975. Sitzung des Bundesrates am 15. März 2019
A
1. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderung beim Deutschen Bundestag einzubringen:
Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 25a Absatz 1 Satz 1, Satz 4 - neu -, Absatz 4 AufenthG), Nummer 1 (§ 25b Absatz 1 Satz 1, Satz 2 Nummer 1, Absatz 2 Satz 2 - neu -, Absatz 5 AufenthG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Folgeänderungen:
Die Einzelbegründung zu Artikel 1 ist wie folgt zu fassen:
"Zu Artikel 1 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes)
(§ 25a Absatz 1 Satz 1)
Bei Vorliegen der Voraussetzungen beinhaltet § 25a Absatz 1 AufenthG künftig einen Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Dadurch wird eine bundesweit einheitliche Anwendung der Norm sichergestellt und die Rechtsposition der Antragstellenden gestärkt.
(§ 25a Absatz 1 Satz 4)
Offenbart sich der Antragstellende bei der Antragstellung und liegen alle übrigen Voraussetzungen vor, entfällt der Ausschlussgrund. Der mit der Gesetzesänderung einhergehende Anreiz zur Offenlegung entspricht dem gesamtstaatlichen Interesse an der Identitätsklärung.
(§ 25a Absatz 4 - neu -)
Es handelt sich um eine Folgeänderung. Da § 25a Absatz 1 AufenthG als Anspruch ausgestaltet ist, bedarf es keiner Ausnahme von § 10 Absatz 3 Satz 2 AufenthG mehr.
Zu Nummer 1 (§ 25b AufenthG)
(§ 25b Absatz 1 Satz 1)
§ 25b Absatz 1 wird unter denselben Erwägungen wie § 25a Absatz 1 AufenthG als Anspruch ausgestaltet.
(§ 25b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1)
Die erforderlichen Voraufenthaltszeiten werden mit Blick auf andere Verfestigungsregelungen nach Voraufenthalt mit Aufenthaltserlaubnis angepasst. Danach erfüllt künftig ein Voraufenthalt von sechs bzw. fünf Jahren, letzteres für Personen, die mit einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 1.
(§ 25b Absatz 2 Satz 2)
Auch im Rahmen des § 25b AufenthG führt die Offenlegung bei Antragstellung zum Entfallen des Ausschlussgrundes (vgl. die Begründung zu § 25a Absatz 1 Satz 4 AufenthG).
(§ 25b Absatz 5 Satz 1 und 2)
Der neue Satz 1 in § 25b Absatz 5 AufenthG begründet eine Erteilungsdauer von drei, statt bisher längstens zwei Jahren. Für die Betroffenen wird damit eine langfristige Planungssicherheit sowie nach einmaliger Verlängerung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die direkte Anschlussfähigkeit an die Niederlassungserlaubnis geschaffen. Die Ausländerbehörden werden ihrerseits durch den Wegfall einer weiteren Vorsprache entlastet.
Bei der Änderung des Satzes 2 handelt es sich um eine Folgeänderung. Da § 25b Absatz 1 AufenthG als Anspruch ausgestaltet ist, bedarf es keiner Ausnahme von § 10 Absatz 3 Satz 2 AufenthG mehr.
(§ 25b Absatz 6 - neu -)
Der neue Absatz 6 ...
< weiter wie Vorlage >... insoweit zu ergänzen."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Bisher konnten erst wenige Geduldete von den Bleiberechtsregelungen profitieren, weil der Anwendungsbereich der Normen zu eng ist und es trotz der Soll-Formulierung eine abweichende Anwendungspraxis der Ausländerbehörden gibt. Dies wird durch die Erteilungszahlen belegt. Zum Stichtag 31. Dezember 2017 gab es beispielsweise in Brandenburg 37 Aufenthaltstitel nach § 25a AufenthG, in Berlin 273, in Bayern 268, in Baden-Württemberg 405 und in Nordrhein-Westfalen 1400 (Zahlen in der Bundesrepublik Deutschland lebender Flüchtlinge zum Stand 31. Dezember 2017, BT-Drucksache 19/633, Seite 32). Diese Abweichungen bei den Erteilungszahlen lassen sich nicht allein mit Verweis auf unterschiedliche Bevölkerungszahlen erklären, wie der Vergleich der bevölkerungsstarken Flächenländer zeigt. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 25a und 25b AufenthG sollte deswegen bei Vorliegen der Voraussetzungen im Sinne eines Anspruchs vorgesehen werden. Damit wird die Rechtsstellung der Antragstellenden von Anfang an gestärkt und eine bundeseinheitliche Handhabung gewährleistet.
