A. Problem und Ziel
- Mit dem Gesetz soll das Protokoll vom 16. Oktober 2001 zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in das nationale Recht umgesetzt werden.
B. Lösung
- Die in dem Protokoll vorgesehenen Maßnahmen sind bereits vollständig im deutschen Recht enthalten, so dass zur Umsetzung lediglich das vorliegende Vertragsgesetz erforderlich ist.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
- 2. Vollzugsaufwand
Kein Vollzugsaufwand
E. Sonstige Kosten
- Keine
- Für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, entstehen keine Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 16. Oktober 2001 zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 24. September 2004
Der Bundeskanzler
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dieter Althaus
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 16. Oktober 2001 zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Gerhard Schröder
Entwurf
Gesetz zu dem Protokoll vom 16. Oktober 2001 zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Vom 2004 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem in Luxemburg am 16. Oktober 2001 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Protokoll - vom Rat gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union erstellt - zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (BGBl. ... II S. ... ) wird zugestimmt. Das Protokoll wird nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
(2) Der Tag, an dem das Protokoll nach seinem Artikel 13 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf das Protokoll, das vom Rat der Europäischen Union erstellt wurde, findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem das Protokoll nach seinem Artikel 13 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Ausführung des Gesetzes nicht mit Kosten belastet. Für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, entstehen keine Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Nach Inkrafttreten des Protokolls für die Bundesrepublik Deutschland kann es zu einem geringfügig höheren Eingang ausländischer Rechtshilfeersuchen kommen. Dadurch entstehender Mehraufwand wird jedoch mit den vorhandenen Kräften erledigt werden können.
Protokoll
- vom Rat gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union erstellt -
zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
Die Hohen Vertragsparteien dieses Protokolls, Mitgliedstaaten der Europäischen Union -
unter Bezugnahme auf den Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
in Anbetracht der auf der Tagung des Europäischen Rates in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 angenommenen Schlussfolgerungen sowie der Notwendigkeit, diese Schlussfolgerungen unverzüglich in die Tat umzusetzen, so dass das Ziel der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erreicht wird,
unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Sachverständigen anlässlich der Vorlage der Berichte zur gegenseitigen Begutachtung, die entsprechend der Gemeinsamen Maßnahme 97/827/JI des Rates vom 5. Dezember 1997 betreffend die Schaffung eines Mechanismus für die Begutachtung der einzelstaatlichen Anwendung und Umsetzung der zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingegangenen internationalen Verpflichtungen1) erstellt wurden,
in der Überzeugung, dass zusätzliche Maßnahmen auf dem Gebiet der Rechtshilfe in Strafsachen für die Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere der organisierten Kriminalität, der Geldwäsche und der Finanzkriminalität, erforderlich sind -
haben folgende Bestimmungen vereinbart, die dem Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Unlon2) - nachstehend "Rechtshilfeübereinkommen von 2000" genannt - beigefügt werden und die Bestandteil jenes Übereinkommens sind:
Artikel 1 Auskunftsersuchen zu Bankkonten
(1) Jeder Mitgliedstaat ergreift nach Maßgabe dieses Artikels die Maßnahmen, die erforderlich sind, um auf Antrag eines anderen Mitgliedstaats festzustellen, ob eine natürliche oder juristische Person, gegen die strafrechtliche Ermittlungen laufen, eines oder mehrere Bankkonten gleich welcher Art bei einer in seinem Gebiet niedergelassenen Bank unterhält oder kontrolliert; wenn dies der Fall ist, übermittelt er alle Angaben zu den ermittelten Konten.
Die Informationen erstrecken sich ferner - falls darum ersucht wurde und soweit die Informationen innerhalb einer angemessenen Frist geliefert werden können - auf Konten, für die die Person, gegen die ein Verfahren läuft, eine Vollmacht besitzt.
(2) Die Verpflichtung nach diesem Artikel gilt nur insoweit, als die kontoführende Bank über die diesbezüglichen Informationen verfügt.
(3) Die in diesem Artikel festgelegte Verpflichtung gilt nur, wenn die Ermittlung Folgendes betrifft:
- - eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mindestens vier Jahren im ersuchenden Staat und von mindestens zwei Jahren im ersuchten Staat bedroht ist, oder
- - eine Straftat, die in Artikel 2 des Übereinkommens von 1995 zur Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (Europol-Übereinkommen) oder im Anhang zu jenem Übereinkommen in der geänderten Fassung aufgeführt ist, oder
- - soweit sie nicht unter das Europol-Übereinkommen fällt, eine Straftat, die in dem Übereinkommen von 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften oder in dem dazugehörigen Protokoll von 1996 oder in dem dazugehörigen Zweiten Protokoll von 1997 aufgeführt ist.
(4) Die ersuchende Behörde
- - gibt in dem Ersuchen an, weshalb die erbetenen Auskünfte für die Aufklärung der Straftat wahrscheinlich von wesentlichem Wert sind;
- - gibt in dem Ersuchen an, weshalb sie annimmt, dass die Konten von Banken in dem ersuchten Mitgliedstaat geführt werden, und - soweit dies möglich ist - welche Banken möglicherweise betroffen sind;
- - teilt in dem Ersuchen die verfügbaren Informationen mit, die die Erledigung des Ersuchens erleichtern können.
(5) Die Mitgliedstaaten können die Erledigung eines Ersuchens nach diesem Artikel von denselben Bedingungen abhängig machen, die für Ersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme gelten.
(6) Der Rat kann gemäß Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union beschließen, den Anwendungsbereich von Absatz 3 zu erweitern.
Artikel 2 Auskunftsersuchen zu Bankgeschäften
(1) Auf Antrag des ersuchenden Staates übermittelt der ersuchte Staat die Angaben über bestimmte Bankkonten und über Bankgeschäfte, die während eines bestimmten Zeitraums im Zusammenhang mit einem oder mehreren in dem Ersuchen angegebenen Bankkonten getätigt wurden, einschließlich der Angaben über sämtliche Überweisungs- und Empfängerkonten.
