Verweisungen im Verfahrensrecht zu streichen.
In Abs. 5 Satz 3 wird auf den in § 66a bisheriger Abs. 2 Satz 1 bestimmten Zeitpunkt verwiesen. Mit der Umbenennung des § 66a Abs. 2 in § 66a Abs. 3 wird auch insoweit eine Änderung des § 275a Abs. 5 Satz 3 erforderlich.
Zu Nummer 1 (§ 106 Abs. 3 - 6 JGG)
§ 106 Abs. 3 Satz 1 JGG bestimmt ein grundsätzliches Verbot der Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen Heranwachsende unabhängig davon, ob Jugendstrafrecht oder das allgemeine Strafrecht zur Anwendung kommt.
Das Gesetz schließt also die Anordnung von Sicherungsverwahrung bei einem Heranwachsenden aus, selbst wenn bei ihm keine Reifedefizite feststellbar sind und daher das allgemeine Strafrecht zu Anwendung kommen muss. Gegen diesen Täterkreis kann nach den geltenden Regelungen in § 106 Abs. 3 u. 5 JGG mit ihren Begleitvorschriften lediglich unter bestimmten Voraussetzungen die vorbehaltene und die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Diese Möglichkeiten wurden mit dem Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftäter gegen die sexuelle Selbstbestimmung zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) und dem Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 23. Juni 2004 (BGBl I S. 1838) geschaffen. Diese Differenzierung ist jedoch inkonsequent und wird dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nicht gerecht. Es sind keine tragfähigen Gründe dafür erkennbar, gegen Heranwachsende, bei denen sämtliche Voraussetzungen des § 66 StGB vorliegen, Sicherungsverwahrung nicht anordnen zu können. Der Gedanke, dass auf die Sicherungsverwahrung bei einem frühkriminellen Hangtäter nicht verzichtet werden kann (vgl. BGH, NStZ 1989, 67), trifft auf diesen Täterkreis ebenso zu, wie auf über 21 Jahre alte Erwachsene. Die zudem im Gesetz bestimmten engen Voraussetzungen, unter denen die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann, schränken den Anwendungsbereich derart ein, dass damit ein Sicherungsgewinn kaum erzielt werden kann.
Des Weiteren ist § 106 Abs. 4 JGG ersatzlos zu streichen. Nach dieser Regelung kann das Gericht anordnen, dass bereits die Strafe in einer sozialtherapeutischen Anstalt zu vollziehen ist. Auch insoweit sind keine tragfähigen Gründe dafür ersichtlich, warum eine andere Beurteilung als bei Erwachsenen (vgl. § 9 StVollzG) geboten sein sollte. Eine Aufhebung vermeidet zudem die regelmäßig in der kurzen Zeitspanne einer Hauptverhandlung bei den Gerichten auftretenden Schwierigkeiten bei der Auswahl therapiegeeigneter Sexualstraftäter.
Zu Nummer 2 (§ 108 Abs. 3 Satz 2 JGG)
§ 108 Abs. 3 JGG begründet die sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer in Fällen, in denen die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist. Auch durch die Einbeziehung der Heranwachsenden in die Regelungen des allgemeinen Strafrechts über die Sicherungsverwahrung soll sich an der Zuständigkeit der Jugendkammer nichts ändern. Es genügt insoweit, die Verweisung auf die aufzuhebenden Absätze 3, 5 und 6 des § 106 JGG zu streichen.
Zu Artikel 4 (§§ 74f, 120a GVG)
§§ 74f und 120a GVG sind mit dem Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S.1838) neu eingefügt worden. Sie regeln die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für die Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene und über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung. Auch insoweit sind die durch die Streichung des § 106 Abs. 5 und 6 JGG erforderlichen Anpassungen des Textes vorzunehmen.
Zu Artikel 5 (In-Kraft-Treten)
Die Vorschrift regelt das In-Kraft-Treten des Gesetzes.