Der Bundesrat hat am 24. September 2004 verschiedene Entschließungen zur "Verordnung zur Anpassung der Gefahrstoffverordnung an die EG-Richtlinie 98/24/EG und andere EG-Richtlinien" gefasst (Drucksache 413/04(B) ; 1.10.2004).
Beigefügt übermittle ich Ihnen die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesen Entschließungen.
Stellungnahme der Bundesregierung zu den Entschließungen des Bundesrats
(BR-Drs. 413/04 (PDF) ; 1.10.2004)
1) Zur Verordnung allgemein
Die Bundesregierung hat die Initiative ergriffen und im Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) eine Risikodiskussion in Gang gesetzt. Der AGS hat die Initiative aufgegriffen und eine Projektgruppe "Risikoakzeptanz" eingerichtet. Die konstituierende Sitzung war am 25. Juli 2006. Die Länder sind über ihre Mitgliedschaft im AGS und in der Projektgruppe in die Diskussion eingebunden und somit aktiv an der möglichen Entwicklung eines neuen Bewertungskonzepts beteiligt.
2) Die Bundesregierung
sieht ebenfalls ein Problem in der mangelhaften Qualität von Sicherheitsdatenblättern. Mit der Einführung des Fachkunde-Erfordernisses in die Gefahrstoffverordnung wurde das Ziel verfolgt, die. Qualität der Sicherheitsdatenblätter zu erhöhen. Eine Abfrage der Länder ergab ein differenziertes Bild, wobei jedoch überwiegend keine neuen Erkenntnisse über eine wesentliche Verbesserung der Qualität der Sicherheitsdatenblätter vorlagen. Die Bundesregierung wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Vollzugsbehörden der Länder die Qualität von Sicherheitsdatenblättern kontinuierlich überprüfen und würde es begrüßen, wenn sich die Länder der Forderung von Arbeitsschutzexperten nach Ersatz der Fachkunde durch eine Sachkunde in der Gefahrstoffverordnung anschließen könnten. Zukünftig wird auch von der neuen EG-REACH-Verordnung eine Qualitätsverbesserung bei Sicherheitsdatenblättern erwartet.
3) Aufbewahrungspflichten für Expositionsermittlungen etc.
sind im Hinblick auf die Erfüllung der Versicherungsaufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung von Bedeutung. Eine Verpflichtung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Aufbewahrung entsprechender Daten sollte aber nicht im Rahmen der Gefahrstoffverordnung erfolgen.
Das BMAS prüft für die gesetzliche Unfallversicherung inwieweit eine Ergänzung des SGB VII erforderlich ist.
4) Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 2 Satz 4 GefStoffV)
Technische Regeln zur Präzisierung der Inhalte der neuen Gefahrstoffverordnung werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe fortlaufend erarbeitet. Im Ausschuss entscheiden die beteiligten Kreise, welche Regeln sie dem BMAS zur Veröffentlichung vorschlagen. Der Ausschuss sollte nach Auffassung der Bundesregierung eine Präzisierung der Regelung zur Selbsteinstufung von Stoffen und Zubereitungen nach § 7 Abs. 2 Satz 4 GefStoffV vornehmen, sobald die Details der neuen EG-REACH-Verordnung und der EG-GHS-Verordnung festliegen. Die Kohärenz der technischen Regel mit den neuen EG-Regelungen muss sichergestellt werden. Auf EG-Ebene ist als Hilfestellung für die Arbeitgeber die Erarbeitung von Leitfäden zur Selbsteinstufung von Stoffen und Zubereitungen beabsichtigt. Unabhängig von den vorgesehenen Verfahrensschritten besteht schon jetzt die Möglichkeit einer fachkundigen externen Beratung.
5) Zu Artikel 1 ( § 9 Abs. 2 GefStoffV)
Über die Erarbeitung technischer Regeln zur Präzisierung der Inhalte der neuen Gefahrstoffverordnung entscheidet der Ausschuss für Gefahrstoffe. Die beteiligten Kreise einschließlich der Länder legen im Ausschuss die Rangfolge der zu erarbeitenden Regeln fest. .
6) Zu Artikel 1 (§ 9 Abs. 8 Satz 2 GefStoffV)
Zu Abs. 1 der Entschließung 6:
Der AGS hat mit der TRGS 420 "Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien" (Ausgabe Januar 2006) die Grundlage geschaffen, dass bei Anwendung eines VSK, zukünftig Arbeitsplatzmessungen entfallen können. Die Bundesregierung erwartet, dass alle Mitglieder des AGS die Erstellung von VSK unterstützen.
Zu Abs. 2 der Entschließung 6:
Die Gefahrstoffverordnung sieht eine Messpflicht nur vor, wenn die Wirksamkeit einer Maßnahme nicht anderweitig geprüft werden kann. Sofern die Wirksamkeit einer Maßnahme bei Stoffen ohne Grenzwert nicht anderweitig geprüft werden kann, können vergleichende Messungen vor und nach der Durchführung einer Maßnahme Aufschluss über deren Wirksamkeit bringen. Die erreichte Reduktion der Luftkonzentration ist dann der Beurteilungsmaßstab. Die im EG-Recht vorgesehene Regelung ist daher fachlich gerechtfertigt. Über die weitere Konkretisierung durch eine Technische Regel sollte im AGS entschieden werden.