(2) Die Verpflichtung nach diesem Artikel gilt nur insoweit, als die kontoführende Bank über die diesbezüglichen Informationen verfügt.
(3) Der ersuchende Mitgliedstaat gibt in seinem Antrag an, warum er die erbetenen Auskünfte für die Aufklärung der Straftat für wichtig hält.
(4) Die Mitgliedstaaten können die Erledigung eines Ersuchens nach diesem Artikel von denselben Bedingungen abhängig machen, die für Ersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme gelten.
Artikel 3 Ersuchen um Überwachung von Bankgeschäften
(1) Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats Bankgeschäfte, die während eines bestimmten Zeitraums im Zusammenhang mit einem oder mehreren in dem Ersuchen angegebenen Bankkonten getätigt werden, überwacht werden können, und übermittelt die betreffenden Ergebnisse dem ersuchenden Mitgliedstaat.
(2) Der ersuchende Staat gibt in seinem Antrag an, warum er die erbetenen Auskünfte für die Aufklärung der Straftat für wichtig hält.
(3) Die Entscheidung über die Überwachung wird in jedem Einzelfall von den zuständigen Behörden des ersuchten Mitgliedstaats unter gebührender Berücksichtigung seines innerstaatlichen Rechts getroffen.
(4) Die praktischen Einzelheiten der Überwachung werden zwischen den zuständigen Behörden des ersuchenden und des ersuchten Mitgliedstaats vereinbart.
Artikel 4 Vertraulichkeit
Jeder Mitgliedstaat ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die Banken den betroffenen Bankkunden oder sonstige Dritte nicht davon in Kenntnis setzen, dass dem ersuchenden Staat eine Information gemäß den Artikeln 1, 2 oder 3 erteilt worden ist oder dass Ermittlungen durchgeführt werden.
Artikel 5 Informationspflicht
Wenn die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens zu der Auffassung gelangt, dass es zweckmäßig sein könnte, Ermittlungen, die anfänglich nicht vorgesehen waren oder die zum Zeitpunkt des Ersuchens nicht hatten spezifiziert werden können, durchzuführen, setzt sie die ersuchende Behörde hiervon unverzüglich in Kenntnis, damit diese weitere Maßnahmen ergreifen kann.
Artikel 6 Ergänzende Rechtshilfeersuchen
(1) Stellt die zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats ein Rechtshilfeersuchen, das ein früheres Ersuchen ergänzt, so braucht sie keine Informationen zu übermitteln, die bereits im Rahmen des ursprünglichen Ersuchens übermittelt wurden. Das ergänzende Ersuchen muss alle zur Identifizierung des ursprünglichen Ersuchens notwendigen Angaben enthalten.
(2) Wirkt die zuständige Behörde, die das Rechtshilfeersuchen gestellt hat, gemäß den geltenden Bestimmungen an der Erledigung des Ersuchens im ersuchten Mitgliedstaat mit, so kann sie unbeschadet des Artikels 6 Absatz 3 des Rechtshilfeübereinkommens von 2000 während des Aufenthalts im ersuchten Mitgliedstaat ein ergänzendes Ersuchen direkt an die zuständige Behörde dieses Staates richten.
Artikel 7 Bankgeheimnis
Das Bankgeheimnis darf von einem Mitgliedstaat nicht als Begründung für die Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit in Bezug auf ein Rechtshilfeersuchen eines anderen Mitgliedstaats herangezogen werden.
Artikel 8 Fiskalische strafbare Handlungen
(1) Rechtshilfe kann nicht allein deshalb verweigert werden, weil ein Ersuchen sich auf eine strafbare Handlung bezieht, die vom ersuchten Mitgliedstaat als fiskalische strafbare Handlung betrachtet wird.
(2) Hat ein Mitgliedstaat die Erledigung eines Ersuchens um Durchsuchung oder Beschlagnahme der Bedingung unterworfen, dass die dem Ersuchen zugrunde liegende strafbare Handlung auch nach seinem Recht strafbar ist, so ist diese Bedingung in Bezug auf die strafbaren Handlungen nach Absatz 1 erfüllt, wenn die Handlung nach seinem Recht einer strafbaren Handlung derselben Art entspricht. Das Ersuchen darf nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass das Recht des ersuchten Mitgliedstaats nicht dieselbe Art von Abgaben oder Steuern oder keine Abgaben-, Steuer-, Zoll- oder Devisenbestimmungen derselben Art wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaats vorsieht.
(3) Artikel 50 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens wird aufgehoben.
Artikel 9 Politische Straftaten
(1) Für die Zwecke der Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten darf eine strafbare Handlung vom ersuchten Mitgliedstaat nicht als politische Straftat, als strafbare Handlung, die mit einer politischen Straftat in Verbindung steht, oder als politisch motivierte strafbare Handlung betrachtet werden.
(2) Jeder Mitgliedstaat kann im Rahmen der Notifizierung nach Artikel 13 Absatz 2 erklären, dass er Absatz 1 des vorliegenden Artikels nur anwendet im Zusammenhang mit
- a) strafbaren Handlungen nach den Artikeln 1 und 2 des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus und
- b) den Straftatbestand der Verabredung einer strafbaren Handlung oder der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung erfüllenden Handlungen, die dem in Artikel 3 Absatz 4 des Übereinkommens vom 27. September 1996 über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen Verhalten entsprechen und die darauf gerichtet sind, eine oder mehrere strafbare Handlungen nach den Artikeln 1 und 2 des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus zu begehen.
(3) Vorbehalte gemäß Artikel 13 des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus finden auf die Rechtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten keine Anwendung.
