A. Zielsetzung
- Die Grundsicherung für Arbeitsuchende hat zum Ziel, erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen und den Lebensunterhalt zu sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können.
- Mit der bisherigen Regelung der in den neuen und alten Bundesländern unterschiedlichen Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollten die Unterschiede in der Verbrauchsstruktur und im privaten Konsumverhalten angemessen berücksichtigt werden. Der Ombudsrat hat in seinem Zwischenbericht vom 29. Juni 2005 darauf hingewiesen, dass die um 14 Euro niedrigere Regelleistung in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht mit dem Hinweis auf niedrigere Nettoeinnahmen, geringere Lebenshaltungskosten und unterschiedliches Verbrauchsverhalten zu rechtfertigen sei.
- Zwar weist das Verbrauchsniveau und das private Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutliche Unterschiede auf. Solche Unterschiede bestehen jedoch nicht nur zwischen den alten und neuen Bundesländern; vielmehr ergeben sich innerhalb des gesamten Bundesgebietes regionale Besonderheiten. Da es sich - anders als bei der Sozialhilfe - um eine Leistung des Bundes handelt, ist es vertretbar, ausschließlich einen einheitlichen Wert auf Westniveau zugrunde zu legen, um auf diese Weise dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zu genügen und das soziokulturelle Existenzminimum bundesweit sicher zu stellen.
- Ziel des Gesetzentwurfes ist es daher, die Regelleistung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in den neuen Bundesländern an die Höhe der Regelleistung in den alten Bundesländern anzugleichen.
B. Lösung
- Angleichung der Regelleistung in den neuen Bundesländern an die Höhe der Regelleistung in den alten Bundesländern.
C. Alternativen
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
- Durch eine Angleichung der Regelleistung Ost (331 Euro) auf das Westniveau (345 Euro) sind Mehrbelastungen in Höhe von insgesamt rund 260 Mio. Euro jährlich zu erwarten. Davon sind ca. 220 Mio. Euro vom Bund und die restlichen 40 Mio. Euro von den Kommunen zu tragen.
E. Sonstige Kosten
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 2. September 2005 Der Bundeskanzler
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schröder
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
§ 20 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954), das zuletzt durch ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
(2) Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, 345 Euro."
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2006 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende hat zum Ziel, erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen und den Lebensunterhalt zu sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können.
Mit der bisherigen Regelung der in den neuen und alten Bundesländern unterschiedlichen Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollten die Unterschiede in der Verbrauchsstruktur und im privaten Konsumverhalten angemessen berücksichtigt werden. Der Ombudsrat hat in seinem Zwischenbericht vom 29. Juni 2005 darauf hingewiesen, dass die um 14 Euro niedrigere Regelleistung in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht mit dem Hinweis auf niedrigere Nettoeinnahmen, geringere Lebenshaltungskosten und unterschiedliches Verbrauchsverhalten zu rechtfertigen sei.
Zwar weist das Verbrauchsniveau und das private Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutliche Unterschiede auf. Solche Unterschiede bestehen jedoch nicht nur zwischen den alten und neuen Bundesländern; vielmehr ergeben sich innerhalb des gesamten Bundesgebietes regionale Besonderheiten. Da es sich - anders als bei der Sozialhilfe - um eine Leistung des Bundes handelt, ist es vertretbar, ausschließlich einen einheitlichen Wert auf Westniveau zugrunde zu legen, um auf diese Weise dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zu genügen und das soziokulturelle Existenzminimum bundesweit sicher zu stellen.
Mit dem Gesetzentwurfes wird daher die Regelleistung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in den neuen Bundesländern an die Höhe der Regelleistung in den alten Bundesländern angeglichen.
Das wichtigste Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Eingliederung in Arbeit. Deshalb werden hohe Anforderungen an die überregionale Mobilität der Betroffenen gestellt. Eine bundeseinheitliche Regelleistung fördert die Bereitschaft des Einzelnen, eine Tätigkeit im gesamten Bundesgebiet, unabhängig von den bisher regional unterschiedlichen Regelleistungen, aufzunehmen.
Gesetzgebungskompetenz
Der Bund hat für Artikel 1 die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG. Für die öffentliche Fürsorge steht dem Bund das Gesetzgebungsrecht zu, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Artikel 72 Abs. 2 GG).
Die Regelung in Artikel 1 zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zielt auf eine bundeseinheitliche Festlegung der Höhe der Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich. Die Festlegung der Höhe der Regelleistung muss auf Bundesebene erfolgen, um die Einheitlichkeit der Leistungsgewährung im gesamten Bundesgebiet sicherzustellen. Hinsichtlich des Verbraucherverhaltens, der Lebenshaltungskosten und des Nettoeinkommens bestehen noch gravierende regionale Unterschiede, die sich nicht nur im Vergleich der neuen Bundesländer zu den alten Bundesländern ergeben, sondern auch innerhalb der Länder (zwischen städtischen Verdichtungsräume und ländlichen Gebieten) und auch zwischen den Ländern im Norden und im Süden des Landes. Würde diese Regelung den Ländern überlassen, bestünde die konkrete Gefahr, dass sich diese Ungleichgewichte noch vergrößern und zu unterschiedlichen Leistungsstandards in den Ländern führen. Eine solche Rechtszersplitterung kann weder im Interesse des Bundes noch der Länder hingenommen werden.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des SGB II)
Die Regelleistung wird bundeseinheitlich auf 345 Euro festgelegt, um eine einheitliche Leistung entsprechend dem Durchschnittsbedarf in den alten Bundesländern sicher zu stellen.
Eine Änderung der Neubemessungsregelung in § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist nicht erforderlich, da diese lediglich eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 3 Satz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuches vorsieht.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.
C. Gleichstellungspolitische Bedeutung
Der Gesetzentwurf hat keine gleichstellungspolitische Bedeutung. Von der Anpassung der Regelleistung profitieren Frauen und Männer gleichermaßen. Die Änderungen haben daher keinen Einfluss auf die Gleichbehandlung der Geschlechter.
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Nach Schätzung der Bundesregierung sind finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von insgesamt rund 260 Mio. Euro jährlich zu erwarten.
Die Mehrkosten fallen in Höhe von ca. 40 Mio. Euro bei den Kommunen (als zusätzliche Leistungen für Unterkunft und Heizung) und in Höhe von ca. 220 Mio. Euro beim Bund an. Die Mehrkosten der Kommunen werden im Rahmen der Revision nach § 46 Abs. 6 des SGB II berücksichtigt.
2. Vollzugsaufwand
Weitere Vollzugskosten, die durch die Angleichung der Regelleistungen eventuell entstehen, können nicht näher spezifiziert werden.
E. Sonstige Kosten
Für die Wirtschaft, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, entstehen keine Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten