9. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher darauf hinzuwirken, dass der Vorschlag der Kommission im Blueprint, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des CIS-Prozesses (Common Implementation Strategy; gemeinsame Umsetzungsstrategie) zur Wasserrahmenrichtlinie einen Leitfaden zum Wasserhandel zu entwickeln, nicht umgesetzt wird.
Der Blueprint enthält zu diesem Vorschlag folgende Erläuterung (Abschnitt 2.3 letzter Absatz vor Tabelle 3 der Vorlage):
"Sechstens ist auch der zumeist außerhalb der EU praktizierte Wasserhandel ein Instrument, das dazu beitragen könnte, die Wassereffizienz zu verbessern und das Wasserstressproblem zu beseitigen, sofern eine nachhaltige Obergrenze für die Wassernutzung festgelegt und angewendet wird. Der Wasserhandel ist mit einem relativ hohen Verwaltungsaufwand verbunden und grundsätzlich nur für Wassernutzer in einem bestimmten Einzugsgebiet sinnvoll. Die Einführung eines derartigen Systems ist auf EU-Ebene zwar wenig nützlich, die Kommission schlägt aber dennoch die Entwicklung eines CIS-Leitfadens vor, um die Entwicklung des Wasserhandels in Mitgliedstaaten zu unterstützen, die einen solchen Handel anstreben."
Ein "CIS-Leitfaden zum Wasserhandel" würde letztlich die Privatisierung von Wasserressourcen ins Spiel bringen und unterstützen. In Deutschland (wie in Europa im Allgemeinen) ist Wasser ein öffentliches Gemeingut. Laut Präambel der Wasserrahmenrichtlinie (Erwägungsgrund 1) ist Wasser "keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss".
In Deutschland ist die öffentliche Wasserversorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge im Wasserhaushaltsgesetz und als Aufgabe in kommunaler Zuständigkeit und Verantwortung in den Gemeindeordnungen verankert. Grundwasser, die beste und in Deutschland die wichtigste Trinkwasserressource, ist nach dem deutschen Wasserrecht nicht eigentumsfähig. Grundwassernutzungen können nur nach dem Bewirtschaftungsermessen der zuständigen Fach- und Rechtsbehörden wasserrechtlich gestattet werden. Dadurch - und nur dadurch - können ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement, ein sparsamer Umgang mit dem nutzbaren Wasserdargebot und eine Bewahrung des guten mengenmäßigen Zustands im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie gewährleistet werden. Jede wasserrechtliche Gestattung für eine Wasserentnahme erfordert einen begründeten Nachweis des Bedarfs und der sparsamen Verwendung. Ein Handel oder eine Versteigerung von Wasserrechten wäre mit dem deutschen Wasserrecht und einer nachhaltigen Wasserpolitik nicht vereinbar.
Die Kommission selbst (siehe obiges Zitat) sieht nur einen allenfalls begrenzten
Sinn in einer Privatisierung von Wasserrechten bzw. Wasserressourcen. Die inhaltliche Verbindung von Privatisierung und Wassereffizienz im Blueprint ist vor dem Hintergrund weltweit ausgiebiger Diskussionen bestenfalls als zweifelhaft zu bezeichnen.
Im Übrigen wäre die Einführung eines Wasserhandels und der dafür nötigen rechtlichen Änderungen eine politische Entscheidung der Mitgliedstaaten in eigener Zuständigkeit. Eine Empfehlung zur Unterstützung des Wasserhandels in Form eines europäischen CIS-Leitfadens ist daher abzulehnen und wäre nicht kohärent mit der bisherigen EU-Wasserpolitik.