Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 319666 - vom 12. November 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 22. Oktober 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Kommuniqués, dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea am 13. Oktober 2009 in Abuja (Nigeria) herausgegeben hat,
- - unter Hinweis auf die seit langem anhaltende Instabilität in der Region des Flusses Mano, durch die die lokale Bevölkerung traumatisiert wird,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Guinea,
- - unter Hinweis auf die Erklärung, die der Ratsvorsitz im Namen der Europäischen Union zur Gewalt in Conakry (Republik Guinea) am 29. September 2009 abgegeben hat,
- - unter Hinweis auf die Aussprache vom 7. Oktober 2009 im Parlament,
- - gestützt auf Artikel 122 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass nach dem Tod von Präsident Lansana Conté eine Militärjunta unter Führung von Hauptmann Moussa Dadis Camara am 23. Dezember 2008 die Macht ergriffen hat,
B. in der Erwägung, dass bei der Unterdrückung einer friedlichen Demonstration der Opposition am Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums, dem 28. September 2009, den Quellen zufolge 100 bis 200 Menschen getötet wurden (das Militär hat zahlreiche Leichen entfernt, um eine Zählung der Toten zu verhindern, und den Familien der Opfer nicht erlaubt, ihre Trauer zu bekunden) sowie mehr als 1 000 Menschen durch Kugeln oder Bajonettstiche verletzt wurden und dass es zu zahlreichen Fällen von Vergewaltigung gekommen ist,
C. in der Erwägung, dass Mitglieder der Opposition geschlagen, verletzt und festgenommen wurden, dass Journalisten, die die Machthaber kritisieren, verfolgt wurden, und dass durch die Junta die tatsächliche Gefahr des Ausbruchs eines ethnischen Konflikts besteht,
D. unter Hinweis auf entsetzliche Berichte, wonach Soldaten Gewehrkolben und sogar Bajonette benutzt haben, um Frauen zu vergewaltigen, während anderen Frauen in entwürdigender Weise die Kleider vom Leib gerissen wurden und sie dann von den Sicherheitskräften in aller Öffentlichkeit geschändet, erniedrigt und vergewaltigt wurden,
E. in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt und dass alle dafür Verantwortlichen vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden sollten, damit sie nicht unbestraft davon kommen,
F. in der Erwägung, dass die Artikel 8 und 9 des Cotonou-Abkommens - das auch Guinea unterzeichnet hat -die Achtung der Menschenrechte und der Demokratie fordern,
G. in der Erwägung, dass am 27. Juli 2009 eine "Road Map" betreffend die Organisation des Übergangs zur Demokratie gemäß Artikel 96 des Cotonou-Abkommens festgelegt worden ist,
H. in der Erwägung, dass die Mitglieder der Junta, die der Partei des Nationalrats für Demokratie und Entwicklung angehören, sich verpflichtet hatten, baldmöglichst freie Wahlen zu organisieren und selbst nicht bei diesen Wahlen zu kandidieren,
I. in der Erwägung, dass der Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) eine Voruntersuchung über die Lage in Guinea eingeleitet hat, um festzustellen, ob Verbrechen verübt wurden, die in den Zuständigkeitsbereich des IStGH fallen,
J. in der Erwägung, dass der unverantwortliche Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Unterdrückung der Bevölkerung die Militärjunta für die Organisation des Übergangs des Landes zur Demokratie mittels freier und fairer Wahlen disqualifiziert,
K. in der Erwägung, dass die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und die Afrikanische Union Position bezogen haben und dass der Präsident Burkina Fasos, Herr Blaise Compaoré, als "Vermittler" eingesetzt wurde,
L. in der Erwägung, dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea, der auch Diplomaten der Westafrikanischen Wirtschaftsunion, der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union und der Europäischen Union sowie Vertreter weltweit operierender Menschenrechtsorganisationen angehören, Guinea besucht und dementsprechend Bericht erstattet haben,
M. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Guinea im Dezember 20081, einige Tage vor dem Staatsstreich, durch den Hauptmann Dadis Camara an die Macht kam, ein Fischereiabkommen unterzeichnet haben und dass die erste Zahlung unter diesem Abkommen am 30. November 2009 fällig ist,
N. in der Erwägung, dass das Ultimatum, dass die Afrikanische Union Hauptmann Dadis Camara gestellt hat, wonach er sich erneut dazu verpflichten soll, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht zu kandidieren, abgelaufen ist,
