14. Begründung zu Ziffern 1, 3, 4, 6, 7, 9 und 10:
Die von der EU vorgeschlagenen Kriterien zu den erforderlichen Lern- und Arbeitsbedingungen in der Berufsausbildung sind schriftliche Verträge, im Vorfeld definierte Lernergebnisse, pädagogische Unterstützung, eine starke Arbeitsplatz-Komponente (das heißt ein hoher Anteil betrieblicher Ausbildung), Bezahlung und/oder Aufwandsentschädigung, Sozialschutz und Einhaltung geltender Regelungen für Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit.
Bei den Rahmenbedingungen für die Berufsausbildung auf Systemebene geht es um einen klaren und schlüssigen Regelungsrahmen, der einen strukturierten und transparenten Dialog zwischen allen Beteiligten umfasst. Weitere Kriterien sind: Einbeziehung der Sozialpartner, Unterstützung für Unternehmen (besonders für kleine und mittelständische Unternehmen), Anerkennung informeller und nonformaler Lernerfahrungen bei den Zugangsvoraussetzungen und Ermöglichung von Mobilität nach Abschluss der Berufsausbildung (in die höhere Bildung und ins europäische Ausland), Berufsberatung, Transparenz von Ausbildungsangeboten durch Einbeziehung der Arbeitsverwaltungen sowie Qualitätssicherung gemäß dem europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQAVET) und Werdegang-Nachverfolgung.
"Unter Berücksichtigung der Vielfalt nationaler Strukturen und Systeme bietet der Rahmen eine Reihe von Kriterien, um für die Qualität und Wirksamkeit der Berufsausbildung zu sorgen, wobei jeder Mitgliedstaat gemäß der Spezifizität und der besonderen Anforderungen der nationalen Berufsausbildungsprogramme unterschiedlichen Gesichtspunkten dieser Kriterien den Vorrang geben kann. Aufgrund der großen Unterschiede zwischen den nationalen Systemen und der zahlreichen unterschiedlichen Lösungsansätze auf nationaler Ebene ist diese Flexibilität unerlässlich" (BR-Drucksache 666/17 (PDF), Seite 9).
Aufgrund der Einbettung der Berufsbildung in die jeweiligen gesellschaftlichen und strukturellen Kontexte eines Landes lassen sich Modelle nicht so einfach in ein anderes Land transferieren. Die Vielfalt der Berufsbildungssysteme ist groß und zeigt unter anderem, dass sehr unterschiedliche Wege erfolgreich sein können. Trotzdem lassen sich gewisse Merkmale identifizieren, die hinsichtlich der Arbeitsmarktintegration junger Menschen wichtig sind. Die dualen Ausbildungssysteme, in denen die Unternehmen sich in Kooperation mit den Berufsschulen aktiv an der Ausbildung beteiligen, sind nachgewiesenermaßen besonders erfolgreich bei der Integration in den Arbeitsmarkt.
Ein wichtiger Faktor bei der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit ist die Stärkung des Überganges von der Schule in den Arbeitsmarkt. Hier hat das duale System, wie es im deutschsprachigen Raum Tradition hat, eine Vorreiterrolle. Die im internationalen Vergleich niedrige Jugendarbeitslosigkeitsquote in Deutschland wird unter anderem auf die starke Berufsausbildung zurückgeführt. Das Vorhaben ist daher auch mit Blick auf die diversen Empfehlungen und Vereinbarungen zur Förderung der Jugendbeschäftigung der Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel die 2013 eingeführte EU-Jugendgarantie, zu begrüßen. Vom System der dualen Berufsausbildung können starke Impulse für die Qualifizierung junger Menschen ausgehen.
Der hohe Praxisanteil, die verbindlichen Regelungen sowie die Kooperation von Staat, Wirtschaft und Sozialpartnern gelten als zentrale Elemente der Stabilität der dualen Berufsausbildung und der Sicherung des Wirtschaftsstandortes. Viele Mitgliedstaaten informieren sich bereits über die duale Berufsausbildung und haben eigene Bemühungen in diese Richtung begonnen. Die Bundesregierung unterstützt in zahlreichen Kooperationen und Projekten Partnerländer, auch außerhalb der EU, bei der Einführung von dualer Berufsausbildung. Das "German Office for International Cooperation in Vocational Education and Training" (GOVET) als Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation und Geschäftsstelle "Runder Tisch für internationale Berufsbildungszusammenarbeit" ist Ansprechpartner für Akteure im In- und Ausland.
Ein Schwerpunkt der Kooperation der Mitgliedstaaten im Bereich der dualen Berufsausbildung ist die Förderung der Mobilität von Auszubildenden sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über Landesgrenzen hinweg.
Aufgrund der genannten Berücksichtigung der Heterogenität der einzelnen Berufsbildungssysteme der Mitgliedstaaten und der Tatsache, dass die Empfehlungen sich am Standard des deutschen dualen Systems orientieren und die bereits bestehenden Kooperationen im europäischen Raum unterstützen, ist der Vorschlag zu begrüßen.
Allerdings sind im Hinblick auf die praktische Durchführung noch einige Fragen ungeklärt: Offen ist bisher unter anderem noch, wie die Anerkennung von informellen und nonformalen Kompetenzen sowie die konkrete Gestaltung der Kostenverteilungsvereinbarung umgesetzt werden sollen.