Artikel 10 Befassung des Rates mit abgelehnten Ersuchen und Beteiligung von Eurojust
(1) Wird ein Ersuchen unter Zugrundelegung
- des Artikels 2 Buchstabe b des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens oder des Artikels 22 Absatz 2 Buchstabe b des Benelux-Übereinkommens oder
- des Artikels 51 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens oder des Artikels 5 des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens oder
- des Artikels 1 Absatz 5 oder des Artikels 2 Absatz 4 dieses Protokolls abgelehnt und beharrt der ersuchende Mitgliedstaat auf seinem Ersuchen und lässt sich keine andere Lösung finden, so wird die mit Gründen versehene ablehnende Entscheidung dem Rat vom ersuchten Mitgliedstaat zur Unterrichtung vorgelegt, damit gegebenenfalls das Funktionieren der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bewertet wird.
(2) Die zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats können Eurojust nach dessen Einrichtung alle Probleme im Zusammenhang mit der Erledigung eines Ersuchens nach Absatz 1 zur Ermöglichung einer praktischen Lösung im Einklang mit dem Rechtsakt zur Errichtung von Eurojust mitteilen.
Artikel 11 Vorbehalte
Vorbehalte zu diesem Protokoll sind nicht zulässig, außer Vorbehalte nach Artikel 9 Absatz 2.
Artikel 12 Territorialer Geltungsbereich
Die Anwendung dieses Protokolls auf Gibraltar wird wirksam, sobald das Rechtshilfeübereinkommen von 2000 nach dessen Artikel 26 für Gibraltar in Kraft getreten ist.
Artikel 13 Inkrafttreten
(1) Dieses Protokoll bedarf der Annahme durch die Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften.
(2) Die Mitgliedstaaten notifizieren dem Generalsekretär des Rates der Europäischen Union den Abschluss der verfassungsrechtlichen Verfahren zur Annahme dieses Protokolls.
(3) Dieses Protokoll tritt 90 Tage nach der Notifizierung nach Absatz 2 durch den Staat, der zum Zeitpunkt der Annahme des Rechtsakts über die Erstellung dieses Protokolls durch den Rat Mitglied der Europäischen Union ist und diese Förmlichkeit als Achter vornimmt, für die betreffenden acht Mitgliedstaaten in Kraft. Sollte zu diesem Zeitpunkt jedoch das Rechtshilfeübereinkommen von 2000 noch nicht in Kraft getreten sein, so tritt dieses Protokoll zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem jenes Übereinkommen in Kraft tritt.
(4) Jede durch einen Mitgliedstaat nach dem Inkrafttreten dieses Protokolls gemäß Absatz 3 vorgenommene Notifizierung hat zur Folge, dass dieses Protokoll 90 Tage nach dieser Notifizierung zwischen diesem Mitgliedstaat und den Mitgliedstaaten, für die das Protokoll bereits in Kraft getreten ist, in Kraft tritt.
(5) Jeder Mitgliedstaat kann vor dem Inkrafttreten dieses Protokolls gemäß Absatz 3 bei der Notifizierung nach Absatz 2 oder zu jedem späteren Zeitpunkt erklären, dass er dieses Protokoll in seinen Beziehungen zu den Mitgliedstaaten, die eine Erklärung gleichen Inhalts abgegeben haben, anwenden wird. Diese Erklärungen werden 90 Tage nach ihrer Hinterlegung wirksam.
(6) Ungeachtet der Absätze 3 bis 5 wird das Inkrafttreten oder die Anwendung dieses Protokolls in den Beziehungen zwischen zwei Mitgliedstaaten erst wirksam, wenn das Rechtshilfeübereinkommen von 2000 zwischen diesen Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist oder zur Anwendung gelangt.
(7) Dieses Protokoll findet auf die Rechtshilfe Anwendung, die nach dem Zeitpunkt, zu dem es zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist oder gemäß Absatz 5 angewendet wird, eingeleitet wird.
Artikel 14 Beitrittsstaaten
(1) Dieses Protokoll steht allen Staaten, die Mitglied der Europäischen Union werden und die dem Rechtshilfeübereinkommen von 2000 beitreten, zum Beitritt offen.
(2) Der vom Rat der Europäischen Union in der Sprache des beitretenden Staates erstellte Wortlaut dieses Protokolls ist verbindlich.
(3) Die Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.
(4) Dieses Protokoll tritt für jeden beitretenden Staat 90 Tage nach Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde in Kraft oder aber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls, wenn dieses bei Ablauf des genannten Zeitraums von 90 Tagen noch nicht in Kraft getreten ist.
(5) Ist dieses Protokoll zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Beitrittsurkunde noch nicht in Kraft getreten, so findet Artikel 13 Absatz 5 auf die beitretenden Mitgliedstaaten Anwendung.
(6) Ungeachtet der Absätze 4 und 5 wird das Inkrafttreten oder die Anwendung dieses Protokolls in Bezug auf den beitretenden Staat erst wirksam, wenn das Rechtshilfeübereinkommen von 2000 in Bezug auf diesen Staat in Kraft getreten ist oder zur Anwendung gelangt.
Artikel 15 Position Islands und Norwegens
Artikel 8 stellt Maßnahmen dar, die eine Änderung der in Anhang 1 des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands3) (nachstehend "Assoziierungsübereinkommen" ) genannten Bestimmungen bewirken oder sich auf diese Bestimmungen stützen.
Artikel 16 Inkrafttreten für Island und Norwegen
(1) Unbeschadet des Artikels 8 des Assoziierungsübereinkommens tritt die in Artikel 15 genannte Bestimmung für Island und Norwegen 90 Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem der Rat und die Kommission die Informationen nach Artikel 8 Absatz 2 des Assoziierungsübereinkommens über die Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Voraussetzungen erhalten haben, in ihren gegenseitigen Beziehungen zu allen Mitgliedstaaten, für die das Protokoll bereits nach Artikel 13 Absätze 3 oder 4 in Kraft getreten ist, in Kraft.
