Brüssel, den 13.3.2014
C(2014) 1511 final
Herrn Stephan Weil
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
D - 1011 7 BERLIN
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Jahresbericht der Kommission über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit 2012 (COM (2013) 566 final).
Die Kommission begrüßt die positiven Anmerkungen des Bundesrates zu dem Jahresbericht und die Tatsache, dass der Bundesrat die Handhabung des Subsidiaritätsprinzips aufmerksam verfolgt.
Zur Subsidiaritätsprüfung durch die nationalen Parlamente möchte die Kommission zunächst Folgendes klar stellen: Im Rahmen der Vorbereitung aller Kommissionsvorschläge prüft die Kommission, ob die Union befugt ist, tätig zu werden (Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung), welches die geeignete Rechtsgrundlage für die vorgeschlagene Maßnahme der Union ist und ob der Vorschlag im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit steht. Auf die Ergebnisse dieser Prüfung geht die Kommission in der Begründung zu ihrem Legislativvorschlag ein.
Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrats, dass es unterschiedliche Ansichten über die Tragweite des Subsidiaritätsgrundsatzes und die Beziehungen zwischen diesem und den Grundsätzen der begrenzten Einzelermächtigung und der Verhältnismäßigkeit gibt (siehe beispielsweise 18. zweijährlicher Bericht der COSAC). Die Kommission stellt ferner fest, dass es den nationalen Parlamenten frei steht, die Gesetzgebung in der ihnen angemessen und notwendig erscheinenden Art und Weise und mit den von ihnen gewählten Instrumenten zu prüfen.
Dennoch erinnert die Kommission daran, dass das Verfahren nach Artikel 7 Absatz 2 des Protokolls Nr. 2 ausschließlich das Subsidiaritätsprinzip betrifft. In begründeten Stellungnahmen nach Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 müssen die nationalen Parlamente angeben, warum sie der Auffassung sind, dass ein bestimmter Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht. Folglich werden rechtliche oder politische Argumente, die keinen Bezug zum Subsidiaritätsprinzip aufweisen, nicht im Rahmen des Protokolls Nr. 2 geprüft. Die Kommission ist sich jedoch sehr wohl bewusst, dass die Grenzen des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht immer leicht zu ermitteln sind
Sie nimmt daher eine offene Haltung gegenüber den begründeten Stellungnahmen ein und legt die darin ausgeführten Argumente, soweit möglich, im Lichte des Subsidiaritätsgrundsatzes aus. Die Kommission möchte außerdem daran erinnern, dass derartige Beschränkungen nicht für den politischen Dialog zwischen den nationalen Parlamenten und der Kommission gelten, der sich auf jeden beliebigen Aspekt der Rechtsvorschriften der Europäischen Union erweitern lässt.
Die Kommission begrüßt die positiven Anmerkungen des Bundesrats zu den Leitlinien der Kommission für Folgenabschätzungen. In Bezug auf die Anmerkungen des Bundesrates zur Folgenabschätzung sei darauf hingewiesen, dass die Leitlinien für Folgenabschätzungen eindeutig beschreiben, wie die Vereinbarkeit eines Vorschlags mit dem Subsidiaritätsprinzip zu prüfen und zu begründen ist. Der Ausschuss für Folgenabschätzung soll gewährleisten, dass alle Folgenabschätzungen an Hand dieser Leitlinien durchgeführt werden.
In Bezug auf die Jahresberichte der Kommission über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit nimmt die Kommission den Wunsch des Bundesrates zur Kenntnis, dass der Darstellung der Einzelfälle von begründeten Stellungnahmen mehr Gewicht beigemessen wird; sie nimmt aber auch zur Kenntnis, dass der Bundesrat die ausführliche Behandlung dreier wichtiger Fälle im Jahresbericht 2012 anerkennt, zu denen der Kommission eine erhebliche Anzahl von begründeten Stellungnahmen von den nationalen Parlamenten zugegangen ist.
Hinsichtlich der Anmerkungen des Bundesrats zum "Gelbe-Karte-Verfahren" verweist die Kommission auf ihre Mitteilung vom 27. November 2013 zur Überprüfung des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über die Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft an Hand des Grundsatzes der Subsidiaritäti, die eine eingehende Analyse aller Argumente enthält, die die nationalen Parlamente in ihren begründen Stellungnahmen zum Subsidiaritätsprinzip vorgebracht haben.
Was schließlich die regelmäßigen Treffen der Vertreterinnen und Vertreter der nationalen Parlamente in Brüssel angeht, zu denen die Kommission häufig eingeladen wird, stimmt die Kommission zu, dass diese Treffen für den informellen Meinungsaustausch zu verschiedenen Themen, einschließlich zu Fragen der Subsidiarität im Zusammenhang mit spezifischen Kommissionsvorschlägen, nützlich sind.
Die Kommission hofft, mit diesen Ausführungen die in der Stellungnahme des Bundesrates angesprochenen Punkte geklärt zu haben, und sieht der Weiterführung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.
Hochachtungsvoll