A. Problem und Ziel
- § 94 Abs. 5 SGB VIII in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) ermächtigt das zuständige Ministerium mit Zustimmung des Bundesrats eine Rechtsverordnung zu erlassen, die nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern junger Menschen enthält. Diese Zielsetzung soll die Kostenbeitragsverordnung erfüllen.
B. Lösung
- Die Verordnung bestimmt mittels der Bildung von Einkommensgruppen die Höhe der Kostenbeiträge von Elternteilen, Ehegatten und Lebenspartnern junger Menschen. Entlastende und belastende Elemente werden durch unterschiedliche Beitragsstufen sowie die Zuweisung zu höheren oder niedrigeren Einkommensgruppen berücksichtigt. Die Bemessung der Pauschalbeträge erfolgt in enger Abstimmung mit unterhaltsrechtlichen Wertungen. Damit werden Wertungsunterschiede vermieden und eine bundeseinheitliche Berechnungsgrundlage geschaffen, die dazu beiträgt, die bisherigen, häufig erheblichen Unterschiede in der Kostenbeteiligung aufgrund regional abweichender Berechnungsmethoden zu nivellieren.
- Die Kostenbeitragsverordnung konkretisiert darüber hinaus die gesetzlichen Regelungen der §§ 91 bis 94 SGB VIII in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK).
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte Für den Bund:
- Für den Bund ergeben sich keine Belastungen.
- Für Länder und Kommunen:
- Aufgrund der vereinfachten Berechnung der Kostenbeiträge und der damit einhergehenden Verwaltungsvereinfachung werden nachhaltige Kosteneinsparungen für die Kommunen erwartet. Zusätzlich sind Einnahmesteigerungen absehbar, die sich aus der Möglichkeit ergeben, mindestens zu einem Kostenbeitrag in der Höhe des Kindergelds heranzuziehen.
- Es ergeben sich Entlastungen für die Kommunen in Höhe von rund 100 Mio. Euro.
E. Sonstige Kosten
- Der Wirtschaft, insbesondere mittelständische Unternehmen, entstehen keine zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
- Durch die neue Bemessung der Kostenbeiträge steigen für bestimmte private Haushalte die selbst zu tragenden Kosten für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die daraus evt1. resultierenden Veränderungen der Verwendungsstruktur der verfügbaren Einkommen dieser Normadressaten (private Haushalte) wirken sich nicht messbar auf die Nachfragestruktur der privaten Haushalte aus. Insoweit sind keine Auswirkungen auf die Preisstrukturen zu erwarten.
Verordnung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung - KostenbeitragsV)
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 23.August 2005
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu erlassende
- Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung - KostenbeitragsV) mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Verordnung zur
Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung - KostenbeitragsV)
Auf Grund des § 94 Abs. 5 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe -, der durch Artikel 1 Nr. 49 des Gesetzes vom....(BGBl. 1 S....) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
§ 1 Festsetzung des Kostenbeitrags
(1) Die Höhe des Kostenbeitrags, den Elternteile, Ehegatten oder Lebenspartner junger Menschen zu entrichten haben, richtet sich nach
- a) der Einkommensgruppe in Spalte 1 der Anlage, der das nach § 93 Abs. 1 bis 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu ermittelnde Einkommen zuzuordnen ist, und
- b) der Beitragsstufe in den Spalten 2 bis 6 der Anlage, die nach Maßgabe dieser Verordnung zu ermitteln ist.
(2) Für jede kostenbeitragspflichtige Person wird der jeweilige Kostenbeitrag getrennt ermittelt und erhoben.
§ 2 Wahl der Beitragsstufe bei vollstationären Leistungen
(1) Die Höhe des Beitrags zu den Kosten einer vollstationären Leistung nach § 91 Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ergibt sich aus den Beitragsstufen zur jeweiligen Einkommensgruppe in den Spalten zwei bis vier der Anlage.
(2) Wird die kostenbeitragspflichtige Person zu den Kosten vollstationärer Leistungen für eine Person nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch herangezogen, so ergibt sich die Höhe des Kostenbeitrags aus Spalte 2. Wird sie für mehrere Personen zu den Kosten herangezogen, so ergibt sich die Höhe des Kostenbeitrags für die zweite Person aus Spalte 3, für die dritte Person aus Spalte 4. Ab der vierten vollstationär untergebrachten Person wird nur noch ein Kostenbeitrag nach Maßgabe von § 7 erhoben.