O. in der Erwägung, dass die Westafrikanische Wirtschaftsunion einen Appell an die Völkergemeinschaft gerichtet hat, in Guinea neutrale Kräfte zu stationieren, um die Bevölkerung und die Opposition zu schützen, und dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea zu einem ständigen Embargo in Bezug auf Waffen mit Bestimmungsort Guinea aufgerufen hat,
P. unter Hinweis auf das Entwicklungspotenzial Guineas, das über bedeutende Bodenschätze verfügt, sowie in der Erwägung, dass Guinea von Transparency International als eines der korruptesten Länder Afrikas eingestuft wurde,
- 1. verurteilt das blutige und mörderische Vorgehen gegen unbewaffnete Demonstranten und bekundet den trauernden Familien der Opfer sein Mitgefühl;
- 2. verurteilt alle Akte sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen, verlangt medizinische und psychologische Unterstützung für die Opfer von Vergewaltigungen, und fordert die Kommission auf, unverzüglich spezielle Programme für die Rehabilitation von Vergewaltigungsopfern in Guinea einzuleiten;
- 3. begrüßt das Kommuniqué, dass die Internationale Kontaktgruppe für Guinea nach ihrer Sitzung zur Krise in Guinea im 12. Oktober 2009 in Abuja abgegeben hat, in dem sie die Militärjunta auffordert, alle willkürlich festgenommenen Personen, insbesondere diejenigen, die in Verbindung mit den Vorfällen am 28. September in Conakry festgehalten werden, unverzüglich freizulassen, sowie angeordnet hat, dass bis Samstag, 17. Oktober 2009, Vorkehrungen getroffen werden, wonach eine Teilnahme von Mitgliedern der Junta an den Präsidentschaftswahlen im Januar 2010 ausgeschlossen ist;
- 4. begrüßt die Einsetzung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Ermittlung der Verantwortlichen des Massakers durch die Vereinten Nationen und die Eröffnung einer Voruntersuchung durch den IStGH, damit die Verantwortlichen nicht unbestraft davonkommen;
- 5. fordert, dass alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit der Zeugen und der Familien der Opfer zu gewährleisten, die von der internationalen Untersuchungskommission angehört werden;
- 6. fordert die Militärjunta auf, das Recht auf Meinungsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, einschließlich des Rechts, sich friedlich zu versammeln, wie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantiert, zu achten;
- 7. vertritt die Ansicht, dass nur eine aus freien und gerechten Wahlen hervorgegangene Regierung dazu legitimiert und in der Lage ist, langfristig die Interessen des Landes wahrzunehmen;
- 8. hofft, dass eine Übergangsregierung eingesetzt wird, in der auch die wichtigsten Oppositionsparteien vertreten sind und deren Auftrag es ist, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorzubereiten;
- 9. fordert den Rat auf, die gemäß Artikel 96 des Cotonou-Abkommens vorgesehenen "geeigneten Maßnahmen" zu treffen und zu prüfen, wie auf die Forderung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft nach Organisation einer Mission zur Unterstützung einer afrikanischen Truppe zum Schutz der Bevölkerung reagiert werden kann, um dieser Truppe die notwendigen Mittel zur Erfüllung ihrer Mission zur Verfügung zu stellen, ebenso auf die Forderung nach der Organisation einer langfristigeren zivilen Mission, um zum Aufbau der Sicherheitskräfte beizutragen;
- 10. fordert die Afrikanische Union in Zusammenarbeit mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft auf, scharfe Sanktionen gegen die Mitglieder der Militärjunta zu verhängen und gleichzeitig mittels einer Wahrheits- und Aussöhnungskommission einen nationalen Dialog zu organisieren;
- 11. fordert alle Staaten auf, entsprechend der von der Internationalen Kontaktgruppe für Guinea vertretenen Position alle Lieferungen von Waffen und Munition an Militär und Polizei einzustellen sowie von sonstigen Gerätschaften, die von den Sicherheitskräften Guineas eingesetzt werden könnten, um Menschenrechtsverletzungen zu begehen;
- 12. bedauert, dass sich sowohl staatliche als auch private chinesische Firmen gegenüber den Menschenrechten der Bürger in Guinea, wo diese Firmen investieren, praktisch gleichgültig zeigen;
- 13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den zuständigen Stellen der Afrikanischen Union und der ECOWAS, sowie der regierenden Militärjunta der Republik Guinea zu übermitteln.
- 1 Protokoll zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Guinea über die Fischerei vor der Küste Guineas für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 (ABl. L 156 vom 19.6.2009, S. 40).