A. Problem und Ziel
- Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung bzw. in den Beruf ist eine zentrale Weichenstellung im Bildungs- und Lebensweg aller Jugendlichen. Schülerinnen und Schüler mit einer anderen Erstsprache als Deutsch stehen dabei häufig vor besonderen Schwierigkeiten. So besuchen 44% der ausländischen, aber nur 19% der deutschen Jugendlichen eine Hauptschule. Der Anteil ausländischer Schülerinnen und Schüler, die die Hauptschule ohne Abschluss verlassen, betrug im Jahr 2006 bundesweit 16,8%.
- Der Bildungsgrad der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt sowohl im schulischen als auch im beruflichen Bereich im Durchschnitt unter dem Niveau Gleichaltriger ohne Migrationshintergrund. Darüber hinaus ist das faktische Berufsspektrum der Jugendlichen mit Migrationshintergrund sehr viel begrenzter, als das der Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. Jugendliche mit Migrationshintergrund sind stark in jenen Berufen vertreten, die insbesondere durch mangelnde Verdienst- und Aufstiegschancen, ungünstige Arbeitszeiten und -bedingungen und oftmals einem hohen Arbeitsplatzrisiko gekennzeichnet sind.
- Während der Berufsfindung, Berufsausbildung und Aufnahme einer Ausbildung sind Jugendliche mit einer Vielzahl von Herausforderungen und Entscheidungssituationen konfrontiert. Sozial- und bildungsbenachteiligte Jugendliche - insbesondere solche mit Migrationshintergrund - erhalten oftmals keine ausreichende familiäre Unterstützung auf dem Weg in das Berufsleben. Auch im positiven Fall ist die Unterstützung auf den Erfahrungshintergrund der Eltern beschränkt. Gerade diese Jugendlichen haben ein spezielles Defizit in deutscher Sprache. Sie beherrschen vielfach zwar die Alltagssprache, Defizite gibt es jedoch bei dieser Zielgruppe im Bereich der Bildungssprache. Die Beherrschung der Bildungssprache ist jedoch hoch relevant für den Bildungserfolg und spielt eine wichtige Rolle bei der Berufsausbildung.
- Mangelnde Sprachkenntnisse und fehlende Schulabschlüsse führen oftmals zu großen Problemen bei der Berufswahl und bei der Aufnahme einer qualifizierten Ausbildung.
- Für eine Vielzahl von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bleibt als Option oft nur die Teilnahme an berufsvorbereitenden Maßnahmen wie z.B. dem Berufsvorbereitungs- oder Berufsgrundbildungsjahr. Auch die an sich hilfreichen
- Jugendintegrationskurse des BAMF setzen erst dann an, wenn das "Kind" - sprichwörtlich - "bereits in den Brunnen gefallen ist." Denn nach § 44 Aufenthaltsgesetz können Jugendliche und junge Erwachsene nur dann an einem Jugendintegrationskurs teilnehmen wenn sie sich nicht mehr in einer schulischen Ausbildung befinden.
- Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine gezielte und frühzeitige Beratung und Förderung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund einen wesentlichen Beitrag zu einem erfolgreichen Übergang von der Schule in eine Ausbildung und damit in das Erwerbsleben leisten kann.
B. Lösung
- Mit dem Gesetzentwurf soll durch eine gezielte Änderung des Aufenthaltsgesetzes und der Integrationskursverordnung ein neuer spezieller Integrationskurs für Jugendliche mit Migrationshintergrund ermöglicht werden. Er soll bewusst parallel Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund angeboten werden, die sich in der letzten Klasse der Haupt-, Real- oder Förderschule befinden. Ziel ist es, neben der Erlangung des Schulabschlusses durch berufsbezogene Sprachförderung und berufsbezogene Informationsbausteine die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen mit Migrationhintergrund nachhaltig zu verbessern.
C. Alternativen
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
- 1. Mittel, die für entsprechende Förderungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie durch die Bundesagentur für Arbeit veranschlagt sind, sollen gezielt für die Förderung Jugendlicher beim Übergang Schule/Beruf eingesetzt werden.
Durch die früher einsetzende Förderung kann bei gleichem Mitteleinsatz die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Fördermaßnahmen deutlich verbessert werden.
- 2. Vollzugsaufwand:
Kann durch den Einsatz von Bildungsträgern gering gehalten werden.
E. Sonstige Kosten
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und der Integrationskursverordnung
Der Bundesrat hat in seiner 850. Sitzung am 7. November 2008 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und der Integrationskursverordnung
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
Artikel 2
Zweite Verordnung zur Änderung der Integrationskursverordnung
Die Integrationskursverordnung vom 13. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3370), die zuletzt durch Verordnung vom 5. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2787) geändert worden ist wird wie folgt geändert:
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Mit dem Änderungsgesetz soll eine spezielle Förderung Jugendlicher mit Migrationshintergrund mit den Instrumenten der Integrationskurse ermöglicht werden. Die Förderung setzt im letzten Jahr der Haupt-, Real- oder Förderschule an und soll den betroffenen Jugendlichen die Erlangung ihrer Schulabschlüsse ermöglichen. Das Gesetz eröffnet dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Möglichkeit entsprechende spezielle Integrationskurse anzubieten.
B. Zu den einzelnen Bestimmungen
Mit der Bestimmung wird abweichend von der bisherigen strikten Trennung zwischen Schulbesuch und Ausbildungsmaßnahme im Interesse der Betroffenen dem Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge eröffnet, eine außerschulische Förderung zur Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen parallel zu deren Schulbesuch anzubieten.
Mit der Regelung wird eine Ausnahme von dem Grundsatz zugelassen, dass die Integrationskurse für Jugendliche nur dann offen stehen, wenn sie nicht zugleich allgemeinbildende Schulen besuchen.
Zu Artikel 2 (Integrationskursverordnung)
Zu Nummer 1 (§ 4 IntV)
Die Integrationskursverordnung eröffnet Ausländerinnen und Ausländern sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern mit ihren Angehörigen die Teilnahme an einem Integrationskurs.
Mit der Ergänzung werden auch die Nachkommen von Ausländern mit einbezogenen, die zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Damit sollen alle Jugendlichen mit Migrationshintergrund erreicht werden.
Zu Nummer 2 (§ 9 IntV)
Die Teilnahme soll für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund kostenfrei sein.
Zu Nummer 3 (§ 13 IntV)
Zu Buchstabe a
Mit der Änderung wird der Katalog der speziellen Integrationskurse um die Fördermaßnahme zur Erlangung des Haupt- bzw. Realschulabschlusses erweitert.
Zu Buchstabe b
Redaktionelle Änderung
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift enthält die Bestimmung über das Inkrafttreten.