§ 3 Wahl der Beitragsstufe bei teilstationären Leistungen
(1) Die Höhe des Kostenbeitrags für teilstationäre Leistungen nach § 91 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ergibt sich aus den Beitragsstufen zur jeweiligen Einkommensgruppe in den Spalten fünf und sechs der Anlage.
(2) Beträgt die tägliche Förderung durchschnittlich über fünf Stunden, so ergibt sich der maßgebliche Kostenbeitrag aus der jeweiligen Beitragsstufe in Spalte fünf, anderenfalls aus der jeweiligen Beitragsstufe in Spalte sechs.
§ 4 Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten
(1) Ist die kostenbeitragspflichtige Person gegenüber anderen Personen nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuches im mindestens gleichen Rang wie dem untergebrachten jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zum Unterhalt verpflichtet und lebt sie mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt oder weist sie nach, dass sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig nachkommt, so ist sie
- 1. bei einer Zuordnung des maßgeblichen Einkommens zu einer der Einkommensgruppen 2 bis 7 je Unterhaltspflicht einer um zwei Stufen niedrigeren Einkommensgruppe zuzuordnen,
- 2. bei einer Zuordnung des maßgeblichen Einkommens zu einer der Einkommensgruppen 8 bis 20 je Unterhaltspflicht einer um eine Stufe niedrigeren Einkommensgruppe zuzuordnen und zu einem entsprechend niedrigeren Kostenbeitrag heranzuziehen.
(2) Würden die Unterhaltsansprüche vorrangig Berechtigter trotz einer niedrigeren Einstufung nach Absatz 1 auf Grund der Höhe des Kostenbeitrags geschmälert, so ist der Kostenbeitrag entsprechend zu reduzieren. Würden die Unterhaltsansprüche gleichrangig Berechtigter geschmälert, so liegt eine besondere Härte im Sinne des § 92 Abs. 5 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch vor. Lebt die kostenbeitragspflichtige Person nicht in einem Haushalt mit der Person, gegenüber der sie mindestens im gleichen Rang zum Unterhalt verpflichtet ist, findet eine Reduzierung nur statt, wenn die kostenbeitragspflichtige Person nachweist, dass sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig nachkommt.
§ 5 Behandlung hoher Einkommen
(1) Liegt das nach § 93 Abs. 1 bis 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch maßgebliche Einkommen eines Elternteils, Ehegatten oder Lebenspartners oberhalb der Einkommensgruppe 20 der Anlage, so ist der Kostenbeitrag nach den folgenden Grundsätzen zu errechnen.
(2) Die Höhe des Kostenbeitrags für vollstationäre Leistungen beträgt
- 1. 25 Prozent des maßgeblichen Einkommens, wenn der Kostenpflichtige zu den Kosten für eine Person herangezogen wird,
- 2. zusätzlich 15 Prozent des maßgeblichen Einkommens, wenn der Kostenpflichtige zu den Kosten für eine zweite Person herangezogen wird,
- 3. zusätzlich 10 Prozent des maßgeblichen Einkommens, wenn der Kostenpflichtige für eine dritte Person herangezogen wird.
Ab der vierten vollstationär untergebrachten Person wird nur noch ein Kostenbeitrag nach Maßgabe von § 7 erhoben.
(3) Die Höhe des Kostenbeitrags für teilstationäre Leistungen beträgt
- 1. 5 Prozent des maßgeblichen Einkommens für Leistungen mit einer Betreuungszeit von mindestens fünf Stunden und
- 2. 3 Prozent des maßgeblichen Einkommens für Leistungen mit einer Betreuungszeit von unter fünf Stunden.
(4) Die Kostenbeiträge dürfen die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.
§ 6 Heranziehung der Eltern bei Leistungen für junge Volljährige
Bei Leistungen für junge Volljährige ist ein kostenbeitragspflichtiger Elternteil höchstens zu einem Kostenbeitrag aufgrund der Einkommensgruppe 14 heranzuziehen.