Der Ausschlussgrund des § 25a Absatz 1 Satz 3 AufenthG, der falsche Angaben zur Identität betrifft, soll den Lebensumständen der Betroffenen angemessen Rechnung tragen. Häufig verlassen sich die Betroffenen gerade in der Anfangszeit ihres Aufenthalts und insbesondere junge Menschen auf den Rat anderer. Wenn es durch diese oder andere Umstände des Einzelfalls zu falschen Angaben gekommen ist, sollte nach Offenlegung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dennoch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden können. Dies muss sich klar und konkret im Gesetz wiederfinden. Damit wird das gesamtstaatliche Interesse an der Klärung der Identität der Betroffenen verfolgt sowie den Betroffenen eine Brücke in die Legalität gebaut.
§ 25a Absatz 4 AufenthG wird daran angepasst, dass § 25a Absatz 1 AufenthG bei Vorliegen der Voraussetzungen im Sinne eines Anspruchs vorgesehen ist.
Auch § 25b AufenthG sollte als Anspruchsnorm ausgestaltet sein, um den Betroffenen bei Vorliegen aller Voraussetzungen eine starke Rechtsposition zu gewährleisten.
Des Weiteren bedarf es der Herabsetzung der Voraufenthaltszeiten des § 25b AufenthG auf sechs bzw. fünf Jahre, letzteres für Personen, die mit einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben. Die Anforderung des Voraufenthalts von bisher acht und sechs Jahren ist zu hoch. So wer- den die Integrationsleistungen von Aufenthaltserlaubnis-Inhaberinnen und -Inhabern im Regelfall spätestens nach fünf Jahren mit der Niederlassungserlaubnis honoriert. Selbst eine Einbürgerung ist bei besonderen Integrationsleistungen bereits nach sechs Jahren möglich. Entsprechend sollte Personen mit Duldung, die die übrigen Voraussetzungen erfüllen, nach sechs Jahren Aufenthalt in Deutschland der Übergang in eine Aufenthaltserlaubnis ermöglicht werden, Familien mit Kindern entsprechend bereits nach fünf Jahren.
Hinsichtlich des Ausschlussgrundes des § 25b Absatz 2 Nummer 1 AufenthG gilt das zu § 25a Absatz 1 Satz 3 AufenthG gesagte entsprechend. Insbesondere haben Personen mit Duldung, die im Übrigen die Voraussetzungen des § 25b AufenthG erfüllen, in besonderem Maße ihre gelungene Integration in Deutschland - durch einen langen Voraufenthalt und Erwerbstätigkeit - unter Beweis gestellt, und sollten damit die Möglichkeit erhalten, in der Vergangenheit liegende Fehler zu überwinden.
Schließlich ist die maximale Erteilungsdauer des § 25b AufenthG entsprechend § 26 Absatz 1 Satz 1 AufenthG auf drei Jahre anzuheben. Für eine kürzere Erteilungsdauer besteht kein Anlass. Die Betroffenen zeichnen sich gerade durch eine lange Voraufenthaltsdauer und besondere Integrationsleistungen aus. Dies sollte mit einer längerfristigen Perspektive honoriert werden. Auch wird so nach der einmaligen Verlängerung und Ablauf von fünf Jahren die Anschlussfähigkeit an die Niederlassungserlaubnis geschaffen. Durch den Wegfall einer weiteren, zweiten Verlängerung werden zusätzlich die Ausländerbehörden entlastet.
Bei der vorgeschlagenen Änderung des § 25b Absatz 5 AufenthG handelt es sich um eine Anpassung entsprechend der Ausgestaltung des § 25b Absatz 1 AufenthG als Anspruchsnorm.
B
2. Der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Wirtschaftssausschuss empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
3. Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht beim Deutschen Bundestag einzubringen.