2. Der Bundesrat beobachtet allerdings mit Sorge, dass die Kommission mit der Mitteilung implizit eine (weitere) Anpassung des Urheberrechts auf EU-Ebene vorbereitet, mit dem Ziel, digitale Bibliotheken nicht nur mit "gemeinfreien", sondern in möglichst großem Umfang auch mit aktuellen Inhalten zu ermöglichen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Urheberrecht nach europäischem und nationalem (Verfassungs-) Recht nur in engen Grenzen eingeschränkt werden kann. Nach Auffassung des Bundesrates ist die derzeitige Rechtslage dazu grundsätzlich ausgewogen.
Bei einer eventuellen Überarbeitung des Urheberrechtsrahmens darf der bestehende, fein austarierte und nach langwierigen Diskussionen vereinbarte Interessensausgleich (Richtlinie 2001/29/EG des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167/10 (PDF) vom 22. Juni 2001, BR-Drucksache 108/98 ) zwischen Rechteinhabern auf der einen und den für öffentlich zugängliche Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen und Archive geschaffenen Ausnahmetatbeständen auf der anderen Seite nicht einseitig zu Gunsten einer möglichst weit gehenden Verfügbarkeit von kulturellen Werken verschoben werden.
Die Darstellung der Kommission, aus welchen Gründen die bestehende Rechtslage (Erfordernis von Einzelübereinkommen mit den Rechteinhabern, sofern es sich nicht um "gemeinfreie" Inhalte handelt) der Einführung digitaler Bibliotheken mit aktuellen Inhalten entgegensteht, belegt die Notwendigkeit einer Überarbeitung des Urheberrechtsrahmens bisher nicht hinreichend.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zwar handelt es sich lediglich um eine Mitteilung der Kommission, die noch keine konkreten Vorschläge für eine Anpassung des Urheberrechtsrahmens enthält. Allerdings sind einige der in der Mitteilung enthaltenen Kernaussagen und Argumentationsmuster kritikwürdig. Der Bundesrat sollte daher die Mitteilung nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern in einer Stellungnahme seine kritische Haltung gegenüber dem "Anliegen der Kommission", u. U. den Urheberrechtsrahmen zu überarbeiten, deutlich machen, zumal die Kommission das Europäische Parlament und den Rat um Unterstützung ihres Anliegens bittet.