§ 7 Einsatz des Kindergelds
(1) Ein Elternteil hat einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds zu zahlen, wenn
- 1. vollstationäre Leistungen erbracht werden,
- 2. er Kindergeld für den jungen Menschen bezieht und
- 3. er nach Maßgabe von §§ 2 und 4 keinen oder einen Kostenbeitrag zu zahlen hätte, der niedriger als das monatliche Kindergeld ist.
(2) Bei einer Erstattung nach § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes wird das Kindergeld in voller Höhe vom Kostenbeitrag des kindergeldberechtigten Elternteils abgezogen.
§ 8 Übergangsregelung für Altfälle
(1) Ergibt sich bei der Umstellung der Heranziehung zu den Kosten nach Maßgabe des § 97b des Achten Buches Sozialgesetzbuch ein Kostenbeitrag, der mehr als 20 Prozent über der bisherigen Belastung liegt, so ist in den ersten sechs Monaten nach der Umstellung bis zur Einkommensgruppe 12 nur eine hälftige Erhöhung vorzunehmen. Danach ist der Kostenbeitrag in voller Höhe zu erheben.
(2) Waren die Eltern bisher als Gesamtschuldner kostenbeitragspflichtig, so ist jedem der beiden Elternteile bei der Vergleichsberechnung nach Absatz 1 die hälftige Belastung zuzurechnen.
§ 9 In-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt Berlin, den ... 2005
|
Maßgebliches Einkommen nach § 93 Abs. 1 bis 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch |
Beitragsstufe 1 vollstationär erste Person |
Beitragsstufe 2 vollstationär zweite Person |
Beitragsstufe 3 vollstationär dritte Person |
Beitragsstufe 4 teilstationär über 5 Std. |
Beitragsstufe 5 teilstationär bis zu 5 Std. |
1 |
bis 750 EUR |
0* EUR |
0* EUR |
0* EUR |
0 |
0 |
2 |
751 bis 850 EUR |
200 EUR |
25* EUR |
0* EUR |
40 EUR |
24 EUR |
3 |
851 bis 950 EUR |
225 EUR |
50* EUR |
0* EUR |
45 EUR |
27 EUR |
4 |
951 bis 1050 EUR |
250 EUR |
100* EUR |
50* EUR |
50 EUR |
30 EUR |
5 |
1051 bis 1150 EUR |
275 EUR |
165* EUR |
70* EUR |
55 EUR |
33 EUR |
6 |
1151 bis 1300 EUR |
305 EUR |
180 EUR |
100* EUR |
60 EUR |
37 EUR |
7 |
1301 bis 1450 EUR |
340 EUR |
205 EUR |
135* EUR |
65 EUR |
41 EUR |
8 |
1451 bis 1600 EUR |
380 EUR |
230 EUR |
150* EUR |
75 EUR |
46 EUR |
9 |
1601 bis 1800 EUR |
425 EUR |
255 EUR |
170* EUR |
85 EUR |
51 EUR |
10 |
1801 bis 2000 EUR |
475 EUR |
285 EUR |
190 EUR |
95 EUR |
57 EUR |
11 |
2001 bis 2200 EUR |
525 EUR |
315 EUR |
210 EUR |
105 EUR |
63 EUR |
12 |
2201 bis 2400 EUR |
575 EUR |
345 EUR |
230 EUR |
115 EUR |
69 EUR |
13 |
2401 bis 2700 EUR |
635 EUR |
380 EUR |
255 EUR |
125 EUR |
76 EUR |
14 |
2701 bis 3000 EUR |
710 EUR |
425 EUR |
285 EUR |
140 EUR |
85 EUR |
15 |
3001 bis 3300 EUR |
785 EUR |
470 EUR |
315 EUR |
155 EUR |
94 EUR |
16 |
3301 bis 3600 EUR |
875 EUR |
515 EUR |
345 EUR |
170 EUR |
103 EUR |
17 |
3601 bis 3900 EUR |
935 EUR |
560 EUR |
375 EUR |
185 EUR |
112 EUR |
18 |
3901 bis 4200 EUR |
1010 EUR |
605 EUR |
405 EUR |
200 EUR |
121 EUR |
19 |
4201 bis 4600 EUR |
1100 EUR |
660 EUR |
440 EUR |
220 EUR |
132 EUR |
20 |
4601 bis 5000 EUR |
1200 EUR |
720 EUR |
480 EUR |
240 EUR |
144 EUR |
Bezieht der kostenbeitragspflichtige Elternteil das Kindergeld, so ist das auf das Kind entfallende Kindergeld in voller Höhe als Kostenbeitrag einzusetzen.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
§ 94 Abs. 5 SGB VIII in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) enthält die Rechtsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Festsetzung von Kostenbeiträgen. Inhalt dieser Kostenbeitragsverordnung ist die Festsetzung von nach Einkommensgruppen gestaffelten und pauschalierten Kostenbeiträgen von Elternteilen, Ehegatten und Lebenspartnern junger Menschen
Kernstück der Kostenbeitragsverordnung ist die Tabelle in der Anlage, aus der sich der entsprechend gestaffelte und pauschalierte Kostenbeitrag des einzelnen Kostenbeitragspflichtigen nach Berechnung des maßgeblichen Einkommens gemäß § 93 SGB VIII in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) ablesen lässt.