(2) Das Inkrafttreten dieses Protokolls für einen Mitgliedstaat nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Artikel 15 genannten Bestimmung für Island und Norwegen bewirkt, dass diese Bestimmung auch in den gegenseitigen Beziehungen zwischen diesem Mitgliedstaat sowie Island und Norwegen anwendbar ist.
(3) Die in Artikel 15 genannte Bestimmung wird in jedem Fall für Island und Norwegen erst rechtsverbindlich, wenn die in Artikel 2 Absatz 1 des Rechtshilfeübereinkommens von 2000 genannten Bestimmungen in Bezug auf diese beiden Staaten in Kraft treten.
(4) Unbeschadet der Absätze 1, 2 und 3 tritt die in Artikel 15 genannte Bestimmung für Island und Norwegen spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls für den fünfzehnten Staat, der zum Zeitpunkt der Annahme des Rechtsakts über die Erstellung dieses Protokolls durch den Rat Mitglied der Europäischen Union ist, in Kraft.
Artikel 17 Verwahrer
Verwahrer dieses Protokolls ist der Generalsekretär des Rates der Europäischen Union.
Der Verwahrer veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften den Stand der Annahmen und Beitritte, die Erklärungen sowie alle sonstigen Notifizierungen im Zusammenhang mit diesem Protokoll.
Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschriften unter dieses Protokoll gesetzt.
Geschehen zu Luxemburg am 16. Oktober 2001 in einer Urschrift in dänischer, deutscher, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist. Die Urschrift wird im Archiv des Generalsekretariats des Rates der Europäischen Union hinterlegt. Der Generalsekretär übermittelt jedem Mitgliedstaat eine beglaubigte Abschrift dieser Urschrift.
1) ABl. L 344 vom 15. Dezember 1997, S. 7.
2) ABl. C 197 vom 12. Juli 2000, S. 3.
3) ABl. L 176 vom 10. Juli 1999, S. 36.
Denkschrift
I. Allgemeines
Am 16. Oktober 2001 haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf das Protokoll zum EU-Rechtshilfeübereinkommen vom 29. Mai 2000 (ProtEU-RhÜbk; ABl. EG C 326/1 bis 8 vom 16. Oktober 2001) geeinigt. Während das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 29. Mai 2000 (EU-RhÜbk) insbesondere neue Rechtsgrundlagen für die sog. "modernen Ermittlungsmethoden" schafft, trägt das Zusatzprotokoll den Bedürfnissen grenzüberschreitender strafrechtlicher Ermittlungen im Banken- und Finanzsektor Rechnung.
Die Nutzung des legalen Geld- und Kapitalverkehrs durch Straftäter stellt die Ermittlungsbehörden vor besondere Probleme. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die bestehenden Instrumente der Strafverfolgungsbehörden den schnell sich wandelnden Entwicklungen im kriminellen Sektor nicht ausreichend gerecht werden. Terrorismus und organisierte Kriminalität können ohne eine ausreichende finanzielle Grundlage nicht existieren. Insbesondere die Ereignisse des 11. September 2001 haben weltweit das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen terroristischen Anschlägen und undurchschaubaren Zahlungsströmen geschärft. Die Umwandlung von illegalem zu legalem Geld ist für Straftäter daher notwendige Handlungsvoraussetzung. Es war daher erforderlich, auch den Strafverfolgungsbehörden die für eine moderne und effektive Strafverfolgung notwendigen Instrumentarien an die Hand zu geben.
II. Verhältnis zu anderen Übereinkommen
Das Protokoll ergänzt die bestehenden Übereinkommen zur Rechtshilfe in Strafsachen, insbesondere:
- - das Europäische Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EuRhÜbk - BGBl. 1964 II S. 1369),
- - das Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen (ZP-EuRhÜbk - BGBl. 1990 II S.124),
- - die Bestimmungen über die Rechtshilfe in Strafsachen des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ), die durch Artikel 2 Abs. 2 EU-RhÜbk nicht aufgehoben werden (BGBl. 1993 II S. 1010),
- - das Übereinkommen vom 29. Mai 2000 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtshilfe in Strafsachen (EU-RhÜbk).
III. Zu den Artikeln
Zu Artikel 1
Absatz 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten, Regelungen zu schaffen, die sie in die Lage versetzen festzustellen, ob eine natürliche oder juristische Person, gegen die in einem anderen Mitgliedstaat ein Ermittlungsverfahren geführt wird, im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaates ein Konto unterhält. Gemäß Satz 2 sind auf Ersuchen auch solche Konten mitzuteilen, für die der Beschuldigte eine Vollmacht besitzt.
Diese Verpflichtung wurde mit Einführung eines automatisierten Abrufverfahrens gemäß § 24c KWG in Deutschland bereits umgesetzt.
Soweit das Protokoll in Artikel 1 Abs. 1 nicht nur sämtliche Konten erfasst, die eine Person unterhält, sondern auch solche, die eine Person kontrolliert, sind entsprechend dem Erläuternden Bericht zum Protokoll Konten eingeschlossen, deren tatsächlicher wirtschaftlicher Nutznießer eine Person ist. Dieser Vorgabe wurde durch die Aufnahme der "abweichend wirtschaftlich Berechtigten" in den Adressatenkreis des § 24c KWG Rechnung getragen.
Die im Protokoll vorgesehene Verpflichtung einer Erstreckung des Auskunftsverfahrens auch auf Konten, für die die Person, gegen die ermittelt wird, eine Vollmacht besitzt (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2), wurde durch die Aufnahme der "Verfügungsberechtigten" in den Pflichtenkreis des § 24c KWG umgesetzt.
