Punkt 26 der 827. Sitzung des Bundesrates am 3. November 2006
Der Bundesrat möge beschließen:
Zu Artikel 1 Nr. 7 (§ 6), Nr. 15 (§ 13)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Zur Beauftragung von nicht amtlichen Prüflaboratorien (§ 13 AVV-RÜb) ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sowie den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts ausreichende Regelungen. Weitere Vorgaben sind in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, um den mit der AVV-RÜb verfolgten Zweck des einheitlichen Vollzugs lebensmittelrechtlicher Vorschriften zu erreichen und eine unabhängige und objektive Aufgabenerfüllung sicherzustellen. § 13 AVV-RÜb ist damit entbehrlich.
Im Einzelnen:
- - Abwägung im Einzelfall ist einer formalen Pauschalargumentation vorzuziehen
Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 fordert von den privaten Laboratorien den Nachweis, dass sie im Hinblick auf die Ihnen übertragenen Aufgaben unabhängig und frei von jeglichem Interessenskonflikt sind. Diese Voraussetzung reicht aus, um eine unabhängige und neutrale Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Ob das betroffene Labor in vertraglichen Beziehungen zu den Personen steht, deren Proben es im staatlichen Auftrag zu untersuchen hat, kann in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen und einen Interessenskonflikt auslösen, dies ist aber nicht zwingend. Nicht jede Tätigkeit in diesem Zusammenhang gefährdet die neutrale Aufgabenerfüllung. Eine solche rein formale Argumentation ist daher abzulehnen.
- - Weitere Gesichtspunkte sollten berücksichtigt werden können
Die pauschale Beurteilung führt dazu, dass weitere Gesichtspunkte, die in diesem Zusammenhang eine objektive und neutrale Aufgabenerfüllung sicherstellen, nicht berücksichtigt werden können (wie ein System der behördlichen Überwachung oder eine Vereinbarung über umfangreiche Auskunfts-, Kontroll- und Weisungsrechte des Staates).
- - Verantwortung verschiebt sich durch die Beauftragung nicht
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende und neutrale Aufgabenwahrnehmung letztlich auch dadurch abgesichert wird, dass die beauftragende Behörde auch bei Auslagerung der Laborleistung in vollem Umfang für die Aufgabenerfüllung verantwortlich bleibt. Die Laboratorien werden lediglich als Verwaltungshelfer tätig. Damit geht keine Entscheidungsbefugnis auf sie über.
Darüber hinaus ist fraglich, ob Ergänzungen der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, insbesondere Einschränkungen der dort eröffneten Möglichkeiten, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH überhaupt zulässig sind (EuGH, Hauptzollamt Bremen ./. Krohn, Rs. 074/69 , Slg. 1970, 451, 459; EuGH, Hauptzollamt Hamburg ./. Bollmann, Rs. 040/69 , Slg. 1970, 69, 80). Demnach ist es den Mitgliedstaaten verwehrt, zur Durchführung der unmittelbar geltenden EU-Verordnungen Maßnahmen zu ergreifen, welche die Vorschriften der Verordnung ergänzen oder eine Änderung ihrer Tragweite zum Gegenstand haben. Zwar kann im Einzelfall eine Verordnung auch explizit oder implizit voraussetzen, dass die Mitgliedstaaten Durchführungsregelungen erlassen können, um dem Verordnungsrecht zur Wirksamkeit zu verhelfen. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall, da Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sehr ausdifferenziert die Möglichkeiten und Voraussetzungen regelt, unter denen bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit amtlichen Kontrollen auf Kontrollorgane übertragen werden können. Diese Norm ist damit wohl abschließend, so dass darüber hinausgehende nationale Regelungen und Einschränkungen nicht zulässig sind.
Die Ausführungen gelten für § 6 AVV-RÜb entsprechend. Auch insoweit enthält die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ausreichende und erschöpfende Regelungen in Artikel 4, die im Gegensatz zur AVV-RÜb von Einzelkriterien zur Beurteilung der Interessenkollision absehen.