Die Kostenbeitragsverordnung regelt die Grundlagen und Maßstäbe für die Handhabung der Tabelle. Trotz der Zielsetzung einer weitgehenden Pauschalierung und Verwaltungsvereinfachung tragen die Regelungen dafür Sorge, dass auch wesentliche Umstände des Einzelfalls wie weitere Unterhalts- oder Kostenbeitragspflichten, besonders hohe Einkommen, Kostenbeiträge für junge Volljährige und der Bezug von Kindergeld besonders berücksichtigt werden.
Erklärtes Ziel der konkreten Bemessung der Kostenbeiträge war es, für Eltern in den unteren Einkommensgruppen eine Kostenbeitragspflicht festzulegen, deren Höhe den Kostenbeiträgen nach der geltenden Kostenheranziehung vergleichbar ist und die in etwa der gesetzlichen Unterhaltspflicht von Eltern für ihre Kinder entspricht.
Kostenbeitragspflichtige Eltern mit vielen Kindern sollen dabei tendenziell besser gestellt werden als solche mit nur einem oder weniger Kindern. In den gehobenen und höheren Einkommensgruppen steigen dagegen die Kostenbeitragspflichten bis maximal zur Höhe der Kosten der tatsächlichen Aufwendungen.
Die Vorgaben in den §§ 91 ff. SGB VIII führen nicht nur zu einer neuen Bemessung der Kostenbeiträge. Sie führen vielmehr verschiedene Verfahren der Kostenbeteiligung (Heranziehung durch öffentlichrechtlichen Kostenbeitrag', Überleitung vom Unterhaltsansprüchen, gesetzlicher Forderungsübergang) zu einem einheitlichen Verfahren der Heranziehung zusammen. Bei diesem Konzentrationsprozess werden die unterschiedlichen Strukturprinzipien der bisherigen einzelnen Heranziehungsformen sichtbar, die ihrerseits zu einer je nach Heranziehungsmethode unterschiedlichen Belastung führten. Die z.T. erheblichen Unterschiede in der Belastung, die mitunter willkürlich erscheinen, werden nun bei der Harmonisierung der Heranziehung beseitigt. So sind bislang für dieselbe Leistung Elternteile mit demselben Einkommen je nach Lebenssituation und/oder Art der Leistung unterschiedlich belastet worden. Die Kostenbelastung getrennt lebender Eltern reichte bis zum Doppelten der Belastung von zusammen lebenden Eltern.
Die Harmonisierung der Kostenheranziehung hat dementsprechend im Hinblick auf einzelne Fallkonstellationen unterschiedliche Folgen für die individuelle Belastung. Diese Umstellungsschwierigkeiten werden durch verschiedene Instrumente abgefedert. Zum einen enthält § 97b SGB VIII eine Übergangsregelung für Altfälle, die die Neuberechnung ein halbes Jahr hinausschiebt. Zum alldem sieht § 8 der VO zusätzlich für größere Differenzen eine gestufte Anhebung der Beiträge vor.