Absatz 2 stellt klar, dass die Verpflichtung, Informationen zur Verfügung zu stellen, nur insoweit gilt, wie die kontoführende Bank hierüber bereits verfügt. Damit wird verdeutlicht, dass durch das Protokoll keine neuen Verpflichtungen zur Aufbewahrung bankkontenbezogener Informationen begründet werden, die über die bestehenden Verpflichtungen hinausgehen.
Absatz 3 bestimmt den Kreis der Straftaten, die zu einem Ersuchen nach Artikel 1 berechtigen. Danach ist erforderlich, dass
- - die zugrunde liegende Straftat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Besserung und Sicherung im Höchstmaß von mindestens vier und nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates mit einer solchen von mindestens zwei Jahren bedroht ist, oder
- - es sich um eine Straftat handelt, die in Artikel 2 des Übereinkommens von 1995 zur Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (Europol-Übereinkommen) oder im Anhang zu jenem Übereinkommen in der geänderten Fassung aufgeführt ist, oder
- - soweit sie nicht unter das Europol-Übereinkommen fällt, es sich um eine Straftat handelt, die in dem Übereinkommen von 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften oder in dem dazugehörigen Protokoll von 1996 oder in dem dazugehörigen Zweiten Protokoll von 1997 aufgeführt ist.
Diese Beschränkung auf bestimmte Deliktsgruppen erklärt sich auch aus der Entstehungsgeschichte des Protokolls. Als die Beratungen hierzu im Jahre 2001 begannen, verfügte die Mehrzahl der Mitgliedstaaten noch über keinen Artikel 1 entsprechenden Mechanismus zur elektronischen Datenerfassung. Sollte damals festgestellt werden, ob eine Person beispielsweise in Deutschland ein Konto unterhält, so musste eine entsprechende Anfrage individuell an alle Banken und Kreditinstitute gestellt und die Rückläufer überwacht werden. Bei mehr als 3 000 Kreditinstituten in Deutschland mussten derartige Anfragen auf wenige Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Mit der Einführung des § 24c KWG ist nun ein automatisierter Abruf möglich. Gleichwohl ist die Beschränkung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich.
In Absatz 4 werden bestimmte Begründungspflichten der ersuchenden Behörde formuliert. Diese muss alle verfügbaren Informationen, die die Erledigung des Ersuchens erleichtern können, mitteilen und angeben,
- - weshalb die erbetenen Auskünfte für die Aufklärung der Straftat erforderlich sind,
- - weshalb sie annimmt, dass die Konten von Banken in dem ersuchten Mitgliedstaat geführt werden, und - soweit dies möglich ist - welche Banken möglicherweise betroffen sind.
Nach Absatz 5 können die Mitgliedstaaten die Erledigung eines Ersuchens nach diesem Artikel von denselben Bedingungen abhängig machen, die für Ersuchen um Durchsuchung und Beschlagnahme gelten. Dies trifft für die Bundesrepublik Deutschland zu, denn es ist Artikel 5 EuRhÜbk zu beachten, der jedem Mitgliedstaat bei Rechtshilfeersuchen um Durchsuchungen und Beschlagnahmen eine Vorbehaltsmöglichkeit einräumt. Die Bundesrepublik hat insoweit erklärt, einem diesbezüglichen Ersuchen nur nachzukommen, wenn
- - die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende strafbare Handlung auch nach deutschem Recht strafbar ist und
- - die Erledigung des Rechtshilfeersuchens auch im Übrigen mit deutschem Recht vereinbar ist.
Absatz 6 räumt dem Rat der Europäischen Union die Befugnis ein, gemäß Artikel 34 Abs. 2 Buchstabe c EUV den Anwendungsbereich nach Absatz 3 zu erweitern.
Zu Artikel 2
Artikel 2 regelt Auskunftsersuchen im Hinblick auf ein bestimmtes, den Ermittlungsbehörden bereits bekanntes Bankkonto. Derartige Rechtshilfeersuchen sind seit langem auf der Grundlage des EuRhÜbk üblich. Allerdings erwähnt Artikel 2 nun erstmals ausdrücklich solche Ersuchen.
Absatz 1 regelt den Umfang des Auskunftsanspruchs. Dieser umfasst insbesondere Angaben zu Kontenbewegungen sowie der Identität des Überweisungsempfängers oder des Urhebers einer Überweisung. Diese Angaben sind von den deutschen strafverfahrensrechtlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 94 ff. StPO, gedeckt. Dabei ist es unerheblich, dass sich Artikel 2 nicht nur auf Konten bezieht, die mit einer Person in Zusammenhang stehen, gegen die ein Ermittlungsverfahren anhängig ist. Nach deutschem Verfahrensrecht ist es lediglich erforderlich, dass die sicherzustellenden Gegenstände als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können (§ 94 Abs. 1 StPO).
Absatz 2 stellt klar, dass sich die Verpflichtung nach Absatz 1 nur auf solche Informationen bezieht, die der Bank auch tatsächlich vorliegen. Damit wird verdeutlicht, dass durch das Protokoll keine neuen Verpflichtungen zur Aufbewahrung bankkontenbezogener Informationen begründet werden, die über die bestehenden Verpflichtungen, etwa nach dem Geldwäschegesetz, hinausgehen.
