Der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen Bremen, den 25. Juni 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat beschlossen, dem Bundesrat die anliegende
mit der Bitte um Beschlussfassung zuzuleiten.
Ich bitte Sie, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung in den Ausschüssen zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Böhrnsen
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf einzubringen, mit dem die Situation der Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen in Deutschland verbessert wird.
Der Gesetzentwurf soll sicherstellen, dass
- - für Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer zukünftig das Prinzip der Gleichbehandlung mit dem im Entleihbetrieb Beschäftigten beim Entgelt und allen übrigen Arbeitsbedingungen vom ersten Tag an gilt und es Ausnahmen nur für wenige Monate geben darf,
- - Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche sich ausschließlich auf überlassungsfreie Zeiten und den Einsatz in Unternehmen mit schlechteren oder keinen tariflichen Regelungen beziehen
- - die Leiharbeitsbranche in das Arbeitnehmerentsendegesetz mit dem Ziel, Tarifverträge tariffähiger Organisationen per Rechtsverordnung allgemeinverbindlich zu erklären, aufgenommen wird,
- - Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer der betrieblichen Mitbestimmung im Entleihbetrieb unterliegen und sich auch dort an der Wahl der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertretung (aktives Wahlrecht) beteiligen können,
- - die Festlegung des Anteils von Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern an der Gesamtbelegschaft des Entleihbetriebes der Mitbestimmung im Entleihbetrieb unterliegt
- - die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung von Leiharbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in einen Entleihbetrieb auf 24 Monate begrenzt wird,
- - verhindert wird, dass Zeitarbeitsfirmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur für die Dauer einer konkreten Überlassung beschäftigen, und
- - die Zeitarbeitsfirmen angehalten werden, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in überlassungsfreien Zeiten Fortbildungen anzubieten.
Begründung
Unter dem Eindruck hoher Arbeitslosenzahlen und mit dem Ziel, die Integration von Arbeitslosen in Beschäftigung zu beschleunigen, hat die Bundesregierung 2003 und 2004 mit dem ersten und mit dem dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erhebliche Veränderungen am AÜG vorgenommen und damit Verbote und Beschränkungen bei der Arbeitnehmerüberlassung aufgehoben.
Die Änderungen des AÜG haben zwar einerseits zu einem Wachstum der Leiharbeitsbranche und zu einer Zunahme ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung geführt. Andererseits lässt sich aber feststellen, dass die Deregulierungen zu Entwicklungen geführt haben, die nicht im Sinne des Gesetzgebers sein können:
- - Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer erhalten oft geringere Löhne als die vergleichbaren Stammbelegschaften.
- - Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer werden oft weder Erschwernis- oder Schmutzzulagen noch Weihnachts- oder Urlaubsgeldzahlungen gewährt.
- - Die Beschäftigungsverhältnisse sind unsicherer als in der übrigen Wirtschaft (mehrheitlich sind die Arbeitsverhältnisse kürzer als drei Monate).
- - Der behauptete Übergang von Leiharbeits- in "normale" Beschäftigungsverhältnisse (Klebeeffekt) ist gering.
- - Die zusätzlichen körperlichen und sozialen Belastungen durch fehlende Integration im Entleihbetrieb bei nur kurzer Überlassungsdauer sind teilweise erheblich.
Der positive Nutzen von Leiharbeit wird damit insgesamt von sehr negativen Begleiterscheinungen überlagert. Insgesamt ist festzustellen, dass einige Unternehmen Leiharbeit gezielt zu Tarifflucht und Lohndumping nutzen, mit der Folge, dass erheblicher Druck auf das Tarifgefüge der Stammbelegschaften entsteht und Stammbelegschaften reduziert werden.
Die vorgeschlagene Gesetzesinitiative ermöglicht es, die negativen Auswüchse der Leiharbeit zu begrenzen und gleichzeitig deren wirtschaftlich positiven Effekte zu bewahren.