Für Eltern und andere Kostenbeitragspflichtige, die erstmalig zu den Kosten einer jugendhilferechtlichen Leistung oder Maßnahme herangezogen werden, werden sich die neuen Vorschriften wesentlich einfacher anwenden und gegenüber den Leistungsberechtigten und den Kostenbeitragsschuldner vermitteln lassen als die bisherigen Regelungen, so dass hier von vornherein mit einer höheren Akzeptanz zu rechnen ist. Während bisher die Kostenbelastung das Ergebnis einer komplizierten individuellen Berechnung war, lassen sich nun die Beträge in einer Tabelle ablesen. Damit wird für die kostenbeitragspflichtigen Eltern, Ehegatten und Lebenspartner eine größere Transparenz hergestellt.
B. Besonderer Teil
Zu § 1
Absatz 1 erläutert den Aufbau der Tabelle, die der Verordnung angehängt ist. Die Tabelle besteht aus 6 Spalten und 20 Reihen.
In Spalte 1 werden Einkommensgruppen festgelegt. Dabei ist die unterste Einkommensgruppe so gewählt, dass die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen im Sinne des § 850c ZPO berücksichtigt werden und daher kein Wertungswiderspruch entsteht. Oberhalb dieser Einkommensgruppe werden die weiteren Einkommen gestaffelt. Die Staffelung erfolgt für die unteren Einkommen in Schritten von 100 Euro, ab Gruppe 6 in Schritten von 150 Euro, ab Gruppe 9 in Schritten von 200 Euro, ab Gruppe 13 in Schritten von 300 Euro und in Gruppe 19 und 20 in Schritten von 400 Euro. Die Kostenbeiträge von Pflichtigen, die ein darüber hinausgehendes Einkommen erzielen, werden nach § 5 individuell berechnet.
Zur Wahl der Einkommensgruppe ist das nach § 93 Abs. 1 bis 3 SGB VIII errechnete Einkommen maßgeblich. Daher wählt die Kostenbeitragsverordnung den Begriff des "maßgeblichen" Einkommens.
In den Spalten 2 bis 6 werden die verschiedenen Beitragsstufen berücksichtigt, die sich aus der Frage ergeben, ob ein oder mehrere Kinder vollstationär untergebracht sind, bzw. ob teilstationäre Maßnahmen in einem Umfang von bis zu 5 Stunden oder darüber hinaus stattfinden.
Absatz 2 regelt den für die Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe neuen Grundsatz der getrennten Heranziehung beider Elternteile. Bislang hafteten zusammen lebende Eltern als Gesamtschuldner. Lebten sie jedoch getrennt, so wurden sie auch getrennt herangezogen. Dies hatte eine deutliche Privilegierung von zusammen lebenden Eltern zur Folge, da von ihnen nur ein Kostenbeitrag maximal in Höhe der ersparten Aufwendungen erhoben werden konnte. Getrennt lebende Eltern konnten dagegen in doppelter Höhe herangezogen werden. Während der Elternteil, bei dem das Kind vor der Unterbringung lebte, einen Kostenbeitrag maximal in Höhe der ersparten Aufwendungen leisten musste, ging zusätzlich der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem anderen Elternteil auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über. Ohne jegliche Berücksichtigung blieb bei dieser Form der Beteiligung an den Kosten, dass zusammen lebende Eltern aufgrund dieser Lebenssituation und der gemeinsamen Haushaltsführung in der Regel finanziell im Vorteil sind gegenüber getrennten Eltern, die jeweils einen eigenen Haushalt führen müssen. Die vorgesehene Angleichung wird zusammenlebende Eltern stärker als bisher belasten. Damit wird jedoch nur eine nicht gerechtfertigte Privilegierung zurückgenommen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Geltung verschafft.
Zu § 2
Die Vorschrift erläutert die Wahl der Beitragsstufen für vollstationäre Leistungen. Die einschlägige Stufe lässt sich nach Ermittlung des maßgeblichen Einkommens ohne weiteres der Tabelle entnehmen. Für stationäre Leistungen werden unterschiedliche Beitragsstufen entsprechend der Anzahl der untergebrachten jungen Menschen festgelegt. Die unterschiedliche Höhe der Kostenbeiträge je nach Anzahl der untergebrachten Kinder verhindert, dass Kostenbeitragspflichtige in einem Umfang herangezogen werden, der ihre eigene Existenzsicherung gefährden könnte.