Absatz 3 schreibt vor, dass in einem Rechtshilfeersuchen nach Artikel 2 anzugeben ist, aus welchem Grund der ersuchende Staat die erbetenen Auskünfte für die Aufklärung der Straftat für erforderlich hält. Hiermit soll sichergestellt werden, dass Anfragen nach Artikel 2 nicht zum Zwecke eines unzulässigen Ausforschungsbeweises missbraucht wird. Dem Wortlaut nach bleibt die Vorschrift hinter den Anforderungen des § 94 StPO zurück, als dabei nicht die potentielle Beweisbedeutung und die Verhältnismäßigkeit der Beschlagnahme notwendig sind. Allerdings ist insoweit Absatz 4 zu beachten. Danach kann jeder Mitgliedstaat die Erledigung eines Ersuchens von den gleichen Bedingungen abhängig machen, die für Ersuchen um Durchsuchung und Beschlagnahme entsprechend Artikel 5 EuRhÜbk gelten. Insoweit wird bereits auf die Begründung zu Artikel 1 Abs. 5 verwiesen. Ein ausländisches Ersuchen nach Artikel 2 ist daher stets auch an den Anforderungen der §§ 94 ff. StPO zu messen.
Zu Artikel 3
Absatz 1 enthält eine Verpflichtung zur Überwachung von Bankgeschäften. Kontobewegungen, die während eines bestimmten künftigen Zeitraums vorgenommen werden, sollen überwacht werden. Diese Vorschrift war während der Verhandlungen äußerst umstritten, da eine Reihe von Mitgliedstaaten, auch Deutschland, aus rechtlichen Gründen unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Inanspruchnahme Dritter für die Strafverfolgung keine Kontoüberwachungen in Echtzeit vornehmen können. Nach Absatz 3 steht es jedem Mitgliedstaat daher frei, die Entscheidung "unter gebührender Berücksichtigung seines innerstaatlichen Rechts" zu treffen. Nach deutschem Strafprozessrecht ist allenfalls ein periodisches Auskunftsersuchen in dem Sinne möglich, dass in gewissen Zeitabständen rückwirkende Kontoabfragen durch die Strafverfolgungsbehörden vorgenommen werden. Solche Kontoabfragen sind aber nicht uneingeschränkt zulässig. Die §§ 94, 95 StPO setzen eine potentielle Beweisbedeutung für die anhängigen Ermittlungen voraus. Eine in die Zukunft gerichtete Überwachung in Echtzeit erlaubt das deutsche Strafverfahrensrecht nicht. Zwar ist die Wiederholung von Auskunftsersuchen, die jeweils auf dasselbe Rechtshilfeersuchen gestützt werden, zulässig. Dem können jedoch im Einzelfall durch den stets zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Notwendigkeit für die Ermittlungen, Angemessenheit der Belastung des Kreditinstituts) Grenzen gesetzt sein.
Absatz 4 sieht vor, dass die praktischen Einzelheiten der Überwachung zwischen den zuständigen Behörden des ersuchenden und des ersuchten Mitgliedstaates vereinbart werden.
Zu Artikel 4
Artikel 4 soll sicherstellen, dass der Kontoinhaber oder ein Dritter, gegen den sich eine Maßnahme nach den Artikeln 1 bis 3 richtet, hiervon durch die Bank nicht in Kenntnis gesetzt wird, damit der Ermittlungserfolg nicht vereitelt wird. Die Formulierung entspricht weitgehend Artikel 8 der Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (ABl. EG L 166 vom 28. Juni 1991). Allerdings steht es den Mitgliedstaaten frei, mit welchen Mitteln die Vertraulichkeit sichergestellt werden soll. In Deutschland wird die Vertraulichkeit bei Maßnahmen nach den Artikeln 1 bis 3 über die materiellen Strafvorschriften des StGB sichergestellt. So kann die Information des Kunden durch einen Mitarbeiter eines Kreditinstituts über eine Überwachungsmaßnahme eine Begünstigung (§ 257 StGB), eine Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder aber eine Geldwäsche (§ 261 StGB) darstellen.
Zu Artikel 5
Artikel 5 zielt auf eine Verbesserung der Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden und sieht eine Verpflichtung der zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaates vor, beim Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte bei der ersuchenden Behörde die Stellung eines weiteren Rechtshilfeersuchens anzuregen. Insbesondere bei verschachtelten Sachverhalten wird sich der konkrete Ermittlungsbedarf erst schrittweise feststellen lassen. Nimmt der ersuchte Mitgliedstaat Ermittlungen vor, so wird er in aller Regel aber noch vor dem ersuchenden Staat absehen können, ob sich weitere Ermittlungsansätze in seinem Hoheitsgebiet anbieten. Ist dies der Fall und droht beispielsweise die Gefahr des Untergangs der Beweismittel, so muss der ersuchende Mitgliedstaat umgehend die Möglichkeit haben, ein Nachtragsersuchen zu stellen. Dies setzt jedoch voraus, dass er so schnell wie möglich von allen weiteren verfahrensrelevanten Umständen in Kenntnis gesetzt wird und so die weiteren Schritte einleiten kann. Artikel 5 steht daher in engem Zusammenhang mit Artikel 7 EU-RhÜbk (sog. "Spontanauskünfte"). Soweit es erforderlich ist, personenbezogene Informationen an einen anderen Mitgliedstaat zu übermitteln, ohne dass bereits ein Rechtshilfeersuchen vorliegt, sind die Grenzen des § 83j IRG - neu - zu beachten.
Zu Artikel 6
Absatz 1 erleichtert die formalen Anforderungen, die an ein Nachtragsersuchen zu stellen sind. Grundsätzlich muss jedes Rechtshilfeersuchen die in Artikel 14 EuRhÜbk genannten Angaben enthalten. Soll ein bereits übermitteltes Rechtshilfeersuchen ergänzt oder erweitert werden, so sieht Artikel 6 Abs. 1 nunmehr vor, dass die bereits übermittelten Angaben, etwa die Identität des Beschuldigten (Artikel 14 Abs. 1 Buchstabe b) nicht erneut mitgesandt werden müssen. Allerdings kann dies nur insoweit gelten, als das Nachtragsersuchen aus den bereits übermittelten Informationen heraus verständlich ist. Wird der Tatvorwurf ausgeweitet oder eine weitere Person als Beschuldigter in die Ermittlungen einbezogen, ohne dass das Erstersuchen hierzu Angaben enthielte, muss auch das Nachtragsersuchen den Anforderungen des Artikels 14 EuRhÜbk entsprechen.