- a) Regeln und Erkenntnisse gemäß § 21 GefStoffV können als untergesetzliches Recht nicht zu einer Verschärfung der Gefahrstoffverordnung führen. Sie dienen als Auslegungshilfe und zur Präzisierung. Nach § 8 Abs. 1 Satz 4 GefStoffV besteht die Möglichkeit, von diesen Regeln und Erkenntnissen abzuweichen, wenn durch andere Maßnahmen in vergleichbarer Weise der Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gewährleistet wird. Unnötige Belastungen von Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung daher nicht gegeben.
- b) Die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen ergibt sich aus deren intrinsischen Eigenschaften und erfolgt ausschließlich auf wissenschaftlicher Basis. Sie ist deshalb unabhängig von den Tätigkeiten und den getroffenen Schutzmaßnahmen. Eine Änderung dieses Vorgehens bei der Einstufung ist auch im kommenden neuen Einstufungssystem (GHS-System) nicht vorgesehen. Die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen sind dagegen abhängig von der Einstufung. Dies kann aber nicht bedeuten, dass eine Änderung der Einstufung auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht erfolgt, weil die getroffenen Schutzmaßnahmen weiterhin als ausreichend angesehen werden können.
- c) Über das EG-Recht hinausgehende nationale Schutzstandards im Arbeitsschutz bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen können nur durch eine Änderung der Gefahrstoffverordnung herbeigeführt werden. Bei einer Änderung der Gefahrstoffverordnung können die Länder über den Bundesrat stets Einfluss nehmen. Im Übrigen erfolgt eine Beteiligung der Länder im Rahmen regelmäßiger Bund-Länder-Referentenbesprechungen. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass das EG-Schutzniveau in verschiedenen Bereichen (z.B. bei Asbest) nur ein Mindestniveau darstellt und nicht zwangsläufig mit dem nationalen Niveau des Arbeitsschutzes übereinstimmt.
- d) Die Bundesregierung veröffentlicht nur Regeln und Erkenntnisse gemäß § 21 Abs. 4 der GefStoffV im Bundesarbeitsblatt, die im AGS einen ausreichenden Konsens gefunden haben. Die Länder wirken maßgeblich im Ausschuss für Gefahrstoffe mit.
- e) Die Bundesregierung schließt sich der Auffassung des Bundesrats an, dass die Mitarbeit von Vertretern kleiner und mittlerer Unternehmen im AGS wünschenswert und zu fördern ist. Sie sieht es als Aufgabe der Wirtschaft an, deren ausgewogene Interessenvertretung sicherzustellen.
8) Zur Aufbewahrung der Unterlagen
Die Regelungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind von den Mitgliedstaaten gemäß Richtlinie 2004/37/EG unter Berücksichtigung der in den Mitgliedstaaten üblichen Praxis und Rechtsvorschriften umzusetzen. Soweit die Richtlinie Vorgaben enthält, sind diese bei der Umsetzung grundsätzlich berücksichtigt worden. Die Regelung der GefStoffV zur Aufbewahrung der Unterlagen trägt der Tatsache Rechnung, dass durch die steigende Zahl von Arbeitsplatzwechseln innerhalb eines Berufslebens eine zentrale, personenbezogene Archivierung der Verzeichnisse nicht realisierbar ist. Deshalb soll die Aufbewahrung durch den Beschäftigten selbst erfolgen, wie es bereits mit anderen wichtigen Personalunterlagen geschieht. Die in der Bundesratsentschließung vorgeschlagene generelle Einstellung der Unterlagen in eine geschützte Datenbank würde zu einem erheblichen Bürokratie- und Kostenaufwand führen.
Unabhängig davon wird geprüft, inwieweit Lösungen über eine Ergänzung des SGB VII möglich sind.
9) Zu einer Verordnung über arbeitsmedizinische Vorsorge
Auf der Grundlage der Ergebnisse des Projekts "Rechtsreform Arbeitsmedizinische Vorsorge" ist eine einheitliche Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge geplant. In einem schrittweisen Vorgehen sollen die Arbeitsschutzvorschriften zusammengeführt und vereinheitlicht werden. Die fachliche Prüfung, welche spezifischen Regelungen in den speziellen Verordnungen verbleiben müssen, ist noch nicht abgeschlossen. Die geplante vorübergehende Aufnahme von Vorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in die Verordnung Lärm und Vibrationen versteht sich als Übergangslösung. Sie ist bedingt durch die aufgrund Fristablaufs besonders dringliche Umsetzung der entsprechenden Richtlinien.
Die Mitarbeit von Vertretern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen im AGS ist sichergestellt. Derzeit sind 4 Mitarbeiter von Hochschulen Mitglied oder Stellvertreter im AGS. Ferner arbeiten weitere Fachleute aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen in den Unterausschüssen des AGS aktiv mit.
11) Zu Artikel 3
Die Aktualisierung des Verweises in der 11. BImSchV erfolgt mit der im Herbst 2006 anstehenden Novellierung der 11. BImSchV (Federführung BMU).