Absatz 2 Satz 3 ermächtigt bei vier und mehr vollstationär untergebrachten Kindern nur noch zur Bemessung des Kostenbeitrags in Höhe des Kindergelds.
Zu § 3
Für Kostenbeiträge zu teilstationären Leistungen werden zwei Beitragsstufen festgelegt, die sich an der täglichen Betreuungsdauer orientieren. Die Grenze wird bei einer Betreuungszeit von fünf Stunden festgelegt. Die erste Stufe (bis zu fünf Stunden) deckt den weitaus größeren Teil der teilstationären Leistungen ab. Die Höhe des Kostenbeitrags orientiert sich auch bei den teilstationären Leistungen nicht mehr an den ersparten Aufwendungen. Zum einen sind diese im Einzelfall schwierig zu ermitteln, zum anderen sollen mit der Reform der Kostenheranziehung die vollen Kosten der Leistung in das Verhältnis zum Einkommen der Eltern gesetzt werden und stellen deshalb die maßgebliche Größe für die
Beitragsberechnung dar. Aus diesem Grund ist auch eine zeitliche Staffelung sinnvoll, da hiermit zum Ausdruck gebracht wird, dass die ganztägige Betreuung und Förderung eines Kindes wegen der höheren Kosten auch zu einem höheren Kostenbeitrag führt.
Bei der Bemessung der Kostenbeiträge wurde aber auch berücksichtigt, dass die Höhe der Kostenbeiträge die Eltern nicht von der Inanspruchnahme der Hilfe für ihr Kind abhalten darf. Daher liegen die durchschnittlichen Beiträge weiterhin nicht höher (oder ggf. sogar niedriger) als die Beiträge, die Eltern gegenwärtig für eine Betreuung eines Schulkindes am Nachmittag in Horten entrichten müssen.
Zu § 4
Absatz 1 setzt die in § 94 Abs. 2 und § 92 Abs. 4 SGB VIII geregelten Anforderungen um. § 94 Abs. 2 SGB VIII verlangt die Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten der kostenbeitragspflichtigen Person. Femer bestimmt § 92 Abs. 4 SGB VIII, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur dann zur Erhebung eines Kostenbeitrags berechtigt ist, wenn die Unterhaltsansprüche vorrangig Berechtigter nicht geschmälert werden.
Die Anforderungen werden erfüllt, indem die Höhe des Kostenbeitrags einer Einkommensgruppe entnommen wird, die je Unterhaltspflicht ein oder zwei Stufen niedriger angesetzt wird. Dies hängt von der Höhe des Einkommens ab. Bei höheren Einkommen sind größere Schritte der pauschalierten Kostenbeiträge vorgesehen. Hierdurch wären höhere Einkommen gegenüber niedrigeren Einkommen privilegiert. Dies wird durch die unterschiedliche Reduzierung vermieden. Für den Regelfall ist damit gewährleistet, dass weitere Unterhaltsansprüche sowohl vorrangig als auch gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden.
Mit der Regelung in Absatz 2 wird der Tatsache Rechnung getragen, dass auch bei einer niedrigeren Einstufung für die Kostenbeitragspflicht die Schmälerung vor- oder gleichrangige Unterhaltsansprüche nicht ausgeschlossen werden kann. Bislang ist dies noch häufiger der Fall, da getrennte oder geschiedene Ehegatten z.T. hohe Unterhaltsansprüche haben. In diesem Fall kann eine niedrigere Einkommensgruppe keinen adäquaten Ausgleich schaffen.
Ein zusätzlicher pauschalierter Abzug vom Einkommen kann nicht erfolgen, da in diesem Bereich die Beträge zu stark differieren können. Eine Vergleichsberechnung ist damit unumgänglich.
Die Vorschrift ist auch mit den Wertungen vereinbar, die sich aus der geplanten Änderung des § 1609 BGB durch die Unterhaltsrechtsreform ergeben können. Tritt künftig eine Rangfolgenänderung ein, die Ehegatten im Verhältnis zu minderjährigen Kindern nachrangig zum Unterhaltsanspruch berechtigt, so dürfte eine Vergleichsberechnung nur noch höchst ausnahmsweise erforderlich sein.
