906. Sitzung des Bundesrates am 1. Februar 2013
A
Der federführende Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 (Eingangssatz), Nummer 1 - neu - und Nummer 2 - neu - (§ 3a Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 Satz 2 Nummer 1, Anlage 1 Nummer 11 AMVV)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) Der Eingangssatz ist wie folgt zu fassen:
"Die Arzneimittelverschreibungsverordnung vom 21. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3632), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 22. Mai 2012 (BGBl. I S. 1204) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
"b) Nach dem Eingangssatz ist folgende Nummer 1 einzufügen:
'1. § 3a wird wie folgt geändert:
Begründung:
Zu Buchstabe b:
Der Wirkstoff Pomalidomid stellt einen zu Thalidomid (ehemals Contergan®) und Lenalidomid strukturverwandten Wirkstoff dar; in Tierversuchen wurde auch für Pomalidomid eine teratogene Wirkung festgestellt. Daher dürfen Arzneimittel mit diesem Wirkstoff in Deutschland ebenfalls nur auf Vordrucken nach § 3a AMVV ("T-Rezept") verschrieben werden.
In den USA wird die Zulassung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Pomalidomid für den Januar 2013 erwartet. Da nach der Zulassung unmittelbar mit der Vermarktung dieser Arzneimittel zu rechnen ist, können solche Arzneimittel unter den Voraussetzungen des § 73 Absatz 3 AMG im Einzelfall von Apotheken bestellt und in Deutschland abgegeben werden. Um sicherzustellen, dass diese Arzneimittel in solchen Fällen ausschließlich auf T-Rezepten verschrieben werden, ist eine entsprechende Anpassung des § 3a AMVV notwendig.
Die Änderung in § 3a Absatz 5 AMVV ist eine Folgeänderung.
Zu Buchstabe d:
Die Ergänzung der Anlage 1 Nummer 11 um die Position "Pomalidomid" ist wie folgt begründet:
Anwendung
Pomalidomid ist zusammen mit Dexamethason zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplen Myelom indiziert, welche mindestens zwei vorangegangene Behandlungsregime, die sowohl Lenalidomid als auch Bortezimib enthalten haben, erhalten haben und unter ihrer letzten Therapie eine Progression hatten.
Darreichungsform / Art der Anwendung Tablette
Erstmaliges Inverkehrbringen von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Pomalidomid
2. Zu Artikel 1 (Anlage 1 Nummer 9a - neu - AMVV)
In Artikel 1 ist in Anlage 1 nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:
'9a. Die Position "Racecadotril" wird wie folgt gefasst:
"Racecadotril - ausgenommen in festen Zubereitungen zur symptomatischen Behandlung von akutem Durchfall bei Erwachsenen über 18 Jahren in Konzentrationen von 100 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von bis zu 1 000 mg je Packung für eine maximale Anwendungsdauer von drei Tagen, sofern in der Fachinformation und in der Packungsbeilage
- a) unter den Kontraindikationen angegeben wird, dass Racecadotril nicht angewendet werden darf bei Durchfällen, die mit Fieber, blutigem oder schleimigem Stuhl einhergehen, da diese auf das Vorliegen invasiver Bakterien oder anderer schwerer Erkrankungen hinweisen oder die während oder nach der Einnahme von Antibiotika auftreten (pseudomembranöse Colitis), und
- b) unter den Warnhinweisen angegeben wird, dass Racecadotril nur nach ärztlicher Verordnung angewendet werden sollte, wenn es sich bei dem Durchfall um einen akuten Schub einer Colitis ulcerosa handelt oder die Patienten unter einer Nieren- oder Leberinsuffizienz leiden." '
Begründung:
Die eng definierte Freistellung von der Verschreibungspflicht setzt eine Empfehlung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht vom 26. Juni 2012 in der Arzneimittelverschreibungsverordnung um (siehe Ergebnisprotokoll der 69. Ausschuss-Sitzung). Bei dem Wirkstoff Racecadotril handelt es sich um einen sicheren und nebenwirkungsarmen Wirkstoff mit gutem Nutzen-Risiko-Profil zur Behandlung des akuten Durchfalls, der bereits in Frankreich seit 1992 auf dem Markt ist und bei dem langjährige Erfahrungen - auch in der Selbstmedikation - vorliegen. Die Freistellung eines verschreibungspflichtigen Wirkstoffes unter definierten Bedingungen neben dem Vorliegen einer verschreibungspflichtigen Darreichungsform ist in Europa bereits bei vielen Wirkstoffen (zum Beispiel Loperamid) eine rechtlich zulässige und bewährte Praxis. Diese Vertriebsabgrenzung dient der Stärkung der Selbstmedikation zum Wohle der Patientinnen und Patienten und führt durch eine voraussichtliche Reduzierung von Arztbesuchen gleichzeitig zu einer Entlastung der Gesetzlichen Krankenversicherung.
3. Zu Artikel 1a - neu - (§ 4 Absatz 3 Satz 2, § 17 Absatz 2b und Absatz 6b ApBetrO) und zur Eingangsformel
Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 1a einzufügen.
Die Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I S. 1195), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 4 Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter " § 4 Absatz 2 Satz 1 und 2" durch die Wörter "Absatz 2 Satz 1 und 3" ersetzt.
2. § 17 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 2b werden die Wörter "Thalidomid oder Lenalidomid" durch die Wörter "Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid" ersetzt.
- b) In Absatz 6b werden die Wörter "Thalidomid oder Lenalidomid" durch die Wörter "Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid" ersetzt.'
Als Folge ist in der Eingangsformel nach dem ersten Spiegelstrich folgender Spiegelstrich einzufügen:
"- das Bundesministerium für Gesundheit auf Grund des § 21 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 des Apothekengesetzes, von denen Absatz 1 zuletzt durch Artikel 34 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) und Absatz 2 durch Artikel 20 Nummer 12 Buchstabe b des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) geändert worden ist,"
Begründung:
Zu Nummer 1:
Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur. Auf Grund des Beschlusses des Bundesrates vom 30. März 2012 zur Vierten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl. I S. 1254) ist in § 4 Absatz 2 ApBetrO, der die Ausstattung von Apotheken betrifft, nach Satz 1 ein neuer Satz eingefügt worden; der bisherige Satz 2 wurde zu Satz 3. Die Bezugnahme hierauf in dem nachfolgenden Absatz 3 der Vorschrift muss deshalb korrigiert werden. Zudem kann die Paragraphenangabe (hier:
" § 4") bei Bezugnahmen innerhalb des gleichen Paragraphen gestrichen werden.
Zu Nummer 2:
Es handelt sich um eine Folge der Änderung, wonach der Wirkstoff Pomalidomid wie zuvor Thalidomid und Lenalidomid nur mittels "T-Rezept" verschrieben und abgegeben werden darf. Auch im Hinblick auf das Verbot des Versandhandels sind diese Wirkstoffe gleich zu behandeln.
Zur Folgeänderung:
Auf Grund der vorgesehenen Änderung der Apothekenbetriebsordnung muss die Verordnung auch auf § 21 des Apothekengesetzes gestützt werden.
B
- 4. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.