Absatz 2 trägt der Situation Rechnung, dass nach dem Rahmenbeschluss des Rates über gemeinsame Ermittlungsgruppen vom 13. Juni 2002 (ABl. EG L 162/1 vom 20. Juni 2002) sowie Artikel 13 EU-RhÜbk im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe zukünftig Angehörige von Ermittlungsbehörden anderer Mitgliedstaaten aktiv in die Ermittlungen in einem Mitgliedstaat eingebunden werden können. Die Mitglieder einer Gemeinsamen Ermittlungsgruppe sollen nach Absatz 2 unmittelbar vor Ort ein ergänzendes Rechtshilfeersuchen anbringen können. Allerdings schafft Absatz 2 keine von Artikel 24 EuRhÜbk und Artikel 24 EU-RhÜbk abweichenden neuen Kompetenzen. So wird der Mitgliedstaat, dem der ausländische Beamte ein Nachtragsersuchen übermittelt, dieses nur dann akzeptieren müssen, wenn der Beamte als Vertreter einer zuständigen Behörde im Sinne der genannten Vorschriften gehandelt hat. Insbesondere begründet Artikel 6 keine Verlagerung justizieller Befugnisse der Rechtshilfe in Strafsachen auf Polizeibehörden, auch wenn ein Polizeibeamter in eine gemeinsame Ermittlungsgruppe in einem anderen Mitgliedstaat entsandt wurde.
Zu Artikel 7
Artikel 7 schließt den Einwand des "Bankgeheimnisses" als Grund, der zur Verweigerung der Rechtshilfe berechtigen würde, aus. Nach deutschem Strafverfahrensrecht steht das Bankgeheimnis Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen wie auch anderen Ermittlungsmaßnahmen nicht entgegen.
Zu Artikel 8
Artikel 8 greift die Regelungen der Artikel 1 und 2 des Ersten Zusatzprotokolls zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen vom 17. März 1978 (ZP-EuRhÜbk) auf.
Nach Absatz 1 kann die Rechtshilfe nicht alleine deswegen verweigert werden, weil dem Ersuchen eine Handlung zugrunde liegt, die von dem ersuchten Mitgliedstaat als fiskalische strafbare Handlung qualifiziert wird. Absatz 1 entspricht damit Artikel 1 ZP-EuRhÜbk. Die Vorschrift enthält keine Definition der "fiskalischen Handlung". In Anlehnung an Artikel 2 Abs. 2 ZP-EuRhÜbk und Artikel 5 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 (BGBl. 1964 II S. 1369) sind hierunter Abgaben-, Steuer-, Zoll- und Devisenstrafsachen zu verstehen. Das vorliegende Zusatzprotokoll lässt Artikel 2 Buchstabe b EuRhÜbk unberührt, so dass übergeordnete staatliche Interessen, einschließlich des Schutzes wesentlicher Interessen der von der Rechtshilfeleistung betroffenen Personen, wie sie beispielsweise in § 117 Abs. 3 Nr. 4 AO angeführt werden, soweit sie Teil des ordre public sind, auch weiterhin zur Verweigerung der Rechtshilfe berechtigen.
Absatz 2 behandelt in Anlehnung an Artikel 2 ZP-EuRhÜbk und Artikel 5 EuRhÜbk die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme wegen fiskalischer strafbarer Handlungen. Die Bundesrepublik hat von der Möglichkeit, einen Vorbehalt zu Artikel 5 Buchstabe a EuRhÜbk anzubringen, Gebrauch gemacht und alle Rechtshilfeersuchen, die auf eine derartige Maßnahme gerichtet sind, der Bedingung der beiderseitigen Strafbarkeit unterworfen. Absatz 2 bestimmt, dass die beiderseitige Strafbarkeit bereits dann vorliegt, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat lediglich einer strafbaren Handlung "derselben Art" nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates entspricht. Erforderlich ist daher nur, dass das Recht des ersuchten Mitgliedstaates überhaupt eine entsprechende Kategorie von Straftaten kennt.
Die Vorschrift stellt eine Weiterentwicklung des Artikels 50 SDÜ dar, der durch Absatz 3 aufgehoben wird.
Zu Artikel 9
Artikel 9 schließt den Einwand der politischen Straftat im Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander aus und hebt so Artikel 2 Buchstabe a EuRhÜbk inhaltlich auf. Nach dieser Vorschrift kann die Leistung von Rechtshilfe verweigert werden, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat vom ersuchten Staat als politische oder damit zusammenhängende strafbare Handlung angesehen wird. Historisch hat sich der Grundsatz aus dem Interesse des ersuchten Staates entwickelt, sich nicht durch die Leistung von Rechtshilfe in innerstaatliche Auseinandersetzungen eines anderen Staates einmischen zu müssen. In Verträgen neuerer Zeit - wie etwa dem Auslieferungsübereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 27. September 1996 (EU-AuslÜbk - BGBl. 1998 II S. 1210) - wird der Grundsatz im Interesse der internationalen Verbrechensbekämpfung stark eingeschränkt. Im Verhältnis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union findet künftig nach den Regeln über den Europäischen Haftbefehl (ABl. EG (Nr. ) L 190 S. 1) das Auslieferungsverbot wegen politisch strafbarer Handlungen keine Anwendung mehr.
Artikel 9 Abs. 2 eröffnet den Mitgliedstaaten allerdings die Möglichkeit, im Rahmen der Notifizierung nach Artikel 13 Abs. 2 zu erklären, diesen Grundsatz nur anzuwenden in Bezug auf
- - strafbare Handlungen nach Artikel 1 und 2 des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus (EuTerrÜbk) sowie
- - Straftaten der Verabredung einer strafbaren Handlung oder der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, die dem in Artikel 3 Abs. 4 EU-AuslÜbk beschriebenen Verhalten entsprechend und die darauf gerichtet sind, eine oder mehrere strafbare Handlungen nach den Artikeln 1 und 2 EuTerrÜbk zu begehen.