Zu § 5
Die Vorschrift enthält eine Sonderegelung für die Bemessung von Kostenbeiträgen für Personen mit besonders hohen Einkommen. Eine weitere Pauschalierung in Form von weiteren Einkommensgruppen der Tabelle ist aufgrund der Höhe der Einkommen nicht sinnvol1. Vor allem geht es hier um Kostenbeiträge, die eine Höhe erreichen, die zu einer vollständigen Kostendeckung durch den Kostenbeitrag führen kann. In diesen Fällen soll eine Staffelung in den vorher gewählten Schritten nicht mehr vorgenommen, sondern stattdessen der Kostenbeitrag jeweils genau berechnet werden. Die gewählten Prozentbeträge entsprechen dabei in etwa den tabellarisch berechneten Beträgen. Sind mehr als drei Personen vollstationär untergebracht, so gilt auch bei besonders einkommensstarken Elternteilen, dass ab der vierten Person lediglich ein Kostenbeitrag nach Maßgabe des § 7 erhoben wird.
Zu § 6
Die Grundsätze, die für die Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber ihren Kindern gelten, werden auch in der Kostenheranziehung berücksichtigt. Während gegenüber minderjährigen Kindern für die Eltern eine verschärfte Haftung besteht, gilt dies gegenüber den volljährigen Kindern, die nicht im Haushalt der Eltern leben, nicht. Entsprechend wird auch die Kostenbeitragspflicht für junge Volljährige begrenzt, indem Eltern für volljährige Kinder maximal zu einem Kostenbeitrag in Höhe der Einkommensgruppe 14 herangezogen werden.
Zu § 7
Die Vorschrift konkretisiert die gesetzliche Grundlage zur Heranziehung des Kindergeldes nach § 94 Abs. 3 SGB VIII. Kann aufgrund des geringen Einkommens nur ein sehr niedriger oder gar kein Kostenbeitrag erhoben werden, so muss der Elternteil, der das Kindergeld erhält, dieses in voller Höhe einsetzen. Damit wird das Kindergeld auch zweckentsprechend zur Existenzsicherung des Kindes eingesetzt.
Zu § 8
Unabhängig von der Zielsetzung, Kostenbeitragspflichtige mit höherem Einkommen stärker zu belasten, tritt diese Wirkung aufgrund der Harmonisierung bislang unterschiedlicher Heranziehungsmethoden zum Teil auch bei Kostenbeitragspflichtigen ein, die über ein durchschnittliches Einkommen verfügen. Dies geschieht in den Fällen, in denen beide Elternteile über Einkommen verfügen und bislang als Gesamtschuldner herangezogen wurden. Diese Konsequenz ist bei einer Heranziehung, die Eltern angemessen und gleichmäßig an den Kosten der Leistung beteiligen soll, unumgänglich. Da in Einzelfällen deutlich höhere Kostenbeiträge zu erheben sind, soll für diese Kostenbeitragspflichtigen ein Übergang erfolgen, der ihnen die Möglichkeit gibt, sich auf die höhere Heranziehung einzustellen. Gleiches gilt auch für die Kostenbeitragspflichtigen, die über ein hohes oder besonders hohes Einkommen verfügen und bei denen aus diesem Grund mit der neuen Regelung eine deutlich höhere Kostenbeitragspflicht erfolgt.
Mit der Regelung soll eine stufenweise Anpassung an das neue Kostenniveau erfolgen.
Zu § 9
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.
C. Finanzieller Teil
Mit der KostenbeitragsV werden die Vorschriften zur Erhebung von Kostenbeiträgen für stationäre und teilstationäre Leistungen sowie vorläufige Maßnahmen der §§ 91 ff. SGB VIII konkretisiert. Damit setzt die KostenbeitragsV das Ziel der vereinfachten Berechnung der Kostenbeiträge für Hilfe zur Erziehung und die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, die stärkere Heranziehung einkommensstarker Eltern sowie die Berücksichtigung des Kindergelds um und erreicht damit eine deutliche Senkung des Verwaltungsaufwands einerseits und eine Steigerung der Einnahmen aufgrund höherer Elternbeiträge andererseits.
Dafür werden jährlich Einsparungen in Höhe von rund 100 Mio. Euro angesetzt.