30. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass im Rahmen des Programms "Zusammenarbeit" des FRP 7, unter dem Thema "Gesundheit" die Lungenkrankheiten Berücksichtigung finden.
Begründung zu Ziffern 27 bis 30 (nur gegenüber dem Plenum):
Das Thema "Gesundheit" des Programms "Zusammenarbeit" des FRP 7 Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007 bis 2013) hat unter anderem zum Ziel, die Gesundheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.
Dabei werden beispielsweise Maßnahmen zur transnationalen Forschung auf dem Gebiet schwerer Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes/Adipositas, seltener Krankheiten und sonstiger chronischer Krankheiten (z.B. Osteoarthritis) gefördert.
In dieser Liste fehlen die Lungenkrankheiten, obwohl Erkrankungen wie Lungenentzündung, Asthma und Bronchitis neben den bösartigen Neubildungen in Bronchien (Lungenkrebs) zu den großen Volkskrankheiten zählen.
In der Todesursachenstatistik 2004 für die Bundesrepublik Deutschland liegt die Todesursache "Krankheiten des Atmungssystems" auf dem dritten Platz nach Herz-Kreislauferkrankungen und bösartigen Neubildungen. An Krankheiten des Atmungssystems einschließlich Lungenkrebs sind im Jahr 2004 insgesamt 92 298 Menschen gestorben. Das entspricht 11,3 % aller Todesfälle im Jahr 2004. Davon sind 52 500 Menschen (6,4 %) an Krankheiten des Atmungssystems (ohne Lungenkrebs) und 39 798 (4,9 %) an Lungenkrebs gestorben.
Die Lungenentzündung, die COPD (chronic obstructive pulmonary disease/chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung), die Tuberkulose und der Lungenkrebs finden sich in der Rangliste der weltweit häufigsten zehn tödlichen Krankheiten neben Herzkranzgefäßerkrankungen, Schlaganfall, Durchfallerkrankungen, Säuglingssterblichkeit, Masern und Verkehrsunfällen.
Nach Hochrechnungen von Epidemiologen (Murray C.J.L., A.D. Lopez 1997) wird die Zahl der Erkrankungen der Lunge weiterhin zunehmen. Bis zum Jahr 2020 werden sie global betrachtet nach den Herz-Kreislauferkrankungen die verbreitetsten Erkrankungen darstellen und in der Reihenfolge der weltweit häufigsten zehn tödlichen Krankheiten ganz oben stehen: COPD auf Rang drei, Pneumonie auf Rang vier, Lungenkrebs auf Rang fünf und die Tuberkulose auf Rang sieben.
Die Ursachen hierfür liegen zum einen in der sich ändernden Altersstruktur unserer Bevölkerung, zum anderen in dem unverändert anhaltenden Tabakkonsum als der Hauptursache für die Entstehung von Lungenkrebs und COPD.
Während die Tuberkulose in Deutschland zurückgeht und epidemiologisch keine große Rolle mehr spielt, hat sie weltweit ihren Schrecken noch lange nicht verloren, im Gegenteil: Die Tuberkulose ist immer noch die häufigste zum Tode führende Infektionskrankheit, ihre Verbreitung nimmt zu. Die Erkrankung zeigt zunehmend Resistenzen gegenüber Medikamenten. Somit dürfte die Migration aus Ländern mit hoher Tuberkulose-Prävalenz alle Industrienationen vor zunehmende Probleme stellen. Auch die Pneumonie (Lungenentzündung) wird in Zukunft entsprechend der sich ändernden Altersstruktur unserer Bevölkerung vermehrt auftreten.
Lungenkrebs ist, den geschätzten Neuerkrankungszahlen des Diagnosejahres 2000 zufolge, sowohl bei Männern als auch bei Frauen die dritthäufigste Erkrankung. Etwa 31 800 Neuerkrankungen jährlich entsprechen knapp 16 % aller Krebsneuerkrankungen bei den Männern. Bei den Frauen macht der Lungenkrebs mit jährlich mittlerweile etwa 10 400 Neuerkrankungen 5,4 % aller bösartigen Neubildungen aus. Noch höher fällt der Anteil des Lungenkrebses an allen Krebstodesfällen mit 26,8 % bei Männern und 9,8 % bei Frauen aus. Das mittlere Erkrankungsalter liegt mit 67 Jahren bei Männern und 68 Jahren bei Frauen ebenso hoch wie der Durchschnitt aller Krebserkrankungen. In Deutschland wurde die höchste Neuerkrankungsrate bei Männern Mitte der 70er bis Ende der 80er Jahre erreicht. Seitdem ist ein rückläufiger Trend erkennbar. Bei den Frauen dagegen steigt die Inzidenz weiterhin kontinuierlich an. Die unterschiedliche Trendentwicklung wird auf veränderte Rauchgewohnheiten bei Frauen und Männern zurückgeführt.
Die relative 5-Jahres-Überlebensrate mit Lungenkrebs ist für beide Geschlechter mit etwa 13 % bei Männern und 14 % für Frauen ähnlich. Damit gehört der Lungenkrebs zu den prognostisch ungünstigsten Krebsformen (Quelle: Krebs in Deutschland, Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland, 4. überarbeitete, aktualisierte Ausgabe 2004).
Die sozialmedizinische Bedeutung der Pneumologie zeigt sich besonders eindringlich, wenn man einen Blick auf die Statistiken der Berufsgenossenschaften und der Kranken- und Rentenversicherungsträger wirft: 59 % der erstmals entschädigten Berufskrankheiten entfallen auf Erkrankungen der Lunge (Quelle: HVGB 2003). Bei der Arbeitsunfähigkeit machen Krankheiten der Lunge und der Atemwege 25 % der Fälle und 15 % der Arbeitsunfähigkeitstage aus (Quelle: AOK 2003). Obwohl viele pneumologische Erkrankungen gut ambulant behandelt werden können, verursachen Patienten mit Erkrankungen der Lunge immerhin noch 7 % aller Krankenhaustage (Quelle: AOK 2003).
Im Jahre 2002 betrug das Sozialbudget in Deutschland 685 Milliarden Euro. 20,6 % davon entfielen auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen.
Der Anteil der Ausgaben für Gesundheit wies 2002 Gesamtaufwendungen in Höhe von 302 Milliarden Euro (einschließlich Einkommensleistungen) aus. Davon verursachten Lungenkrankheiten mit ca. 24 Milliarden Euro etwa so hohe Kosten wie Tumorerkrankungen, nur noch übertroffen von den Herz-Kreislaufkrankheiten.