Die Bundesregierung beabsichtigt, keine Erklärung gemäß Artikel 9 Abs. 2 abzugeben.
Bereits jetzt ist das Rechtshilfeverbot bei gemeinen Straftaten, die unter Berufung auf politische Motive begangen werden, im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bedeutungslos. Um politisch motivierte Gewaltanwendung nicht zu unterstützen, kann auf seine Geltung im Rahmen der Europäischen Union ohne Einschränkung verzichtet werden. In einer Gemeinschaft demokratischer Rechtsstaaten mit ähnlichen, der Wahrung der Menschenrechte verpflichteten politischen Systemen besteht kein Anlass mehr, die Rechtshilfe wegen der klassischen politischen Delikte im Bereich des Staatsschutzstrafrechts zu versagen.
Absatz 3 bestimmt, dass die von den Mitgliedstaaten zu Artikel 13 EuTerrÜbk abgegebenen Erklärungen auf die Rechtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten keine Anwendung finden. In diesem Zusammenhang ist auch Artikel 12 des Zusatzprotokolls vom 16. Mai 2003 zum EuTerrÜbk zu beachten.
Zu Artikel 10
Bei der Beratung zu dem Zusatzprotokoll bestand Einvernehmen zwischen den Mitgliedstaaten, die Gründe, die zur Verweigerung eines Rechtshilfeersuchens berechtigen, auf ein Mindestmaß zu verringern. Allerdings bestanden unterschiedliche Auffassungen zur Reichweite eines derartigen Ausschlusses der Verweigerungsgründe. Die Mitgliedstaaten haben sich daher in Artikel 10 Abs. 1 auf einen Evaluierungsmechanismus geeinigt, der den Rat in die Lage versetzt, auf der Grundlage der ihm übermittelten Informationen die Funktionsweise der Rechtshilfe in Strafsachen zu bewerten.
Absatz 1 benennt drei Konstellationen, in denen der ersuchte Mitgliedstaat verpflichtet ist, seine mit Gründen versehene endgültige ablehnende Entscheidung dem Rat vorzulegen:
- a) Die erbetene Rechtshilfehandlung wird unter Verweis auf Artikel 2 Buchstabe b EuRhÜbk abgelehnt, d.h. aus Gründen der nationalen Souveränität, der Sicherheit, der öffentlichen Ordnung oder anderer wesentlicher Interessen.
- b) Die Rechtshilfe wird wegen fehlender beiderseitiger Strafbarkeit entsprechend Artikel 5 EuRhÜbk bzw. Artikel 51 SDÜ abgelehnt.
- c) Ein Rechtshilfeersuchen auf der Grundlage dieses Protokolls wird nach Artikel 1 Abs. 5 oder Artikel 2 Abs. 4 verweigert.
Die Aufgabe des Rates beschränkt sich auf eine allgemeine Bewertung hinsichtlich der Relevanz der Verweigerungsgründe. Es wird daher nicht erforderlich sein, dem Rat personenbezogene Daten zu übermitteln.
Absatz 2 stellt klar, dass sich die Mitgliedstaaten bei Schwierigkeiten nach Absatz 1 auf der Grundlage des Beschlusses des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust jederzeit an Eurojust wenden können.
Zu Artikel 11
Nach dieser Vorschrift sind Vorbehalte zu dem Protokoll mit Ausnahme solcher zu Artikel 9 Abs. 2 (politische Straftaten) nicht zulässig.
Zu Artikel 12
Die Vorschrift knüpft an Artikel 26 EU-RhÜbk an, wonach das EU-RhÜbk auf Gibraltar wirksam wird, sobald auch das Europäische Rechtshilfeübereinkommen von 1957 auf Gibraltar ausgedehnt worden ist. Dementsprechend sieht Artikel 12 die Anwendung des Protokolls auf Gibraltar vor, sobald auch das EU-RhÜbk gemäß Artikel 26 EU-RhÜbk in Gibraltar wirksam geworden ist.
Zu Artikel 13
Diese Vorschrift enthält hinsichtlich des Inkrafttretens eine analoge Vorschrift zu Artikel 27 EU-RhÜbk, wobei die Besonderheit gilt, dass das Protokoll nicht in Kraft treten oder vorläufige Anwendung beanspruchen kann, bevor nicht auch das EU-RhÜbk im Verhältnis der beteiligten Mitgliedstaaten in Kraft getreten oder zur vorläufigen Anwendung gekommen ist.
Zu Artikel 14
Nach dieser Vorschrift steht allen Staaten, die Mitglied der Europäischen Union werden, auch das Protokoll zum Beitritt offen. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Staaten auch dem EU-RhÜbk beitreten.
Zu Artikel 15
Die Vorschrift entspricht Artikel 2 EU-RhÜbk und hat klarstellenden Charakter. Danach ist Artikel 8 über fiskalische strafbare Handlungen als Änderung der in Anhang 1 des Übereinkommens zwischen dem Rat der EU und der Republik Island sowie dem Königreich Norwegen über die Assoziierung beider Staaten hinsichtlich des Schengen-Besitzstandes (ABl. EG L 176 vom 10. Juli 1999, S. 36) zu betrachten.
Zu Artikel 16
Artikel 16 regelt das Inkrafttreten des Protokolls für Island und Norwegen. Im Gegensatz zu Artikel 13 sieht Artikel 16 keine Möglichkeit der vorzeitigen Anwendbarkeit vor.
Zu Artikel 17
Nach dieser Vorschrift ist der Generalsekretär des Rates Verwahrer des Protokolls.