Der Ministerpräsident Kiel, den 13. September 2005
des Landes Schleswig-Holstein
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident,
die schleswigholsteinische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die anliegende
- Entschließung des Bundesrates zur Einführung eines Alkoholverbots für Fahranfänger in der Probezeit bzw. für junge Fahrerzuzuleiten
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 23. September 2005 aufzunehmen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Harry Carstensen
Entschließung des Bundesrates zur Einführung eines Alkoholverbots für Fahranfänger während der Probezeit bzw. für junge Fahrer
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass trotz einer insgesamt seit längerer Zeit leicht abnehmenden Relevanz des Alkohols für das Unfallgeschehen die Zahl der bei Unfällen unter Alkoholeinfluss getöteten oder verletzten Fahranfänger bzw. jungen Fahrer im Verhältnis zu den übrigen Altersgruppen weiterhin besorgniserregend hoch ist.
- 2. Der Bundesrat ersucht die Bundesregierung, so bald als möglich eine Gesetzes-änderung, nämlich eine Änderung des § 24a StVG durch Einfügung eines neuen Ordnungswidrigkeitentatbestandes zu initiieren mit dem Ziel, für Fahranfänger in der Probezeit nach § 2a StVG ein Alkoholverbot einzuführen.
Begründung
Die besorgniserregende weit überdurchschnittliche Beteiligung junger Fahrzeugführer an Alkoholunfällen hat den Deutschen Verkehrsgerichtstag bereits 1998 veranlasst, als kurzfristig realisierbare Maßnahme ein absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger, beschränkt auf die Probezeit, zu fordern. Alle bisherigen Versuche, dies umzusetzen, sind allerdings gescheitert.
Zutreffend ist einerseits, dass seit einer Reihe von Jahren die Zahl der Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss kontinuierlich leicht zurückgegangen ist, so dass insoweit durchaus von einem positiven Trend gesprochen werden kann.
Andererseits ist der weit überproportional hohe Anteil junger Fahrer am alkoholbeeinflussten Unfallgeschehen im Wesentlichen unverändert geblieben und damit weiterhin besorgniserregend hoch. Junge Fahrer stellen rund ein Drittel aller an einem Unfall mit Getöteten oder Verletzten beteiligten PKW-Fahrer unter Alkoholeinfluss; der Anteil der 18 - 24jährigen an der Gesamtbevölkerung beträgt dagegen nur 8 %.
Im Jahr 2004 stand bei 22.566 Unfällen mit Personenschäden mindestens ein Beteiligter unter Alkoholeinfluss. Davon starben 706 (entsprechend 12 % aller im Straßenverkehr getöteten Verkehrsteilnehmer). Alkoholbedingte Unfälle sind in der Regel mit überdurchschnittlich schweren Folgen verbunden. Während im Jahr 2004 bei allen Unfällen mit Personenschäden 17 Getötete und 238 Schwerverletzte auf 1.000 Unfälle kamen, waren es bei alkoholbedingten Unfällen 31 Getötete und 380 Verletzte.
Das besonders hohe Unfallrisiko bei nächtlichen Freizeitfahrten am Wochenende wirft ein Schlaglicht auf das Problem: Junge Fahrer (18 - 24jährige) sind etwa doppelt so häufig an nächtlichen Unfällen beteiligt wie die zahlenmäßig weit größere Gruppe der 35 - 64jährigen. Dies verschärft sich noch drastisch, wenn Alkohol mit im Spiel ist. Eine Untersuchung aus dem Jahr 1998 (Krüger et al.) zur Alkoholproblematik junger Fahrer ergab, dass alkoholisierte junge Fahrer gegenüber Fahrern mittleren Alters ein 139-mal höheres Unfallrisiko haben.
Die Einführung eines Alkoholverbots für Fahranfänger in der Probezeit ist geeignet, dem alkoholbeeinflussten Unfallgeschehen bei Fahranfängern entgegenzuwirken. Wahrnehmungsstrategien und Automatismen der Fahrzeugbeherrschung sind erst im Aufbau begriffen. Bei jungen, insbesondere männlichen Fahranfängern tritt noch eine erhöhte Risikobereitschaft, oft auch Imponiergehabe in der Gruppe u. dgl. hinzu. Dabei führen nach einer Untersuchung (Krüger et al. 1995) bereits niedrige Alkoholkonzentrationen unter 0,3 Promille zu einem deutlichen Anstieg des Unfallrisikos.
Die bisherigen Vorarbeiten zur Einführung eines Alkoholverbots (von den Regelungen für besonders betroffene Berufsgruppen wie Bus- und Berufskraftfahrer sowie Schiffsführer abgesehen) setzen an der Probezeit für Fahranfänger (statt an einer fest definierten Altersgruppe, z.B. der Gruppe der unter 21-Jährigen) an.