1. Durch die Einführung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zum 01.01.2003, dessen Regelungen mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB XII überführt wurden, sollte eine erleichterte Inanspruchnahme von Hilfe zum Lebensunterhalt ermöglicht werden, um Altersarmut und verschämte Armut zu vermeiden. Hierfür wurde insbesondere der grundsätzliche Verzicht auf den Rückgriff gegenüber Kindern und Eltern, die zu Unterhaltszahlungen an die Leistungsberechtigten verpflichtet sind, eingeführt. Im Rahmen des § 34 Abs. 2 WoGG wurde der Bund verpflichtet, den Ländern diejenigen Mehrausgaben auszugleichen, die den Trägern der Sozialhilfe wegen der Nichtheranziehung unterhaltspflichtiger Kinder und Eltern, wegen der Zahlungspflichten gegenüber den Rentenversicherungsträgern sowie wegen statistischer Erfassungen nach dem SGB XII entstehen. Da die Höhe der Mehrausgaben in den Ländern nicht bereits vor dem Inkrafttreten des Grundsicherungsgesetzes erfasst werden konnte, wurde festgelegt, dass die Bundeserstattung auf die Länder entsprechend ihren Aufwendungen für das Wohngeld im Jahr 2002 aufgeteilt werden soll; gleichzeitig wurde die Höhe der Bundesbeteiligung auf 409 Mio. € festgesetzt. Um auf mögliche Änderungen der Mehrausgaben in der Zukunft reagieren zu können, wurde ein Revisionsverfahren zur Überprüfung und ggf. Anpassung des Erstattungsbetrages eingeführt.
Mittlerweile hat sich allerdings herausgestellt, dass das Revisionsverfahren, so wie in § 34 WoGG vorgesehen, in der Praxis nicht durchführbar ist. Die vom Bund zu erstattenden Mehrkosten wegen der Nichtheranziehung unterhaltspflichtiger Kinder und Eltern können weder quantifiziert noch nachgewiesen werden.
Darüber hinaus zeigen die mittlerweile vorliegenden statistischen Daten über die Ausgaben der Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung, dass der im Wohngeldgesetz getroffene Verteilungsschlüssel nicht den tatsächlichen Anteil der Länder an den bundesweiten Ausgaben für die Leistungen der Grundsicherung erfasst. Dieser Verteilungsschlüssel wurde mangels verlässlicher Parameter seinerzeit gewählt, um überhaupt Regeln für die Verteilung der Bundesmittel aufstellen zu können. Entsprechende Parameter sind nunmehr jedoch vorhanden; an Hand der statistischen Unterlagen können die Anteile der Länder an den Gesamtausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung verifiziert werden. Damit ist es möglich, einen Verteilungsmodus festzuschreiben, der den tatsächlichen Gegebenheiten und dem Gerechtigkeitsempfinden entspricht: jedes Land soll im Verhältnis seiner eigenen Belastung an der Gesamtbelastung aller Länder an den Bundesmitteln partizipieren. Dies ist der einzige Maßstab, der den Interessen aller Länder gerecht wird.
Insoweit ist auch dringender Handlungsbedarf gegeben. Der Verteilungsmaßstab nach Wohngeldrecht führt zu Ergebnissen, die unter objektiver Betrachtungsweise nicht mehr akzeptabel sind. Ein Verteilungsschlüssel, der dazu führt, dass im Jahr 2004 ein Land mit 10,09 v. H. am Festbetrag des Bundes partizipiert, obwohl sich für dieses Land - gemessen an seiner Ausgabenbelastung - nur ein Anteil von 5,8 v. H. errechnen würde, ist untauglich, wenn mittlerweile ein belastungsgerechter Verteilungsschlüssel möglich ist. Andererseits kann es einem Land, dem nach aktuellem Recht ein Anteil von 8,2 v. H. zusteht, nicht zugemutet werden, sich mit diesem Anteil zu begnügen, wenn sich bei einer Verteilung nach tatsächlicher Belastung ein Anteil von 13,7 v. H. errechnet (in absoluten Zahlen bedeutet dieses Beispiel eine Differenz von über 20 Mio. €).
Der Gesetzentwurf verkennt nicht, dass die Neuregelung für einige Länder eine "Verschlechterung" bedeutet. Hätten beim Inkrafttreten des Grundsicherungsgesetzes allerdings schon valide Zahlen vorgelegen, so wäre bereits damals ein Verteilungsmodus entsprechend der jeweiligen Belastung des Landes festgeschrieben worden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Länder, die künftig mit einem geringeren Anteil an der Bundeserstattung beteiligt werden, letztlich keinen "Verlust" erleiden; es ist vielmehr festzuhalten, dass sie in den Jahren 2003 bis 2006 einen zwar auf dem Gesetz beruhenden, sachlich aber nicht begründbaren Vorteil erlangt haben.
Dieser Vorteil bleibt ihnen auch erhalten, da der Gesetzentwurf nur auf Änderungen in der Zukunft abzielt. Die bisher vorgenommenen Bundeserstattungen und Verteilungen bis einschließlich 2006 werden durch die vorgesehenen Änderungen nicht berührt.
Die bestehenden Probleme sind lösbar, wenn § 34 Abs. 2 WoGG gestrichen und stattdessen eine sachgerechte und verwaltungsfreundliche Erstattungsregelung im SGB XII eingeführt wird. Die Diskrepanz beim Verteilungsschlüssel wird beseitigt. Die Erstattungsquote wird in Höhe von 20 % der reinen Ausgaben für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung festgeschrieben. Ein schwieriges, verwaltungsaufwändiges und streitbelastetes Revisionsverfahren findet künftig nicht mehr statt.
2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Beteiligung des Bundes an den Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bestehen nicht.
Art. 104a Abs. 3 GG erlaubt eine finanzielle Beteiligung des Bundes an Bundesgesetzen, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden. Auch wenn im Rahmen der Sozialhilfe neben Geldleistungen auch Sach- und Dienstleistungen gewährt werden so handelt es sich bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung um reine Geldleistungen, die von den Sachleistungen der Sozialhilfe wie beispielsweise der Hilfe zur Gesundheit eindeutig und klar abtrennbar sind.
An denentstehenden Verwaltungskosten (z.B. Kosten für Gutachten der Rentenversicherungsträger) wird der Bund nicht beteiligt.
Eine neue Mischfinanzierung wird nicht eingeführt, sondern lediglich eine bestehende Mischfinanzierung mit dem Ziel einer gerechten Verteilung der Bundesmittel umgestaltet.